Parkometer: Ungültiger § 29b StVO Ausweis hinterlegt; Unzuständigkeit des Magistrats Wien und des BFG
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R. in der Verwaltungsstrafsache gegen ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, wegen der Verwaltungsübertretung gemäß § 5 Abs. 2 Parkometerabgabeverordnung, ABl. der Stadt Wien Nr. 51/2005, idF. ABl. der Stadt Wien Nr. 20/2020 in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Parkometergesetz 2006, LGBl. für Wien Nr. 9/2006, idF. LGBl. für Wien Nr. 71/2018, über die Beschwerde des Beschuldigten vom gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67, vom , GZ. MA67/Zahl1/2023, zu Recht erkannt:
I. Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) in Verbindung mit § 24 Abs. 1 Bundesfinanzgerichtsgesetz (BFGG) und § 5 Gesetz über das Wiener Abgabenorganisationsrecht (WAOR) wird der Beschwerde stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verfahren nach § 45 Abs. 1 Z 2 VStG eingestellt.
II. Gemäß § 52 Abs. 1 und 8 VwGVG i. V. m. § 24 Abs. 1 BFGG und § 5 WAOR hat die beschwerdeführende Partei keine Kosten des verwaltungsgerichtlichen Strafverfahrens zu tragen.
III. Eine Revision durch die beschwerdeführende Partei wegen Verletzung in Rechten nach Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG ist gemäß § 25a Abs. 4 VwGG kraft Gesetzes nicht zulässig.
Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine ordentliche Revision durch die belangte Behörde nach Art. 133 Abs. 6 Z 2 B-VG zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang:
Das mehrspurige Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen Vienna wurde vom Kontrollorgan KO1 der Parkraumüberwachung der Landespolizeidirektion Wien am um 12:18 Uhr in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone in 1230 Wien, K-Gasse 17, zur Anzeige gebracht, da es sich nach dessen eigenen Wahrnehmungen bei dem im Fahrzeug eingelegten Parkausweis für Behinderte mit der Nr. 1234 um eine Farbkopie gehandelt hat.
Das Kontrollorgan machte in der Anzeige folgenden Zusatzvermerk: "Kein parkschein … 29b Farbkopie//erkannt an Nicht geraden Schnittkanten, Folgerung ohne runde Ecken, Farbverläufe unsauber"
Über Auskunftsersuchen der Magistratsabteilung 67 wurde vom Sozialministeriumservice mitgeteilt, dass der Parkausweis gemäß § 29b StVO Nr. 1234 für PA, geb. 1980, wohnhaft in 1230 Wien, B-Gasse, ausgestellt wurde (Auskunft des Sozialministeriumservice vom in Zusammenhang mit weiteren, den Bf. betreffende gleichartige Verwaltungsstrafverfahren).
Die Zulassungsbesitzerin des ggstl. Fahrzeuges, ZL, wohnhaft in S-Gasse, 1230 Wien, nannte der Magistratsabteilung 67 im Zuge der Lenkererhebung ***Bf1*** als jene Person, der das Fahrzeug zur Beanstandungszeit überlassen war.
Die Magistratsabteilung 67 richtete am an die Inhaberin des Parkausweises, PA, folgendes Auskunftsersuchen:
"Anlässlich einer Verwaltungsübertretung nach dem Wiener Parkometergesetz wurde angegeben, dass nur eine Farbkopie eines Ausweises gemäß § 29b StVO, Nr. 1234 im Fahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen Vienna hinterlegt war. Zulassungsbesitzerin des Fahrzeuges ist Frau ZL.
Bitte beantworten Sie innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung dieses Schreibens brieflich oder per E-Mail folgende Fragen:
Wurden
Sie am von Herrn ***Bf1*** mit dem Fahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen Vienna befördert oder haben Sie dieses Fahrzeug selbst gelenkt?
Kopien Ihres Ausweises gemäß § 29b StVO gemacht? Bejahendenfalls wem (Personendaten) wurden diese Kopien ausgehändigt?"
PA bestätigte in ihrer E-Mail vom , dass der Bf. sie zum besagten Datum 4.04 mit dem gegenständlichen Fahrzeug unter Verwendung des § 29b Ausweises (Verweis auf die beigefügten Bilder des Ausweises) zu diversen Erledigungen gefahren habe. Sie sei seit über 30 Jahren querschnittgelähmt und Rollstuhlfahrerin und auf Hilfe im Alltag angewiesen. Sie habe persönliche Assistenz und Herr Bf. sei einer ihrer Assistent:innen (Verweis auf den beigefügten Lohnzettel). Sie habe natürlich keine Kopien anfertigen lassen und verteilt … warum sollte sie das auch tun? Sie besitze ja einen § 29b Ausweis und verwende ihn, wenn sie von ihrer Assistenz befördert werde, was sie ja auch dürfe…
Mit Schreiben vom wurde der Bf. von der Magistratsabteilung 67 für den , 10:30 Uhr als Beschuldigter geladen. Der Bf. wurde aufgefordert, den auf seine Schwester PA ausgestellten Parkausweis gemäß § 29b StVO 1960 Nr. 1234 mitzubringen.
Dieser Ladung ist der Bf. nicht nachgekommen.
Mit Strafverfügung vom lastete die Magistratsabteilung 67 dem Bf. an, dass er das ggstl. Fahrzeug am in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone in 1230 Wien, K-Gasse 17, ohne einen für den Beanstandungszeitpunkt 12:18 Uhr gültigen Parkschein abgestellt habe. Im Fahrzeug habe sich lediglich die Farbkopie des Ausweises gemäß § 29b StVO 1960 Nr. 1234 befunden. Die Parkometerabgabe sei daher fahrlässig verkürzt worden.
Wegen Verletzung der Rechtsvorschriften des § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung iVm § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006 wurde über den Bf. eine Geldstrafe von € 60,00 verhängt und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 14 Stunden festgesetzt.
Der Bf. brachte in seinem Einspruch vom (E-Mail) - soweit relevant - vor, dass er fast täglich von Parkraumüberwachungsorganen angezeigt werde. Kein einziges Mal habe er eine Anzeige in der Windschutzscheibe seines Fahrzeuges erhalten. Das sei unerhört und eine bodenlose Frechheit. Die Vorwürfe gegen ihn seien nicht korrekt. Seine Schwester PA säße im Rollstuhl. Er sei ihr persönlicher Assistent, das habe er bereits mehrmals ausführlich an die Magistratsabteilung 67 geschickt. Er fahre seine Schwester täglich mit dem Auto und verwende den Behindertenausweis, welcher in einer Folie verwahrt sei, diese sei durch die Sonne ausgebleicht. Zu der Vorgehensweise des Parkraumüberwachers verlange er eine Stellungnahme, weshalb keine Anzeigen ausgestellt werden. Das sei disziplinär zu ahnden.
Mit Straferkenntnis vom wurde der Bf. vom Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67, wegen der bereits näher bezeichneten Verwaltungsübertretung für schuldig befunden und wegen Verletzung der Rechtsvorschriften des § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung iVm § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006 eine Geldstrafe von € 60,00 verhängt und für den Fall der Uneinbringlichkeit 14 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe festgesetzt. Zudem wurde gemäß § 64 Abs. 2 Verwaltungsstrafgesetz ein Betrag von € 10,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens auferlegt.
Begründend stellte die Behörde nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und des Einspruchsvorbringens zunächst fest, dass die Lenkereigenschaft als auch die Abstellung des gegenständlichen Fahrzeuges zum Tatzeitpunkt an der in Rede stehenden Örtlichkeit unbestritten geblieben seien.
§ 6 der Parkometerabgabeverordnung zähle jene Fälle, für die die Abgabe nicht zu entrichten sei, taxativ auf. Die Abgabe sei nicht zu entrichten für Fahrzeuge, die von Inhabern eines Ausweises gemäß § 29b Abs. 1 oder 5 StVO 1960 abgestellt werden oder in denen solche Personen gemäß § 29b Abs. 3 StVO 1960 befördert werden, wenn die Fahrzeuge mit dem Ausweis gemäß § 29b Abs. 1 oder 5 StVO 1960 gekennzeichnet seien (§ 6 lit. g Wiener Parkometerabgabeverordnung).
Aus der Regelung ergebe sich, dass die Kennzeichnung mit dem Ausweis im Original zu erfolgen habe, die Anbringung einer Farbkopie erfülle diese Voraussetzung nicht und falle daher nicht unter die Ausnahmebestimmungen.
Wie der Anzeige und den Fotos der Anzeige zu entnehmen sei, sei im Fahrzeug eine Farbkopie eines Ausweises gemäß § 29b StVO 1960 mit der Nummer 1234 hinterlegt gewesen.
Im Zuge einer persönlichen Vorsprache bei der Magistratsabteilung 67 am sei der Bf. mit der Ausweisinhaberin PA erschienen und habe den Ausweis im Original vorgelegt. Der Bf. habe angegeben, diesen Ausweis immer im Original im Fahrzeug hinterlegt gehabt zu haben. Um ihn vor dem Verrutschen zu schützen, habe er den Ausweis in eine Folie gelegt bzw. ihn mit Klebestreifen fixiert, da der Ausweis schon einmal in den Lüftungsschlitz gerutscht sei. Kopien des Ausweises seien laut Angaben des Bf. nicht angefertigt worden. Bei Vorlage mehrerer Anzeigenfotos hätten der Bf. und PA angegeben, dass sie kein "COPY" - Merkmal erkennen könnten, jedoch rechts unten eine blasse, runde Ecke.
Aus der Anzeige samt Beweisfotos gehe hervor, dass ein verblasster, in einer sich lösenden Hülle gelegter Ausweis mit der Nr. 1234 im Fahrzeug hinterlegt gewesen sei, der sowohl oben als auch unten spitze Ecken aufgewiesen habe und dessen Schnittkanten nicht gerade gewesen seien. Der Originalausweis sei hingegen laminiert und weise zudem abgerundete Ecken auf.
Beim Vergleich der Anzeigenfotos im ggstl. Verfahren mit dem vorgelegten Originalausweis habe festgestellt werden können, dass es sich bei dem im Fahrzeug hinterlegten Ausweis nicht um den Originalausweis gemäß §29b StVO gehandelt habe.
Es bestehe für die erkennende Behörde keinerlei Veranlassung, die schlüssigen und widerspruchsfreien Angaben des Kontrollorganes und dessen Objektivität zu bezweifeln. Einem zur Überwachung von Kurzparkzonen bestellten Organ könne die Wahrnehmung und richtige Wiedergabe maßgeblicher Sachverhalte wohl zugemutet werden, noch dazu, wo nur abgestellte Fahrzeuge kontrolliert werden. Außerdem seien Kontrollorgane der Wahrheit verpflichtet.
Die Mitwirkungspflicht des Beschuldigten im Strafverfahren erfordere es, seine Verantwortung nicht nur darauf zu beschränken, die ihm vorgehaltenen konkreten Erhebungsergebnisse für unrichtig zu erklären, ohne diesen Erhebungsergebnissen ebenso konkrete Behauptungen entgegenzusetzen und entsprechende Beweise anzubieten. Unterlasse er dies, so bedeute es keinen Verfahrensmangel, wenn die Behörde von Amts wegen keine weiteren Beweiserhebungen durchführe (Verweis auf das Erkenntnis des 398/64). Der Bf. habe trotz gebotener Gelegenheit keine schlüssige Gegendarstellung und keine Beweismittel vorgelegt, welche geeignet gewesen seien, den erhobenen Tatvorwurf zu entkräften.
Dass es sich nicht um eine Kopie gehandelt habe, habe im Verfahren nicht glaubhaft gemacht werden können, zumal der Bf. keine geeigneten Beweismittel dafür vorgelegt habe.
Bezugnehmend zum Einwand des Bf., dass er kein einziges Mal eine Anzeige an der Windschutzscheibe seines Fahrzeuges erhalten habe, wies die Behörde darauf hin, dass besonders geschulte Organe der öffentlichen Aufsicht das Wahlrecht hätten, entweder eine Organstrafverfügung oder eine Anzeige auszustellen. Es bestehe demnach weder ein Rechtsanspruch auf Ausstellung einer Organstrafverfügung bzw. auf den Erhalt einer solchen noch darauf, dass im Verwaltungsstrafverfahren verhängte Strafen nur im Ausmaß von in Betracht gekommenen Organstrafverfügungs- oder Anonymverfügungsbeträgen bemessen werden.
Die Einwendungen des Bf. seien somit nicht geeignet gewesen, ihn vom gegenständlichen Tatvorhalt zu entlasten.
Im Zuge des Verfahrens seien somit keine Tatsachen oder Umstände hervorgekommen, die zu dessen Einstellung führen hätten können.
Ein Rechtfertigungsgrund, also eine Norm, die das tatbestandsmäßige Verhalten ausnahmsweise erlaubt hätte bzw. welche die Strafbarkeit aufheben würde, liege im gegenständlichen Fall nicht vor.
Es werde somit der Sachverhalt als erwiesen angenommen, wie er aus den schlüssigen und widerspruchsfreien Angaben in der Anzeige sowie aus der Tatumschreibung in diesem Straferkenntnis ersichtlich sei.
Der Bf. sei seiner Verpflichtung gemäß § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung, wonach jeder Lenker eines mehrspurigen Kraftfahrzeuges, der ein solches in einer Kurzparkzone abstellt, bei Beginn des Abstellens die Parkometerabgabe entrichten muss, nicht nachgekommen.
Nach näheren Ausführungen zum Fahrlässigkeitsbegriff stellte die Behörde fest, dass auf Grund der Aktenlage Fahrlässigkeit anzunehmen gewesen sei.
Somit seien sowohl die objektiven als auch die subjektiven Voraussetzungen für die Strafbarkeit gegeben gewesen.
Der Bf. habe die Parkometerabgabe nicht entrichtet und somit fahrlässig verkürzt.
Weiters enthält das Straferkenntnis die maßgeblichen Bestimmungen für die Strafbemessung (§ 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, § 19 Abs. 1 und 2 Verwaltungsstrafgesetz 1991), und erläutert diese näher.
Der Bf. wiederholt in seiner Beschwerde vom im Wesentlichen sein Einspruchsvorbringen.
Die Magistratsabteilung 67 legte die Verwaltungsstrafakten dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor (Datum des Einlangens: ).
Über die Beschwerde wurde erwogen:
1. Sachverhalt
Der Bf. hat als Lenker des mehrspurigen Kraftfahrzeuges mit dem amtlichen Kennzeichen Vienna dieses, am um 12:18 Uhr in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone in 1230 Wien, K-Gasse 17, ohne Kennzeichnung mit einem für den Beanstandungszeitpunkt gültigen Parkschein abgestellt. Der Bf. hat vielmehr im Beanstandungszeitpunkt hinter der Windschutzscheibe einen auf seine Schwester lautenden Parkausweis für Behinderte gemäß § 29b StVO 1960 mit der Ausweisnummer 1234 angebracht. Bei dem im Fahrzeug hinterlegten Parkausweis gemäß § 29b StVO handelte es sich laut den Feststellungen der Kontrollorgane der Landespolizeidirektion um eine Farbkopie des Ausweises.
Die in der E-Mail vom in Fotokopie beifügten Bilder des Ausweises, der laut PA verwendet wurde, zeigen einen fotokopierten Ausweis. Dies ist eindeutig auf dem Bild der die Ausweisrückseite zeigt beim Vergleich mit dem Originalausweis, der am am Magistrat vorgelegt wurde, zu erkennen (links weißer Rand, rechts Schrift geht bis zum Ende der hellblauen Fläche und ebenfalls weißer Rand).
Beim Vergleich des Anzeigefotos, auf dem man den Ausweis erkennen kann, mit der im Akt befindlichen Kopie des Originalausweises zeigt sich für die Richterin eindeutig, dass es sich bei den im Auto laut Anzeigefoto liegenden Ausweis um eine Farbkopie handelt (Rand unterhalb der grauen Fläche ist am Anzeigefoto schmäler als am Originalausweis, Folie oben offen).
Rechtliche Würdigung
2.1. Zu Spruchpunkt I (Stattgabe und Aufhebung)
§ 22 Abs. 1 VStG 1991 normiert:
"Soweit die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen, ist eine Tat als Verwaltungsübertretung nur dann strafbar, wenn sie nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet."
Durch das Einlegen eines kopierten Behindertenparkausweises, welcher auf die Schwester ausgestellt ist, wurde gemäß § 5 Abs. 2 iVm § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006 die Parkometerabgabe hinterzogen. Es steht dadurch die mögliche Täuschung eines kontrollierenden Organs über die Berichtigung zur kostenlosen Nutzung des Parkplatzes im Raum, wodurch es zu einer Vermögensschädigung der Gemeinde Wien kam.
Nach der jüngsten Rechtsprechung des OGH (vgl. , Rz 9), ist die gegenständliche Tat sowohl unter "[...] § 146 StGB als auch § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006 subsumierbar. Aufgrund des tateinheitlichen Zusammentreffens der gerichtlich strafbaren Handlung mit der Verwaltungsübertretung ist Letztere (ungeachtet der Herkunft konkurrierender Normen von unterschiedlichen Gesetzgebern [Bund/Land]) gemäß § 22 Abs. 1 VStG nicht strafbar und darf die Tat nur wegen des gerichtlichen Tatbestands verfolgt werden".
Der Magistrat der Stadt Wien war daher zur Erlassung des gegenständlich angefochtenen Straferkenntnisses nicht zuständig.
Gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet. Keine Verwaltungsübertretung liegt vor, wenn eine an sich bestehende vStaatsanwaltschaft Wienerwaltungsgerichtliche Strafbarkeit hinter eine gerichtliche zurücktritt, sodass im Ergebnis auch keine (verfolgbare) Verwaltungsübertretung anzunehmen ist (vgl. mwN auf die VwGH-Rsp Fister in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG3 § 45 Rz 3).
Es ist daher spruchgemäß zu entscheiden, das Straferkenntnis aufzuheben und das Verfahren einzustellen (siehe dazu auch die vergleichbaren Beschwerdefälle und , RV/7500196/2023). Vor diesem Hintergrund konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung entfallen (§ 44 Abs. 1 VStG).
Wird einer Behörde oder öffentlichen Dienststelle der Verdacht einer Straftat bekannt, die ihren gesetzmäßigen Wirkungsbereich betrifft, so ist sie gemäß § 78 Abs. 1 StPO zur Anzeige an die Kriminalpolizei oder die Staatsanwaltschaft verpflichtet.
Da dem Bundesfinanzgericht in amtlicher Eigenschaft der Verdacht der Straftat bekannt geworden ist, wird das gegenständliche Erkenntnis samt Sachverhaltsdarstellung und Kopie des Verwaltungsaktes an die Staatsanwaltschaft Wien übermittelt.
2.2. Zu Spruchpunkt II (Kosten)
Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG sind die Kosten des Beschwerdeverfahrens dem Beschwerdeführer nicht aufzuerlegen, wenn der Beschwerde auch nur teilweise Folge gegeben worden ist. Da der Beschwerde stattgegeben wird, sind keine Kosten aufzuerlegen.
2.3. Zu Spruchpunkt III (Zulässigkeit der Revision)
Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision durch die belangte Behörde zulässig. Der gegenständlichen Rechtsfrage kommt deswegen grundsätzliche Bedeutung zu, weil die Rechtsprechung des VwGH zur Zuständigkeitsfrage im konkreten Fall fehlt.
Die Revision der beschwerdeführenden Partei ist hingegen unzulässig. Nach § 25a Abs. 4 VwGG ist eine Revision wegen Verletzung in Rechten (Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG) nicht zulässig, wenn in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache eine Geldstrafe von bis zu 750 € und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu 400 € verhängt wurde.
Diese Voraussetzungen liegen im gegenständlichen Fall vor, ist in § 4 Abs. 1 des (Wiener) Parkometergesetzes 2006 doch lediglich eine Geldstrafe bis zu 365 € vorgesehen und muss es sich bei der in § 25a Abs. 4 Z 1 VwGG in der Strafdrohung vorgesehenen "Freiheitsstrafe" um eine primäre Freiheitsstrafe handeln (vgl. , Rn 3f; , Ra 2021/16/0020, mwN).
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Verwaltungsstrafsachen Wien |
betroffene Normen | § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. Nr. 51/2005 § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, LGBl. Nr. 09/2006 § 29b Abs. 1 oder 5 StVO 1960, Straßenverkehrsordnung 1960, BGBl. Nr. 159/1960 § 29b Abs. 3 StVO 1960, Straßenverkehrsordnung 1960, BGBl. Nr. 159/1960 § 6 lit. g Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. Nr. 51/2005 § 19 Abs. 1 und 2 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991 § 22 Abs. 1 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991 § 146 StGB, Strafgesetzbuch, BGBl. Nr. 60/1974 § 45 Abs. 1 Z 1 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991 § 44 Abs. 1 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991 § 78 Abs. 1 StPO, Strafprozeßordnung 1975, BGBl. Nr. 631/1975 § 52 Abs. 8 VwGVG, Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 Art. 133 Abs. 4 B-VG, Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 § 25a Abs. 4 VwGG, Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985 Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG, Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 § 25a Abs. 4 Z 1 VwGG, Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985 § 29b StVO 1960, Straßenverkehrsordnung 1960, BGBl. Nr. 159/1960 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2024:RV.7500151.2024 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at