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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 06.05.2024, RV/3100374/2019

Schätzung aufgrund fehlender Grundaufzeichnungen in einem Gastronomiebetrieb mit Spielautomaten

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch den Richter Mag. David Hell LL.B. LL.M. in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch MMag. Daniel Pinzger, Kapuzinergasse 8/4, 6020 Innsbruck, über die Beschwerden vom gegen die Bescheide des Finanzamtes ***Finanzamt*** vom betreffend Einkommensteuer und Umsatzsteuer für die Jahre 2013 bis 2016 sowie Wiederaufnahme dieser Verfahren, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht:

I. Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

1. Verfahrensgang und Parteienvorbringen

1.1. Vorangegangene Zeiträume (2008 bis 2012)

Bereits im Jahr der Betriebseröffnung (2008) fand im Betrieb des Beschwerdeführers (Bf.) eine gemeinsame Kontrolle der Abgabenbehörde, der Polizei und der Gemeinde statt, bei welcher verbotene Glücksspielautomaten im Betrieb aufgefunden wurden. In abgabenrechtlicher Hinsicht zog diese Kontrolle eine Festsetzung der Umsatzsteuer für Mai bis November 2008 nach sich, bei welcher die Erlöse aus den Glücksspielautomaten mangels Grundaufzeichnungen geschätzt wurden. Die dagegen erhobene Berufung wurde vom Bf. in weiterer Folge zurückgezogen und folglich von der Abgabenbehörde für gegenstandslos erklärt.

Für die Jahre 2010 bis 2012 fand beim Bf. im Jahr 2014 eine Außenprüfung statt. Aufgrund fehlender Grundaufzeichnungen zu den Spielautomaten, fehlenden Kassenjournalen und nicht aufgeklärter Differenzen bei der Vermögensdeckungsrechnung rechnete die Abgabenbehörde zum Umsatz und zum Gewinn im Zuge dieser Betriebsprüfung jeweils 25.000 € jährlich hinzu. Das Ergebnis dieser Außenprüfung wurde nicht bekämpft. Der Bf. hat für die daraus resultierende Nachforderung den Verkürzungszuschlag gemäß § 30a FinStrG in Anspruch genommen.

1.2. Streitgegenständlicher Zeitraum (2013 bis 2016)

Im Winter 2017/18 fand beim Bf. eine neuerliche Betriebsprüfung für die Jahre 2013 bis 2016 statt. Infolge dieser Betriebsprüfung erließ die Abgabenbehörde die nunmehr angefochtenen Bescheide, in welchen sie die Ansicht vertritt, dass die Erlöserfassung nach wie vor sehr mangelhaft gewesen sei, wobei sie die einzelnen Mängel näher bezeichnete. Die in der Folge durchgeführte Vermögensdeckungsrechnung habe - auch nach Berücksichtigung der Einwendungen des Bf. - Differenzen von jährlich 23.300 € ergeben, die wiederum dem Umsatz und Gewinn hinzuzurechnen seien. Insbesondere habe die Mittelherkunft einer Privateinlage im Ausmaß von 50.000 € nicht nachgewiesen werden können, da dieser Betrag nicht - wie vom Bf. behauptet - von seinem Vater und seinem Bruder stammen könne, weil diese über ein zu geringes Einkommen verfügen würden. Außerdem sei bei der Berechnung der Basis für die Abschreibung des Betriebsgrundstückes die Grundbuchseintragungsgebühr doppelt berücksichtigt worden. Zu beiden Feststellungen sei der Sachverhalt im Zuge der Prüfung neu hervorgekommen und rechtfertige dieser eine Wiederaufnahme der jeweiligen Verfahren.

Dagegen wenden sich die rechtzeitigen Beschwerden des Bf., in welchen er zusammengefasst darlegt, es würden keine Mängel vorliegen und er habe sämtliche Erlöse korrekt verzeichnet. Die Mittelherkunft der Privateinlage von seinem Vater und Bruder habe er nachgewiesen. Zudem habe er im gegenständlichen Zeitraum Poker- und Casinogewinne erzielt, die er auch zur Deckung der Lebenshaltungskosten verwendet habe. Zur Feststellung bezüglich AfA enthalten die Beschwerden keine Ausführungen.

Mit Beschwerdevorentscheidungen vom zu den neuen Sachbescheiden sowie vom zu den ebenfalls bekämpften Wiederaufnahmebescheiden wies die belangte Behörde die Beschwerden als unbegründet ab, wobei sie im Wesentlichen ihre bisherigen Standpunkte wiederholte. Mit den rechtzeitigen Vorlageanträgen vom zu den neuen Sachbescheiden sowie vom zu den Wiederaufnahmebescheiden begehrte der Bf. die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht. Dabei führte er ergänzend zu seinem bisherigen Vorbringen zusammengefasst aus, er habe seine Pokergewinne ordnungsgemäß nachgewiesen, soweit es ihm möglich war, und damit auch die nicht nachgewiesenen Gewinne zumindest glaubhaft gemacht, weshalb auch diese bei der Vermögensdeckungsrechnung zu berücksichtigen seien.

Am legte die belangte Behörde die Beschwerden samt Akt und Vorlagebericht zur Entscheidung dem Bundesfinanzgericht vor. Im Zuge der Finanzorganisationsreform trat mit das Finanzamt Österreich an die Stelle der bescheiderlassenden Behörde. Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses des Bundesfinanzgerichts vom wurde die gegenständliche Rechtssache der mit neu besetzten Gerichtsabteilung 4013 zugewiesen.

Das Gericht erteilte der belangten Behörde am den Auftrag, weitere Ermittlungen zu den Casinobesuchen und -gewinnen des Bf. sowie zur Mittelherkunft durchzuführen. Am übermittelte die Behörde dem Gericht die Ermittlungsergebnisse und am reichte sie ihre Stellungnahme zu den Ermittlungsergebnissen nach. Diese wurden dem Vertreter des Bf. mit Schreiben vom zusammen mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung zur Kenntnis gebracht. Dabei wurde er ersucht, eine allfällige Stellungnahme zu den Ermittlungsergebnissen spätestens zwei Wochen vor der mündlichen Verhandlung beim Gericht einzubringen, wovon er jedoch keinen Gebrauch machte.

Am fand die vom Bf. beantragte mündliche Verhandlung vor dem erkennenden Gericht statt. Dabei brachte der Bf. im Wesentlichen vor, ihn treffe kein Verschulden an den fehlenden Grundaufzeichnungen, da er nicht gewusst habe, dass die Registrierkasse die Daten nicht automatisch speichere. Bei der Schätzung sei sowohl die Erhöhung des Einkommens im Zuge der vorherigen Betriebsprüfung als auch der Umstand zu berücksichtigen, dass der Bf. den Betrag von 50.000 € unmöglich im streitgegenständlichen Zeitraum erwirtschaftet haben könne, da der Betrag nachweislich bereits im Juni 2013 auf ein Sparbuch gelegt worden sei. Die belangte Behörde führte aus, sie könne sich eine Berücksichtigung der nachgewiesenen Casinogewinne sowie der in der Verhandlung vorgebrachten Einwendungen des Bf. vorstellen. Zur Feststellung bezüglich AfA brachte der Bf. auch auf Nachfrage des Richters in materieller Hinsicht nichts vor, führte allerdings aus, dass diese Feststellung aufgrund ihrer Geringfügigkeit für sich allein keine Wiederaufnahme rechtfertige.

Die mündliche Verhandlung schloss mit der Verkündung des Beschlusses gemäß § 277 Abs. 4 BAO iVm § 274 Abs. 5 BAO, dass die Entscheidung der schriftlichen Ausfertigung vorbehalten bleibt. Mit Schreiben vom hielt das Gericht dem Bf. bei der Verhandlung noch nicht thematisierte Sachverhaltselemente und Beweismittel vor, deren Vorliegen bzw. Verwertbarkeit der Bf. in seiner Stellungnahme vom weitgehend unsubstantiiert bestritt, wobei er auch weitere Beweisanträge stellte, aber keine neuen Unterlagen vorlegte.

2. Sachverhalt

2.1. Zum Betrieb des Bf.

Der Bf. hat von 2008 bis 2021 die "***Bar***", früher "***Bar-alt***", in ***Gemeinde***, Ortsteil ***Ortsteil*** betrieben. Dabei handelte es sich um einen Gastronomiebetrieb mit Live-Sportübertragungen, -Sportwetten, Darts, Tischfußball, Pool Billard, diversen Glücksspielautomaten und Internetterminals für Glücksspiel und Sportwetten. Der Betrieb des Bf. war außer an Montagen ganzjährig täglich geöffnet; von Dienstag bis Samstag war der Betrieb von 10 bis 24 Uhr geöffnet, an Sonntagen von 10 bis 22 Uhr. Wenn keine Gäste mehr im Betrieb waren, wurde der Betrieb gelegentlich bereits vor Ablauf der regulären Öffnungszeit geschlossen. Im Betrieb des Bf. fanden immer wieder verschiedene Veranstaltungen wie z.B. Konzerte, Videospielturniere und Tischfußballmeisterschaften statt. Außer dem Bruder des Bf. ***Bruder***, waren im Betrieb des Bf. keine Arbeitnehmer angestellt. Der Bruder des Bf. war im streitgegenständlichen Zeitraum nie mehr als 8 Monate im Jahr bei einem monatlichen Lohn von durchschnittlich zwischen ca. 550 und 1.200 € angestellt. Er arbeitete durchschnittlich 40 bis 50 Wochenstunden im Betrieb des Bf., die restliche Zeit (den Rest der wöchentlichen Betriebsöffnungszeit von insgesamt 80 Wochenstunden sowie in den Zeiträumen, in welchen der Bruder nicht angestellt war) führte der Bf. den Betrieb allein.

Der Darts- sowie der Tischfussballautomat (Münzautomaten) standen im Eigentum des Bf., die Glücksspielautomaten bzw. Terminals wurden unter anderem von den Unternehmen ***Firma-BG*** (Bulgarien), ***Firma-Ö1***, ***Firma-Ö2*** und ***Firma-Ö3*** aufgestellt und/oder betrieben. Es waren im gesamten streitgegenständlichen Zeitraum dieselben Automaten in Betrieb.

Der Bf. erklärte folgende Umsätze, Vorsteuern und Gewinne bzw. Verluste:

2.2. Aufzeichnungsmängel

Im gesamten streitgegenständlichen Zeitraum verfügte der Betrieb des Bf. über eine betriebsbereite Registrierkasse. In diese wurden lediglich Erlöse aus dem Verkauf von Speisen, Getränken sowie bis Juli 2014 die Erlöse aus dem Verkauf von Zigaretten eingegeben. Bis Juli 2014 erfolgte die Eingabe der Zigaretten in die Registrierkasse zeitgleich mit der Erfassung des dazugehörigen Wareneinsatzes (sogenannte "Stockverrechnung"). Die übrigen Erlöse, insbesondere aus den Spielautomaten sowie aus dem Verkauf von Zigaretten ab November 2014, wurden nicht in der Registrierkasse erfasst.

Die Erlöse aus dem Verkauf von Zigaretten ab November 2014 sowie die Erlöse aus den Spielautomaten (Darts, Tischfussball) wurden bei den - unregelmäßig stattfindenden - Entleerungen der Automaten mittels Eigenbelegen in der Buchhaltung erfasst. Entgegen der ansonsten näherungsweise monatlichen Verbuchung von Umsätzen aus dem Verkauf von Zigaretten wurden zwischen und keinerlei solche Umsätze verbucht; ebenso zwischen und .

Ebenfalls entgegen der ansonsten näherungsweise monatlichen Verbuchung von Umsätzen aus den eigenen Spielautomaten des Bf. wurden im Zeitraum vom bis zum nur dreimal - zudem relativ geringe - Umsätze aus den Spielautomaten verbucht. In all diesen Fällen liegen die nach den jeweiligen Lücken erfassten Umsätze nicht deutlich über der durchschnittlichen Umsatzhöhe - die fehlenden Umsätze wurden also nicht nachgeholt.

Es wurden zwar Tagesabrechnungen mit der Registrierkasse erstellt, ein Abgleich mit dem tatsächlichen Kassenstand (Kassasturz) erfolgte allerdings nie. Das Kassenjournal (Aufzeichnung der einzelnen Geschäftsvorfälle) wurde nicht gespeichert oder nicht ausgehändigt.

Auch sonst liegen keine Aufzeichnungen über die einzelnen Geschäftsfälle vor; insbesondere zu den Automatenerlösen, weil die Automaten entweder nicht über Zählwerke verfügen oder die Journale nicht gespeichert bzw. nicht ausgehändigt wurden.

Ob die Einnahmen-/Ausgabenrechnungen des Bf. sowie die Umsatzsteuervoranmeldungen bzw. -erklärungen vollständig und sachlich richtig sind, kann allein anhand der vorliegenden Aufzeichnungen nicht überprüft werden.

Die vorgelegten Einnahmen-/Ausgabenrechnungen weisen bei den ermittelten Aufschlägen für Getränke im zeitlichen Verlauf erhebliche, nicht aufklärbare Schwankungen in allen Warenklassen (Bier, Wein, Spirituosen, Limonaden, Heißgetränke) auf. Der erklärte Rohaufschlag auf Speisen (durchschnittlich 115 %) ist unüblich niedrig; jener auf Wein (durchschnittlich 676 %) hingegen unüblich hoch.

Der Bf. hat erklärt, für die Sportwetten-Terminals eine gewinnabhängige Provision von den Betreibern zu erhalten, für die Glücksspielautomaten hingegen lediglich eine monatliche Miete. Diese Darstellung ist unrichtig; in Wahrheit hat der Bf. auch für die Glücksspielautomaten gewinnabhängige Provisionen erhalten, deren Höhe jedenfalls erheblich über den erklärten Mieteinnahmen liegt, aber nicht mehr genau festgestellt werden kann.

2.3. Schätzungsgrundlagen

Die Abgabenbehörde ermittelte die Vermögensunterdeckung im Zuge der Außenprüfung initial (vor Berücksichtigung von Einwendungen des Bf.) wie folgt:

Die in dieser Berechnung angeführten Zahlen sind richtig bzw. soweit sie geschätzt wurden (Miete und Lebenshaltungskosten), nachvollziehbar geschätzt.

Der Bf. spielte im gesamten streitgegenständlichen Zeitraum in den Spielstätten der Casinos Austria AG und erzielte dabei folgende Gewinne und Verluste:

Der Bf. hat daneben noch im Rahmen von Pokerturnieren und bei anderen Anbietern (insbesondere den Concord Card Casinos) Glücksspiel betrieben. Die Höhe der dabei erzielten Gewinne bzw. Verluste kann jedoch nicht festgestellt werden.

In der angeführten Berechnung ist im Jahr 2014 eine Sondertilgung eines Darlehens im Ausmaß von 50.000 € enthalten. Die für diese Sondertilgung verwendeten Geldmittel stammen von fünf Losungswortsparbüchern, auf welche allesamt am ein Gesamtbetrag von 54.000 € eingezahlt wurde. Diese Geldmittel stammen nicht (wie vom Bf. behauptet) von dessen Vater und Bruder, sondern aus nicht erklärten Umsätzen des Bf., wobei diese jedoch überwiegend vor dem streitgegenständlichen Zeitraum erwirtschaftet wurden.

3. Beweiswürdigung

Sämtliche in eckige Klammern gesetzten Zeitangaben in diesem Abschnitt beziehen sich auf die Schallträgeraufzeichnung der mündlichen Verhandlung vom , deren Übertragung in Vollschrift gemäß § 87 Abs. 6a BAO unterblieb.

3.1. Zum Betrieb des Bf.

Soweit in der Folge nichts anderes angegeben ist, gründen die Feststellungen in Abschnitt 2.1. dieses Erkenntnisses auf den im Zuge des Prüfungsverfahrens gegenüber der belangten Behörde bzw. den gegenüber dem Gericht in der mündlichen Verhandlung getätigten Angaben des Bf., die - soweit sie die allgemeinen Informationen zum Betrieb des Bf. betreffen - seitens des Gerichts keinen Bedenken begegnen.

Dass auch im streitgegenständlichen Zeitraum noch Glücksspielautomaten im Betrieb des Bf. vorhanden waren, ergibt sich für das Gericht entgegen der Darstellung des Bf. [15:11] schon allein aus dem Umstand, dass am - und sohin im streitgegenständlichen Zeitraum - Glücksspielautomaten von Organen der Abgabenbehörde sowie der Finanzpolizei im Betrieb des Bf. vorgefunden wurden, die zumindest zu Beginn der Amtshandlung noch betriebsbereit waren (Aktenvermerk vom , vorgehalten in der mündlichen Verhandlung [16:50]). An der inhaltlichen Richtigkeit dieses Aktenvermerkes vermag das Gericht nicht zu zweifeln, zumal dessen übriger Inhalt durch den weiteren Akteninhalt, insbesondere die bei dieser Amtshandlung aufgefundenen Unterlagen, bestätigt wird und die Darstellungen der Behörde mit dem bisherigen Verhalten des Bf. in Einklang stehen. In der Stellungnahme des Vertreters des Bf. vom wird das "zeitenweise" Aufstellen von Glücksspielgeräten zudem ausdrücklich eingeräumt.

Dass im Betrieb des Bf. nicht nur zeitweise, sondern durchgehend Glücksspielautomaten bzw. Terminals für das Glücksspiel vorhanden waren, schließt das Gericht aus einer mit datierten anonymen Anzeige, nach welcher der Bf. "in seinen Räumlichkeiten illegales Glücksspiel mit teilweise in Computer und Notebooks, Tablets versteckter Glücksspiel Software und Geldspielgeräten" betreibe.

Dieser anonymen Anzeige käme für sich genommen nur ein geringer Beweiswert zu; die darin dem Bf. zugeschriebene Vorgehensweise steht jedoch im Einklang mit seinem bisherigem Verhalten, inbesondere dem von ihm in der Vergangenheit bereits eingeräumten Betrieb illegaler Glücksspielautomaten (Niederschrift zur Einvernahme des Bf. vor der belangten Behörde am ), weshalb das Gericht davon ausgeht, dass der Anzeigeninhalt grundsätzlich richtig ist. Überdies erzielte der Bf. selbst nach seinen eigenen Buchhaltungsunterlagen nicht nur zeitweise, sondern zumindest von Jänner 2013 bis April 2015 durchgehend Erlöse aus dem Betrieb von Glücksspielautomaten ("Standmiete" für Internetterminals und Spielautomaten, Konto 4296), sodass seiner diesbezüglichen Verantwortung schon deshalb kein Glauben geschenkt werden kann.

Das Gericht erblickt weder einen inneren Widerspruch noch einen Widerspruch zu anderen Beweisergebnissen darin, dass die anonyme Anzeige zur Beschreibung der Glücksspielgeräte unter anderem die Begriffe "Computer", "Notebooks" und "Tablets" verwendet, da sämtliche dieser Begriffe im weiteren Sinne Internetterminals darstellen. Die Verwendung von Internetterminals zu Glücksspielzwecken ergibt sich unter anderem aus den vom Bf. selbst im Zuge der Prüfung der Vorjahre vorgelegten Vereinbarungen mit den Automatenbetreibern. Dass dabei auch herkömmliche Computer zum Einsatz gelangten, wurde von der belangten Behörde auch bereits im Zuge der Außenprüfung der Vorjahre dokumentiert (so wurde z.B. vom damaligen Prüfer auf Grundlage der Angaben des Bf. die Verwendung eines "Computer MSI" von der Fa. ***Firma-Ö1*** im Zeitraum von April bis Juni 2013 festgehalten).

Die Angaben zum Dienstverhältnis des Bruders des Bf. gründen auf den diesbezüglich von der belangten Behörde vorgelegten Aktenteilen sowie den Angaben des Bf. (Niederschrift vom ). Dass sich das Beschäftigungsausmaß des Bruders des Bf. gegenüber 2008 nicht maßgeblich geändert hat, schließt das Gericht aus dem Umstand, dass dessen Entlohnung im Wesentlichen gleichgeblieben ist und der Bf. dem Vorhalt seiner eigenen Aussage, wonach sein Bruder 40 bis 50 Wochenstunden im Betrieb des Bf. arbeite, nicht widersprochen hat [58:45].

Die Feststellungen zu den Automatenbetreibern gründen neben den eigenen Angaben des Bf. auf den vorliegenden Abrechnungen der angeführten Unternehmen. Dass im gesamten streitgegenständlichen Zeitraum stets dieselben Automaten in Betrieb waren, hat der Bf. in der mündlichen Verhandlung hinsichtlich seiner eigenen Spielautomaten (Darts/Tischfußball) auf ausdrückliche Frage der Abgabenbehörde hin glaubhaft ausgesagt [12:44]; dass bei einem Wechsel der Betreiber von Glücksspielautomaten ebenfalls dieselben Automaten in seinem Betrieb verblieben, erklärte er ebenso nachvollziehbar [52:56]. Die erklärten Umsätze, Vorsteuern und Gewinne bzw. Verluste ergeben sich unmittelbar aus den Abgabenerklärungen des Bf., in welche das Gericht von Amts wegen Einsicht genommen hat und welche dem Bf. in der mündlichen Verhandlung vorgehalten wurden [44:28].

3.2. Zu den Aufzeichnungsmängeln

Soweit in der Folge nichts anderes angegeben ist, gründen die Feststellungen in Abschnitt 2.2. auf den vom Bf. nicht substantiiert bestrittenen Feststellungen zu den Aufzeichnungsmängeln in der Beilage zum Prüfungsbericht in Zusammenschau mit den vorgelegten Buchhaltungsunterlagen, insbesondere den Kontoblättern zu den Konten 4280 (Erlöse Spielautomaten) und 4260/5260 (Erlöse/Einkauf Tabakwaren).

Da der Behörde und dem Gericht weder das Kassenjournal noch andere Grundaufzeichnungen zu den einzelnen Geschäftsfällen vorliegen, kann das Gericht nur annehmen, dass solche Aufzeichnungen entweder nie existierten oder sie zwar existierten, aber vom Bf. nicht ausgehändigt wurden. Ob sie nicht gespeichert oder lediglich nicht ausgehändigt wurden, kann allerdings dahingestellt bleiben, da dies für die rechtliche Beurteilung nicht von Relevanz ist.

Dass eine Überprüfung der Einnahmen-/Ausgabenrechnungen sowie der Umsatzsteuervoranmeldungen bzw. -erklärungen auf ihre Vollständigkeit und Richtigkeit ohne Grundaufzeichnungen nicht möglich ist, darf als allgemein bekannt vorausgesetzt werden, zumal das vollständige Fehlen von Grundaufzeichnungen sowohl eine stichprobenartige Überprüfung einzelner Geschäftsfälle auf ihre Richtigkeit als auch verschiedene statistische Prüfungen auf Vollständigkeit bzw. Plausibilität von vornherein ausschließt.

Dass kein täglicher Kassasturz erfolgte, ergibt sich aus der im Aktenvermerk vom festgehaltenen dementsprechenden Aussage des Bruders des Bf. und dem Umstand, dass vom Bf. keine entsprechenden Aufzeichnungen vorgelegt wurden. Das Gericht sieht sich wie zuvor erwähnt nicht veranlasst, an der inhaltlichen Richtigkeit dieses Aktenvermerks zu zweifeln.

Die festgestellten Aufschläge auf Speisen und Getränke und die festgestellte Schwankung der Aufschläge auf Getränke im Prüfungszeitraum ergeben sich unmittelbar aus den rechnerisch vom Bf. nicht bestrittenen entsprechenden Feststellungen des Prüforgans. Hinsichtlich einzelner Warengruppen (insbesondere Wein und Spirituosen) mag es zutreffen, dass die Schwankung wegen der geringen erklärten Umsätze dieser Warengruppen auf Zufallseffekte zurückzuführen ist, wobei anzumerken ist, dass sowohl die belangte Behörde als auch das Gericht die geringen erklärten Umsätze dieser Warengruppen schon an sich nicht für plausibel halten.

Dass die erklärten Rohaufschläge auf Speisen und Wein unüblich sind, wurde dem Bf. bereits im Zuge der Außenprüfung vorgehalten und nie substantiiert bestritten. Dies deckt sich auch mit der Erfahrung des erkennenden Richters, der in der Vergangenheit selbst als Betriebsprüfer tätig war, sowie mit einschlägigen Publikationen wie z.B. dem "Kalkulationshandbuch für die Gastronomie" von Mödritscher/Nungesser, welches von der Wirtschaftskammer Wien im Mai 2023 herausgegeben wurde und welches bei Speisen einen typischen Wareneinsatz von rund 33 % (entspricht einem Rohaufschlag von 200 %) und bei Wein einen typischen Wareneinsatz von rund 35 % (entspricht einem Rohaufschlag von 186 %) anführt.

3.3. Unrichtige Höhe der erklärten Umsätze aus den Glücksspielautomaten

Der Bf. hat für den Zeitraum Jänner 2013 bis April 2015 Umsätze aus Glücksspielautomaten auf Basis von (mehr oder weniger) fixen "Standmieten" erklärt. Die der belangten Behörde vorgelegten diesbezüglichen Vereinbarungen sind alle im Wesentlichen gleichlautend und wurden offenbar - wie auch die Bestätigung "Für das Finanzamt" vom vom Bf. selbst verfasst, da sie in Aufmachung und Formulierung den Schriftstücken des Bf. gleichen (zum Vergleich: Bestätigung des Bf. vom ; auch die Bestätigung seiner Lebensgefährtin vom dürfte demnach wohl der Bf. verfasst haben).

Sämtliche dieser Vereinbarungen enthalten die Sätze "Der Wirt ist am Gewinn der Automaten nicht beteiligt, sondern erhält eine Miete von monatlich … brutto" sowie "Die Höhe der Miete ist unabhängig von der Anzahl der aufgestellten Automaten sowie von der Höhe der dadurch erzielten Gewinne der Firma" oder geringfügig andere Formulierungen. Dass all diese Vereinbarungen trotz der unterschiedlichen (und in verschiedenen überwiegend nicht deutschsprachigen Staaten ansässigen) Automatenbetreiber nahezu wortident sind, lässt sich für das Gericht ebenfalls nur dadurch erklären, dass diese nicht von den Automatenbetreibern, sondern vom Bf. verfasst wurden.

Das demonstrative Hervorheben des Umstandes, dass der Bf. am Gewinn nicht beteiligt ist und die Miete auch sonst unabhängig von den Gewinnen ist, erscheint dem Gericht für Mietverträge an sich überflüssig. Wesentliche Vertragsbestandteile - wie etwa eine Betriebspflicht der Automaten, ohne die ein solcher Vertrag für den Betreiber keinen Sinn ergibt (vgl. den Vertrag mit der Fa. ***Firma-Ö1*** vom , der eine solche Pflicht enthielt, obwohl der Betrieb der Automaten aufgrund der damals vereinbarten anteiligen Beteiligung des Bf. am Gewinn ohnehin in seinem Interesse stand) - fehlen in den vorgelegten Vereinbarungen hingegen. Da diese Vereinbarungen offensichtlich vom Bf. verfasst wurden, hält es das Gericht für am wahrscheinlichsten, dass sie einzig zum Zweck der Vorlage an die Abgabenbehörde erstellt wurden und den wahren Inhalt der Vereinbarungen nicht wiedergeben.

Das Gericht geht daher davon aus, dass der Bf. auch im Zeitraum 2013 bis 2016 nicht nur "Standmieten" erhalten hat, sondern prozentuell am Gewinn der Automatenbetreiber beteiligt war (wie etwa laut dem Vertrag mit der Fa. ***Firma-Ö1*** vom ) und er dabei höhere Erlöse erzielt hat als laut seinen Erklärungen, da ein solches Vorgehen ansonsten keinen Sinn ergäbe. Auf den bei der mündlichen Verhandlung ausgehändigten Aktenvermerk vom wird hingewiesen ("Erfahrungssätze" von € 200 netto pro Tag und Internetspielautomat, festgestellte Übereinstimmung der vorgefundenen Aufzeichnungen mit diesen Erfahrungssätzen).

In diesem Zusammenhang ist auch das starke Absinken der erklärten Umsätze/Gewinne des Bf. nach dem Jahr 2009 zu sehen, für welches der Bf. keine überzeugenden Argumente vorbringen konnte. Der Bf. sagte dabei selbst aus, dass ihm die "offiziellen Rechnungen" der Automatenbetreiber zu teuer gekommen seien, weil er infolge der höheren Provisionen mehr Steuern habe zahlen müssen. Dabei habe er nach seinen Angaben "mehr draufgezahlt als wie Gewinn gemacht", weshalb er in der Folge neue Verträge abgeschlossen habe. [51:44-53:34]

Das Gericht hält es aber nicht für glaubwürdig, dass der Bf. - von dem nach seinen Angaben die Initiative zur Neuverhandlung ausgegangen war - nach der Neuverhandlung weniger Gewinn mit den Automaten erzielte als zuvor. Lebensnäher erscheint dem Gericht, dass die "Neuverhandlung" nur dazu diente, die "offiziellen" Rechnungen bzw. Verträge durch "inoffizielle" - also der Abgabenbehörde gegenüber nicht offengelegte - Vereinbarungen abzulösen und diese durch die vorgelegten, nur zum Schein eingegangenen Mietverträge zu verdecken.

Sämtliche in diesem Abschnitt erwähnten Umstände wurden dem Vertreter des Bf. vom Gericht mit Schreiben vom vorgehalten. In seiner Replik vom zeigte dieser keine Umstände auf, die das Gericht veranlassen, von der dem Vertreter des Bf. zur Kenntnis gebrachten vorstehenden Beweiswürdigung abzugehen. Indem er vorbringt, die neuen Verträge würden zum Vorteil des Bf. fixe Standmieten vorsehen und dadurch das wirtschaftliche Risiko auf die Automatenbetreiber überwälzen, verdeutlicht er lediglich, dass die vorgelegten Vereinbarungen ohne Betriebspflicht der Automaten für die Betreiber wirtschaftlich sinnlos sind und in dieser Form daher nie abgeschlossen würden. Auch die Erwägungen zu den Erfahrungssätzen, nach denen das Einspielergebnis rund € 200 netto pro Tag und Internetspielautomat beträgt, bestreitet der Vertreter des Bf. nur unsubstantiiert, zumal er nicht darauf eingeht, dass im Zuge der Amtshandlung vom von der belangten Behörde auch festgestellt wurde, dass die vorgefundenen Aufzeichnungen mit diesen behördlichen Erfahrungssätzen tatsächlich übereinstimmen.

Insgesamt geht das Gericht daher davon aus, dass der Bf. im gesamten Zeitraum 2013 bis 2016 erheblich höhere Umsätze und Gewinne mit den Glücksspielautomaten erzielte, als er seinen Erklärungen zugrunde legte. Mangels vorhandener Aufzeichnungen konnte zur genauen Höhe allerdings nur eine Negativfeststellung getroffen werden.

3.4. Zu den Schätzungsgrundlagen

Die in Abschnitt 2.3. dargestellte initiale Berechnung der Vermögensunterdeckung erfolgte im Zuge der strittigen Außenprüfung. Sie basiert auf Unterlagen, die auch dem Gericht vorliegen (insbesondere auf den nachgewiesenen Bankkontenbewegungen) und stimmt mit diesen überein. Die darin enthaltenen Beträge wurden seitens des Bf. nicht bestritten und wurden auch nach Ansicht des Gerichts richtig ermittelt bzw. nachvollziehbar geschätzt, weshalb auch das Gericht diese als Grundlage für die weiteren Berechnungen heranziehen konnte.

Dass der Bf. sowohl in den Spielstätten der Casinos Austria AG als auch im Rahmen von Pokerturnieren und bei anderen Anbietern (insbesondere den Concord Card Casinos) Glücksspiel betrieben hat, hat der Bf. für das Gericht glaubhaft dargelegt und wird auch von der belangten Behörde nicht bestritten. Die Gewinne bzw. Verluste in den Spielstätten der Casinos Austria AG wurden anhand deren Aufzeichnungen festgestellt, die von der belangten Behörde im Auftrag des Gerichts eingeholt wurden.

Infolge des zwischenzeitlichen Untergangs der Concord Card Casinos konnten von diesen keine vergleichbaren Aufzeichnungen zu den Gewinnen bzw. Verlusten des Bf. eingeholt werden. Der vorgelegte - und von der Behörde noch als Nachweis für Gewinne akzeptierte - Auszug aus der "Hendon Mob Poker Database" ist nach Ansicht des Gerichts nicht als Nachweis für Gewinne geeignet, da der Betreiber dieser Datenbank selbst darauf hinweist, dass in der Datenbank nur die Bruttogewinne erfasst werden und keine Bereinigung um Teilnahmegebühren oder Verluste erfolgt. Der Einwand des Vertreters des Bf. in seiner Stellungnahme vom , dass allenfalls nicht abgezogene Einsätze offenkundig nur einen Bruchteil des ausgewiesenen Gewinns darstellen können, geht am wahren Problem vorbei, welches darin liegt, dass die Gewinne in dieser Datenbank nicht um zweifellos ebenso aufgetretene Verluste bereinigt sind. Auch zur Aufbewahrung der angeblichen Gewinne machte der Bf. nur ausweichende bzw. offensichtlich unglaubwürdige Angaben ("zuhause oder wo auch immer" [49:27], "sagen wir: unterm Kopfpolster, klingt gut" [50:04]), konnte jedoch keinerlei Nachweise vorlegen. Daher konnte das Gericht hinsichtlich der Glücksspielgewinne bzw. -verluste (mit Ausnahme der bei der Casinos Austria AG erzielten Gewinne/Verluste) nur eine Negativfeststellung treffen.

Dass die für die Sondertilgung des Darlehens verwendeten Geldmittel von fünf Losungswortsparbüchern stammen, auf welche allesamt am ein Gesamtbetrag von 54.000 € eingezahlt wurde, hat die belangte Behörde im Zuge der Außenprüfung festgestellt und wird auch vom Bf. nicht bestritten. Die Erklärungen des Bruders und des Vaters des Bf., wonach diese Geldmittel von ihnen stammen würden, werden vom Gericht jedoch als unglaubwürdig angesehen, da diese Personen - wie bereits die belangte Behörde festgestellt hatte und vom Bf. auch nicht substantiiert bestritten wurde - nicht annähernd über das nötige Einkommen für eine Darlehensgewährung in solcher Höhe verfügen. Besonders lebensfremd erscheint dem Gericht hierbei die Angabe des Bruders des Bf., wonach dieser in den Jahren 2011 und 2012 jeden Monat sein gesamtes Gehalt (aus dem Dienstverhältnis mit einem Dritten) an den Bf. übergeben habe, ohne dabei eine Vereinbarung bezüglich Verzinsung, Sicherheiten oder Rückzahlung mit dem Bf. zu treffen. Lebensnäher und wahrscheinlicher erscheint es dem Gericht hingegen, dass diese Geldmittel aus nicht erklärten Umsätzen des Bf. stammen, welche er indirekt einräumte, indem er das Ergebnis der Außenprüfung der Vorjahre akzeptierte. Diese musste der Bf. allerdings schon allein aufgrund der nachgewiesenen Einzahlung am überwiegend vor dem streitgegenständlichen Zeitraum erwirtschaftet haben.

3.5. Begründung für die Ablehnung der Beweisanträge im Schreiben vom

Im Schreiben vom beantragte der Vertreter des Bf. die ergänzende Einvernahme des Bf. zu allen Punkten des Vorhalts vom sowie die "Einvernahme jeweils eines informierten Vertreters der jeweiligen Unternehmen" zu den Verträgen des Bf. mit den Automatenbetreibern. Letzterer Beweisantrag ist schon mangels Nennung von Namen und Adressen der einzuvernehmenden Personen untauglich, sodass ihm bereits deshalb nicht zu entsprechen war (vgl. ; , Ra 2019/15/0099).

Die übrigen Beweisanträge auf ergänzende Einvernahme des Bf. lassen nicht ausreichend erkennen, welche konkreten Tatsachenbehauptungen im Einzelnen durch seine ergänzende Befragung erwiesen werden sollen, zumal sich der Bf. zu den Pokergewinnen bereits mehrfach geäußert hat und bereits einräumte, mangels entsprechender Unterlagen keine weiterführenden Angaben machen zu können. Die Behauptung des Vertreters des Bf., dass aufgrund der wechselnden Betreiber offenkundig nicht durchgehend Automaten aufgestellt haben sein können, widerspricht der ausdrücklichen Aussage des Bf. in der mündlichen Verhandlung, wonach die Betreiber auch gewechselt haben, ohne dass es dabei zu einem Austausch der Automaten kam [52:56].

Auch diesen Beweisanträgen musste daher nicht entsprochen werden (; , Ra 2020/13/0056).

4. Rechtliche Beurteilung

4.1. Rechtslage

§ 126 BAO lautete im gesamten streitgegenständlichen Zeitraum auszugsweise wie folgt:

"(1) Die Abgabepflichtigen und die zur Einbehaltung und Abfuhr von Abgaben verpflichteten Personen haben jene Aufzeichnungen zu führen, die nach Maßgabe der einzelnen Abgabenvorschriften zur Erfassung der abgabepflichtigen Tatbestände dienen.

(2) Insbesondere haben Abgabepflichtige, soweit sie weder nach §§ 124 oder 125 zur Führung von Büchern verpflichtet sind, noch ohne gesetzliche Verpflichtung Bücher führen und soweit Abgabenvorschriften nicht anderes bestimmen, für Zwecke der Erhebung der Abgaben vom Einkommen und Ertrag ihre Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben aufzuzeichnen und zum Ende eines jeden Jahres zusammenzurechnen."

§ 131 BAO lautete in den Jahren 2013 bis 2015 (idF BGBl. I 20/2009) auszugsweise wie folgt:

"(1) […] Die gemäß den §§ 124 oder 125 zu führenden Bücher und Aufzeichnungen sowie die ohne gesetzliche Verpflichtung geführten Bücher sind so zu führen, dass sie einem sachverständigen Dritten innerhalb angemessener Zeit einen Überblick über die Geschäftsvorfälle vermitteln können. Die einzelnen Geschäftsvorfälle sollen sich in ihrer Entstehung und Abwicklung verfolgen lassen. Dabei gelten insbesondere die folgenden Vorschriften:

[…]

2. Die Eintragungen sollen der Zeitfolge nach geordnet, vollständig, richtig und zeitgerecht vorgenommen werden. Die Vornahme von Eintragungen für einen Kalendermonat in die für Zwecke der Erhebung der Abgaben vom Umsatz, Einkommen und Ertrag, ausgenommen Abzugssteuern, zu führenden Bücher und Aufzeichnungen ist zeitgerecht, wenn sie spätestens einen Monat und 15 Tage nach Ablauf des Kalendermonats erfolgt. An die Stelle des Kalendermonats tritt das Kalendervierteljahr, wenn dieses auf Grund umsatzsteuerrechtlicher Vorschriften für den Abgabenpflichtigen Voranmeldungszeitraum ist. Soweit nach den §§ 124 oder 125 eine Verpflichtung zur Führung von Büchern besteht oder soweit ohne gesetzliche Verpflichtung Bücher geführt werden, sollen alle Bareingänge und Barausgänge in den Büchern oder in den Büchern zu Grunde liegenden Grundaufzeichnungen täglich einzeln festgehalten werden. Abgabepflichtige, die gemäß § 126 Abs. 2 verpflichtet sind, ihre Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben aufzuzeichnen, sollen alle Bareinnahmen und Barausgaben einzeln festhalten. Der Bundesminister für Finanzen kann durch Verordnung Erleichterungen bei den Büchern und Aufzeichnungen festlegen, wenn das Festhalten der einzelnen Bareingänge und Barausgänge unzumutbar wäre, sofern die ordnungsgemäße Ermittlung der Grundlagen der Abgabenerhebung dadurch nicht gefährdet wird.

[…]

5. Die zu Büchern oder Aufzeichnungen gehörigen Belege sollen derart geordnet aufbewahrt werden, daß die Überprüfung der Eintragungen jederzeit möglich ist.

6. […] Werden zur Führung von Büchern und Aufzeichnungen oder bei der Erfassung der Geschäftsvorfälle Datenträger verwendet, sollen Eintragungen oder Aufzeichnungen nicht in einer Weise verändert werden können, dass der ursprüngliche Inhalt nicht mehr ersichtlich ist. Eine Überprüfung der vollständigen, richtigen und lückenlosen Erfassung aller Geschäftsvorfälle, beispielsweise durch entsprechende Protokollierung der Datenerfassung und nachträglicher Änderungen, soll möglich sein.

(2) Werden die Geschäftsvorfälle maschinell festgehalten, gelten die Bestimmungen des Abs. 1 sinngemäß mit der Maßgabe, daß durch gegenseitige Verweisungen oder Buchungszeichen der Zusammenhang zwischen den einzelnen Buchungen sowie der Zusammenhang zwischen den Buchungen und den Belegen klar nachgewiesen werden sollen; durch entsprechende Einrichtungen soll der Nachweis der vollständigen und richtigen Erfassung aller Geschäftsvorfälle leicht und sicher geführt werden können und sollen Summenbildungen nachvollziehbar sein.

(3) Zur Führung von Büchern und Aufzeichnungen können Datenträger verwendet werden, wenn die inhaltsgleiche, vollständige und geordnete Wiedergabe bis zum Ablauf der gesetzlichen Aufbewahrungsfrist jederzeit gewährleistet ist; die vollständige und richtige Erfassung und Wiedergabe aller Geschäftsvorfälle soll durch entsprechende Einrichtungen gesichert werden. Wer Eintragungen in dieser Form vorgenommen hat, muß, soweit er zur Einsichtgewährung verpflichtet ist, auf seine Kosten innerhalb angemessener Frist diejenigen Hilfsmittel zur Verfügung stellen, die notwendig sind, um die Unterlagen lesbar zu machen, und, soweit erforderlich, ohne Hilfsmittel lesbare, dauerhafte Wiedergaben beibringen. Werden dauerhafte Wiedergaben erstellt, so sind diese auf Datenträgern zur Verfügung zu stellen."

In den Jahren 2013 bis 2015 war die auf Grundlage des § 131 Abs. 1 Z 2 BAO erlassene Barbewegungsverordnung (BGBl. II 441/2006) in Geltung, die auszugsweise Folgendes normierte:

"§ 1. (1) Die vereinfachte Losungsermittlung kann unter folgenden Voraussetzungen ab Beginn eines Wirtschaftsjahres für einen Betrieb oder wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb in Anspruch genommen werden:

1. Die Umsätze für den einzelnen Betrieb oder einzelnen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb haben in den beiden unmittelbar vorangegangenen Wirtschaftsjahren den Betrag von 150.000 Euro nicht überschritten. Als Umsätze gelten solche im Sinne des § 125 Abs. 1 Unterabs. 2 BAO.

2. Für die Dauer der Inanspruchnahme der Barbewegungs-VO werden über die Bareingänge keine Einzelaufzeichnungen geführt, die eine Losungsermittlung ermöglichen.

[…]

§ 3. Bei Vorliegen der Berechtigung zur vereinfachten Losungsermittlung können die gesamten Bareingänge eines Tages durch Rückrechnung aus dem ausgezählten End- und Anfangsbestand ermittelt werden. Die Ermittlung der Tageslosung durch Rückrechnung muss nachvollziehbar sein (Kassabericht) und hat spätestens zu Beginn des nächstfolgenden Arbeitstages zu erfolgen. Die Rückrechnung hat für jede Kassa gesondert zu erfolgen."

§ 163 BAO lautet:

"(1)Bücher und Aufzeichnungen, die den Vorschriften der §§ 131 und 131b entsprechen, haben die Vermutung ordnungsmäßiger Führung für sich und sind der Erhebung der Abgaben zugrunde zu legen, wenn nicht ein begründeter Anlass gegeben ist, ihre sachliche Richtigkeit in Zweifel zu ziehen.

(2)Gründe, die nach dem Gesamtbild der Verhältnisse Anlass geben, die sachliche Richtigkeit in Zweifel zu ziehen, liegen insbesondere dann vor, wenn die Bemessungsgrundlagen nicht ermittelt und berechnet werden können oder eine Überprüfung der Richtigkeit und Vollständigkeit wegen Verletzung der Mitwirkungspflicht nicht möglich ist."

§ 184 BAO lautet:

"(1) Soweit die Abgabenbehörde die Grundlagen für die Abgabenerhebung nicht ermitteln oder berechnen kann, hat sie diese zu schätzen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind.

(2) Zu schätzen ist insbesondere dann, wenn der Abgabepflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Aufklärungen zu geben vermag oder weitere Auskunft über Umstände verweigert, die für die Ermittlung der Grundlagen (Abs. 1) wesentlich sind.

(3) Zu schätzen ist ferner, wenn der Abgabepflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Abgabenvorschriften zu führen hat, nicht vorlegt oder wenn die Bücher oder Aufzeichnungen sachlich unrichtig sind oder solche formelle Mängel aufweisen, die geeignet sind, die sachliche Richtigkeit der Bücher oder Aufzeichnungen in Zweifel zu ziehen."

4.2. Aufzeichnungspflichten und Schätzungsberechtigung dem Grunde nach

Der Bf. war als Gewerbetreibender, der weder gemäß den § 124 BAO oder § 125 BAO zur Führung von Büchern verpflichtet war noch freiwillig Bücher führte, verpflichtet, Aufzeichnungen gemäß § 126 Abs. 2 BAO zu führen. Die Vorschriften des § 131 BAO galten im gesamten streitgegenständlichen Zeitraum auch für Aufzeichnungen gemäß § 126 Abs. 2 BAO, da die Nichtnennung solcher Aufzeichnungen im Einleitungssatz von § 131 Abs. 1 zweiter Unterabsatz BAO idF BGBl. I 20/2009 auf ein bloßes Redaktionsversehen zurückzuführen ist (Ellinger/Sutter/Urtz, BAO3 § 131 Anm 12 ff). Seit der mit in Kraft getretenen Novelle BGBl. I 118/2015 sind die Aufzeichnungen gemäß § 126 Abs. 2 BAO (wieder) explizit im Einleitungssatz von § 131 Abs. 1 zweiter Unterabsatz BAO angeführt.

Gemäß § 131 Abs. 1 Z 2 vorletzter Satz BAO idF BGBl. I 20/2009 bzw. § 131 Abs. 1 Z 2 lit. c BAO idF BGBl. I 118/2015 sollen Einnahmen-Ausgaben-Rechner wie der Bf. grundsätzlich alle Bargeschäfte einzeln festhalten. Für den Zeitraum 2013 bis 2015 hatte der Bf. gemäß § 1 Barbewegungs-VO Anspruch auf die vereinfachte Losungsermittlung. Nach den Feststellungen erfolgte jedoch kein täglicher Kassasturz und somit auch keine korrekte vereinfachte Losungsermittlung gemäß § 3 Barbewegungs-VO. Im Jahr 2016 hatte der Bf. keinen Anspruch auf vereinfachte Losungsermittlung, da keiner der Tatbestände der Barumsatzverordnung 2015 erfüllt war. Insbesondere ist § 4 Barumsatzverordnung 2015 auf die Automaten des Bf. nicht anwendbar, da es sich bei den Automaten des Bf. um sogenannte "Altautomaten" (Inbetriebnahme vor dem ) handelte.

Nach den Feststellungen erfolgte weder eine Einzelerfassung sämtlicher Barumsätze noch - soweit eine solche überhaupt zulässig war - eine ordnungsgemäße vereinfachte Losungsermittlung. Die Aufzeichnungen des Bf. entsprechen somit nicht den Vorschriften des § 131 BAO und haben folglich gemäß § 163 Abs. 1 BAO auch nicht die Vermutung ordnungsgemäßer Führung für sich. Mangels Vorlage der Grundaufzeichnungen können die Bemessungsgrundlagen nicht ermittelt bzw. berechnet werden, was nach § 163 Abs. 2 BAO Anlass dazu gibt, die sachliche Richtigkeit der vorgelegten Einnahmen-/Ausgaben-Rechnungen bzw. Umsatzsteuererklärungen in Zweifel zu ziehen. Zudem bestehen erhebliche Zweifel an deren sachlichen Richtigkeit aufgrund der nachgewiesenermaßen lückenhaften Erfassung von Umsätzen aus Zigaretten und den eigenen Spielautomaten des Bf. sowie den verbliebenen kalkulatorischen Differenzen. Der Einwand des Bf., seine eigenen Spielautomaten seien eben mal besser und mal schlechter angenommen worden, was die (starken) Schwankungen bei den damit erzielten Umsätzen erkläre, kann nach Ansicht des Gerichts nicht die völlige Nichterfassung von solchen Umsätzen über längere Zeiträume erklären, zumal die gegenständlichen Automaten unstrittig im gesamten streitgegenständlichen Zeitraum in Betrieb waren.

Weiters erscheinen die erklärten Gewinne bei einer Betrachtung des gesamten Zeitraums der gewerblichen Tätigkeit des Bf. (2008-2021) unplausibel, da nach diesen nur kurzzeitig (2009-2010) überhaupt ein Gesamtgewinn vorlag und der Bf. die nach seinen Erklärungen völlig unrentable Tätigkeit dennoch ganze 10 Jahre lang fortführte. Andere Einkunftsquellen erklärte der Bf. im streitgegenständlichen Zeitraum nicht.

Unter diesen Voraussetzungen hat gemäß § 184 Abs. 1 und 3 BAO zwingend eine Schätzung der Besteuerungsgrundlagen zu erfolgen. Ob den Bf. ein Verschulden an der Nichtvorlage bzw. am Fehlen von Grundaufzeichnungen trifft, ist nach ständiger höchstgerichtlicher Rechtsprechung unerheblich (z.B. ; Ritz/Koran, BAO7, § 184 Tz 6, mit weiteren Judikaturfundstellen), weshalb es auch nicht darauf ankommt, ob sie überhaupt nicht erst angefertigt bzw. gespeichert wurden oder ob sie lediglich nicht ausgehändigt wurden.

4.3. Schätzung der Besteuerungsgrundlagen

Bei gegebener Verpflichtung, eine Schätzung nach § 184 BAO vorzunehmen, steht der Abgabenbehörde und dem erkennenden Gericht die Wahl der Schätzungsmethode grundsätzlich frei. Es ist allerdings jene Methode bzw. allenfalls eine Kombination mehrerer Methoden zu wählen, die im Einzelfall am geeignetsten erscheint, um den tatsächlichen Besteuerungsgrundlagen so nahe wie möglich zu kommen (; , 2004/17/0211). Anerkannte Schätzungsmethoden sind insbesondere der äußere sowie der innere Betriebsvergleich, die Schätzung nach den Lebenshaltungskosten oder dem Vermögenszuwachs, die kalkulatorische Schätzung und der Sicherheitszuschlag (Ritz/Koran, BAO7, § 184 Tz 12 ff).

Die von der Abgabenbehörde vorgenommene Schätzung wurde als Vermögensdeckungsrechnung bezeichnet, kombiniert in Wahrheit jedoch die Schätzung nach den Lebenshaltungs-kosten mit der Schätzung nach dem Vermögenszuwachs. In Anbetracht der Umstände, dass einerseits konkrete Anhaltspunkte für andere Schätzungsmethoden fehlen und andererseits der Behörde die Bankkontobewegungen des Bf. bekannt waren, erscheint dem Gericht die Wahl der Schätzungsmethode nachvollziehbar. Der äußere Betriebsvergleich ist im vorliegenden Fall nicht anwendbar, da vergleichbare Betriebe in der Regel nicht buchführungs- bzw. veröffentlichungspflichtig sind und somit keine geeigneten Vergleichsdaten zur Verfügung stehen. Ein innerer Betriebsvergleich ist jedenfalls innerhalb des streitgegenständlichen Zeitraumes aufgrund der mangelhaften Aufzeichnungen nicht möglich. Auch ein direkter Vergleich mit den Aufzeichnungen der Vorjahre (2010 bis 2012) ist nicht möglich, da die Aufzeichnungen des Bf. für diesen Zeitraum nach den von ihm unbestrittenen Feststellungen der belangten Behörde mit denselben Mängeln behaftet sind. Dass der Bf. die Hinzuschätzung für die Jahre 2010 bis 2012 nicht bekämpft und den Verkürzungszuschlag akzeptiert hatte, indiziert allerdings nach Ansicht des erkennenden Gerichts, dass die von der Abgabenbehörde für die Jahre 2010 bis 2012 geschätzten Bemessungsgrundlagen zumindest nicht erheblich überhöht waren. Diese können daher wenigstens als Richtschnur für die Schätzung der Besteuerungsgrundlagen des streitgegenständlichen Zeitraums herangezogen werden.

Im Zuge der von der Abgabenbehörde durchgeführten Schätzung hat sie beim Bf. zunächst eine Vermögensunterdeckung im Ausmaß von (durchschnittlich und zu Gunsten des Bf. gerundet) 25.000 € pro Jahr festgestellt ("initiale Berechnung").

Nach Berücksichtigung von Einwendungen des Bf. in Form von Pokergewinnen auf Grundlage von Auszügen der "Hendon Mob Poker Database" verblieb eine Vermögensunterdeckung im Ausmaß von (durchschnittlich) 23.300 € pro Jahr. Diese legte die belangte Behörde den angefochtenen Bescheiden zugrunde. Die von der belangten Behörde angewandte Methodik und Berechnung wurde vom Bf. auch nie substantiiert bestritten, weshalb das Gericht diese seiner eigenen Schätzung zugrunde legen kann; allerdings mit der Maßgabe, dass das Gericht die Gewinne laut "Hendon Mob Poker Database" nicht in seine Berechnung einfließen lässt (vgl. Abschnitt 3.4. dieses Erkenntnisses).

Die von der Behörde im Auftrag des erkennenden Gerichtes durchgeführten Ermittlungen ergaben einen Gesamtgewinn des Bf. in Höhe von 12.300 € in den Spielstätten der Casinos Austria AG im Zeitraum 2013 bis 2016, folglich durchschnittlich ca. 3.100 € pro Jahr.

Weitere Glücksspielgewinne konnten nicht festgestellt werden. Eine Schätzung solcher Gewinne erscheint dem Gericht ebenfalls unmöglich, zumal die (vom Bf. grundsätzlich glaubhaft gemachte) Spielaktivität bei den Concord Card Casinos nicht zwingend überhaupt zu einem Gewinn geführt haben muss, sondern mindestens ebenso wahrscheinlich mit einem Gesamtverlust geendet haben könnte. Dasselbe gilt für die vom Bf. behaupteten Pokergewinne.

Zu verwerfen ist der in der mündlichen Verhandlung vorgebrachte Einwand des Bf., wonach bei der Schätzung für die Jahre 2013 bis 2016 auch der von der Behörde für die Jahre 2010 bis 2012 hinzugerechnete Betrag im Ausmaß von 75.375 € zu berücksichtigen wäre. Dieser Betrag wurde nämlich damals ebenfalls aufgrund einer Schätzung nach derselben Methode hinzugerechnet und reichte somit gerade aus, um die erwiesenen Ausgaben sowie die nötigen Lebenshaltungskosten des Bf. in diesen Jahren abzudecken. Allfällige Ansparungen des Bf. wurden dabei jedoch noch gar nicht berücksichtigt. Somit kann dieser Betrag auch weder ganz noch teilweise bei der Vermögensdeckungsrechnung für die Jahre 2013 bis 2016 berücksichtigt werden, weil er dem Bf. nicht im streitgegenständlichen Zeitraum zur Verfügung stand, sondern davon auszugehen ist, dass dieser Betrag bereits in den Vorjahren verausgabt wurde.

Zu berücksichtigen ist hingegen, dass die 50.000 € von den Sparbüchern überwiegend vor dem streitgegenständlichen Zeitraum erwirtschaftet wurden und daher nicht in die Vermögensdeckungsrechnung für diesen Zeitraum einzubeziehen sind. Nach Berücksichtigung aller vorstehenden Ausführungen ergibt sich eine Vermögensunterdeckung in folgender Höhe:

Zusammengefasst ergibt die Schätzung unter Beibehaltung der von der Behörde gewählten und auch dem Gericht nachvollziehbar erscheinenden Methode nach Berücksichtigung aller berücksichtigungswürdigen Einwendungen (immer noch) eine Vermögensunterdeckung in jedem einzelnen Jahr des gegenständlichen Zeitraums und im Ausmaß von durchschnittlich 15.155 € pro Jahr.

Die festgestellte Vermögensunterdeckung kann allerdings nach Ansicht des Gerichts im Rahmen der Schätzung der Besteuerungsgrundlagen nur deren Untergrenze festlegen, da darin nur jene Ausgaben berücksichtigt sind, die nachgewiesen oder glaubhaft gemacht wurden, und davon auszugehen ist, dass der Bf. daneben noch weitere Ausgaben getätigt hat. Das Gericht setzt die Untergrenze für die Schätzung daher wie folgt an:

Die Obergrenze für eine Schätzung, die nach Ansicht des Gerichts gerade noch vertretbar erscheint, bildet hingegen der erklärte Gewinn bzw. Umsatz des Jahres 2009 (siehe Abschnitt 2.1. dieses Erkenntnisses). Dem liegt die in Abschnitt 3.3. dieses Erkenntnisses näher ausgeführte Annahme des Gerichts zugrunde, dass es unwahrscheinlich ist, dass die danach erfolgte "Neuverhandlung" der Verträge mit den Automatenbetreibern auf Initiative des Bf. zu einem schlechteren Ergebnis für den Bf. führte und somit die Umsätze bzw. Gewinne zumindest gleich hoch bleiben müssten.

Das Schätzungsergebnis der belangten Behörde (gelbe Linie) liegt mit Ausnahme des Jahres 2014 innerhalb der vorgenannten Bandbreite (zwischen der roten und der durchgehenden grünen Linie). Im Jahr 2014 liegt das Schätzungsergebnis der belangten Behörde sogar unter der vom Gericht angesetzten Untergrenze. Legt man der Untergrenze nicht die Vermögensunterdeckung der einzelnen Jahre, sondern entsprechend der Vorgehensweise der belangten Behörde die durchschnittliche Vermögensunterdeckung des gesamten streitgegenständlichen Zeitraums in Höhe von 15.155 € zugrunde (gepunktete grüne Linie), liegt das behördliche Schätzungsergebnis sogar vollständig innerhalb (des unteren Bereichs) der Bandbreite. Eine solche Durchschnittsbetrachtung ist nach Ansicht des erkennenden Gerichts im Rahmen einer Schätzung zulässig, weshalb sich das Gericht nicht veranlasst sieht, die Schätzung des Jahres 2014 isoliert von den Schätzungen der anderen Jahre zu Ungunsten des Bf. zu erhöhen.

Demgegenüber käme eine - wie vom Bf. beantragte - "Schätzung in Höhe der erklärten Zahlen" (blaue Linie) durchwegs und mit Ausnahme des Jahres 2015 auch erheblich außerhalb dieser Bandbreite zu liegen.

Ziel der Schätzung ist, den wahren Besteuerungsgrundlagen (den tatsächlichen Gegebenheiten) möglichst nahe zu kommen (vgl. z.B. ; , 2007/15/0265; , 2008/15/0122; , Ro 2020/13/0005), somit diejenigen Besteuerungsgrundlagen zu ermitteln, welche die größte Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit für sich haben (z.B. ; , 2012/13/0068).

Im vorliegenden Fall ist es nach Ansicht des Gerichts jedenfalls wahrscheinlicher, dass die richtigen Besteuerungsgrundlagen innerhalb der oben dargestellten Bandbreite liegen als dass sie außerhalb dieser Bandbreite liegen. Die behördliche Schätzung erfüllt - bei zulässiger Durchschnittsbetrachtung - dieses Kriterium, sodass das Gericht ihre Richtigkeit für wahrscheinlicher hält als die Richtigkeit der vom Bf. abgegebenen Abgabenerklärungen. Weitere Anhaltspunkte, anhand welcher das Gericht den wahren Besteuerungsgrundlagen noch näher kommen könnte, liegen allerdings auch nicht vor.

Jeder Schätzung ist eine gewisse Ungenauigkeit immanent (; , 95/16/0222; , 2000/14/0166; , 2009/17/0127; , Ro 2014/13/0022). Wer zur Schätzung Anlass gibt und bei der Ermittlung der materiellen Wahrheit nicht entsprechend mitwirkt, muss die mit jeder Schätzung verbundene Ungewissheit hinnehmen (; , 98/14/0026; , 96/14/0111; , Ro 2020/13/0005). Auch im vorliegenden Fall muss der Bf. daher die durch seine mangelhaften Aufzeichnungen verursachten Ungenauigkeiten und die daraus resultierende große Bandbreite möglicher Schätzungen hinnehmen.

Insgesamt sieht sich das Gericht folglich nicht veranlasst, von der behördlichen Schätzung abzuweichen. Die Beschwerden gegen die neuen Sachbescheide waren daher abzuweisen.

4.4. Zu den Wiederaufnahmebescheiden

Die belangte Behörde hat in den ebenfalls angefochtenen Wiederaufnahmebescheiden zur Begründung auf den Prüfungsbericht; in diesem wiederum auf die Beilage zum Prüfungsbericht verwiesen. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass ein solcher Verweis grundsätzlich zulässig ist. Allerdings muss dabei aus dem Dokument, auf welches letztendlich verwiesen wird, schlüssig und nachvollziehbar hervorgehen, auf welche Wiederaufnahmegründe sich die Abgabenbehörde stützt (vgl. mit Verweis auf ; ).

In der Beilage zum Prüfungsbericht führte die belangte Behörde ausdrücklich aus, dass sie sich auf neu hervorgekommene Tatsachen (§ 303 Abs. 1 lit. b BAO) stützt, nämlich konkret auf die verfahrensgegenständlichen "Differenzen in der Vermögensdeckungsrechnung". Die im Prüfungsbericht angeführte Bestimmung § 303 Abs. 4 BAO ist bereits mit Wirkung ab im Zuge der Neufassung des § 303 BAO entfallen. Mit dem Verweis auf § 303 Abs. 4 BAO hat die Abgabenbehörde aber offenkundig lediglich gemeint, dass die Wiederaufnahme von Amts wegen und nicht auf Antrag erfolgt, da § 303 Abs. 4 BAO idF BGBl. I 97/2002 im Wesentlichen die sinngemäße Anwendung der (dazumal ausschließlich auf die Wiederaufnahme auf Antrag bezogenen) Wiederaufnahmegründe des § 303 Abs. 1 BAO normierte.

Weiters führt die Behörde in der Beilage zum Prüfungsbericht aus, dass diese Tatsachen entscheidungserheblich sowie im Zuge der streitgegenständlichen Außenprüfung neu hervorgekommen sind und die Auswirkungen auf das Besteuerungsergebnis nicht nur geringfügig sind, weshalb die Ermessensübung zugunsten der Wiederaufnahme ausfiel.

Der Bf. hat die Wiederaufnahmebescheide zwar angefochten, sich dabei aber begründend nur auf den Standpunkt gestellt, dass die Feststellungen der Außenprüfung materiell unrichtig sind und daher in weiterer Folge auch keine Wiederaufnahmegründe vorliegen würden. Diesbezüglich ist auf die Ausführungen in den vorstehenden Abschnitten dieses Erkenntnisses zu verweisen, welche die Feststellungen der Außenprüfung im Wesentlichen bestätigen.

Am Neuhervorkommen, an der Entscheidungserheblichkeit sowie der Richtigkeit der Ermessensübung bei der Wiederaufnahme bestehen seitens des Gerichts ebenfalls keine Zweifel, zumal der Bf. kein dahingehendes Vorbringen erstattete und sich aus dem vorgelegten Akt auch sonst keine Gründe für das Gericht ergeben haben, an diesen Punkten zu zweifeln.

Im vorliegenden Fall erließ die belangte Behörde erst nach der Beschwerdevorentscheidung zu den Sachbescheiden auch eine Beschwerdevorentscheidung zu den Wiederaufnahmebescheiden. Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH ist von der Abgabenbehörde zunächst über die Beschwerde gegen die Wiederaufnahmebescheide zu entscheiden, wenn sowohl diese als auch die neuen Sachbescheide angefochten werden. Lässt die Abgabenbehörde die Beschwerde gegen die Wiederaufnahmebescheide unerledigt, entscheidet sie aber bereits über die neuen Sachbescheide, ist die vorzeitig ergangene Beschwerdevorentscheidung zu den Sachbescheiden rechtswidrig (; , 2012/15/0193).

Dieser Mangel belastet das Verfahren vor dem erkennenden Gericht jedoch nicht mehr, da die zunächst verabsäumte Beschwerdevorentscheidung zu den Wiederaufnahmebescheiden von der belangten Behörde nachgeholt wurde und das Gericht damit in die Lage versetzt wurde, gleichzeitig über die die Wiederaufnahmebescheide und die neuen Sachbescheide zu entscheiden (, Rz 32).

Auch die Beschwerden gegen die Wiederaufnahmebescheide waren daher abzuweisen.

4.5. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall waren zunächst im Wege der freien Beweiswürdigung Tatfragen zu beurteilen, die einer Revision nicht zugänglich sind. In der rechtlichen Beurteilung weicht das Erkenntnis nicht von der zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ab. Die Revision war daher nicht zuzulassen.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 131 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 163 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 184 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
BarUV 2015, Barumsatzverordnung 2015, BGBl. II Nr. 247/2015
§ 3 Barbewegungs-VO, BGBl. II Nr. 441/2006
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.3100374.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at