Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 03.06.2024, RV/1100133/2023

Fehlender Bescheidcharakter von angefochtenen Erledigungen wegen Vollbeendigung des Adressaten im Zeitpunkt der Erstellung der Erledigungen

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Schneider Wirtschaftsprüfung und Steuerberatung GmbH, Nibelungenstraße 19, 6845 Hohenems, betreffend Beschwerde vom gegen die Bescheide des ***FA*** vom hinsichtlich Körperschaftsteuer der Jahre 2012 bis 2016 sowie Anspruchszinsen (§ 205 BAO) der Jahre 2012 bis 2016, Steuernummer ***BF1StNr1***, beschlossen:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 260 Abs. 1 lit. a BAO als nicht zulässig eingebracht zurückgewiesen.

II. Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung

I. Verfahrensgang

Die Beschwerdeführerin (im Folgenden abgekürzt Bf.), eine zwischenzeitlich bereits gelöschte Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit Sitz in CH-***1***, wurde am in das Handelsregister des Schweizer Kantons ***2*** eingetragen. Ihr Stammkapital in Höhe von 20.000 CHF verteilte sich zu Beginn je zur Hälfte auf ***3*** und ***4***, beide österreichische Staatsbürger mit Hauptwohnsitz in ***5***. Sowohl ***3*** wie auch ***4*** waren als Geschäftsführer der Bf. im Handelsregister eingetragen.

Gesellschaftszweck der Bf. war die "Entwicklung, Konzeption, Betrieb und Wartung von Internetplattformen und von Software; …..".

***3*** war bzw. ist Unternehmensberater mit ausschließlich österreichischen Kunden. Am teilte ***3*** dem Finanzamt mit, er habe den Betrieb der Unternehmensberatung im Inland (***6***) per aufgegeben und nach Liechtenstein verlegt. Am Besteuerungsrecht der Republik Österreich änderte sich jedoch nichts, weil das DBA Liechtenstein insofern (Einkünfte aus Gewerbebetrieb) statisch auszulegen war.

Ende Oktober 2006 informierte ***3*** das Finanzamt über die Verlegung seines Betriebes der Unternehmensberatung von Liechtenstein in die Schweiz.

Mit den Einkommen- und Umsatzsteuerveranlagungen der Jahre 2005, 2006 und 2007 stellte das Finanzamt fest, auch von November 2006 an sei das Besteuerungsrecht an den Einkünften aus selbständiger Arbeit (Unternehmensberatung) bei der Republik Österreich verblieben, weil ***3*** diese Tätigkeit von seinem Büro im Inland (***6***, ***7***) aus entfaltet habe. Diese Rechtsansicht des Finanzamtes hat der UFS im Erkenntnis vom , RV/0471-F/10, bestätigt.

Mit Kaufvertrag vom , der beim Finanzamt am gemeinsam mit den Steuererklärungen (Umsatz- und Einkommensteuer) des Jahres 2010 eingereicht wurde, veräußerte ***3*** die "***8***-Unternehmensberatung in CH-***1***, ***9***, zum Preis von 28.342,70 €" an die Bf. Der Firmenwert (Kundenstock) wurde im Kaufvertragstext mit 15.600 € (20% des Jahresumsatzes lt. Kundenliste) beziffert.

Am schloss die Bf. mit den bisherigen Kunden von ***3*** Werkverträge ab. Die Leistung der Bf. gegenüber den ausschließlich inländischen Kunden bestand, wie bereits zuvor durch ***3***, in der Einrichtung und Auswertung des Systems "Erfolg nach Plan".

Mit den Umsatz- und Einkommensteuerbescheiden der Jahre 2011 bis 2015 vom ordnete das Finanzamt die Einkünfte aus der Tätigkeit der Betriebsberatung nicht der in der Schweiz ansässigen Bf. zu, sondern ***3*** persönlich. Begründend führte das Finanzamt im Wesentlichen aus, sämtliche mit der Tätigkeit der Unternehmensberatung verbundenen Aufgaben (Erstellen der Analysen und deren Präsentation bei den inländischen Kunden) habe nicht die Bf., sondern ***3*** erbracht. Als Büroraum habe die Ehegattenwohnung in der ***7*** in ***6*** gedient. Die inländischen Kunden hätten ihre Daten ausschließlich in die ***7*** in ***6*** geliefert. Die Honorare seien auf einem Bankkonto im Inland verbucht und fernmündliche Gespräche über einen österreichischen Handy-Vertrag abgewickelt worden.

Mit Erkenntnis vom , RV/1100098/2017, bestätigte das BFG die Rechtsansicht des Finanzamtes, wonach die Einkünfte aus der Unternehmensberatung ***3*** zuzurechnen seien und wies deshalb das Beschwerdebegehren auf Zurechnung der getätigten Einkünfte und Umsätze an die in der Schweiz ansässige Bf. ab.

Mit Erkenntnis des , wurde das Erkenntnis des , wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben. Begründend wurde dargelegt, die steuerlich zu beachtende Trennung zwischen der Gesellschafts- und Geschäftsführersphäre erfordere für die Zurechnung der Einkünfte an den Gesellschafter ertragsteuerlich das Feststellen einer missbräuchlichen Gestaltung und umsatzsteuerlich den Nachweis eines Scheingeschäftes.

Mit Bescheiden vom setzte das Finanzamt gegenüber der Bf. Körperschaftsteuer für die Jahre 2012 bis 2020 mit der Begründung (erstmals) fest, diese Gesellschaft mit Sitz in der Schweiz verfüge nach dem DBA Schweiz in ***6***, ***7***, über eine Betriebstätte. Diese Rechtsauffassung basiere auf dem Umstand, dass ***3*** am per "Werkvertrag" sein Beratungsunternehmen mit sämtlichen Aktiven und Passiven auf die in CH-***1***, ***9***, ansässige Bf. zum Preis von 28.342,70 € übertragen habe. ***3*** sei seit weder Geschäftsführer der Bf. noch stehe er (nach außen hin) in einem Dienst- oder Werkvertragsverhältnis zur Bf. Einkünfte (geldwerte Vorteile) habe ***3*** aus einer für die Bf. entfalteten Tätigkeit in Österreich nicht erklärt.

Am habe das Zollamt ***12*** dem Finanzamt eine Kontrollmitteilung zukommen lassen. Angeschlossen sei eine "Generalvollmacht" gewesen. In dieser habe ***4***, der Geschäftsführer der Bf., ***3*** die "uneingeschränkte Generalvollmacht zur Wahrnehmung der Interessen der Bf. erteilt. Danach stellten die kostenlose Nutzung des firmeneigenen KFZ`s ***53*** mit dem behördlichen Kennzeichen ***13*** ebenso eine Entschädigung für die Tätigkeit des ***3*** für die Bf. dar wie die Nutzung des Mobiltelefons mit der Nummer +***14***.

In der ***7*** in ***15*** bewohne ***3*** seit eine zweigeschossige Wohnung mit einer Nutzfläche von 113,4 m2. Im zweiten OG/DG habe ***3*** seit 1988 ein "Büro" im Ausmaß von 20,2 m2 eingerichtet. Im Bericht des Prüfers vom betreffend Umsatz- und Einkommensteuer der Jahre 2005 bis 2007 sei auf Seite 28 festgehalten: "Im Zuge des Prüfungsverfahrens als Tatsache neu hervorgekommen und in die rechtliche Würdigung eingeflossen ist jedoch, dass Sie über ein ausgestattetes und mit Personal besetztes Büro am Wohnort in ***6*** bis dato verfügten, ….. und dieses auch als Ausgangspunkt für die österreichischen Kundenbesuche gedient hat".

Anlässlich einer persönlichen Vorsprache im Finanzamt ***6*** am habe ***3*** ausgesagt, sämtliche Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Unternehmensberatung gegenüber den ausschließlich inländischen Kunden habe er selbst erbracht, dafür aber in den Jahren 2010 bis laufend keine Entlohnung erhalten, weil er diese Einkünfte seinem Adoptivsohn (***4***) überlasse. Seine Absicht sei es, die beratende Tätigkeit auch in den kommenden Jahren auszuüben, die daraus erzielbaren Einkünfte jedoch ***4*** zu überlassen. Er überlege "derzeit", die Bf. in Österreich anzusiedeln und seinen Adoptivsohn schrittweise in die Tätigkeit als Unternehmensberater einzuführen.

Das Finanzamt habe vier Kunden der Bf. kontaktiert und diese zu den konkreten Werkvertragsbestimmungen vom und deren Handhabung befragt.

***16*** und ***17*** vom "***18***" hätten am Folgendes zu Protokoll gegeben: "Ein Werkvertragsverhältnis mit ***3*** besteht seit vielen Jahren (August 2000). Ein Beratungsvertrag mit der Bf. in CH-***1***, ***9***, besteht nicht wissentlich. Eine Mitteilung hinsichtlich einer Umstellung erfolgte vor mehreren Jahren. Etwas Schriftliches kann nicht vorgefunden werden (Anmerkung: Nach Recherche in den Unterlagen konnte der Werkvertrag mit der Bf. vorgelegt werden).

Die Besprechungen (mit ***3***) zur Software "Gewinn nach Plan" haben in den Räumlichkeiten des "***19***" stattgefunden. Die Besprechungen hat ***3*** persönlich geleitet. ***4*** sei nie dabei gewesen. Fernmündlich kann ***3*** unter der Nummer ***20*** erreicht werden. Dessen Email-Adresse lautet: ***21***. Die für das Programm "Gewinn nach Plan" notwendigen Unternehmensdaten sind von dem von ihnen beauftragten Steuerbüro direkt an ***3*** übermittelt worden, der danach mit diesen Basis-Unternehmenskennzahlen die monatlichen Auswertungen erstellt hat. Die Bezahlung des Honorars an ***3*** erfolgt monatlich per Dauerauftrag auf das Konto: ***22*** (***23***)."

***24***, Inhaber der Fa. "***25***" hätte am niederschriftlich Folgendes bekannt gegeben: "Es bestand ein Werkvertragsverhältnis mit ***3*** in den Jahre 2010 bis 2015 (bzw. bis laufend). Mit der Bf. wurde kein Beratervertrag abgeschlossen. Die Bf. ist mir gänzlich unbekannt. Die Besprechungen (mit ***3***) fanden in den Büroräumlichkeiten in ***26*** statt. Die Besprechungen hat ***3*** geleitet. Bei den regelmäßigen Besprechungen waren ich, meine Ehegattin und zu Beginn des Jahres ***27*** (Vertragspartner zu `Gewinn nach Plan`) anwesend. Der telefonische Kontakt mit ***3*** wird unter der Nummer ***20*** geführt. Die Email-Korrespondenz wird unter der Adresse ***21*** abgewickelt. Die laufenden Daten werden durch das Steuerbüro an Herrn ***8*** übermittelt. Ich korrespondiere mit Herrn ***8*** die monatlichen Soll-Ist-Vergleiche. … Die Honorare erfolgen auf Basis einer Vereinbarung monatlich mittels Dauerauftrag (Kto.Nr. ***22***)".

***28***, Geschäftsführer der ***29*** in ***30***, hätte Folgendes zu Protokoll gegeben: "Ein aufrechtes Werkvertragsverhältnis mit ***3*** besteht ab ca. 2010 bis jetzt. Ein Beratungsvertrag mit der Bf. wurde unterschrieben. Besprechungen mit ***3*** finden hauptsächlich per Telefon, Email-Austausch oder in den Geschäftsräumlichkeiten der ***31*** in ***32*** statt. Telefonisch ist ***3*** unter der Handy-Nr. ***20*** erreichbar. Die Email-Adresse von ***3*** lautet auf ***21***. Die Daten, die ***3*** benötigt, sendet meine Frau per Email an ***3***. Meistens holt ***3*** die Daten bei uns im Betrieb in ***30*** ab. Jeden Monat erhalten wir von ***3*** die entsprechenden Auswertungen. Die Honorare, mit denen ***3*** entlohnt wird, gelangen monatlich per Dauerauftrag auf das Konto IBAN ***22*** zur Einzahlung".

***33***, Inhaber des "***34***" in ***35***, hätte niederschriftlich Folgendes ausgesagt: "***3*** erstellt für mich die monatlichen Auswertungen. Ob ich mit der Bf. einen Werkvertrag abgeschlossen habe, weiß ich jetzt nicht mehr. Die Besprechungen der Planrechnungen finden bei mir im Büro in ***35*** statt. Telefonischen Kontakt mit ***3*** hatte ich keinen, aber einen Email-Kontakt. Die Email-Adresse des ***3*** lautet: ***21***. Die Daten bekommt ***3*** in Papierform geliefert. Entweder holt ***3*** die Daten persönlich ab oder ein Mitarbeiter wirft die Unterlagen in den Briefkasten in der ***7*** (***6***) ein. Die Entlohnung von ***3*** erfolgt per monatlichem Überweisungsauftrag auf das Konto IBAN ***22***".

Betriebstätten im Sinne des Art. 5 Abs. 1 OECD-MA seien alle festen Geschäftseinrichtungen, durch die die Geschäftstätigkeit eines Unternehmens ganz oder teilweise ausgeübt werde (funktionales Element). Im Verhältnis zur Schweiz begründeten Räumlichkeiten nach Art. 5 DBA-CH ab einer Nutzungsdauer von zwölf Monaten eine Betriebstätte.

Das Begründen einer Betriebstätte setze die Verfügungsmacht über die Geschäftseinrichtung voraus. Stelle beispielsweise ein Unternehmen dem Unternehmensberater einen ihrer Geschäftsräume ständig zur Verfügung, so sei eine Betriebstätte gegeben, selbst wenn der Raum unversperrt bleibe (; ähnlich auch OECD-MK Art 5 Z. 25). Anlagen und Einrichtungsgegenstände müssten für Zwecke des Unternehmens ständig zur Verfügung stehen, wobei eine Mitbenutzungsmöglichkeit ausreichend sei. Die faktische Verfügung reiche aus, um eine Betriebstätte zu begründen.

Die Wohnung in der ***7*** in ***15*** sei ***3*** zur Hälfte zivilrechtlich zuordenbar, weil es sich um die ursprünglich im Alleineigentum gestandene, sodann der Ehegattin im Schenkungsweg übertragene, aber gemeinsame Ehewohnung handle. Weitere Voraussetzung sei die Nutzung des Büroraumes in der ***7***, ***6***, für die "Unternehmenstätigkeit". Die Beratungstätigkeit mit den Werkvertragskunden der Bf. umfasse Themen wie Organisation, strategische Angelegenheiten, Marketing usw. Die erforderlichen Analyseergebnisse ("Gewinn nach Plan") - basierend auf den Kennzahlen der Auftraggeber - würden in den Betrieben der Werkvertragskunden erläutert bzw. besprochen.

Wesentlich sei, dass ***3*** auch nach dem alleinige Ansprechperson der Werkvertragskunden über dessen Adresse in der ***7*** in ***6*** geblieben sei. Dort sei er für seine Kunden postalisch und persönlich (wie auch fernmündlich oder per Email) erreichbar. Der Büroraum verfüge über die komplette/übliche Infrastruktur. Die monatlich fällig werdenden Honorare zahlten die Kunden auf das Konto bei der ***23*** - ***22*** - ein.

Wesentlicher Aspekt der beratenden Berufe sei das Verhältnis zum Kunden. Ein Vertrauensverhältnis entwickle sich erst über die Jahre hinweg. Mit dem formalen Wechsel der Werkvertragsverhältnisse zum von ***3*** auf die Bf. habe Ersterer den Kunden zugesichert, an der individuellen Betreuung werde sich auch zukünftig nichts ändern. Die Analyse der betriebswirtschaftlichen Kennzahlen habe ***3*** in den Streitjahren persönlich besorgt. ***4*** sei den Werkvertragskunden unbekannt.

Der Büroraum in ***6*** habe die Funktion, die vertraglich bedungenen Leistungen gegenüber den Werkvertragskunden zu erbringen. Solche Leistungen erforderten eine Infrastruktur ("Büro" mit PC, Telefon ….). Es seien Leistungen, die eine räumliche Zuordnung zur ***7*** in ***6*** erforderten. Der Büroraum in ***6*** sei auch deshalb als Betriebstätte der Bf. im Sinne des DBA-CH zu werten, weil die Vertragsunternehmen ihre Betriebskennzahlen per Email, postalisch und teilweise persönlich in die ***7*** in ***6*** ablieferten. Dass ***3*** trotzdem in die Schweiz gefahren sein will, um dort die erforderlichen Analysen zu erstellen, obwohl er in ***6*** über ein voll ausgestattetes Büro verfügt habe, sei nicht glaubwürdig. Das Ergebnis dieser Analysen, der eigentliche Beratungsbereich, werde ausschließlich an den Standorten der Werkvertragskunden gemeinsam besprochen. Ein weiterer Beratungsschritt sei es, Optimierungskonzepte über zukünftige Entwicklungsprozesse vorzuschlagen. Diese sich periodenhaft wiederholenden Abläufe stellten Maßnahmen dar, die zusammen die Tätigkeit der Unternehmensberatung der Bf. skizzierten und ausschließlich in ***6***, ***7***, bzw. den Unternehmensstandorten der Kunden erfolgt seien.

Die Besteuerungsgrundlagen seien gemäß § 184 Abs. 1 BAO zu schätzen, soweit die Abgabenbehörde die Grundlagen für die Abgabenerhebung nicht ermitteln oder berechnen könne. In den Jahren 2005 bis 2009 habe ***3*** aus der Tätigkeit der "Unternehmensberatung" durchschnittlich 68.013,18 € an Einkünften erklärt. Wahrscheinlich seien die Bemessungsgrundlagen tendenziell als fallend einzustufen (5% pro Kalenderjahr, weil Werkvertragskunden auch verloren gegangen seien). Ausgehend von 68.013,18 € (2009) seien die Besteuerungsgrundlagen der Betriebstätte der Bf. in ***6***, ***7***, im Schätzungsweg mit 57.811,30 € (2012), 54.410,54 € (2013), 51.009,88 € (2014), 47.609,22 € (2015), 44.208,56 € (2016), 40.807,90 € (2017), 37.407,24 € (2018), 34.006,59 € (2019) und 30.605,93 € (2020) zu bestimmen gewesen.

Trotz Aufforderung habe ***3*** das Bankkonto bei der ***23***, für das er zeichnungsberechtigt sei, nicht offengelegt.

Die Bf. mit Sitz in der Schweiz habe keine objektiv feststellbaren Leistungen für die inländischen Werkvertragskunden erbracht. Die dem Grunde nach gegebene zivilrechtliche Haftung der Bf. aus den Werkvertragsverhältnissen rechtfertige es, 10% der Beratungshonorare dem Sitz der Kapitalgesellschaft in der Schweiz und 90% der Betriebstätte in Österreich zuzuordnen.

Das Recht, eine Abgabe festzusetzen, verjähre hinsichtlich der Körperschaftsteuer fünf Jahre nach Entstehen des Abgabenanspruches. Soweit eine Abgabe hinterzogen worden sei, betrage die Verjährungsfrist zehn Jahre. Vorsätzlich handle nach § 33 FinStrG, wer ein Tatbild mit Wissen und Wollen verwirkliche.

Am habe ***3*** dem Finanzamt mitgeteilt, seinen Betrieb (Unternehmensberatung) nach Liechtenstein verlegt zu haben. Da Österreich die Besteuerung an den "gewerblichen" Einkünften nach dem DBA-FL behalten, ***3*** diese Sachlage jedoch erst nachträglich erkannt habe, habe ***3*** den Standort der Unternehmensberatung in die Schweiz verlegt und Ende Juni 2010 die betrieblichen Grundlagen des Einzelunternehmens "Betriebsberatung" an die von ihm und ***4*** am gegründete Bf. mit Sitz in der ***9*** in CH-***1*** veräußert. Die Bf. habe in den Jahren 2011 bis 2020 keine Einkünfte aus ihrer inländischen Betriebstätte in der ***7*** in ***6*** erklärt. ***3*** sei in den Streitjahren nicht Geschäftsführer der Bf. gewesen. Ein Dienst- oder Werkvertragsverhältnis habe offiziell mit der Bf. nicht bestanden. Einzig die durch Amtshandlungen von Zollorganen bekannt gewordene "Generalvollmacht", wonach ***3*** gemeinsam mit dem Geschäftsführer der Bf., ***4***, für den finanziellen Erfolg der Bf. mitverantwortlich und in dieser Funktion hinsichtlich aller Bankkonten der Bf. zeichnungsberechtigt sei, verdeutliche das verrechtlichte Engagement des ***3*** für die Bf. Als Gegenleistung habe ***3*** zumindest zur Nutzung ein firmeneigenes KFZ (***53***) und ein auf die Bf. lautendes Mobiltelefon erhalten. Die Beratungsleistungen gegenüber den Werkvertragskunden habe ***3*** allein besorgt.

§ 119 BAO normiere eine allgemeine Anzeigepflicht aller Umstände, die hinsichtlich einer Abgabe vom Einkommen, Vermögen, Ertrag oder Umsatz die persönliche Abgabepflicht begründen, ändern oder beenden würden. § 133 BAO bestimme, wer zur Einreichung einer Abgabenerklärung verpflichtet sei. Abgabenerklärungen seien nach § 134 Abs. 1 BAO bis zum Ende des Monates April jeden Folgejahres bei der Abgabenbehörde einzureichen.

Einer Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 1 FinStrG mache sich schuldig, wer vorsätzlich unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- und Wahrheitspflicht eine Abgabenverkürzung bewirke. Die Bf. (deren Geschäftsführer) habe das Finanzamt nicht darüber informiert, dass die Kapitalgesellschaft in der ***7*** in ***6*** eine Betriebstätte unterhalte, die der Ausübung der Betriebsberatung gegenüber den in Österreich angesiedelten Werkvertragskunden diene. Vor allem habe die Bf., vertreten durch ***4***, keine Körperschaftsteuererklärungen der Jahre 2012 bis 2020 beim Finanzamt eingereicht.

Nach § 8 Abs. 1 FinStrG handle vorsätzlich, wer einen Sachverhalt verwirkliche, der einem gesetzlichen Tatbild entspreche. Es stehe fest, dass die Bf. nach § 42 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 verpflichtet gewesen wäre, nach Ablauf des jeweiligen Kalenderjahres Steuererklärungen für die Jahre 2012 bis 2020 hinsichtlich ihrer Betriebstätte in ***6***, ***7***, beim Finanzamt einzureichen. Dies habe die Bf. (deren gesetzlicher Vertreter) unterlassen. Die Regelungstechnik des § 42 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 gelte unabhängig von einer Aufforderung durch die Abgabenbehörde. Die Verletzung der abgabenrechtlichen Offenlegungspflicht durch den Geschäftsführer der Bf. bewirke eine objektive Abgabenverkürzung an Körperschaftsteuer der Jahre 2012 bis 2020. Letztlich habe ***3*** im Zusammenwirken mit ***4*** wissentlich Körperschaftsteuern der Jahre 2012 bis 2020 hinterzogen. Denn es sei sowohl ***3*** wie auch ***4*** bekannt gewesen, dass die Leistungen aus den Werkverträgen in der ***7*** in ***6*** erbracht worden seien. Denn mit den in der "Generalvollmacht" verwendeten Begriffen "Verantwortung" und "finanzieller Erfolg" könnte nur die Tätigkeit aus den Werkvertragsverhältnissen mit den österreichischen Kunden am Standort in ***6*** verstanden werden.

Über "Finanzonline" reichte die Bf. durch ihre steuerliche Vertreterin Beschwerde gegen die Körperschaftsteuerbescheide 2012 bis 2020 vom und die zeitgleich ergangenen Anspruchszinsenbescheide der Jahre 2012 bis 2018 ein. Begründend wurde vorgebracht, die Bf. sei zum (gemeint gewesen sei der ) liquidiert worden, sodass sich die erlassenen Bescheide als nichtig erweisen würden. Inhaltlich werde darauf verwiesen, dass die Bf. zu keiner Zeit eine Betriebstätte in Österreich gehabt habe. Aus den Bescheidbegründungen würden sich dementsprechend auch keine über bloße Behauptungen und Vermutungen hinausgehenden Fakten herauslesen lassen. Der Beschwerde beigelegt seien Bestätigungen, wonach die Firmentätigkeit in der Schweiz ausgeübt worden sei. Bei Bedarf könnten auch Telefonrechnungen mit Einzelgesprächsnachweisen vorgelegt und weitere Zeugen namhaft gemacht werden. Es werde beantragt, die angefochtenen Bescheide ersatzlos aufzuheben und die streitverfangenen Abgabenbeträge (93.838,73 €) gemäß § 212a BAO auszusetzen.

Der Beschwerde beigelegt waren drei Ablichtungen von Zeugenaussagen mit folgendem Inhalt:

  1. Aussage ***36***:

  2. "Unser Unternehmen (=***37***) betreute die damalige Bf. (heute in Liquidation, die Gesellschaft ist liquidiert und gelöscht) seit dem bis zur Liquidation im Jahr 2017. Unser Ansprechpartner bei dieser Gesellschaft war ***3***. Dies betraf alle kaufmännischen Belange, wie z.B. Buchhaltung, Personalwesen oder Steuern. Mit Herrn ***8*** hatten unsere Mitarbeiter regelmäßig persönlichen, aber auch telefonischen Kontakt über die Festnetznummer unserer damaligen Mandantin in CH-***11***."

  3. ***38*** (***39***, CH-***40***) bestätigte ***3***, "dass Sie während der gesamten Mietdauer das von der ***41*** an Sie bzw. Ihre Gesellschaft vermietete Büro in der ***9***, ***42***, CH-***1***, regelmäßig persönlich genutzt haben. Ich und meine Mitarbeiter sind Ihnen wiederholt und regelmäßig auf dem Flur begegnet".

  4. Aussage ***43***, ***44***, ***45***:

  5. "Ich habe Herrn ***8*** im Jahr 2014 kennengelernt und ihn seit damals öfter und regelmäßig in seinem Büro im ***42*** in CH-***11***, ***9***, besucht. Herr ***3*** (Akkordeon) und ich (Gitarre) sind Musikerkollegen und haben damals begonnen bei mir zuhause, an der Adresse CH-***11***, ***45***, einmal pro Woche miteinander zu proben, was bis heute der Fall ist. ……. Aus dieser Begegnung hat sich im Laufe der Zeit eine gute Freundschaft entwickelt und so habe ich häufig die Gelegenheit genutzt, ihn auch in seinem Büro zu besuchen um `Guten Tag` zu sagen und ihn zumindest einmal monatlich auf einen Kaffee ins `***46***` im Erdgeschoss einzuladen. Ich kann bestätigen, dass Herr ***8*** sein Büro im 1. OG offensichtlich regelmäßig benutzt hat, weil er dort für mich praktisch immer erreichbar gewesen ist".

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde der Beschwerde gegen die Körperschaftsteuerbescheide der Jahre 2017 bis 2020 mit der Begründung Folge gegeben, wie nachträglich festgestellt worden sei, seien die Entgelte der Werkvertragskunden ab Jänner 2017 bei der Ende 2016 gegründeten "***47***" in ***48***, ***49***, erfasst worden.

Hinsichtlich der Körperschaftsteuerbescheide der Jahre 2012 bis 2016 wurde die Beschwerde abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, im Verfahren vor dem UFS, RV/0471-F/10, betreffend Einkommensteuer 2005 bis 2010, habe ***3*** zur Frage, ob er die Tätigkeit des Unternehmensberaters in Österreich oder in der Schweiz ausgeübt habe, bereits vorgebracht, in Österreich weder über ein Büro noch über sonstige Infrastruktur verfügt zu haben. Dessen ungeachtet habe der UFS in der zuvor zitierten Entscheidung festgestellt, dass ***3*** in den Streitjahren in Österreich ansässig gewesen sei. Er habe in Österreich über eine Betriebstätte verfügt und an dieser die berufliche Tätigkeit ausgeübt, deren Kern darin bestanden habe, seine österreichischen Kunden zu beraten und dadurch einen Nutzen in deren Betrieb zu bewirken. Sowohl der Ausgangspunkt als auch das Verwertungsziel der beratenden Tätigkeit sei in den Streitjahren der Betrieb des jeweiligen (österreichischen) Kunden gewesen. ***3*** habe in Österreich (***7***, ***6***) ein Büro unterhalten. Am Standort in der Schweiz seien keine betrieblichen Tätigkeiten für die österreichischen Kunden verrichtet worden. Im Übrigen spreche auch die Lebenserfahrung dafür, dass Dienstleister die Nähe der Kundschaft suchten und sich nicht von ihnen entfernten. Ab habe ***3*** ein Büro in der Schweiz von einer Schweizer Steuerberatungsgesellschaft zum Preis von 300 CHF angemietet und sogleich einer Gesellschaft, bei der er Gesellschafter-Geschäftsführer gewesen sei, zum gleichen Preis "untervermietet". Diese Gesellschaft habe das Büro, beginnend mit , ebenfalls gegen ein Entgelt in Höhe von 300 CHF in "Unterbestand" gegeben. Schließlich habe ***3*** das Büro ab an ein österreichisches Unternehmen vermietet.

Die Körperschaftsteuerbescheide der in der Schweiz veranlagten Bf. seien dem Finanzamt nie offengelegt worden. Die Bf. habe die österreichischen Werkvertragskunden ausschließlich von deren Betriebstätte in ***6*** aus betreut. Die Kundenbetreuung habe durch den Verkauf des Kundenstockes am an die Bf. keine Änderung erfahren. Habe doch ***3*** anlässlich der Unterzeichnung der Werkverträge am den Werkvertragspartnern erklärt, es werde sich "zukünftig nichts ändern". Kein einziger der inländischen Kunden sei jemals an der Adresse der Bf. in der ***9*** in CH-***1*** zu Besprechungen etc. mit ***3*** oder ***4*** gewesen.

Die der Beschwerde beigelegten Zeugenaussagen würden nichts zur Beantwortung der Frage beitragen, an welchem Standort ***3*** die jeweiligen Kundendaten in die Software "Gewinn nach Plan" eingefügt habe, um die analytischen Ergebnisse danach am Sitz/Standort der Werkvertragskunden in Österreich zu besprechen bzw. mögliche Schlussfolgerungen (gemeinsam) abzuleiten. ***3*** habe diese Dienstleistungen bereits zuvor viele Jahre über das Büro in der ***7*** in ***6*** erbracht. Die Sitzadresse der Bf. in der Schweiz stelle zudem eine relativ kleine Einrichtung dar, die um 300 CHF monatlich angemietet und sogleich untervermietet worden sei.

Die Bf. treffe eine erhöhte Mitwirkungsverpflichtung, der sie nicht nachgekommen sei. Weder lege die Bf. die in der Schweiz für die dortige Besteuerung eingereichten Abgabenerklärungen vor noch übermittle sie die Miet- und Untermietverträge der Jahre 2012 bis 2018 sowie den Nachweis der damit verbundenen Zahlungsflüsse.

Von Bedeutung sei auch, dass mit , dem Zeitpunkt der Übernahme der Werkverträge durch die ***47*** in A-***48***, ***49***, die beratende Tätigkeit weiterhin von der ***7*** in ***6*** aus erfolgt sei.

Die Steuerpflicht der Bf., einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, bestehe auch nach deren Löschung im Firmenbuch (Handelsregister) fort, solange ein Abwicklungsbedarf bestehe und bringe Rechtsverhältnisse, also auch das Steuerrechtsverhältnis, nicht zum Erlöschen. Habe doch die Löschung der Kapitalgesellschaft im Handelsregister nicht rechtsbegründende, sondern rechtsbezeugende Wirkung. Im Firmenbuch eingetragene juristische Personen würden ihre Rechtsfähigkeit, ungeachtet einer früheren Entprotokollierung erst mit ihrer Vollbeendigung, also nach Abwicklung aller Rechtsverhältnisse, verlieren ().

Die Zustellung der Beschwerdevorentscheidung sei am an die Adresse ***7***, ***15***, erfolgt. Bereits im September 2022 hätte die steuerliche Vertreterin der Bf. eine Zustellvollmacht für die Bf. in Finanzonline eingetragen. Am sei die Beschwerdevorentscheidung betreffend Körperschaftsteuer 2012 bis 2016 neuerlich der steuerlichen Vertreterin der Bf. auf dem Postweg zugestellt worden.

Mit Schriftsatz vom beantragte die steuerliche Vertreterin der Bf. die Beschwerde, soweit sie sich gegen die Körperschaftsteuer- sowie die Anspruchszinsenbescheide der 2012 bis 2016 richtet, dem BFG zur Entscheidung vorzulegen. Begehrt wurde die ersatzlose Aufhebung der angefochtenen Bescheide. Ergänzend wurde unter Bezugnahme auf die Ausführungen in der Beschwerdevorentscheidung vorgebracht, diese ließen nur vermuten, woraus konkret das Finanzamt ein inländisches Besteuerungsrecht ableite. Wenn das Finanzamt einerseits damit argumentiere, dass sowohl Ausgangspunkt als auch Verwertungsziel der beratenden Tätigkeit der Betrieb der österreichischen Kunden gewesen sei, dann müsse dem entgegengehalten werden, dass das DBA Österreich/Schweiz keinen Verwertungstatbestand iZm Unternehmensgewinnen kenne. Voraussetzung für ein Besteuerungsrecht Österreichs sei gemäß Art. 5 DBA vielmehr eine feste Geschäftseinrichtung, in der die Tätigkeit des Unternehmens ganz oder teilweise ausgeübt werde. Wenn das Finanzamt vermeine, die Wohnung von ***3*** in der ***7***, ***15***, sei eine solche Geschäftseinrichtung gewesen, so reichten als Nachweis oder schlüssige Beweisführung hierfür bloße Behauptungen und Vermutungen ("Wahrscheinlichkeitsüberlegungen") nicht aus. Auch der Umstand, dass ***3*** lange vor den Streitjahren sein Büro als Einzelunternehmer in seinem Wohnungsverband gehabt habe, würde daran nichts ändern. Die Unternehmensberatungstätigkeit habe in den Streitjahren telefonisch, per Mail oder vor Ort bei den Kunden stattgefunden. Weder im Büro in der Schweiz noch in der Wohnung von ***3*** in Österreich habe jemals ein Parteienverkehr stattgefunden. ***3*** habe in seiner Wohnung entgegen den Behauptungen des Finanzamtes über keine Büroinfrastruktur verfügt. Daraus lasse sich auch erklären, dass auch heute noch ein Büro in der Schweiz bestehe, in welchem ***3*** seiner Unternehmensberatertätigkeit nachgehe.

Für dieses Büro in der Schweiz werde Miete bezahlt, obwohl bereits seit vielen Jahren sämtliche Einkünfte in Österreich besteuert würden. Ein solches Verhalten wäre im Falle eines bloßen Briefkastenbüros nicht mit den Denkgesetzen in Einklang zu bringen.

Selbst wenn, der Ansicht des Finanzamtes folgend, davon ausgegangen werde, die Bf. habe in der Schweiz nur ein Briefkastenbüro unterhalten und die Einkünfte seien daher von vornherein vollumfänglich in Österreich zu besteuern, ergäbe sich lediglich im Jahr 2016 ein Besteuerungssubstrat in Höhe von 14.540,75 € für Österreich, da die Bf. trotz geringer Gewinne erst ab 2012 in der Lage gewesen sei, die Verlustvorträge aufzubrauchen. Es werde in diesem Zusammenhang auf die beigelegten Auszüge aus den betreffenden Jahresabschlüssen verwiesen.

Die "Anträge über die Verwendung des Bilanzgewinnes per …" weisen folgende Beträge aus:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Stichtag
"Gewinn"
"Vortrag vom Vorjahr"
+48.432,74 CHF
-144.434,08 CHF
+18.553,63 CHF
-96.001,34 CHF
+19.386,06 CHF
-58.079,65 CHF
+32.621,82 CHF
-25.457,83 CHF
+6.594,43 CHF
-18.863,40 CHF
+33.404,15 CHF
-18.863,40 CHF

In der Folge ersuchte das Finanzamt im Zusammenhang mit der Festsetzung von Kapitalertragsteuern für die Zeiträume 1-12/2013 bis 1-12/2017 gegenüber ***4*** diesen mit Ergänzungsauftrag vom um Nachreichung der beim Finanzamt in der Schweiz eingereichten Körperschaftsteuererklärungen der Bf. samt Beilagen sowie der in der Schweiz erlassenen Körperschaftsteuerbescheide der Jahre 2013 bis 2017.

Im Antwortschreiben vom teilte die steuerliche Vertreterin der Bf. dem Finanzamt mit, die erbetenen Unterlagen könnten erst nach Beendigung des bis zum dauernden Betriebsurlaubes des Schweizer Steuerberaters vorgelegt werden.

Laut Auskunft des Finanzamtes sind die angeforderten Unterlagen bei diesem bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht eingegangen.

II. Sachverhalt

Die Bf., eine in der Schweiz vom bis zum in ***50***, ***51***, und ab dem in ***1***, ***9***, ansässig gewesene Gesellschaft mit beschränkter Haftung, wurde am in das Handelsregister des Kantons ***2*** eingetragen. Gesellschafter waren zu je 50% vom Gründungszeitpunkt bis zum zwei österreichische Staatsbürger (***3*** und ***4***) mit Hauptwohnsitz im Inland (***5***). Die beiden Gesellschafter waren zudem vom Gründungszeitpunkt bis zum im Handelsregister als Geschäftsführer ausgewiesen.

Nach weiteren Statutenänderungen am , am und am erfolgte am nach durchgeführter Liquidation die Löschung der Gesellschaft. Ab dem bis zur Löschung der Gesellschaft im Handelsregister mit war ***4*** Alleingesellschafter der Bf., Vorsitzender der Geschäftsführung und Liquidator.

Als Gesellschaftszweck der Bf. war in ihren Statuten Folgendes angeführt: "Entwicklung, Konzeption, Betrieb und Wartung von Internetplattformen und von Software; Erbringungen von Beratungsdienstleistungen im Bereich der Unternehmens-, Organisations-, Marketing- und Softwareberatung; Betreuung und Beratung der Mitglieder von Internetplattformen und Vermittlung und Verkauf von Produkten und Dienstleistungen via Internet. Die Gesellschaft kann sich an anderen Gesellschaften beteiligen, Grundeigentum erwerben und veräußern, Kapitalanlagen aller Art halten und verwalten sowie im In- und Ausland Zweigniederlassungen und Tochtergesellschaften errichten."

Mit Kaufvertrag vom erwarb die Bf. von ***3***, der zu diesem Zeitpunkt noch zu 35% am Stammkapital der Bf. beteiligt war, die ***52*** in CH-***1***, ***9***, zum Preis von 28.342,70 €. Der Firmenwert (Kundenstock) wurde im Kaufvertragstext mit 15.600 € (20% des Jahresumsatzes lt. Kundenliste) beziffert. Am schloss die Bf. mit den bisherigen Kunden des Verkäufers Werkverträge ab. Die Leistung der Bf. gegenüber den ausschließlich in Österreich ansässigen Kunden bestand in der Analyse betriebswirtschaftlicher Parameter und daraus folgend der Entwicklung von Lösungsansätzen und deren Umsetzung durch Beratung. Konkret wurden bestimmte Kennzahlen der Werkvertragsunternehmen in die Software "Gewinn nach Plan" eingetragen und nachfolgend Soll-Ist-Vergleiche usw. angestellt. Die Erbringung der beschriebenen Tätigkeit erfolgte vor dem Erwerb der ***52*** durch die Bf. - und, wie nachfolgend dargelegt werden wird, auch danach - ausschließlich durch den Verkäufer ***3***. Dieser hatte seit dem diese Tätigkeit in seinem im Wohnungsverband gelegenen inländischen Büro in der ***7*** in ***6*** ausgeübt. Am meldete der Verkäufer dem Finanzamt die Verlegung seines Unternehmensberatungsbetriebs nach Liechtenstein, Ende Oktober 2006 wurde das Unternehmen laut Information des Verkäufers von Liechtenstein in die Schweiz verlegt. Das Finanzamt vertrat aufgrund seiner Feststellung, dass die Tätigkeit weiterhin vom in der ***7*** in ***6*** gelegenen inländischen Büro aus erbracht wurde, jedoch die Rechtsmeinung, dass Österreich das Besteuerungsrecht zukomme. Diese Rechtsmeinung hat der UFS in seiner Entscheidung vom , RV/0471-F/10, für die Jahre 2005 bis 2009 rechtskräftig bestätigt.

Am wurde ***3***, der zu diesem Zeitpunkt nicht nur Gesellschafter, sondern bis zum auch Geschäftsführer der Bf. war, von einem weiteren Geschäftsführer dieser Gesellschaft eine uneingeschränkte Generalvollmacht zur Wahrnehmung der Interessen der Bf. erteilt. In dieser Eigenschaft war der Bevollmächtigte, der weder in einem Dienst- noch in einem Werksvertragsverhältnis zur Bf. stand, ausdrücklich zum Abschluss aller Geschäfte der Bf. befugt und für alle Bankkonten der Bf. zeichnungsberechtigt. Als Entschädigung für die Wahrnehmung der Tätigkeiten als Generalbevollmächtigter wurde diesem die kostenlose Nutzung eines Fahrzeuges der Bf. (***53*** mit dem behördlichen Kennzeichen ***13***) und eines auf die Bf. angemeldeten Mobiltelefons (+43 ***54***) auch für private Zwecke zur Verfügung gestellt. Der Bevollmächtigte hat auch tatsächlich sämtliche Tätigkeiten, die er vor dem im Rahmen seines Einzelunternehmens für seine ausschließlich österreichischen Kunden erbrachte, nach Abschluss der Generalvollmacht alleinverantwortlich im Namen und für Rechnung der Bf. erbracht. Er war bei Ausübung dieser Tätigkeiten alleinige Ansprechperson und an keine Arbeitszeiten gebunden. Die für die Leistungserbringung des Bevollmächtigten notwendigen betriebsbezogenen Daten lieferten die Werkvertragsunternehmen über deren Steuerberater bzw. Mitarbeiter in der Regel per Email. Gelegentlich wurden die Daten auch vom Bevollmächtigten persönlich bei den Unternehmen besorgt und ausnahmsweise wurden die Daten/Unterlagen in den Briefkasten in der ***7*** in ***6*** eingeworfen. Die Unternehmenskennzahlen der Werkvertragspartnerbetriebe wurden sodann vom Bevollmächtigten in das Controlling-System geladen und ausgewertet. Die Kundengespräche fanden nicht am Unternehmenssitz der Bf. in der Schweiz, sondern ausschließlich in den im Inland gelegenen Betriebsräumen der Werkvertragspartner statt. Die monatlich fällig gewordenen Honorare wurden auf ein inländisches Konto der Bf. bei der ***23*** (***22*** mit Zeichnungsberechtigung für den Generalbevollmächtigten) überwiesen. Für Kundenkontakte stand dem Bevollmächtigten ein auf die Bf. in Österreich angemeldetes Mobiltelefon (+43 ***54***) sowie eine österreichische Emailadresse (***55***) zur Verfügung. Zur Tätigkeitsausübung wurde ein PC/Notebook, ein Internetanschluss, ein Schreibtisch und ein Sessel benötigt.

Das BFG erachtet die Feststellung des Finanzamtes, wonach die Beratungstätigkeiten auch nach dem am erfolgten Verkauf der ***52*** an die Bf. vom Verkäufer und nunmehrigen Generalbevollmächtigten der Bf. weiterhin in seinem im Wohnungsverband gelegenen inländischen Büro in der ***7*** in ***6*** ausgeübt wurden, aus folgenden Gründen für zutreffend: Zum einen stand dem Bevollmächtigten dort im 121,5m2 großen Wohnverband ein 20,2 m² großer abgeschlossener Arbeitsraum zur alleinigen Nutzung zur Verfügung, während er sich das kleinere Büro am Unternehmenssitz der Bf. mit seinem Adoptivsohn, dem Geschäftsführer der Bf., hätte teilen müssen. Das Vorbringen im Vorlageantrag, wonach der Bevollmächtigte in seiner Wohnung über keine Büroinfrastruktur verfügt hätte, überzeugt nach Auffassung des BFG schon deshalb nicht, weil zur Tätigkeitsausübung (Eingabe der übermittelten Unternehmenskennzahlen der Werkvertragspartnerbetriebe in das Controlling-System sowie Auswertung der Daten bzw. Entwicklung von Lösungsansätzen) neben einem PC/Notebook lediglich ein Internetanschluss, ein Tisch und ein Sessel - somit Betriebsmittel, die zwischenzeitlich üblicherweise in jedem Haushalt vorhanden sind - erforderlich waren. Zudem hat der Bevollmächtigte nach den unwidersprochen gebliebenen Feststellungen des UFS (siehe dazu die bereits erwähnte Berufungsentscheidung vom , RV/0471-F/10) auch vor dem Verkauf seines Einzelunternehmens an die Bf. - also bis Mitte 2010 - die gleiche Tätigkeit im gegenständlichen, im Wohnungsverband gelegenen Arbeitsraum ausgeübt, obwohl er zur Tätigkeitsausübung zumindest seit dem über dasselbe Büro in der Schweiz (***1***, ***9***) verfügt hat, wie die Ende 2005 gegründete Bf. (siehe dazu oben).

Auch die drei der Beschwerde beigefügten schriftlichen Zeugenaussagen, wonach der Generalbevollmächtigte der Bf. regelmäßig telefonisch über die Festnetznummer des Büros am Unternehmenssitz der Bf. erreichbar und auch persönlich regelmäßig dort anwesend gewesen sei, ist nach Ansicht des BFG kein Beweis dafür, dass dieser konkret die vormals im Rahmen seines Einzelunternehmens ausgeübten Tätigkeiten am PC im Schweizer Büro der Bf. erbracht hat. Denn der Unternehmensbereich der Bf. umfasste in den beschwerdegegenständlichen Jahren nicht nur die Analyse betriebswirtschaftlicher Parameter, die Entwicklung von Lösungsansätzen und deren Umsetzung durch Beratung, sondern weitere Unternehmensbereiche, wie beispielsweise das Veranstaltungsmanagement. In diesen Bereichen war auch der Geschäftsführer der Bf. tätig, sodass eine gemeinsame Anwesenheit im Schweizer Büro sicher sinnvoll und zweckmäßig war. Das BFG teilt überdies die Auffassung des Finanzamtes, dass die Aussage "regelmäßig" in Bezug auf die persönliche Anwesenheit bzw. die telefonische Erreichbarkeit über den Schweizer Festnetzanschluss sehr unbestimmt ist. Diese Aussage lässt eine große Bandbreite von Vermutungen zu - gemeint könnte eine tägliche Anwesenheit sein oder auch eine Anwesenheit alle zwei Wochen, etc.

Gegen die Annahme, dass auch die vormals vom Einzelunternehmen des in den Streitjahren Generalbevollmächtigten der Bf. ausgeübten Tätigkeiten - soweit sie nicht ohnehin in den Betriebsräumen der Werkvertragspartner stattfanden - im Schweizer Büro der Bf. erfolgten, spricht auch, dass der telefonische Kontakt nach den übereinstimmenden Aussagen der fünf vom Finanzamt befragten Kunden ausschließlich über das auf die Bf. in Österreich angemeldete Mobiltelefon erfolgte und nicht über das Schweizer Festnetz.

III. Beweiswürdigung

Der Sachverhalt ergibt sich aus den dem BFG übermittelten Aktenteilen.

IV. Rechtliche Burteilung

A. Zu Spruchpunkt I. (Zurückweisung)

Im Beschwerdefall ist die Rechtswirksamkeit der angefochtenen "Bescheide" strittig. Sofern eine Sachentscheidung getroffen werden kann, ist zu prüfen, ob die Rechtsauffassung der Abgabenbehörde, wonach die Bf. mit Unternehmenssitz in der Schweiz in den Streitjahren über eine inländische Betriebsstätte verfügt hat, zu bejahen ist.

Gemäß § 260 Abs. 1 lit. a BAO ist die Bescheidbeschwerde mit Beschwerdevorentscheidung (§ 262) oder mit Beschluss (§ 278) zurückzuweisen, wenn sie nicht zulässig ist.

Wie unter Pkt. II festgestellt wurde, erfolgte am nach durchgeführter Liquidation eine Löschung der beschwerdeführenden Gesellschaft im Handelsregister des Kantons ***2*** in der Schweiz. Die beschwerdegegenständlichen Bescheide wurden am ausgefertigt. Da antragsgemäß eine Aussetzung der Einhebung der mit den angefochtenen Bescheiden festgesetzten Abgaben (Körperschaftsteuer sowie Anspruchszinsen für die Jahre 2012 bis 2016) erfolgte, kann im Beschwerdefall auch dann kein abwickelbares Vermögen entstehen, wenn der Beschwerde stattgegeben würde. Bei einer solchen Fallkonstellation kommt der beschwerdeführenden Gesellschaft nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ab dem Zeitpunkt ihrer Löschung im Handelsregister keine Parteifähigkeit mehr zu (siehe dazu z.B. ; ).

Die Beschwerde war, da sie sich gegen Erledigungen richtete, denen mangels rechtlich existenten Bescheidadressaten kein Bescheidcharakter zukam, gemäß § 260 Abs. 1 lit. a BAO zurückzuweisen. Angemerkt wird, dass die Beschwerde, da sie vom Beschwerdevertreter im Namen und im Auftrag einer nicht mehr existenten juristischen Person erhoben wurde, keinem Rechtssubjekt zugeordnet werden konnte.

Informationshalber wird überdies angemerkt, dass die Unmöglichkeit der Festsetzung von Körperschaftsteuer und Anspruchszinsen jeweils für die Jahre 2012 bis 2016 gegenüber der Bf. aufgrund ihrer Vollbeendigung für die Geltendmachung der Haftung unerheblich ist, weil eine Haftungsinanspruchnahme eine Erlassung von Abgabenbescheiden gegenüber der Primärschuldnerin nicht voraussetzt. Dies ergibt sich unter anderem aus § 224 Abs. 3 BAO, der die erstmalige Geltendmachung eines Abgabenanspruches anlässlich der Erlassung eines Haftungsbescheides bis zur Verjährung des Rechtes zur Festsetzung der Abgabe zulässt (siehe dazu z.B. ).

B. Zu Spruchpunkt II.(Revision)

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im Beschwerdefall waren die zu beurteilende Rechtsfragen bereits ausreichend durch die zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, von der das gegenständliche Erkenntnis nicht abweicht, geklärt. Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist deshalb nicht zulässig.

Gesamthaft war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Feldkirch, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 260 Abs. 1 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.1100133.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at