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Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 03.05.2024, RV/5200013/2018

Nachträgliche Prüfung von Zollanmeldungen; Übernahme der Ergebnisse einer Teilbeschau auf frühere Anmeldungen, die nicht Gegenstand einer Beschau waren

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/5200013/2018-RS1
Nur wenn die Waren identisch sind, ist es den Zollbehörden gestattet, die Ergebnisse einer Teilbeschau der in einer Zollanmeldung bezeichneten Waren, die anhand von Proben durchgeführt wurde, die diesen Waren entnommen wurden, für in früheren Anmeldungen desselben Anmelders aufgeführte Waren – die nicht Gegenstand einer Beschau waren und deren Beschau aufgrund ihrer erfolgten Überlassung nicht mehr möglich ist – zu übernehmen.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Senatsvorsitzenden***SenV***, den Richter ***Ri2*** sowie die fachkundigen Laienrichter ***SenLR1*** und ***SenLR2*** in der Beschwerdesache ***Bf***, ***Bf-Adr***, vertreten durch Hannl Customs Consulting GmbH, Flughafenstraße 3, 4063 Hörsching, und Michael Lux BV, Lange Weg 118, 3090 Overijse, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Zollamtes Linz Wels (nun Zollamt Österreich) vom , Zahl: ***520000/00000/1/2016/BN***, betreffend Eingangsabgaben und Abgabenerhöhung nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am in Anwesenheit der Schriftführerin ***Sf*** zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Durchführungsverordnung (EU) Nr. 585/2012 des Rates vom , in Kraft getreten am , wurde ein endgültiger Antidumpingzoll eingeführt auf die Einfuhren nahtloser Rohre aus Eisen oder Stahl mit kreisförmigem Querschnitt und einem Außendurchmesser von höchstens 406,4 mm, deren Kohlenstoffäquivalent (CEV) gemäß den Berechnungen und der chemischen Analyse des International Institute of Welding (IIW) 0,86 nicht überschreitet und die ua unter den KN-Codes ex 7304 3180 eingereiht werden, mit Ursprung in Russland.

Am sind von der ***Bf*** (nachstehend mit "Bf" bezeichnet) mit Zollanmeldung ***MRN*** als indirekter Vertreter des Auftraggebers ***Ltd*** in Litauen Rohre der Warennummer 7304 2910 80 mit Ursprungsland Russland zur Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr (Verfahren: 42xx) angemeldet worden. Dabei wurde vom Zollamt eine Probenahme und die Untersuchung eines ca. 56 cm langes Teilstück eines Rohres veranlasst. Laut ETOS-Untersuchungsbefund ***0000/2014*** weist die Probe ein Kohlenstoffäquivalent (CEV) von 0,593 auf und ist in die Position 7304 3180 30 der Kombinierten Nomenklatur (KN) einzureihen. Für derartige Waren kommt ein endgültiger Antidumpingzoll von 35,8 % zur Anwendung.

In der Folge wurden bei eine Betriebsprüfung 114 gleichgelagerte Anmeldungen gefunden Laut Niederschrift sind dabei folgende Unstimmigkeiten festgestellt worden:

"Entgegen der erklärten Warennummer 7304 2910 80 - Rohre und Hohlprofile nahtlos aus Eisen und Stahl, handelt es sich um Waren der Warennummer 7304 3180 30 - Rohre und Hohlprofile nahtlos aus Eisen und Stahl. Ursprungsland der Waren war in allen Fällen die Russische Föderation. Die Ware unterliegt einem Antidumpingzollsatz von 35,8 %. Die zu berichtigenden Anmeldungen sind in den Anlagen zur Niederschrift angeführt."

Nach Durchführung ergänzender Ermittlungen und Abgabe einer Stellungnahme durch die Bf hat das Zollamt mit Bescheid vom , Zahl: ***520000/00000/1/2016/BN***, für 113 näher bezeichnete Zollanmeldungen (Annahmedatum zwischen und ) Antidumpingzoll in Höhe von insgesamt EUR 266.763,93 nacherhoben und eine Abgabenerhöhung in Höhe von EUR 11.825,58 festgesetzt.
In der Begründung verweist die belangte Behörde ua auf den Bescheid des Zollamtes Eisenstadt Flughafen Wien, Zahl ***320000/00000/13/2014***, vom sowie die Abweisung des Erstattungsantrages mit Bescheid Zahl: ***320000/00000/17/2014*** vom .
Laut Zollamt stehe aufgrund der vorliegenden Ermittlungsergebnisse fest, dass nicht nur bei der Zollanmeldung ***MRN***, sondern auch bei den gegenständlichen 113 Sendungen gleicher Ware die Warennummer 7304 3180 30 mit einem Regelzollsatz von 0 % und einem endgültigen Antidumpingzollsatz von 35,8°% zutreffend sei.
Von der Bf vorgelegte Untersuchungsbefunde würden frühere Lieferungen aus dem Jahr 2012 betreffen bzw sei keinerlei Bezug zur verfahrensgegenständlichen Ware und den hier handelnden Personen erkennbar.

Mit Schreiben vom , bei der Behörde eingelaufen am , hat die Bf Beschwerde gegen den oa Abgabenbescheid erhoben und macht darin folgende Beschwerdepunkte geltend:

"1.) Rückstellungsprobe:

Die belangte Behörde hat der Bfin. die Rückstellungsprobe zur Verfügung zu stellen um ihr dadurch die Möglichkeit einzuräumen, an Hand dieser zollamtlich gesiegelten Rückstellungsprobe eine Gegenanalyse erstellen zu lassen. Dieser in Artikel 242 Abs. 3 ZK-DVO vorgesehenen Rückstellungsprobe kommt im Streitfall eine besondere Bedeutung zu.

2.) Auswahlermessen:

Zwischen der Bfin. (sie wurde gemäß Arbeitsrichtlinie ZK 4200 zu indirekten Stellvertretung gezwungen), ***Ltd*** und ***Ltd2*** bestand hinsichtlich der streitgegenständlichen Einfuhr gemäß Artikel 213 Zollkodex ein Gesamtschuldverhältnis. Der Gläubiger, hier die belangte Behörde, ist natürlich nur einmal berechtigt, die Gesamtschuld zu erheben. Deshalb ist er auch dazu verpflichtet, ein Auswahlermessen zu treffen.
Bei der Entscheidung, einen der Zollschuldner in Anspruch zu nehmen, sind die Zollbehörden dazu verpflichtet, die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten. Es gilt also der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. In Österreich wurde hier zutreffend der Passus gefunden, dass die Zollbehörden auswählen müssen, wer der Zollschuld am nächsten steht.
Dazu führt der VwGH aus, das grundsätzlich in der Reihenfolge ihrer Auflistung im Zollkodex vorzugehen ist.
Unter Berücksichtigung exakter Warenkenntnisse und des wirtschaftlichen Nutzens wird dies wohl die
***Ltd*** vor weiteren Teilnehmern gewesen sein.

3.) Tragen der Beweislast (hilfsweise):

Die Beweislast, dass es sich bei den Stahlrohr-Importen gemäß der Liste über 113 Zollanmeldungen _***00000***_2016_xlsx um Erzeugnisse gehandelt hat, die ein Kohlenstoffäquivalent von weniger als 0,86 CEV aufgewiesen haben, liegt nicht bei der Bfin. sondern bei der belangten Behörde. Die belangte Behörde konnte kein einziges Beweismittel vorlegen, in der die Behauptung gestützt wird, es handele sich bei den eingeführten gebrauchten, nahtlosen Stahlrohren eines Händlers (nicht Erzeugers) aus Weißrussland um eine idente Qualität und einem Kohlenstoffäquivalent unter 0,86 CEV.

4.) Zollwertermittlung (hilfsweise):

Die falsche Ermittlung des Zollwertes führt zu einem falschen AD Zoll:
Im Rechnungspreis, hier "DDP - delivery duty paid" wären Zölle, hier AD Zölle im Kaufpreis enthalten
[ein Beispiel ist angeschlossen].

5.) Örtliche Zuständigkeit der Zollämter (hilfsweise):

Gemäß § 28 Abs. 2 AVOG ist für die Erhebung der Eingangsabgaben jene Zollbehörde zuständig, in dessen Bereich der Tatbestand (der hier natürlich gar nicht vorliegt) verwirklicht wird. Da das Zollamt Eisenstadt Flughafen Wien sowohl für die Überführung in das Zollverfahren zuständig war, liegt die örtliche Zuständigkeit i.S-. Abgabenerhebung auch beim Zollamt Eisenstadt Flughafen Wien, sicher nicht aber beim Zollamt Linz Wels.

6.) Fehlende Akkreditierung der Messmethode:

Die belangte Behörde führt in ihren Ausführungen selbst aus, dass die Messmethoden nach WDXRF bzw. die Elementaranalyse nicht akkreditiert wären. Die Messmethoden scheinen deshalb völlig ungeeignet, das Kohlenstoffäquivalent zu ermitteln.

7.) Feststellung der Beschaffenheit:

Das Zollamt Linz Wels verweist darauf, dass mehrmals Warenkontrollen mit dem Hinweis P200: "Warenkontrolle-ohne abweichende Feststellungen" durchgeführt wurden. Die belangte Behörde führt dazu aus:
Eine genaue Feststellung der Beschaffenheit der gegenständlichen Ware ist jedoch mit Untersuchung durch die TUA möglich, diese wurde durch das Zollamt Eisenstadt Flughafen Wien auch veranlasst.
Die Bfin. musste darauf vertrauen und hat bis heute keine Zweifel über die Richtigkeit der ihr gegenüber gemachten Angaben, insbesondere auch im Zusammenhang mit dem aus Vorzeiten der Einfuhrtätigkeit des Einführers aus 2012 vorliegenden Gutachtens.
Die Ausführungen der belangten Behörde sind auch insofern nicht nachvollziehbar, weil die am vorgenommene Analyse zu einem wesentlich früheren Zeitpunkt hätte stattfinden können. Auch würden sich die Indizien der belangten Behörde erhärten, hätte die Zollstelle Nickelsdorf bei allen drei am zur Abfertigung gestellten Stahlrohre professionell Warenproben mit Rückstellproben gezogen. Von der Bfin derartige Untersuchungsanträge vorauszusetzen, wäre deshalb weit hergeholt, weil eine Beschädigung der Einfuhrgegenstände unvermeidlich gewesen wäre und die Bfin. für die Tilgung derartiger Sachbeschädigungen keinen Versicherungsschutz genießt.

8.) Ordnungsgemäßen Verwaltung:

Während die Betriebsprüfung des Zollamtes Eisenstadt Flughafen Wien bzw. die Abgabenbehörde I. Instanz der Bfin., einem Dienstleistungsunternehmen, das unter Zeitdruck Zollanmeldungen abzugeben hat, unterstellt, in unzähligen Fällen als Ursprungsland "BY" (Weißrussland) eingetragen zu haben, merkt die Bfin. an, dass der Zollstelle Nickelsdorf des Zollamtes Eisenstadt Flughafen Wien zu allen gelisteten Zollanmeldungen (vgl. II. Begründung, 1. Absatz) alle Urkunden und Unterlagen offen gelegt wurden. Die Zollbehörde hatte also anlässlich jeder Überführung in das Zollverfahren die Möglichkeit, die Anmeldung selbst zu berichtigen oder diese vom Anmelder berichtigen zu lassen.
Obwohl, wie die Betriebsprüfung völlig zu Recht die Eintragung im Datenfeld Ursprungsland "BY" kritisiert, merkt die Bfin. an, dass der Zollstelle Nickelsdorf anlässlich jeder Einfuhr die Vorfaktura vorgelegt und diese von der Zollstelle auch jedesmal eingesehen wurde.
Warum also trotz Kontrolle der Dokumente (auch wenn die Dokumentenkontrollen tws. in den Zollanmeldungen nicht vermerkt sind) keine Berichtigung stattgefunden hat, kann nur mit einer Vernachlässigung einer ordnungsgemäßen Verwaltung erklärt werden.

9.) Abgabenerhöhung (hilfsweise):

Abgesehen davon, dass die Bfin. die Abgabenerhöhung gem. § 108 ZollR-DG als unionsrechtswidrig bekämpfen wird, ist auch deren Höhe ungerechtfertigt, stand doch für die Zollbehörde bereits mit Vorliegen der ETOS Erledigung am fest, der Bfin. für alle in der Liste über 113 Zollanmeldungen_***00000***_2016.xlsx ausgewiesenen Zollanmeldungen die Antidumping Zölle in Höhe von 35,8 % nachzuerheben. Die Antidumping Zölle hätten der Bfin. spätestens mit Jahresende 2014 mitgeteilt worden können.
Abgabenerhöhungen, wie sie im konkreten Fall erhoben wurden, können der Bfin. nicht zur Last gelegt werden. Die Verfahrensdauer hat die Bfin. nicht zu verantworten.

Hinweis: Die Absicht, der Bfin. die Antidumping Zölle vorzuschreiben, ist allein im Anhang zur Niederschrift, Zahl: ***520000/000000/2014*** und den Ausführungen
Eine eventuelle Berufung ist erst gegen den anschließenden Abgabenbescheid möglich
vom indiziert.

Mit anderen Worten:
Ihr könnt zwar Stellung nehmen, allein die Stellungnahme ändert nichts an unserem Entschluss, der Bfin. die Antidumping Zölle vorzuschreiben. Es fand weder eine Schlussbesprechung statt, noch war
***JL***, Geschäftsführer der ***Bf*** in Gespräche mit der Zollbehörde eingebunden."

Die Bf beantragt daher die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom , Zahl: ***520000/00000/11/2016***, ist die oa Beschwerde nach Durchführung ergänzender Ermittlungen und Prüfung der von der Bf mit Schreiben vom ergänzend vorgelegten Unterlagen und der Stellungnahmen vom und vom als unbegründet abgewiesen worden.

In der Begründung geht die belangte Behörde auf die einzelnen Beschwerdepunkte ein und führt zB zur Übertragung der Ergebnisse der Teilbeschau zu ***MRN*** auf die übrigen Anmeldungen aus:

"Das ZA Linz Wels muss aus folgenden Gründen davon ausgehen, dass es sich bei den Waren, die mit den gegenständlichen 114 Zollanmeldungen angemeldet wurden, um idente Waren handelt:

  1. In allen Anmeldungen scheint als Warenbezeichnung "Rohre und Holprofile nahtlos aus Eisen oder Stahl" auf.

  2. Sämtliche Sendungen stammen aus Weißrussland von der Fa. ***Altmetallhändler1***, ***Adr-Altmetallhändler1***.

  3. Sämtliche Sendungen weisen als ersten Versender die Fa. ***Ltd*** auf.

  4. In über 30 dem ZA Linz Wels vorliegenden Rechnungen der Fa. ***Ltd*** zu den Import-Anmeldungen, scheint als Warenbezeichnung "Used pumping and compressoring pipes dia 73 mm wt 5.5 mm" auf, wobei fallweise der Zusatz "wt 5.5 mm" fehlt.

  5. Im Zuge eines Amtshilfeersuchens wurde von den italienischen Behörden ua. ein "Contract No. ***00/14***" vom übermittelt, zwischen ***SPA*** Italy und ***Ltd***, Litauen, indem die Warenbezeichnungen ebenfalls auf "used tubes 73 x 5.5 steel grade >= J55" lautet. Dieser Vertrag umfasst offenbar die Lieferung von 440 Tonnen solcher Rohre bis . Weiters wurden Kontoblätter übermittelt, die zeigen, dass die Lieferungen ab Ende September 2014 wieder aufgenommen wurden - wobei deren Einfuhr-Abfertigung über Zollstellen anderer MS erfolgt sein muss, denn in Österreich wurden derartige Rohre seit nicht mehr angemeldet.
    Dass dieser "Lieferstopp" auf ein Auslaufen des Liefervertrages oder etwa wegen der Beschädigung eines Rohres bei der Musterentnahme erfolgte, wie von der BF behauptet, kann daher ausgeschlossen werden. Vielmehr ist naheliegend, dass auf Grund der am veranlassten TUA-Untersuchung, obwohl noch kein Ergebnis vorlag, die Lieferungen umgehend gestoppt wurden.

  6. Von der Zollbehörde in ***IT*** wurden zwei Untersuchungsergebnisse einer chemischen Analyse von Stahlrohren übermittelt, die eine CEV von 0,56 bzw. 0,62 aufweisen und einem AD-Zoll in der Höhe von 35,8 % unterliegen. Diese untersuchten Rohre wurden It. Angabe der ital. Zollbehörde von ihnen am aus dem Lager der Fa. ***SPA*** entnommen und stammen aus Lieferungen der Fa. ***Ltd***. Diese Untersuchungsergebnisse unterstreichen das ETOS-Ergebnis ***0000/2014***. Auch wenn diese untersuchten Waren, wie von der BF eingewendet, nicht aus Lieferungen der Jahre 2013/2014 stammen, sondern aus einer Sendung vom , so handelt es sich dabei jedenfalls um unter zollamtlicher Überwachung entnommene Proben und es erfolgten die Untersuchungen von einer in Italien staatlich anerkannten Untersuchungsstelle. Indem die BF bestätigt, dass diese Proben aus einer Sendung - wenn auch vom - von ***Ltd*** an ***SPA*** stammen, liegt der Schluss nahe, dass es sich dabei um die gleichen Rohre handelt wie in den 114 gegenständlichen Anmeldungen.

  7. Die BPZ ZA EFW, die im Wege der Nachbarschaftshilfe für die BPZ ZA Linz Wels bei der Fa. ***Bf***, eine Betriebsprüfung durchführte, kommt zum Ergebnis, dass es sich entgegen der erklärten Warennummer 7304 2910 80 "Rohre und Hohlprofile nahtlos aus Eisen und Stahl", um Waren der Warennummer 7304 3180 30 "Rohre und Hohlprofile nahtlos aus Eisen und Stahl", handelt. Ursprungsland der Waren war in allen Fällen die Russische Föderation. Die Ware unterliegt einem Antidumpingzollsatz von 35,8 %. Die zu berichtigenden Anmeldungen sind in den Anlagen zur Niederschrift angeführt (= die 113 gegenständlichen Anmeldungen).

  8. Bei 3 Zollanmeldungen ist eine Warenbeschau dokumentiert, die sich aber lediglich auf die Feststellungen beschränken, dass es sich um (gebrauchte) nahtlose Stahlrohre handelt, was der Warenbezeichnung im Feld 31 der Zollanmeldungen entspricht. Eine zur exakten Einreihung notwendige chemische Analyse wurde erst am unter ***MRN*** durchgeführt.

  9. Der BF wurde auf deren Verlangen vom ZA EFW am eine Gegenprobe übergeben mit der Einladung, innerhalb von 4 Wochen das Ergebnis einer Gegenanalyse vorzulegen. Bis dato wurde von der BF kein Untersuchungsergebnis über diese Gegenprobe vorgelegt.

  10. Die BF wurde mit Vorhalt vom , Zahl ***520000/00000/1/2016*** aufgefordert, Unterlagen vorzulegen, die die Einreihung der Waren, wie in den Zollanmeldungen beantragt, untermauern. Derartige Unterlagen wurde bis dato nicht vorgelegt.

Aus diesen dargestellten Punkten ergibt sich für das ZA Linz Wels, dass alle Waren der streitgegenständlichen 113 Anmeldungen die gleiche Warenbeschaffenheit aufweisen, wie jene die im Rahmen der Untersuchung der Warenprobe zu ***MRN*** festgestellt wurde und somit einem endgültigen Antidumpingzoll in der Höhe von 35,8 % unterliegen."

Zur Zollwertermittlung wird ausgeführt:

"Wenn, wie von der BF behauptet, der Antidumpingzoll im Rechnungspreis enthalten war, wäre ein Weiterverkauf der Waren laut Weiterverkaufsrechnungen zu einem niedrigeren Preis als dem Einkaufspreis des Ersterwerbers erfolgt. Dies würde eine Negativkalkulation des Ersterwerbers bedeuten, was aus kaufmännischer Sicht nicht einleuchtend erscheint und bezweifelt werden muss. In der Eingabe vom weist die BF darauf hin, dass das russische Gutachten im Jahr 2012 vermutlich deshalb eingeholt wurde, damit auf dessen Basis eine entsprechende Kalkulation angestellt werden könne. Daraus ergibt sich, dass der AD-Zollsatz in Höhe von 35,8 % bei der Kalkulation nicht berücksichtigt wurde, im Rechnungspreis daher nicht enthalten ist und die Weiterverkaufsrechnungen somit einen zu geringen Wert aufweisen.
Auch zu diesem Punkt wurden angeforderte Nachweise, wie etwa Kaufverträge, Abrechnung/Weiterverrechnung der nachgeforderten AD-Zölle, von der BF nicht vorgelegt."

Zu Beschwerdepunkt 7. verweist das Zollamt zusammenfassend darauf, dass ihm die chemische Zusammensetzung der mit der Warenbezeichnung "Rohre und Holprofile nahtlos aus Eisen oder Stahl" angemeldeten Waren nicht bekannt war, zumal in keiner einzigen Unterlage ein Kohlenstoffäquivalent CEV ersichtlich war und die beiden russischen Gutachten erst im Rahmen des Beschwerdeverfahrens vorgelegt wurden. Dem Zollamt musste - selbst in den Fällen einer Dokumentenprüfung - eine Unrichtigkeit beim Vergleich zwischen der angemeldeten Tarifposition und der ausdrücklichen Warenbezeichnung entsprechend dem Tarifschema nicht erkennbar sein. Von einem die nachträgliche buchmäßige Erfassung nach Artikel 220 Absatz 2 Buchstabe b ZK ausschließenden Irrtum könne nicht ausgegangen werden. Vielmehr sei der Bf zumindest eine Sorgfaltspflichtverletzung vorzuwerfen.

Mit Schreiben vom hat die Bf durch ihren damaligen Vertreter die Vorlage ihre Beschwerde an das Bundesfinanzgericht, die Zuständigkeit des Senates sowie die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt. Zusammen mit dem Vorlageantrag werden weitere Unterlagen vorgelegt, darunter ein CARNET TIR aus Weißrussland, in dem in Feld 10 ua die Warenposition 7304 29 erklärt wird, ein in Ungarn eröffnetes Versandpapier, das ebenfalls die angemeldete Tarifposition enthält, ein Schreiben der ***Spedition*** vom sowie den Auszug eines Antwortschreibens auf eine Mahnung vom .
Die Bf verweist auf das bisherige Vorbringen und betont ua dass es sich bei den ca. sechs Meter langen nahtlosen Stahlrohren ausnahmslos um gebrauchte (Schrott-)Ware gehandelt habe. Sie stammten allesamt von dem weißrussischen Gebrauchtwarenhändler ***Altmetallhändler2***, der sie von verschiedenen russischen Herstellern aus unterschiedlichen Produktionschargen gekauft hätte. Die streitgegenständlichen Stahlrohre seien damit - entgegen der Behauptung des Zollamtes - auf gar keinen Fall gleichartig; sie seien keine Serienprodukte. Mangels einer einheitlichen zolltariflichen Beschaffenheit könne der Untersuchungsbefund ETOS-Nr. ***0000/2014*** auch nur auf die vorletzte Sendung bezogen werden, aber nicht auf alle übrigen 113 Lieferungen. Für die übrigen 113 Zollanmeldungen gelte die Grundsatzvorschrift des Artikels 71 Absatz 2 ZK, wonach die in der Anmeldung enthaltenen Angaben der Zollbehandlung zugrunde gelegt werden, wenn eine Überprüfung der Anmeldung nicht erfolgt ist.
Bei der Wahl, ***die Spedition*** oder die Antragstellerin in Anspruch zu nehmen, sei in allererster Linie der Grad der Verfehlung zu beachten. Wenn hier überhaupt eine Verfehlung vorliege, was bestritten werde, dann habe sie ***die Spedition*** begangen, weil sie ohne einen konkreten Hinweis auf eine möglicherweise fragliche Tarifierung die Antragstellerin damit verbindlich beauftragt habe, die Stahlrohre nach der Position 7304 2910 zu verzollen. Der Handelnde, hier ***die Spedition***, sei insoweit stets vor dem Verfahrensinhaber, hier die Antragstellerin, in Anspruch zu nehmen.

Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom ist die gegenständliche Beschwerde der Gerichtsabteilung 6031 zum Stichtag gemäß § 9 Abs 9 BFGG abgenommen und neu verteilt worden.

Der Vollständigkeit halber wird darauf hingewiesen, dass die Abgabenvorschreibung zu ***MRN*** rechtskräftig ist. Eine beim Bundesfinanzgericht unter GZ. RV/7200011/2024 anhängige Beschwerde gegen die Entscheidung des Zollamtes vom , Zahl: ***320000/00000/17/2014***, betreffend Erstattung/Erlass ist von der Bf mit Schreiben vom zurückgezogen worden.

Mit Schriftsatz vom hat die Bf dem Bundesfinanzgericht Fotos und Messergebnisse übermittelt, um zu dokumentieren, dass eine bloße äußerliche Oberflächensichtung von Stahl es kaum bis gar nicht erlaubt, Rückschlüsse auf Qualität und CEV zu ziehen.

Die beantragte mündliche Senatsverhandlung wurde am durchgeführt.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Auf den vorliegenden Sachverhalt findet die Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (Zollkodex - ZK) Anwendung.

Gemäß Artikel 68 ZK können die Zollbehörden zwecks Überprüfung der von ihnen angenommenen Anmeldungen

a) die Unterlagen prüfen; geprüft werden können die Anmeldung und die dieser beigefügten Unterlagen. Die Zollbehörden können vom Anmelder verlangen, daß er ihnen weitere Unterlagen zur Nachprüfung der Richtigkeit der Angaben in der Anmeldung vorlegt;

b) eine Zollbeschau vornehmen, gegebenenfalls mit Entnahme von Mustern oder Proben zum Zweck einer Analyse oder eingehenden Prüfung.

Artikel 70 ZK bestimmt:

"(1) Wird nur ein Teil der angemeldeten Waren beschaut, so gelten die Ergebnisse dieser Teilbeschau für alle in der Anmeldung bezeichneten Waren.
Der Anmelder kann jedoch eine zusätzliche Zollbeschau verlangen, wenn er der Ansicht ist, daß die Ergebnisse der Teilbeschau auf den Rest der angemeldeten Waren nicht zutreffen.

(2) Werden mit einem Anmeldevordruck mehrere Warenpositionen angemeldet, so gelten im Sinne des Absatzes 1 die Angaben für jede Warenposition als gesonderte Anmeldung."

Artikel 71 ZK lautet:

"(1) Die Ergebnisse der Überprüfung der Anmeldung werden der Anwendung der Vorschriften über das Zollverfahren, zu dem die Waren angemeldet worden sind, zugrunde gelegt.

(2) Findet keine Überprüfung der Anmeldung statt, so werden die darin enthaltenen Angaben für die Anwendung des Absatzes 1 zugrunde gelegt."

Artikel78 des ZK bestimmt:

"(1) Die Zollbehörden können nach der Überlassung der Waren von Amts wegen oder auf Antrag des Anmelders eine Überprüfung der Anmeldung vornehmen.

(2) Die Zollbehörden können nach der Überlassung der Waren die Geschäftsunterlagen und anderes Material, das im Zusammenhang mit den betreffenden Einfuhr- oder Ausfuhrgeschäften sowie mit späteren Geschäften mit diesen Waren steht, prüfen, um sich von der Richtigkeit der Angaben in der Anmeldung zu überzeugen. Diese Prüfung kann beim Anmelder, bei allen in geschäftlicher Hinsicht mittelbar oder unmittelbar beteiligten Personen oder bei allen anderen Personen durchgeführt werden, die diese Unterlagen oder dieses Material aus geschäftlichen Gründen in Besitz haben. Die Zollbehörden können auch eine Überprüfung der Waren vornehmen, sofern diese noch vorgeführt werden können.

(3) Ergibt die nachträgliche Prüfung der Anmeldung, daß bei der Anwendung der Vorschriften über das betreffende Zollverfahren von unrichtigen oder unvollständigen Grundlagen ausgegangen worden ist, so treffen die Zollbehörden unter Beachtung der gegebenenfalls erlassenen Vorschriften die erforderlichen Maßnahmen, um den Fall unter Berücksichtigung der ihnen bekannten neuen Umstände zu regeln."

Im verfahrensgegenständlichen Fall hat die Zollbehörde am eine Zollbeschau von gebrauchten Rohren mit Entnahme einer Probe zum Zweck einer Analyse vorgenommen. Laut Ansicht der belangten Behörde können die Ergebnisse dieser Teilbeschau der in der Zollanmeldung ***MRN*** bezeichneten Waren, für in 113 früheren Anmeldungen desselben Anmelders aufgeführte Waren, die nicht Gegenstand einer Beschau gewesen sind und deren Beschau aufgrund ihrer erfolgten Überlassung nicht mehr möglich ist, übernommen werden.

Die allgemeine Bestimmung des Artikel 70 Absatz 1 ZK, wonach bei Beschau nur eines Teils der angemeldeten Waren die Ergebnisse dieser Teilbeschau für alle in der Anmeldung bezeichneten Waren gelten, wobei der Anmelder eine zusätzliche Zollbeschau verlangen kann, wenn er der Ansicht ist, dass die Ergebnisse der Teilbeschau auf den Rest der angemeldeten Waren nicht zutreffen, führt eine Fiktion einheitlicher Beschaffenheit ein, die es den Zollbehörden gestattet, die Ergebnisse einer Teilbeschau angemeldeter Waren für sämtliche Waren, die Gegenstand dieser Anmeldung sind, zu übernehmen (vgl Nowaco Germany, C-353/04, Rn 54 und 55, sowie vom , Gebr. Stolle, C-323/10 bis C-326/10, Rn 100 und 101).

Aus dem Wortlaut von Artikel 70 Absatz 1 ZK sowie aus der Systematik seiner Artikel 68 bis 74 ergibt sich, dass diese Möglichkeit der Übernahme der Ergebnisse einer Teilbeschau nur die Waren betrifft, die Gegenstand "der[selben] Anmeldung" sind, wenn diese Waren von den Zollbehörden in der Zeit vor ihrer Freigabe beschaut werden (vgl Derudder, C-290/01, Rn 43). Der Zollbehörde wird durch die genannte Bestimmung folglich nicht gestattet, die Ergebnisse einer Teilbeschau der in einer Anmeldung bezeichneten Waren für in früheren Anmeldungen aufgeführte, von ihnen bereits überlassene Waren zu übernehmen.

Nach der Überlassung der in einer Zollanmeldung bezeichneten Waren kann eine Überprüfung einer solchen Anmeldung allerdings von Amts wegen gemäß Artikel 78 ZK vorgenommen werden. Diese Bestimmung gestattet es den Zollbehörden, frühere Anmeldungen in Frage zu stellen, die keiner Überprüfung nach Artikel 68 ZK unterzogen wurden und mit denen daher nach Artikel 71 Absatz 2 in der dort genannten Weise verfahren wurde (vgl DP grup, C-138/10, Rn 37).
Dabei sind die Zollbehörden nicht daran gehindert, die Ergebnisse einer Teilbeschau der in einer Anmeldung bezeichneten Waren für in früheren Anmeldungen aufgeführte, von diesen Behörden bereits freigegebene Waren zu übernehmen, sofern die Waren identisch sind. Der Nachweis der Identität dieser Waren kann ua auf die Prüfung von Geschäftsunterlagen und anderem Material, das im Zusammenhang mit den Einfuhrgeschäften mit den betreffenden Waren sowie mit späteren Geschäften mit diesen Waren steht, gestützt werden und insbesondere auf die Angaben des Anmelders, wonach diese Waren vom selben Hersteller stammen und in ihrer Bezeichnung, ihrem Erscheinungsbild und ihrer Zusammensetzung mit den Waren übereinstimmen, die Gegenstand der früheren Anmeldungen waren.

Der EuGH führt dazu in seinem Urteil vom , Greencarrier Freight Services Latvia SIA, C-571/12, Rn 37, aus:

"Sind die einer Teilbeschau unterzogenen und die in den früheren Anmeldungen bezeichneten Waren identisch - in Anbetracht u. a. der Tatsache, dass dies aus einer Prüfung der Geschäftsunterlagen und des anderen, im Zusammenhang mit den betreffenden Einfuhr- und Ausfuhrgeschäften mit den fraglichen Waren sowie mit späteren Geschäften mit diesen Waren stehenden Materials hervorgeht, und insbesondere der Tatsache, dass diese Waren nach den Angaben des Anmelders vom selben Hersteller stammen sowie dieselbe Bezeichnung, dasselbe Erscheinungsbild und dieselbe Zusammensetzung haben, was zu prüfen allein Sache des vorlegenden Gerichts ist -, können die Zollbehörden daher die Ergebnisse der Teilbeschau für die anderen Waren übernehmen."

Im verfahrensgegenständlichen Fall ist unbestritten, dass Gegenstand der Zollanmeldung ***MRN*** sowie der 113 anderen Zollanmeldungen die Einfuhr von gebrauchten Rohren gewesen ist und die Warenbezeichnung jeweils "Used pumping and compressoring pipes dia 73 mm", fallweise mit dem Zusatz "wt 5.5 mm", lautete.
Wer die Rohre hergestellt hat, ist laut Aktenlage nicht bekannt. Die gebrauchten Rohre sind von den Altmetallhändlern ***Altmetallhändler1*** und ***Altmetallhändler2*** in Weißrussland an die ***Ltd*** in Litauen verkauft und in weiterer Folge an Empfänger in Italien geliefert worden.
Über die Zusammensetzung oder das CEV der Rohre ist nichts bekannt, da die vorliegenden Unterlagen - wie auch die belangte Behörde einräumt - diesbezüglich keine Angaben enthalten. Eine Prüfung der Geschäftsunterlagen bei der ***Ltd*** ist von den Zollbehörden nicht durchgeführt worden. Eine Prüfung beim Empfänger ***SPA*** in Italien, an den betreffende Rohre geliefert worden sind, hat keine Rückschlüsse auf die Zusammensetzung oder Qualität der betreffenden Rohre ergeben. In dort vorgefundenen Unterlagen (Vertrag mit ***Ltd*** vom ) scheint ebenfalls nur die Warenbezeichnung "used tubes 73 x 5.5 steel grade >= J55" auf.
Bei der Angabe "J55" handelt es sich um eine Werkstoffnummer nach der Europäischen Norm (EN) 10027-2, die für eine relativ minderwertige Stahlsorte steht, die bei Ölbohrungen verwendet wird; weit verbreitet bei der oberflächennahen Öl- und Gasexploration.
Die in Italien nachträglich entnommenen und untersuchten Proben stammen unbestritten aus keiner der verfahrensgegenständlichen 113 Sendungen und erlauben daher keine Rückschlüsse auf die Waren, die Gegenstand des angefochtenen Bescheides sind.

Selbst das Zollamt führt in der Begründung der Beschwerdevorentscheidung aus, dass ein exakter Nachweis, dass es sich um identische Waren handelt, im Endeffekt nur möglich wäre, wenn man bei jeder Warensendung eine Musterentnahme mit einer chemischen Analyse durchgeführt hätte.

Im ETOS-Untersuchungsbefund ***0000/2014*** zu Zollanmeldung ***MRN*** scheint als Tarifierungsvorschlag der Technischen Untersuchungsanstalt die Position 7304 2910 20 auf, also Futterrohre und Steigrohre von der für das Bohren oder Fördern von Öl oder Gas verwendeten Art. In der ETOS-Erledigung ***0000/2014*** werden die Rohre vom Zollamt Österreich dann abweichend der Position 7304 3180 30 zugewiesen. In der Begründung wird für kaltgezogen oder kaltgewalzte Rohre die Position 7304 3180 30 angeführt, für anders hergestellte Rohre die Position 7304 3958 30.
Die Untersuchungsergebnisse lassen es somit letztlich offen, in welche Position die untersuchte Ware konkret einzureihen ist. Die Zollbehörde legt sich weder fest, wie die Rohre hergestellt worden sind, noch ob es sich um Rohre von der für das Bohren oder Fördern von Öl oder Gas verwendeten Art handelt.

Laut Aktenlage scheint die in den 113 Zollanmeldungen erklärte Warennummer der Rohre auch in den Ausfuhranmeldungen bzw in den Fracht- und Versandpapieren auf.

Dass es sich bei den eingeführten Waren nicht wie angemeldet um Rohre der Position 7304 2910 80 gehandelt hat, steht aus den genannten Gründen nicht fest.

Artikel 70 Absatz 1 ZK gilt nur für die Waren, die Gegenstand "der[selben] Anmeldung" sind. Die Bestimmung ist dahin auszulegen, dass es den Zollbehörden im vorliegenden Fall nicht gestattet ist, die Ergebnisse einer - mangels eines Probenahmeprotokolls unzureichend dokumentierten - Teilbeschau der in der Zollanmeldung ***MRN*** bezeichneten Waren für in früheren Zollanmeldungen aufgeführte, vom Zollamt bereits überlassene Waren zu übernehmen.
Nur wenn die Waren identisch sind, ist es den Zollbehörden gestattet, die Ergebnisse einer Teilbeschau der in einer Zollanmeldung bezeichneten Waren, die anhand von Proben durchgeführt wurde, die diesen Waren entnommen wurden, für in früheren Anmeldungen desselben Anmelders aufgeführte Waren - die nicht Gegenstand einer Beschau waren und deren Beschau aufgrund ihrer erfolgten Überlassung nicht mehr möglich ist - zu übernehmen.
Aus den oa Gründen steht nicht fest, dass die gebrauchten Stahlrohre, die Gegenstand der 113 verfahrensgegenständlichen Zollanmeldungen sind, mit jenen Waren identisch sind, die unter Zollanmeldung ***MRN*** angemeldet worden sind.

Das Bundesfinanzgericht kommt zusammenfassend zu dem Schluss, dass die nachträgliche Prüfung der 113 verfahrensgegenständlichen Anmeldungen nicht ergeben hat, dass bei der Anwendung der Vorschriften über das betreffende Zollverfahren von unrichtigen oder unvollständigen Grundlagen ausgegangen worden ist. Der angefochtene Bescheid erweist sich daher bereits aus diesem Grund als rechtswidrig. Auf die anderen Beschwerdepunkte ist daher nicht mehr einzugehen.

Zur Zulässigkeit der Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Diese Voraussetzungen sind - insbedondere im Hinblick auf die zitierte Rechtsprechung - nicht erfüllt.

Salzburg, am

Zusatzinformationen


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Materie
Zoll
betroffene Normen
§ 108 ZollR-DG, Zollrechts-Durchführungsgesetz, BGBl. Nr. 659/1994
Art. 68 ZK, VO 2913/92, ABl. Nr. L 302 vom S. 1
Art. 70 ZK, VO 2913/92, ABl. Nr. L 302 vom S. 1
Art. 71 ZK, VO 2913/92, ABl. Nr. L 302 vom S. 1
Art. 78 ZK, VO 2913/92, ABl. Nr. L 302 vom S. 1
Verweise




ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.5200013.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at