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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 31.05.2024, RV/5100130/2024

Pfändungsgebühren und Barauslagen im Vollstreckungsverfahren.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin ***USt*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Festsetzung von Gebühren und Auslagenersätzen des Vollstreckungsverfahrens Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

1. Am setzte die belangte Behörde gemäß § 26 Abgabenexekutionsordnung die Gebühren für die Amtshandlung vom (Pfändung einer Geldforderung-Lohnpfändung) und Auslagenersätze wie folgt fest:

Begründet wurde dieser Bescheid wie folgt:

"Gemäß § 26 Abs.1 und 3 AbgEO haben Sie die im Vollstreckungsverfahren anfallenden Gebühren und Auslagenersätze zu entrichten."

2. Dagegen brachte der Beschwerdeführer am , eingelangt am , das Rechtsmittel der Beschwerde ein. Zur Begründung wurde ausgeführt:

"Das Vollstreckungsverfahren ist ein willkürliches und somit unverzüglich einzustellen, also sind auch keine Gebühren zu entrichten. Der per 9. Juni angemahnte Betrag, bzw. der der Mahnung zu Grunde liegende Bescheid kann nicht Rechtskräftig sein, da ich diesen Bescheid bis Heute nicht erhalten habe. Durch diesen Umstand fühle ich mich in meinen Rechten seitens des Finanzamtes benachteiligt. Ich habe mehrmals persönlich, und am 9. Juni auch schriftlich darauf hingewiesen, dass ich derartige Dokumente in gedruckter Form und nicht elektronisch haben möchte. Ich hoffe, dass es nun möglich sein wird, den Bescheid schriftlich zu erhalten, und dann, wenn er Rechtskraft erlangt hat, wird die fällige Steuer beglichen werden."

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies die belangte Behörde die Beschwerde als unbegründet ab. Die belangte Behörde begründete auszugsweise wie folgt:

"[…] Gemäß § 226 BAO sind Abgabenschuldigkeiten, die nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet werden, in dem von der Abgabenbehörde festgesetzten Ausmaß vollstreckbar; solange die Voraussetzungen für die Selbstberechnung einer Abgabe durch den Abgabepflichtigen ohne abgabenbehördliche Festsetzung gegeben sind, tritt an die Stelle des festgesetzten Betrages der selbst berechnete und der Abgabenbehörde bekanntgegebene Betrag. Als Exekutionstitel für die Vollstreckung von Abgabenansprüchen kommen gemäß § 4 AbgEO die über Abgaben ausgestellten Rückstandsausweise in Betracht.

Die Vollstreckung auf Geldforderungen des Abgabenschuldners erfolgt gemäß § 65 Abs. 1 AbgEO mittels Pfändung derselben. Im Pfändungsbescheid sind die Höhe der Abgabenschuld und der Gebühren und Barauslagenersätze (§ 26) anzugeben.

Gemäß § 26 Abs. 1 lit. a AbgEO hat der Abgabenschuldner für Amtshandlungen des Vollstreckungsverfahrens eine Pfändungsgebühr im Ausmaß von 1 % vom einzubringenden Abgabenbetrag zu entrichten. Außerdem hat er gemäß § 26 Abs. 3 AbgEO die durch die Vollstreckungsmaßnahmen verursachten Barauslagen (dazu zählen insbesondere die Portogebühren) zu ersetzen.

Die mit am Abgabenkonto ausgewiesenen Rückstände iHv. 1.134,00 waren unbestritten zum (jeweiligen) Fälligkeitstermin nicht entrichtet. Zu Recht wurde daher auch ein Rückstandsausweis über den vollstreckbar gewordenen Abgabenrückstand ausgestellt, der als Exekutionstitel für die vorgenommene Lohnpfändung diente.

Die Pfändungsgebühr gemäß § 26 Abs. 1 lit. a AbgEO ist eine reine Amtshandlungsgebühr und fällt entsprechend dem einzubringenden Betrag bereits auf Grund der Tatsache an, dass die Amtshandlung (Pfändung) durchgeführt wird. Auch stellte die Lohnpfändung eine Maßnahme dar, die der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung diente, sich also nicht von vornherein als objektiv ungeeignete Vollstreckungshandlung erwies, die keine Kostenpflicht begründen würde. Ebenso wurde die Höhe der Pfändungsgebühr (1 % des einzubringenden Betrages) richtig ermittelt. Gleiches gilt für den Auslagenersatz.

Zu der Annahme das der am eingemahnte Betrag (Einkommensteuer 2021) keine Rechtskraft erlangte wird ausgeführt:

Die Zustellung des Einkommensteuer-Bescheides für 2021 erfolgte rechtsgültig in die DataBox. Gem. § 98 Abs. 2 BAO 1966 gelten elektronisch zugestellte Dokumente als zugestellt, sobald sie in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers gelangt sind. Auf das tatsächliche Einsehen der DataBox durch den FON-Teilnehmer, beispielsweise durch Öffnen, Lesen oder Ausdrucken eines Bescheides kommt es nicht an (vgl. RV/0002-F/13).

Der Einkommensteuerbescheid 2021 gelangte mit in den elektronischen Verfügungsbereich des Abgabepflichtigen und muss somit ab diesem Zeitpunkt zugerechnet werden […]."

Mit Schreiben vom erhob der Beschwerdeführer neuerliche "Beschwerde" gegen die Beschwerdevorentscheidung vom . Diese als Vorlageantrag zu wertende Eingabe wurde wie folgt begründet:

"Ich habe in den Jahren 2021 und 2022 mehrmals persönlich bei der zuständigen Sachbearbeiterin im FA Grieskirchen darum gebeten, mir sämtliche Bescheide und andere Schriftstücke in Papierform zukommen zu lassen; weil ich aus technischen Gründen zwar die Benachrichtigung von "Finanzonline" erhalte, diese aber nicht öffnen, geschweige denn ausdrucken kann.

Das kommt daher, dass mein PC aus dem Jahr 2004 stammt und einfach nicht mehr voll funktionsfähig war. Es war mir in den beiden Jahren nicht möglich, einen neuen PC anzuschaffen.Daher ersuche ich um Übermittlung des Einkommensteuerbescheides für 2021 und um Wiedereinsetzung des Einspruchs- und Beschwerderechts."

Mit Vorlagebericht vom wurde der Akt dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Die Zustellung des Einkommensteuerbescheides 2021 erfolgte am elektronisch in die Databox des Beschwerdeführers.

Am wurde ein Rückstandsausweis über den zu diesem Zeitpunkt vollstreckbaren Abgabenrückstand in Höhe von 1.134,00 € (resultierend aus der Einkommensteuerveranlagung 2021) ausgestellt.

Hinsichtlich dieses vollstreckbaren Rückstandes verfügte das Finanzamt mit Bescheid vom eine Pfändung der Bezüge des Bf. von der ***X*** (Drittschulderin) und wurden mit weiterem Bescheid vom Pfändungsgebühren (11,34 € = 1 % von 1.134,00 €) sowie Auslagenersätze (2,60 €) festgesetzt.

2. Beweiswürdigung

Die obigen Sachverhaltsfeststellungen sind allesamt aktenkundig.

Vor diesem Hintergrund können die obigen Sachverhaltsfeststellungen gemäß § 167 Abs 2 BAO als erwiesen angenommen werden.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

a) Forderungspfändung

Abgabenschuldigkeiten, die nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet werden, sind gemäß § 226 BAO in dem von der Behörde festgesetzten bzw. vom Abgabepflichtigen bekannt gegebenen Ausmaß vollstreckbar.

Gemäß § 65 Abs. 1 AbgEO erfolgt die Vollstreckung auf Geldforderungen des Abgabenschuldners mittels Pfändung derselben. Sowohl dem Drittschuldner wie dem Abgabenschuldner ist hiebei gemäß Abs. 2 mitzuteilen, dass die Republik Österreich an der betreffenden Forderung ein Pfandrecht erworben hat. Die Pfändung ist gemäß Abs. 3 mit Zustellung des Zahlungsverbotes an den Drittschuldner als bewirkt anzusehen. Gemäß Abs. 4 kann der Drittschuldner das Zahlungsverbot anfechten oder beim Finanzamt die Unzulässigkeit der Vollstreckung nach den darüber bestehenden Vorschriften geltend machen.

Als Grundlage für die Einbringung ist gemäß § 229 BAO über die vollstreckbar gewordenen Abgabenschuldigkeiten ein Rückstandsausweis auszufertigen. Dieser hat Namen und Anschrift des Abgabepflichtigen, den Betrag der Abgabenschuld, zergliedert nach Abgabenschuldigkeiten, und den Vermerk zu enthalten, dass die Abgabenschuld vollstreckbar geworden ist (Vollstreckbarkeitsklausel). Der Rückstandsausweis ist Exekutionstitel für das finanzbehördliche und gerichtliche Vollstreckungsverfahren.

Als Exekutionstitel für die Vollstreckung von Abgabenansprüchen kommen gemäß § 4 AbgEO die über Abgaben ausgestellten Rückstandsausweise in Betracht.

Dem gegenständlichen Pfändungsbescheid liegt ein Rückstandsausweis vom zu Grunde, der vollstreckbare Abgabenschuldigkeiten in der Höhe von € 1.134,00 ausweist.

Die für den Betrag von € 1.134,00 vorgenommene Forderungspfändung bestand daher zu Recht.

b) Pfändungsgebühren und Barauslagenersatz

Gemäß § 26 Abs. 1 lit. a AbgEO hat der Abgabenschuldner für Amtshandlungen des Vollstreckungsverfahrens anlässlich einer Pfändung eine Pfändungsgebühr im Ausmaß von 1% vom einzubringenden Abgabenbetrag zu entrichten. Wird jedoch an Stelle einer Pfändung lediglich Bargeld abgenommen, dann nur 1% vom abgenommenen Geldbetrag.

Gemäß § 26 Abs. 2 AbgEO sind die im Abs. 1 genannten Gebühren auch dann zu entrichten, wenn die Amtshandlung erfolglos verlief oder nur deshalb unterblieb, weil der Abgabenschuldner die Schuld erst unmittelbar vor Beginn der Amtshandlung an den Vollstrecker bezahlt hat.

Außer den gemäß Abs. 1 zu entrichtenden Gebühren hat der Abgabenschuldner gemäß § 26 Abs. 3 AbgEO auch die durch die Vollstreckungsmaßnahmen verursachten Barauslagen zu ersetzen.

Gemäß § 26 Abs. 5 AbgEO werden Gebühren und Auslagenersätze mit Beginn der jeweiligen Amtshandlung fällig und können gleichzeitig mit dem einzubringenden Abgabenbetrag vollstreckt werden; sie sind mit Bescheid festzusetzen, wenn sie nicht unmittelbar aus einem Verkaufserlös beglichen werden (§ 51).

Nach herrschender Auffassung ist die Pfändungsgebühr eine reine Amtshandlungsgebühr. Sie wird insbesondere wegen der der Behörde bei Durchführung der Pfändung auflaufenden Kosten erhoben und ist sohin nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () auch dann zu entrichten, wenn die durchgeführte Amtshandlung zu keiner Pfändung führte.

Da die Pfändungsgebühr bereits auf Grund der Tatsache anfällt, dass eine Amtshandlung im Vollstreckungsverfahren (Pfändung) durchgeführt wird und für die Abgabenbehörde kein Anlass bestand, an der Zulässigkeit der durchgeführten Vollstreckungsmaßnahmen zu zweifeln, war das Finanzamt nicht nur berechtigt, sondern nach dem Wortlaut des Gesetzes (§ 26 Abs. 1 lit. a AbgEO iVm § 26 Abs. 2 AbgEO iVm § 26 Abs. 3 AbgEO) verpflichtet, den angefochtenen Bescheid zu erlassen.

Da in der Beschwerde gegen die Festsetzung der Gebühren und Auslagen kein darauf gerichtetes Vorbringen erstattet, sondern lediglich darauf verwiesen wurde, dass der Einkommensteuerbescheid 2021 nicht rechtswirksam zugestellt worden sei (dazu mehr unter Punkt c.), war festzustellen, dass die gemäß § 26 Abs. 1 lit. a AbgEO in Höhe von 1% vorgeschriebenen Vollstreckungsgebühren in Höhe von € 11,34 ebenso wie die gemäß § 26 Abs. 3 AbgEO vorgeschriebenen Barauslagen in Höhe von insgesamt € 2,60 zu Recht festgesetzt wurden.

c) Zum Einwand des Beschwerdeführers der Einkommensteuerbescheid 2021 sei nicht rechtswirksam zugstellt worden, das Vollsteckungsverfahren und die damit zusammenhängenden Gebühren und Auslagenersätze daher willkürlich:

Gem. § 98 Abs. 2 BAO gelten elektronisch zugestellte Dokumente als zugestellt, sobald sie in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers gelangt sind. Im Zweifel hat die Behörde die Tatsache und den Zeitpunkt des Einlangens von Amtswegen festzustellen. Die Zustellung gilt als nicht bewirkt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung mit dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag wirksam.

Der Zeitpunkt, an dem die Daten in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers gelangt sind, ist bei FinanzOnline der Zeitpunkt der Einbringung der Daten in die Databox, zu der der Empfänger Zugang hat (zB RV/0002-F/13; ; ; , RV/5100404/2016; , RV/5100209/2016; , RV/7104423/2014; , RV/7104134/2017; , RV/5101130/2017).

Auf das tatsächliche Einsehen der Databox durch den FinanzOnline-Teilnehmer (zB Öffnen, Lesen, oder Ausdrucken eines Bescheides) kommt es nicht an (zB ; , RV/0002-F/13; , RV/2100371/2015; , RV/5100404/2016; , RV/7104423/2014; , RV/7103033/2018). Der Einwand des Beschwerdeführers, dass sein PC nicht mehr voll funktionsfähig war, kann der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung lag hier nicht vor. Die Entscheidung folgt vielmehr dem klaren Gesetzeswortlaut sowie der dargestellten Judikatur des VwGH.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 26 Abs. 1 lit. a AbgEO, Abgabenexekutionsordnung, BGBl. Nr. 104/1949
§ 26 Abs. 3 AbgEO, Abgabenexekutionsordnung, BGBl. Nr. 104/1949
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.5100130.2024

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at