Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 25.04.2024, RV/7500041/2024

Parkometer: Ungültiger § 29b StVO Ausweis hinterlegt; Unzuständigkeit des Magistrats Wien und des BFG

Beachte

Revision eingebracht (Amtsrevision).

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R. in der Verwaltungsstrafsache gegen ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, wegen der Verwaltungsübertretung gemäß § 5 Abs. 2 Parkometerabgabeverordnung, ABl. der Stadt Wien Nr. 51/2005, idF. ABl. der Stadt Wien Nr. 20/2020 in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Parkometergesetz 2006, LGBl. für Wien Nr. 9/2006, idF. LGBl. für Wien Nr. 71/2018, über die Beschwerde des Beschuldigten vom gegen die Straferkenntnisse des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67 vom , GZlen. MA67/Zahl1/2023, MA67/Zahl2/2023, MA67/Zahl3/2023, MA67/Zahl4/2023, MA67/Zahl6/2023, MA67/Zahl6/2023, MA67/Zahl7/2023, MA67/Zahl8/2023, MA67/Zahl9/2023 und vom , GZlen. MA67/Zahl10/2023, MA67/Zahl11/2023, MA67/Zahl12/2023, zu Recht erkannt:

  1. I. Gemäß § 50 VwGVG wird die Beschwerde gegen das Straferkenntnis MA67/Zahl1/2023 als unbegründet abgewiesen.

Das angefochtene Straferkenntnis wird bestätigt.

II. Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG hat die beschwerdeführende Partei einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens betreffend das Straferkenntnis MA67/Zahl1/2023 in Höhe von 12,00 € zu entrichten.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens (12,00 €) sind gemeinsam mit der Geldstrafe (60,00 €) und dem Beitrag zu den Kosten der belangten Behörde (10,00 €), insgesamt 82,00 €, binnen zwei Wochen nach Zustellung dieses Erkenntnisses an den Magistrat der Stadt Wien zu entrichten.

Der Magistrat der Stadt Wien wird gemäß § 25 Abs. 2 BFGG als Vollstreckungsbehörde bestimmt.

III. Gemäß § 50 VwGVG iVm § 24 Abs. 1 BFGG und § 5 WAOR wird der Beschwerde gegen die weiteren angefochtenen Straferkenntnisse stattgegeben, die Straferkenntnisse werden aufgehoben und die Verfahren nach § 38 VwGVG iVm § 45 Abs. 1 Z 2 VStG eingestellt.

IV. Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG hat die beschwerdeführende Partei keinen Beitrag zu den Kosten dieser Beschwerdeverfahren zu leisten.

V. Eine Revision durch die beschwerdeführende Partei wegen Verletzung in Rechten nach Art 133 Abs. 6 Z 1 B-VG ist gemäß § 25a Abs. 4 VwGG kraft Gesetzes nicht zulässig.

Gegen Spruchpunkt I dieser Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine ordentliche Revision durch die belangte Behörde nach Art. 133 Abs. 6 Z 2 B-VG nicht zulässig.

Gegen Spruchpunkt III dieser Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine ordentliche Revision durch die belangte Behörde nach Art. 133 Abs. 6 Z 2 B-VG zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Das mehrspurige Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen Vienna ist auf ZL, wohnhaft in 1230 Wien, S-Gasse, zugelassen.

Der Beschwerdeführer (Bf.) wohnt an derselben Adresse wie ZL.

Die Zulassungsbesitzerin nannte der Magistratsabteilung 67 jeweils den Bf. als jene Person, der das Fahrzeug zu den Beanstandungszeiten überlassen war.

Der Parkausweis gemäß § 29b StVO 1960 mit der Nr. 1234 wurde für die querschnittsgelähmte Schwester des Bf., PA, wohnhaft in 1230 Wien, B-Gasse, ausgestellt.

Zu der in der Tabelle unter 1) angeführten Beanstandungszeit war das ggstl. Fahrzeug weder mit einem gültigen Parkschein gekennzeichnet noch war im Fahrzeug der hier in Rede stehende Parkausweis gemäß § 29b StVO 1960 mit der Nr. 1234 hinter der Windschutzscheibe des Fahrzeuges eingelegt.

Zu den in der Tabelle unter 2) bis 12) angeführten Beanstandungszeiten war hinter der Windschutzscheibe des ggstl. Fahrzeuges der Parkausweis gemäß § 29b StVO 1960 Nr. 1234, eingelegt, bei welchem es sich nach den eigenen Wahrnehmungen des jeweils anzeigenden Meldungslegers um eine Farbkopie gehandelt hat.


Tabelle in neuem Fenster öffnen
GZ. des Straferkennisses der MA 67
Beanstandungszeitpunkt
Beanstandungsort
1)
MA67/ Zahl1/2023
, 16:59 Uhr
1230 Wien, S-Strasse 207,
2)
MA67/ Zahl3/2023
, 09:17 Uhr
1230 Wien, S-Strasse 238
3)
MA67/ Zahl4/2023
, 16:29 Uhr
1230 Wien, S-Strasse 211
4)
MA67/ Zahl10/2023
, 15:35 Uhr
1230 Wien, S-Strasse 205
5)
MA67/ Zahl12/2023
, 21:08 Uhr
1230 Wien, S-Strasse 238
6)
MA67/ Zahl11/2023
, 16:14 Uhr
1230 Wien, S-Strasse 215
7)
MA67/ Zahl5/2023
, 09:22 Uhr
1230 Wien, S-Strasse 211
8)
MA67/ Zahl2/2023
, 10:00 Uhr
1230 Wien, S-Strasse ggü 211
9)
MA67/ Zahl7/2023
, 09:44 Uhr
1230 Wien, S-Strasse ggü 211
10)
MA67/ Zahl6/2023
, 16:54 Uhr
1230 Wien, S-Strasse 207
11)
MA67/ Zahl8/2023
, 16:59 Uhr
1230 Wien, S-Strasse 203
12)
MA67/ Zahl9/2023
, 09:06 Uhr
1230 Wien, S-Strasse 238

Die Meldungsleger hielten in ihrer Anzeige detailliert fest, woran sie erkannt haben, dass es sich bei dem im Fahrzeug eingelegten Parkausweis gemäß § 29b StVO 1960 nicht um den Originalausweis, sondern um eine Farbkopie gehandelt hat.

Kontrollorgan KO1 (Beanstandung am , 09:17 Uhr, 1230 Wien, S-Strasse 238):

"29b Ausweis Farbkopie Nr. 1234, erkannt an Pixeldruck, eckige Schnittkanten, COPY erkennbar"

Kontrollorgan KO2 (Beanstandung , 16:29 Uhr, 1230 Wien, S-Strasse 211)

"29b 1234 farbkopie, Ränder schief geschnitten, folie ist plastikhülle oben und unten offen und weiches material"

Kontrollorgan KO3 (Beanstandung am , 15:35 Uhr, S-Strasse 205, 1230 Wien,):

"29b 1234 Farbkopie erkannt an Ränder nicht abgerundet, Farbe ungleich, teilweise grünlich die Farbe und unscharf"

Kontrollorgan KO1 (Beanstandung am , 21:08 Uhr, 1230 Wien, S-Strasse 238):

"Farbkopie 29b Ausweis Nr. 1234, erkannt an Pixeldruck, schief geschnitten, COPY erkennbar"

Kontrollorgan KO4 (Beanstandung am , 16:14 Uhr, 1230 Wien, S-Strasse 215):

"29b Nr. 1234 Farb kopiert. Erkannt an weißen Rändern spitzen Ecken und heller Farbe Anzeige ohne Hinterlegung da mehrfach beanstandet"

Kontrollorgan KO5 (Beanstandung am , 09:22 Uhr, 1230 Wien, S-Strasse 211):

"ausweis 1234 in farbkopie hinterlegt. erkannt an fehlender feinzeichnung im hellblauen hintergrund als auch im grauen feld copy. unscharfe schriftkanten. tintenstrahldruck. In folie gesteckt nicht laminiert"

Kontrollorgan KO5 (Beanstandung am , 10:00 Uhr, 1230 Wien, S-Strasse ggü 211):
"82613372 vom 05.092023 um 0922h ausweis 1234 wie bei AZ 82613372 farbkopie Örtlichkeit unverändert"

Kontrollorgan KO5 (Beanstandung am , 09:44 Uhr, 1230 Wien, S-Strasse ggü 211):
"82606154 vom 07092023 um 1000h 29b ausweis farbkopiert. Anmerkungen bzgl ausweis ident mit AZ 82613372. Örtlichkeit seit AZ 82606154 unverändert"

Kontrollorgan KO6 (Beanstandung am , 16:54 Uhr, S-Strasse 207, 1230 Wien,):

"Folierung ist offen, Farbe blass Stempel Kopie, Copy unleserlich bei genau hinschauen keine Unterschrift Nr. 1234"

Kontrollorgan KO7 (Beanstandung am , 16:59 Uhr, 1230 Wien, S-Strasse 203):
"farbkopie nicht eingeschweißt rollstuhlsymbole kaum zu sehen Ränder mit gelben Band angeklebt graues stempelfeld stark strichliert"

Kontrollorgan KO8 (Beanstandung am , 09:06 Uhr, S-Strasse 2388888, 1230 Wien,)
"29b Ausweis/Farbkopie"

Die Magistratsabteilung 67 richtete in den jeweiligen Verfahren an die Inhaberin des Parkausweises, PA, ein Auskunftsersuchen, indem sie gefragt wurde, ob sie an den Beanstandungstagen vom Bf. mit dem Fahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen Vienna befördert wurde und ob sie Kopien ihres Ausweises gemäß § 29b StVO gemacht habe und wenn ja, wem (Personendaten) diese Kopien ausgehändigt wurden.

In den einzelnen Verfahren bestätigte PA jeweils per E-Mail dass der Bf. sie zum besagten Tag mit dem gegenständlichen Fahrzeug unter Verwendung des § 29b Ausweises zu diversen Erledigungen gefahren habe und verwies auf die beigefügten Bilder des Ausweises mit dem Vermerk "von der Sonne und unabsichtlicher Nässe schon etwas gekennzeichnet". Sie sei seit über 30 Jahren querschnittgelähmt und Rollstuhlfahrerin und auf Hilfe im Alltag angewiesen. Sie habe persönliche Assistenz und Herr Bf. sei einer ihrer Assistent:innen (Verweis auf den beigefügten Lohnzettel). Sie habe keine Kopien anfertigen lassen und verteilt, weil sie ja einen § 29b Ausweis besitze und diesen verwende, wenn sie von ihrer Assistenz befördert werde, was sie ja auch dürfe.

Strafverfügungen

Der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67 (kurz: MA 67) lastete dem Bf. mit 12 Strafverfügungen unter Angabe der erforderlichen Daten die jeweilige Verwaltungsübertretung an und verhängte wegen der Verletzung der Rechtsvorschriften des § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung iVm § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006 eine Geldstrafe iHv je 60,00 €. Für den Fall der Uneinbringlichkeit wurde eine Ersatzfreiheitsstrafe von je 14 Stunden festgesetzt.

Einspruch

Der Bf. brachte in seinen Einsprüchen im Wesentlichen gleichlautend vor, dass er bei der Ausweisinhaberin PA, geb. 1980, wohnhaft 1230 Wien, B-Gasse, als persönlicher Assistent angestellt sei (Verweis auf Lohnbestätigung). Da seine Schwester seit ihrem 12. Lebensjahr im Rollstuhl sitze, benötige sie entsprechende Hilfe und Unterstützung. Am besagten Tag habe er seine Schwester zu verschiedenen Örtlichkeiten gefahren. Er habe das Kfz zu den angepeilten Geschäften abgestellt. Seine Schwester hätte Verschiedenes zu erledigen gehabt. Wenn er und seine Schwester Tätigkeiten mit dem Auto erledigen müssten, dann verwende er natürlich den Behindertenausweis.

Straferkenntnisse

Zu 1) Kein Parkschein und kein Parkausweis

Mit Straferkenntnis vom wurde der Bf. vom Magistrat der Stadt Wien, MA 67, wegen der bereits näher bezeichneten Verwaltungsübertretung für schuldig befunden und wegen Verletzung der Rechtsvorschriften des § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung iVm § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006 eine Geldstrafe von € 60,00 verhängt und für den Fall der Uneinbringlichkeit 14 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe festgesetzt. Zudem wurde gemäß § 64 Abs. 2 Verwaltungsstrafgesetz ein Betrag von € 10,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens auferlegt.

Begründend stellte die Behörde nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und des Einspruchsvorbringens fest, dass das Vorbringen des Bf. in seinem Einspruch, wonach ein Parkausweis gemäß § 29b StVO 1960 zum Beanstandungszeitpunkt hinter der Windschutzscheibe eingelegt gewesen sei, nicht geeignet sei, die Anzeigedaten des Parkraumüberwachungsorganes zu widerlegen. Die eigenen Wahrnehmungen des Kontrollorgans und die zum Beanstandungszeitpunkt aufgenommenen Fotos würden zweifelsfrei erkennen lassen, dass ein Parkausweis gemäß § 29b StVO 1960 nicht hinter der Windschutzscheibe des in Rede stehenden Fahrzeuges hinterlegt gewesen sei.

Die Anzeige diene dem Beweis der Rechtsrichtigkeit der Meldungslegung und sei als taugliches Beweismittel anzusehen (Verweis auf , ).

Die Einwendungen des Bf. seien somit nicht geeignet gewesen, ihn vom gegenständlichen Tatvorhalt zu entlasten.

Im Zuge des Verfahrens seien somit keine Tatsachen oder Umstände hervorgekommen, die zu dessen Einstellung führen hätten können.

Ein Rechtfertigungsgrund, also eine Norm, die das tatbestandsmäßige Verhalten ausnahmsweise erlaubt hätte bzw. welche die Strafbarkeit aufheben würde, liege im gegenständlichen Fall nicht vor.

Es sei daher der Sachverhalt als erwiesen angenommen worden, wie er aus den schlüssigen und widerspruchsfreien Angaben in der Anzeige sowie aus der Tatumschreibung in diesem Straferkenntnis ersichtlich sei, zumal der Bf. diesen Sachverhalt insgesamt unwidersprochen gelassen habe.

Der Bf. sei der Verpflichtung des § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung, wonach jeder Lenker eines mehrspurigen Kraftfahrzeuges, der ein solches in einer Kurzparkzone abstellt, bei Beginn des Abstellens die Parkometerabgabe entrichten muss, nicht nachgekommen.

Gemäß § 6 lit. g Wiener Parkometerabgabeverordnung sei die Abgabe für Fahrzeuge nicht zu entrichten, die von Inhabern eines Parkausweises für Behinderte gemäß § 29b StVO 1960 abgestellt oder in denen solche Personen befördert werden, sofern die Fahrzeuge beim Abstellen mit diesem Ausweis gekennzeichnet seien.

Nach näheren Erläuterungen zum Fahrlässigkeitsbegriff stellte die Behörde fest, dass auf Grund der Aktenlage Fahrlässigkeit anzunehmen gewesen sei.

Somit seien sowohl die objektiven als auch die subjektiven Voraussetzungen für die Strafbarkeit gegeben gewesen.

Der Bf. habe die Parkometerabgabe nicht entrichtet und somit fahrlässig verkürzt.

Weiters enthält das Straferkenntnis die maßgeblichen Bestimmungen für die Strafbemessung (§ 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, § 19 Abs. 1 und 2 Verwaltungsstrafgesetz 1991), erläutert diese näher und führt die für den vorliegenden Fall maßgeblichen Strafzumessungsgründe an.

Zu 2) bis 12) Kein Parkschein, Einlegen des Parkausweises in Original oder Farbkopie

Mit den in der Tabelle angeführten Straferkenntnissen wurde der Bf. vom Magistrat der Stadt Wien, MA 67, für schuldig befunden, dass er das ggstl. Fahrzeug an den angeführten gebührenpflichtigen Orten abgestellt habe, ohne für seine Kennzeichnung mit einem für den Beanstandungszeitpunkt gültigen Parkschein gesorgt zu haben. Im Fahrzeug habe sich lediglich die Farbkopie des Ausweises gemäß § 29b StVO 1960 Nr. 1234 befunden. Demnach habe er die Parkometerabgabe fahrlässig verkürzt.

Wegen Verletzung der Rechtsvorschriften des § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung iVm § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006 wurde über den Bf. eine Geldstrafe von je € 60,00 verhängt und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von je 14 Stunden festgesetzt. Zudem wurde gemäß § 64 Abs. 2 Verwaltungsstrafgesetz ein Betrag von je € 10,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens auferlegt.


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Datum und GZ. der Straferkennisse der MA 67
Beanstandungszeitpunkt
Beanstandungsort
1230 Wien,
S-Strasse
2)
,
MA67/ Zahl3/2023
, 09:17 Uhr
238
3)
,
MA67/ Zahl4/2023
, 16:29 Uhr
211
4)
,
MA67/ Zahl10/2023
, 15:35 Uhr
205
5)
,
MA67/ Zahl12/2023
, 21:08 Uhr
238
6)
,
MA67/ Zahl11/2023
, 16:14 Uhr
215
7)
,
MA67/ Zahl5/2023
, 09:22 Uhr
211
8)
, MA67/ Zahl2/2023
, 10:00 Uhr
ggü 211
9)
,
MA67/ Zahl7/2023
, 09:44 Uhr
ggü 211
10)
,
MA67/ Zahl6/2023
, 16:54 Uhr
207
11)
, MA67/ Zahl8/2023
, 16:59 Uhr
203
12)
,
MA67/ Zahl9/2023
, 09:06 Uhr
238

Begründend stellte die Behörde nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und des Einspruchsvorbringens zunächst fest, dass die Lenkereigenschaft als auch die Abstellung des gegenständlichen Fahrzeuges zum Tatzeitpunkt an der in Rede stehenden Örtlichkeit unbestritten geblieben seien.

§ 6 Wiener Parkometerabgabeverordnung zähle jene Fälle, für die die Abgabe nicht zu entrichten sei, taxativ auf.

Die Abgabe sei nicht zu entrichten für Fahrzeuge, die von Inhabern eines Ausweises gemäß § 29b Abs. 1 oder 5 StVO 1960 abgestellt werden oder in denen solche Personen gemäß § 29b Abs. 3 StVO 1960 befördert werden, wenn die Fahrzeuge mit dem Ausweis gemäß § 29b Abs. 1 oder 5 StVO 1960 gekennzeichnet seien (§ 6 lit. g Wiener Parkometerabgabeverordnung).

Aus der Regelung ergebe sich, dass die Kennzeichnung mit dem Ausweis im Original zu erfolgen habe. Die Anbringung einer Farbkopie erfülle diese Voraussetzung nicht und falle daher nicht unter die Ausnahmebestimmung.

Wie aus der Anzeige, den Zusatzvermerken und den Fotos der Anzeige zu entnehmen sei, sei im Fahrzeug eine Farbkopie des Ausweises gemäß § 29b StVO 1960 mit der Nr. 1234 hinterlegt gewesen.

Im Zuge einer persönlichen Vorsprache bei der Behörde am sei der Bf. mit der Ausweisinhaberin erschienen und habe den Ausweis im Original vorgelegt. Der Bf. habe angegeben, diesen Ausweis immer im Original im Fahrzeug hinterlegt gehabt zu haben. Um ihn vor dem Verrutschen zu schützen, habe er den Ausweis in eine Folie gelegt bzw. ihn mit Klebestreifen fixiert, da der Ausweis schon einmal in den Lüftungsschlitz gerutscht sei. Kopien des Ausweises seien laut Angaben des Bf. nicht angefertigt worden. Bei Vorlage mehrerer Anzeigenfotos hätten der Bf. und PA angegeben, dass sie kein "COPY" - Merkmal erkennen könnten, jedoch rechts unten eine blasse, runde Ecke.

Auf den Anzeigenfotos sei ersichtlich, dass ein verblasster, in einer sich lösenden Hülle gelegter Ausweis mit der Nr. 1234 im Fahrzeug hinterlegt gewesen sei und links oben sowie rechts unten spitze Ecken aufgewiesen habe. Der Originalausweis hingegen sei laminiert und weise zudem abgerundete Ecken auf.

Bei Vergleich der Anzeigenfotos im gegenständlichen Verfahren mit dem vorgelegten Originalausweis habe festgestellt werden können, dass es sich bei dem im Fahrzeug hinterlegten Ausweis nicht um den Originalausweis gemäß § 29b StVO gehandelt habe.

Es bestehe für die erkennende Behörde keinerlei Veranlassung, die schlüssigen und widerspruchsfreien Angaben des Kontrollorganes und dessen Objektivität zu bezweifeln. Einem zur Überwachung von Kurzparkzonen bestellten Organ könne die Wahrnehmung und richtige Wiedergabe maßgeblicher Sachverhalte wohl zugemutet werden, noch dazu, wo nur abgestellte Fahrzeuge kontrolliert werden. Außerdem seien Kontrollorgane der Wahrheit verpflichtet.

Die Mitwirkungspflicht des Beschuldigten im Strafverfahren erfordere es, seine Verantwortung nicht nur darauf zu beschränken, die ihm vorgehaltenen konkreten Erhebungsergebnisse für unrichtig zu erklären, ohne diesen Erhebungsergebnissen ebenso konkrete Behauptungen entgegenzusetzen und entsprechende Beweise anzubieten. Unterlasse er dies, so bedeute es keinen Verfahrensmangel, wenn die Behörde von Amts wegen keine weiteren Beweiserhebungen durchführe. Der Bf. habe trotz gebotener Gelegenheit keine schlüssige Gegendarstellung und keine Beweismittel vorgelegt, welche geeignet gewesen wären, den erhobenen Tatvorwurf zu entkräften.

Dass es sich nicht um eine Kopie gehandelt habe, habe im Verfahren nicht glaubhaft gemacht werden können, zumal der Bf. keine geeigneten Beweismittel dafür vorgelegt habe.

Bezugnehmend auf den Einwand des Bf., dass er kein einziges Mal eine Anzeige an der Windschutzscheibe des Fahrzeuges erhalten habe, wies die Behörde darauf hin, dass besonders geschulte Organe der öffentlichen Aufsicht das Wahlrecht haben, entweder eine Organstrafverfügung oder eine Anzeige auszustellen. Es bestehe demnach weder ein Rechtsanspruch auf Ausstellung einer Organstrafverfügung bzw. auf den Erhalt einer solchen noch darauf, dass im Verwaltungsstrafverfahren verhängte Strafen nur im Ausmaß von in Betracht gekommenen Organstrafverfügungs- oder Anonymverfügungsbeträgen bemessen werden.

Die Einwendungen des Bf. seien somit nicht geeignet gewesen, ihn vom gegenständlichen Tatvorhalt zu entlasten.

Im Zuge des Verfahrens seien keine Tatsachen oder Umstände hervorgekommen, die zu dessen Einstellung führen hätten können.

Ein Rechtfertigungsgrund, also eine Norm, die das tatbestandsmäßige Verhalten ausnahmsweise erlaubt hätte bzw. welche die Strafbarkeit aufheben würde, liege im gegenständlichen Fall nicht vor.

Es werde somit der Sachverhalt als erwiesen angenommen, wie er aus den schlüssigen und widerspruchsfreien Angaben in der Anzeige sowie aus der Tatumschreibung in den Straferkenntnissen ersichtlich sei.

Gemäß § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung müsse jeder Lenker eines mehrspurigen Kraftfahrzeuges, der ein solches in einer Kurzparkzone abstelle, bei Beginn des Abstellens die Parkometerabgabe entrichten. Dieser Verpflichtung sei der Bf. nicht nachgekommen.

Nach näheren Ausführungen zum Fahrlässigkeitsbegriff stellte die Behörde fest, dass auf Grund der Aktenlage Fahrlässigkeit anzunehmen sei.

Weiters enthalten die Straferkenntnisse die maßgeblichen Bestimmungen für die Strafbemessung (§ 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, § 19 Abs. 1 und 2 Verwaltungsstrafgesetz 1991), und erläutern diese näher.

In seiner Beschwerde vom bringt der Bf. gegen die Straferkenntnisse vor, dass er fast täglich von Parkraumüberwachern angezeigt werde. Kein einziges Mal habe er eine Anzeige in der Windschutzscheibe seines Fahrzeuges erhalten, was unerhört und eine bodenlose Frechheit sei. Die Vorwürfe gegen ihn seien nicht korrekt. Seine Schwester PA sitze im Rollstuhl und er sei ihr persönlicher Assistent. Das habe er bereits mehrmals ausführlich an die MA67 geschickt. Er fahre seine Schwester täglich mit dem Auto und verwende den Behindertenausweis. Dieser sei in einer Folie verwahrt und durch die Sonne ausgebleicht. Er verlange zur Vorgehensweise des Parkraumüberwachers eine Stellungnahme, weshalb keine Anzeigen ausgestellt wurden. Das sei disziplinär zu ahnden.

Die MA 67 legte die Beschwerde samt Verwaltungsakten dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor (Datum des Einlangens: ).

Über die Beschwerde wurde erwogen:

1. Sachverhalt

Das mehrspurige Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen Vienna ist auf ZL, wohnhaft in S-Gasse, 1230 Wien, zugelassen.

Der Beschwerdeführer (Bf.) wohnt an derselben Adresse wie ZL.

Die Zulassungsbesitzerin nannte der Magistratsabteilung 67 jeweils den Bf. als jene Person, der das Fahrzeug zu den Beanstandungszeiten überlassen war.

Der Parkausweis gemäß § 29b StVO 1960 mit der Nr. 1234 wurde für die querschnittsgelähmte Schwester des Bf., PA, wohnhaft in 1230 Wien, B-Gasse, ausgestellt.

Unstrittig ist, dass das ggstl. Fahrzeug an den im Sachverhaltsteil angeführten Beanstandungstagen dem Bf. überlassen war und dass er das Fahrzeug an den angeführten Orten abgestellt hat.

Im Fahrzeug war zu der im Sachverhaltsteil unter 1) angeführten Beanstandungszeit am Beanstandungsort kein gültiger Parkschein eingelegt und zu den im Sachverhaltsteil unter 2) bis 12) angeführten Beanstandungszeiten an den Beanstandungsorten eine Farbkopie des Parkausweises Nr. 1234 hinter der Windschutzscheibe angebracht.

Zu 1) MA67/Zahl1/2023

Der Beschwerdeführer hat als Lenker des mehrspurigen Kraftfahrzeuges mit dem amtlichen Kennzeichen Vienna dieses am , 16:59 Uhr in der gebührenpflichtigen Kurzparkzonen S-Strasse 207, 1230 Wien ohne Kennzeichnung mit einem für den Beanstandungszeitpunkt gültigen Parkschein abgestellt.

Zu 2) bis 12) MA67/Zahl2/2023, MA67/Zahl3/2023, MA67/Zahl4/2023, MA67/Zahl5/2023, MA67/Zahl6/2023, MA67/Zahl10/2023, MA67/Zahl11/2023, MA67/Zahl12/2023, MA67/Zahl7/2023, MA67/Zahl8/2023, MA67/Zahl9/2023

Der Beschwerdeführer hat als Lenker des mehrspurigen Kraftfahrzeuges mit dem amtlichen Kennzeichen Vienna dieses am

  1. , 09:17 Uhr in der gebührenpflichtigen Kurzparkzonen 1230 Wien, S-Strasse 238 und am

  2. , 16:29 Uhr in der gebührenpflichtigen Kurzparkzonen 1230 Wien, S-Strasse 211 und am

  3. , 15:35 Uhr in der gebührenpflichtigen Kurzparkzonen 1230 Wien, S-Strasse 205 und am

  4. , 21:08 Uhr in der gebührenpflichtigen Kurzparkzonen 1230 Wien, S-Strasse 238 und am

  5. , 16:14 Uhr in der gebührenpflichtigen Kurzparkzonen 1230 Wien, S-Strasse 215 und am

  6. , 9:22 Uhr in der gebührenpflichtigen Kurzparkzonen 1230 Wien, S-Strasse 211 und am

  7. , 10:00 Uhr in der gebührenpflichtigen Kurzparkzonen 1230 Wien, S-Strasse ggü 211 und am

  8. , 09:44 Uhr in der gebührenpflichtigen Kurzparkzonen 1230 Wien, S-Strasse ggü 211 und am

  9. , 16:54 Uhr in der gebührenpflichtigen Kurzparkzonen 1230 Wien, S-Strasse 207 und am

  10. , 16:59 Uhr in der gebührenpflichtigen Kurzparkzonen 1230 Wien, S-Strasse 203 und am

  11. , 09:06 Uhr in der gebührenpflichtigen Kurzparkzonen 1230 Wien, S-Strasse 238

ohne Kennzeichnung mit einem für den Beanstandungszeitpunkt gültigen Parkschein abgestellt. Der Beschwerdeführer hat vielmehr im Beanstandungszeitpunkt hinter der Windschutzscheibe einen auf seine Schwester lautenden Parkausweis für Behinderte gemäß § 29b StVO 1960 mit der Ausweisnummer 1234 angebracht.

Bei dem im Fahrzeug hinterlegten Parkausweis gemäß § 29b StVO handelte es sich laut den Feststellungen der Kontrollorgane der Landespolizeidirektion um eine Farbkopie des Ausweises (siehe Vermerke der Kontrollorgane in den Anzeigen).

Der Ausweis, welcher von der Schwester des Bf. den E-Mails an die MA 67 in Beantwortung der Auskunftsersuchen als Foto beigefügt wurde und der vom Bf. laut der Schwester verwendet wurde, wenn er sie befördert hat, zeigt eindeutigeineKopie des Ausweises (die Folierung hat keine runden Ecken, die Folie ist oben offen, unten ist er uneben geschnitten und seitlich ist ein weißer Rand erkennbar). Dies ist eindeutig auf dem Bild der die Ausweisrückseite zeigt beim Vergleich mit dem Originalausweis, der am am Magistrat vorgelegt wurde, zu erkennen (links weißer Rand, rechts Schrift geht bis zum Ende der hellblauen Fläche und ebenfalls weißer Rand).

Der am im Zuge einer Vorsprache beim Magistrat laut Niederschrift vorgelegt Originalausweis weist "Gebrauchsspuren" wie in den E-Mails der Schwester des Bf. angeführt (von der Sonne und unabsichtlicher Nässe schon etwas gekennzeichnet) nicht auf (Folieneinschweißung intakt, abgerunde Ecken). Der Ausweis ist nicht unterschrieben.

Somit wiederlegt die Schwester ihre Aussage, dass keine Kopien ihres § 29b StVO Ausweises gemacht wurden selbst, indem sie Bilder vom Ausweis vorlegt die eindeutig eine Kopie zeigen.

Beim Vergleich des Anzeigefotos, auf dem man den Ausweis erkennen kann, mit der im Akt befindlichen Kopie des Originalausweises zeigt sich für die Richterin eindeutig, dass es sich bei den im Auto laut Anzeigefoto liegenden Ausweis um eine Farbkopie handelt (Rand unterhalb der grauen Fläche ist am Anzeigefoto schmäler als am Originalausweis, Folie oben offen).

Beweiswürdigung:

Der Sachverhalt ergibt sich aus den eigenen Wahrnehmungen und Anzeigedaten des jeweiligen Kontrollorgans der Parkraumüberwachung, den zur jeweiligen Beanstandungszeit angefertigten Fotos, den Angaben der Zulassungsbesitzerin, der Auskunft des Sozialministeriumservice, den im Zuge der Beantwortung der Anfrage des MA 67 an die Schwester des Bf. übermittelten Bildes des Ausweises und dem vorgelegten Originalausweis (Niederschrift vom ).

2. Rechtliche Würdigung

2.1.Zu Spruchpunkt I (Abweisung)

Rechtsgrundlagen:

Gemäß § 1 Abs. 1 Wiener Parkometerabgabeverordnung ist für das Abstellen von mehrspurigen Kraftfahrzeugen in Kurzparkzonen (§ 25 StVO) eine Abgabe zu entrichten.

Gemäß § 5 Abs. 1 Wiener Parkometerabgabeverordnung gilt die Abgabe mit der ordnungsgemäßen Entwertung des Parkscheins (der Parkscheine) oder mit der Bestätigung der Abstellanmeldung als entrichtet.

Gemäß § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung sind zur Entrichtung der Abgabe der Lenker, der Besitzer und der Zulassungsbesitzer zur ungeteilten Hand verpflichtet. Jeder Lenker, der ein mehrspuriges Kraftfahrzeug in einem Gebiet abstellt, für das eine Abgabepflicht besteht, hat die Parkometerabgabe bei Beginn des Abstellens des Fahrzeuges zu entrichten. Die Lenker haben bei der Durchführung der angeordneten Kontrollmaßnahmen mitzuwirken.

Gemäß § 3 Abs. 1 Kontrolleinrichtungenverordnung haben Abgabepflichtige, die ein mehrspuriges Kraftfahrzeug in einer Kurzparkzone abstellen, dafür zu sorgen, dass es während der Dauer seiner Abstellung mit einem richtig angebrachten und richtig entwerteten Parkschein gekennzeichnet ist.

Gemäß § 3 Abs. 2 leg cit hat die Entwertung der Parkscheine nach Anlage II durch deutlich sichtbares und haltbares Ankreuzen des Beginnes der Abstellzeit (Monat, Tag, Stunde, Minute) und Eintragen des Jahres zu erfolgen, wobei angefangene Viertelstunden unberücksichtigt gelassen werden können. Bei Verwendung mehrerer Parkscheine sind auf jedem Parkschein die gleichen, der Ankunftszeit entsprechenden Daten zu bezeichnen.

Gemäß § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006 sind Handlungen und Unterlassungen, durch die die Abgabe hinterzogen oder fahrlässig verkürzt wird, als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis zu 365 Euro zu bestrafen.

Vorsätzlich handelt gemäß § 5 Abs. 1 StGB, wer einen Sachverhalt verwirklichen will, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht; dazu genügt es, dass der Täter diese Verwirklichung ernstlich für möglich hält und sich mit ihr abfindet.

Gemäß § 19 Abs. 1 VStG ist die Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

Gemäß § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden.

Zur Strafbemessung ist auszuführen:

Bei der Strafbemessung ist zu berücksichtigen, dass ein öffentliches Interesse an der ordnungsgemäßen und fristgerechten Abgabenentrichtung besteht. Wird die Parkometerabgabe nicht entrichtet, entgehen der Gemeinde Wien die entsprechenden Abgaben.

Angesichts der hohen Hinterziehungs- oder Verkürzungsanfälligkeit der Parkometerabgabe ist eine Bestrafung in einer Höhe geboten, die sowohl eine individualpräventive als auch eine generalpräventive Wirkung entfaltet, auch wenn im Verwaltungsstrafgesetz von Prävention keine ausdrückliche Rede ist (vgl. , , vgl. weiters Hauer/Leukauf, Verwaltungsverfahren, 6. Auflage (2004) 1332 mwN, sowie Foregger/Serini, StGB und wichtige Nebengesetze, 4. Auflage [1988]).

Der Bf. schädigte das als bedeutend einzustufende Interesse an der ordnungsgemäßen Abgabenentrichtung im erheblichen Maß.

Das Bundesfinanzgericht geht in freier Beweiswürdigung davon aus, dass der Bf. bewusst keinen Parkschein verwendet hat.

Das Ausmaß des Verschuldens kann daher nicht als geringfügig angesehen werden.

Aus den vorgenannten Gründen erscheint daher eine Geldstrafe von € 60,00 bei einem bis zu € 365,00 reichenden Strafrahmen als schuld- und tatangemessen.

Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung (eine solche war im gegenständlichen Verfahren nicht beantragt) konnte gemäß § 44 Abs. 3 Z 3 VwGVG abgesehen werden.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

2.2.Zu Spruchpunkt II (Stattgabe und Aufhebung)

§ 22 Abs. 1 VStG 1991 normiert:

"Soweit die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen, ist eine Tat als Verwaltungsübertretung nur dann strafbar, wenn sie nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet."

Durch das Einlegen eines kopierten Behindertenparkausweises, welcher auf die Schwester ausgestellt ist, wurde gemäß § 5 Abs. 2 iVm § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006 die Parkometerabgabe hinterzogen. Es steht dadurch die mögliche Täuschung eines kontrollierenden Organs über die Berichtigung zur kostenlosen Nutzung des Parkplatzes im Raum, wodurch es zu einer Vermögensschädigung der Gemeinde Wien kam.

Nach der jüngsten Rechtsprechung des OGH (vgl. , Rz 9), ist die gegenständliche Tat sowohl unter "[...] § 146 StGB als auch § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006 subsumierbar. Aufgrund des tateinheitlichen Zusammentreffens der gerichtlich strafbaren Handlung mit der Verwaltungsübertretung ist Letztere (ungeachtet der Herkunft konkurrierender Normen von unterschiedlichen Gesetzgebern [Bund/Land]) gemäß § 22 Abs. 1 VStG nicht strafbar und darf die Tat nur wegen des gerichtlichen Tatbestands verfolgt werden".

Der Magistrat der Stadt Wien war daher zur Erlassung der gegenständlich angefochtenen Straferkenntnisse nicht zuständig.

Gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet. Keine Verwaltungsübertretung liegt vor, wenn eine an sich bestehende verwaltungsgerichtliche Strafbarkeit hinter eine gerichtliche zurücktritt, sodass im Ergebnis auch keine (verfolgbare) Verwaltungsübertretung anzunehmen ist (vgl. mwN auf die VwGH-Rsp Fister in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG3 § 45 Rz 3).

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden, die Straferkenntnisse aufzuheben und die Verfahren einzustellen (siehe dazu auch die vergleichbaren Beschwerdefälle und , RV/7500196/2023). Vor diesem Hintergrund konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung entfallen (§ 44 Abs. 1 VStG).

Wird einer Behörde oder öffentlichen Dienststelle der Verdacht einer Straftat bekannt, die ihren gesetzmäßigen Wirkungsbereich betrifft, so ist sie gemäß § 78 Abs. 1 StPO zur Anzeige an die Kriminalpolizei oder die Staatsanwaltschaft verpflichtet.

Da dem Bundesfinanzgericht in amtlicher Eigenschaft der Verdacht der Straftat bekannt geworden ist, wird das gegenständliche Erkenntnis samt Sachverhaltsdarstellung und Kopien der Verwaltungsakte an die Staatsanwaltschaft Wien übermittelt.

3. Kostenentscheidung

3.1.Zu Spruchpunkt II (Kosten)

Gemäß § 64 VStG sind die Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens in Höhe von 10% der Strafe festzusetzen; sie wurden somit in Höhe von € 10,00 (= Mindestbetrag) korrekt festgesetzt.

Gemäß § 52 Abs. 1 VwGVG ist in jedem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes, mit dem ein Straferkenntnis bestätigt wird, auszusprechen, dass der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten hat.

Gemäß § 52 Abs. 2 VwGVG ist dieser Betrag für das Beschwerdeverfahren mit 20% der verhängten Strafe, mindestens jedoch mit zehn Euro zu bemessen.

Die beschwerdeführende Partei hat daher gemäß § 52 Abs. 2 VwGVG weitere € 12,00 als Kostenbeitrag zum verwaltungsgerichtlichen Verfahren (MA67/Zahl1/2023) zu leisten.

Gemäß § 52 Abs. 6 VwGVG sind die §§ 14 und 54b Abs. 1 und 1a VStG sinngemäß anzuwenden. Gemäß § 54b Abs. 1 VStG idF BGBl l 2013/33 sind rechtskräftig verhängte Geldstrafen oder sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen binnen zwei Wochen nach Eintritt der Rechtskraft zu bezahlen. Erfolgt binnen dieser Frist keine Zahlung, kann sie unter Setzung einer angemessenen Frist von höchstens zwei Wochen eingemahnt werden. Nach Ablauf dieser Frist ist die Unrechtsfolge zu vollstrecken. Ist mit Grund anzunehmen, dass der Bestrafte zur Zahlung nicht bereit ist oder die Unrechtsfolge uneinbringlich ist, hat keine Mahnung zu erfolgen und ist sofort zu vollstrecken oder nach Abs. 2 vorzugehen.

Gemäß § 25 Abs. 2 BFGG hat das Bundesfinanzgericht, soweit dies nicht in der BAO, im ZollR-DG oder im FinStrG geregelt ist, in seiner Entscheidung zu bestimmen, welche Abgabenbehörde oder Finanzstrafbehörde die Entscheidung zu vollstrecken hat.

Hier erweist sich das Magistrat der Stadt Wien als Vollstreckungsbehörde zweckmäßig, da dem Magistrat der Stadt Wien bereits gemäß § 1 Abs. 1 Z 3 VVG die Vollstreckung der von den (anderen) Verwaltungsgerichten erlassenen Erkenntnisse und Beschlüsse obliegt (vgl. für viele ausführlich sowie Wanke/Unger, BFGG § 25 BFGG Anm. 6).

3.2.Zu Spruchpunkt IV (Kosten)

Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG sind die Kosten des Beschwerdeverfahrens dem Beschwerdeführer nicht aufzuerlegen, wenn der Beschwerde auch nur teilweise Folge gegeben worden ist. Da der Beschwerde betreffend die Straferkenntnisse MA67/Zahl2/2023, MA67/Zahl3/2023, MA67/Zahl4/2023, MA67/Zahl5/2023, MA67/Zahl6/2023, MA67/Zahl7/2023, MA67/Zahl8/2023, MA67/Zahl9/2023, MA67/Zahl10/2023, MA67/Zahl11/2023 und MA67/Zahl12/2023 stattgegeben wird, sind keine Kosten aufzuerlegen.

4. Zu Spruchpunkt V (Zulässigkeit der Revision)

Die Revision der beschwerdeführenden Partei ist unzulässig. Nach § 25a Abs. 4 VwGG ist eine Revision wegen Verletzung in Rechten (Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG) nicht zulässig, wenn in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache eine Geldstrafe von bis zu 750 € und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu 400 € verhängt wurde.

Diese Voraussetzungen liegen im gegenständlichen Fall vor, ist in § 4 Abs. 1 des (Wiener) Parkometergesetzes 2006 doch lediglich eine Geldstrafe bis zu 365 € vorgesehen und muss es sich bei der in § 25a Abs. 4 Z 1 VwGG in der Strafdrohung vorgesehenen "Freiheitsstrafe" um eine primäre Freiheitsstrafe handeln (vgl. , Rn 3f; , Ra 2021/16/0020, mwN).

Gegen Sruchpunkt I diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision durch die belangte Behörde nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Eine solche Rechtsfrage lag verfahrensgegenständlich nicht vor.

Gegen Sruchpunkt III diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision durch die belangte Behörde zulässig. Der gegenständlichen Rechtsfrage kommt deswegen grundsätzliche Bedeutung zu, weil die Rechtsprechung des VwGH zur Zuständigkeitsfrage im konkreten Fall fehlt.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Verwaltungsstrafsachen Wien
betroffene Normen
§ 29b Abs. 3 StVO 1960, Straßenverkehrsordnung 1960, BGBl. Nr. 159/1960
§ 1 Abs. 1 Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. Nr. 51/2005
§ 5 Abs. 1 Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. Nr. 51/2005
§ 5 Abs. 1 StGB, Strafgesetzbuch, BGBl. Nr. 60/1974
§ 19 Abs. 1 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991
§ 19 Abs. 2 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991
§§ 32 bis 35 StGB, Strafgesetzbuch, BGBl. Nr. 60/1974
§ 45 Abs. 1 Z 1 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991
§ 44 Abs. 1 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991
§ 78 Abs. 1 StPO, Strafprozeßordnung 1975, BGBl. Nr. 631/1975
§ 64 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991
§ 52 Abs. 1 VwGVG, Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013
§ 52 Abs. 2 VwGVG, Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013
§ 52 Abs. 6 VwGVG, Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013
§ 54b Abs. 1 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991
§ 22 Abs. 1 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991
§ 146 StGB, Strafgesetzbuch, BGBl. Nr. 60/1974
§ 25 Abs. 2 BFGG, Bundesfinanzgerichtsgesetz, BGBl. I Nr. 14/2013
§ 1 Abs. 1 Z 3 VVG, Verwaltungsvollstreckungsgesetz 1991, BGBl. Nr. 53/1991
§ 25 BFGG, Bundesfinanzgerichtsgesetz, BGBl. I Nr. 14/2013
§ 52 Abs. 8 VwGVG, Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013
§ 54b VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991
§ 52 VwGVG, Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013
§ 25a Abs. 4 VwGG, Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985
Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG, Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930
§ 25a Abs. 4 Z 1 VwGG, Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985
Art. 133 Abs. 4 B-VG, Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930
§ 50 Abs. 3 VwGVG, Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013
§ 29b StVO 1960, Straßenverkehrsordnung 1960, BGBl. Nr. 159/1960
§ 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. Nr. 51/2005
§ 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, LGBl. Nr. 09/2006
§ 6 lit. g Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. Nr. 51/2005
§ 19 Abs. 1 und 2 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991
§ 6 Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. Nr. 51/2005
§ 29b Abs. 1 oder 5 StVO 1960, Straßenverkehrsordnung 1960, BGBl. Nr. 159/1960
Verweise








ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7500041.2024

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at