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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 07.05.2024, RV/3200001/2024

Übermittlung eines Antrages auf Feststellung der Zollbefreiung für Übersiedlungsgut (Antrag auf Ausstellung eines Grundlagenbescheides) als Anlage zu einem E-Mail

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf***, ***Bf-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Zollamtes Österreich vom , Zahl: ***800000/000000/02/2023***, betreffend Gewährung der Zollbefreiung für Übersiedlungsgut zu Recht erkannt:

I. Der angefochtene Bescheid wird gemäß § 279 BAO aufgehoben.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Am hat ***Bf*** (nachstehend mit "Bf" bezeichnet) ein E-Mail an das Zollamt gesendet und mitgeteilt, dass er im Juli 2022 seinen Wohnsitz in der Schweiz komplett aufgelöst habe und nach Tirol gezogen sei. Um sein ***Auto*** in Österreich anmelden zu können übermittelte er in der Anlage das ausgefüllte Formular ZBefr 2a "Antrag auf Feststellung der Zollbefreiung für Übersiedlungsgut" mit den gewünschten Anhängen.
Laut den Angaben im Antrag fand der Wohnsitzwechsel am statt.

Mit Bescheid vom , Zahl: ***800000/000000/02/2023***, hat das Zollamt dem Bf mitgeteilt, dass die Eingangsabgabenfreiheit für das betreffende Auto nicht gewährt wird.
In der Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, das Zollamt gehe davon aus, dass sich der gewöhnliche Wohnsitz des Bf aufgrund der persönlichen Beziehungen zumindest seit seiner Eheschließung ***2021*** in Österreich befinde. Der Antrag auf Zollbefreiung hätte somit spätestens ***2022*** gestellt werden müssen.

Mit Schreiben vom hat der Bf gegen den Bescheid Beschwerde erhoben und zusammenfassend vorgebracht, er habe das Formular fristgerecht eingereicht und seine Angaben zur Wohnsitzverlegung seien zutreffend.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom , Zahl: ***800000/000000/00/2023***, hat die belangte Behörde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Mit Eingabe vom hat der Bf beantragt, das Bundesfinanzgericht möge über seine Beschwerde entscheiden und eine mündliche Verhandlung durchführen.
Der Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung ist vom Bf mit Schreiben vom zurückgenommen worden.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Gemäß Artikel 3 der Verordnung (EG) Nr. 1186/2009 des Rates vom über das gemeinschaftliche System der Zollbefreiungen (ZBefVO) ist vorbehaltlich der Artikel 4 bis 11 das Übersiedlungsgut natürlicher Personen, die ihren gewöhnlichen Wohnsitz in das Zollgebiet der Gemeinschaft verlegen, von den Eingangsabgaben befreit.
Außer in Ausnahmefällen wird die Befreiung nach Artikel 7 Absatz 1 ZBefrVO nur für Übersiedlungsgut gewährt, das von dem Beteiligten innerhalb von zwölf Monaten nach der Begründung seines gewöhnlichen Wohnsitzes im Zollgebiet der Gemeinschaft zur Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr angemeldet wird.

§ 2 Abs 1 Zollrechts-Durchführungsgesetz (ZollR-DG) normiert, dass das Zollrecht auch in allen nicht vom Zollkodex erfassten unionsrechtlich und innerstaatlich geregelten Angelegenheiten des Warenverkehrs über die Grenzen des Anwendungsgebietes, einschließlich der Erhebung von Abgaben (sonstige Eingangs- und Ausgangsabgaben) und anderen Geldleistungen, soweit im ZollR-DG oder in den betreffenden Rechtsvorschriften die Vollziehung der Zollverwaltung übertragen und nicht ausdrücklich anderes bestimmt ist, gilt.

Nach § 87 Abs 1 ZollR-DG bedarf es für die Feststellung der Einfuhrabgabenfreiheit eines Antrages.
Laut Aktenlage hat der Bf am einen entsprechenden Antrag auf Feststellung der Zollbefreiung für Übersiedlungsgut (Antrag auf Ausstellung eines Grundlagenbescheides) als Anlage zu einem E-Mail beim Zollamt (post.zawest@bmf.gv.at) eingebracht.

Gemäß § 85 Abs 1 BAO sind Anbringen zur Geltendmachung von Rechten oder zur Erfüllung von Verpflichtungen (insbesondere Erklärungen, Anträge, Beantwortungen von Bedenkenvorhalten, Rechtsmittel) vorbehaltlich der Bestimmungen des Abs 3 schriftlich einzureichen (Eingaben).
Mängel von Eingaben (Formgebrechen, inhaltliche Mängel, Fehlen einer Unterschrift) berechtigen die Abgabenbehörde gemäß § 85 Abs 2 BAO nicht zur Zurückweisung; inhaltliche Mängel liegen nur dann vor, wenn in einer Eingabe gesetzlich geforderte inhaltliche Angaben fehlen. Sie hat dem Einschreiter die Behebung dieser Mängel mit dem Hinweis aufzutragen, dass die Eingabe nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden angemessenen Frist als zurückgenommen gilt; werden die Mängel rechtzeitig behoben, gilt die Eingabe als ursprünglich richtig eingebracht.

Gemäß § 86a Abs 1 BAO können Anbringen, für die Abgabenvorschriften Schriftlichkeit vorsehen oder gestatten, auch telegraphisch, fernschriftlich oder, soweit es durch Verordnung des Bundesministers für Finanzen zugelassen wird, im Wege automationsunterstützter Datenübertragung oder in jeder anderen technisch möglichen Weise eingereicht werden. Die für schriftliche Anbringen geltenden Bestimmungen sind auch in diesen Fällen mit der Maßgabe anzuwenden, dass das Fehlen einer Unterschrift keinen Mangel darstellt.

Da § 85 und § 86a BAO und die auf Grund § 86a BAO ergangene FinanzOnline-Verordnung 2006 die Einbringung von Anbringen mittels E-Mail nicht vorsehen, kommt einer E-Mail nicht die Eigenschaft einer Eingabe zu, wobei es sich nicht einmal um eine einem Formgebrechen unterliegende, der Mängelbehebung zugängliche Eingabe handelt (vgl ; , 2011/16/0143).

Ein mit einem E-Mail eingebrachtes Anbringen löst weder eine Entscheidungspflicht der Behörde aus, noch berechtigt es die Behörde, eine bescheidmäßige Entscheidung zu fällen, die von einem Anbringen (Eingabe) abhängig ist, etwa - wie im vorliegenden Fall - die Beantragung eines Grundlagenbescheides.
Die Abgabenbehörde ist nicht einmal befugt, den Antrag als unzulässig zurückzuweisen, weil es sich bei einem solchen E-Mail eben nicht um eine Eingabe an die Behörde handelt. Die Judikatur des VwGH wertet solche Anbringen als rechtlich inexistent (vgl Ritz/Koran, BAO7, § 86a Tz 4).

Zwar wurde die Eingabe der Behörde als PDF-Dokument zugeleitet, die zitierten Bestimmungen stellt jedoch nicht darauf ab, in welcher Form letztlich bei der belangten Behörde ein ein Schriftstück darstellendes Papier vorliegt, sondern dass der Weg der Einreichung einer Eingabe gesetzlich vorgegeben ist. Eine andere Einbringung als eine schriftliche Eingabe, die etwa persönlich oder durch einen Postdienst bei der Behörde abgegeben wird, ist abgesehen von den hier unstrittig nicht gegebenen Fällen nicht zugelassen.

Damit ist aber die in Rede stehende Übermittlung eines Textes eines Antrages in Form eines einer E-Mail angehängten PDF-Dokumentes vom Gesetz nicht vorgesehen (vgl ; ).

Da es sich somit um den Weg der Einreichung handelt, die der Gesetzgeber vorschreibt, und da durch die Änderung der BAO (Einfügen eines § 86b BAO mit dem AbgVRefG BGBl. I Nr. 20/2009 für Landes- und Gemeindeabgaben) durchaus eine Regelung für E-Mails getroffen wurde, diese jedoch nicht auf den in Rede stehenden Antrag nach dem ZollR-DG ausgeweitet wurde, kann von einer planwidrigen Lücke, die durch Analogie geschlossen werden müsste, nicht gesprochen werden.
Vor diesem rechtlichen Hintergrund durfte die belangte Behörde nicht davon ausgehen, dass der Bf wirksam einen Antrag auf Feststellung der Zollbefreiung für Übersiedlungsgut (Antrag auf Ausstellung eines Grundlagenbescheides) eingebracht hat. Der angefochtene Bescheid erweist sich aus diesem Grund als rechtswidrig und war ersatzlos aufzuheben.

Zur Zulässigkeit der Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Diese Voraussetzungen sind - insbesondere im Hinblick auf die zitierte Rechtsprechung - nicht erfüllt.

Salzburg, am

Zusatzinformationen


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Materie
Zoll
betroffene Normen
§ 86a Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 85 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.3200001.2024

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at