Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 14.05.2024, RV/7101394/2024

Rechtmäßige Rückforderung einer Ausgleichszahlung ob Erhalts einer tschechischen Kinderzulage

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Ri in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Rückforderung/Anrechnung der Ausgleichszahlung gemäß der Verordnung (EG) 883/2004 (DZ) sowie des Kinderabsetzbetrages (KG) für das Kind ***1*** im Zeitraum vom bis zum zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Rückforderungsbescheid vom

Der Bf. wurde in Österreich aufgrund einer Beschäftigung ihres Lebenspartners für den Sohn ***1*** im Zeitraum von 12/2021 bis laufend eine Ausgleichszahlung (Differenzzahlung) gewährt.

Die Bf. ist in der Tschechischen Republik beschäftigt.

Die Familie wohnt zusammen an der Adresse ***2***.

Am gelangte an die Bf. ein einmaliges Kindergeld in Höhe von 5.000 CZK zur Auszahlung.

Demzufolge wurde mit Bescheid vom die für September 2022 im Gesamtausmaß von 172,40 € zugezählte Ausgleichszahlung (DZ) samt Kinderabsetzbetrag (KG) zurückgefordert und hierbei begründend nachstehendes ausgeführt:

"Der Betrag der österreichischen Ausgleichszahlung wurde auf Grund der Änderung der anzurechnenden ausländischen Familienleistung neu berechnet.

Aufgrund der in Tschechien ausbezahlten einmaligen pauschalen Kinderzulage (Jednoräzovy pffspevek na dite) in Höhe von CZK 5.000,- pro Kind, hat sich der Betrag der österreichischen Ausgleichszahlung geändert und wurde neu berechnet. Gemäß den Informationen der tschechischen Behörden wurde die einmalige pauschale Kinderzulage in Höhe von CZK 5.000,- für ihr Kind im Monat/Jahr gewährt. Bei der pauschalen Kinderzulage handelt es sich um eine Familienleistung im Sinne der EU-VO (EG) Nr. 883/2004. Daher kürzt der in Tschechien ausbezahlte Betrag in Höhe von CZK 5.000,- die österreichische Familienleistung."

Beschwerde vom

Mit Eingabe vom erhob die Bf. gegen den Rückforderungsbescheid eine Beschwerde nachstehenden Inhalts:

"Gegen den Bescheid vom betreffend Rückforderungsbescheid Anrechnung erhebe ich innerhalb offener Frist das Rechtsmittel der Beschwerde.

Die Beschwerde richtet sich gegen folgenden Punkt des Bescheides: die Verpflichtung den Betrag von EUR 172,40 zurückzuzahlen.

Begründung:

In der Differenzzahlung, die ich in Zeitraum von Dezember 2021 bis Jänner 2023 von FA erhalten habe, wurde den Gesamtbetrag um EUR 180 schon gekürzt (sehen Sie bitte die Berechnungstabellen im Anhang). Ich habe probiert diese Situation telefonisch mit FA Freistadt zu lösen, aber erfolglos. Im Januar 2023 habe ich einen Antrag auf Überprüfung der Summer an das Finanzamt Österreich geschrieben. Eine Kopie habe ich persönlich beim Finanzamt Hollabrunn, Babogasse 9 abgegeben, und eine andere Kopie des Schreibens habe ich mit der Post geschickt. Bis heute, exakt nach einem Jahr, habe ich keine Antwort bekommen. Anstatt der Antwort habe ich die Zahlungsanweisungen zu EUR 172,40 erhalten.

Ich beantrage die Aufhebung der Verpflichtung den Betrag von EUR 172,40 zurückzuzahlen, weil die Summe von EUR 180 schon im Jahr 2022 von meinen Ansprüchen gekürzt wurde. Genauso beantrage ich den Betrag von EUR 172,40 auf mein Konto zurück zu überweisen, weil laut des Bescheides die Summe von der nächsten Familienbeihilfe automatisch abgerechnet wird."

Beschwerdevorentscheidung (BVE) vom

In der Folge wurde das Rechtsmittel der Bf. mit BVE vom mit nachstehender Begründung abgewiesen:

"Laut Bestätigung der tschechischen Behörde am wurde am die einmalige Kinderzulage (JPnD) in Höhe von CZK 5000,- für Ihren Sohn ***3*** ausgezahlt. Diese Leistung ist, wie bereits im angefochtenen Bescheid angeführt, eine Familienleistung im Sinne der EU-Verordnung 883/2004 und deshalb bei nachrangiger Zuständigkeit Österreichs auf die Ausgleichszahlung anzurechnen.

Am angefochtenen Bescheid ist ebenfalls der Hinweis, dass der Rückforderungsbetrag in Höhe von €172,40 nicht einzuzahlen ist, da der Abzug mit der Auszahlung der laufenden Familienbeihilfe erfolgt."

Vorlageantrag vom

Gegen die mit datierte BVE wurde am ein Vorlageantrag nachstehenden Inhalts eingebracht:

Mit Beschwerdevorentscheidung vom , eingelangt am , wurde meine Beschwerde gegen den Bescheid vom als unbegründet abgewiesen.

Ich beantrage meine Beschwerde zur Entscheidung dem Bundesfinanzgericht vorzulegen.

Im August 2022 wurde allen Familienbeihilfebeziehem eine Sonderfamilienbeihilfe in Höhe von EUR 180,- von Finanzamt Österreich ausbezahlt.

Im September 2022 wurde bestimmten Familien von tschechischem Finanzamt eine einmalige Kinderzulage (JPnD) in Höhe von 5.000 Kc ausbezahlt. Ich stimme zu, dass diese zwei Leistungen äquivalent sind. Ich stimme auch zu, dass die Annahme von beiden Leistungen unberechtigt ist und das Finanzamt Österreich hat das Recht die österreichische Leistung zurück zu fordern. Die Tatsache jedoch ist, dass die Sonderfamilienbeihilfe in Höhe von EUR 180,- für meinen Sohn ***1*** von Finanzamt Österreich NIE ausgezahlt wurde. Deshalb ist die Rückforderung der Leistung vom von Finanzamt Österreich unberechtigt.

ln der Differenzzahlung, die ich in Zeitraum von Dezember 2021 bis Jänner 2023 von Finanzamt Österreich erhalten habe, wurde der Gesamtbetrag um EUR 180 schon gekürzt (sehen Sie bitte Anhang 1 - Berechnungstabellen und Anhang 2 - Kontoauszug). Ich dachte, dass ich einen Anspruch auf diese Leistung habe. Mehrmals habe ich probiert diese Situation telefonisch mit FA Freistadt zu lösen, aber erfolglos. Auch persönlich war ich am Finanzamt Hollabrun, aber wieder erfolglos. Schriftlicher Kontakt war von der Seite des Finanzamts ohne Antwort (sehen Sie bitte Anhang 3 - Antrag auf Überprüfung).

Ich beantrage die Rückerstattung der Leistung in die Höhe von EUR 172,40, die mir unberechtigt gekürzt wurde (sehen Sie bitte Anhang 4 - Gekürzte Leistung).

Über die Beschwerde wurde erwogen:

1. Festgestellter Sachverhalt

In der Folge legt das BFG dem Erkenntnis nachstehenden, auf der Aktenlage und dem Parteienvorbringen basierenden Sachverhalt zu Grunde:

Der am in der Tschechischen Republik domizilierten Familienwohnsitz lebenden Bf. wurde aufgrund einer von ihrem Lebenspartner im Bundesgebiet entfalteten Beschäftigung, für den minderjährigen Sohn ***3*** im September 2022 Ausgleichszahlung sowie Kinderabsetzbetrag im Gesamtausmaß von 172,40 Euro überweisen. Aufgrund des Faktums, dass am in der Tschechischen Republik auf Basis des Gesetzes über die einmalige Kinderzulage Nr. 196/2022 Kindergeld in Höhe von 5.000 CZK für das Kind ***3*** gewährt bzw. zur Auszahlung gelangt ist, wurde vermittels des in Beschwerde gezogenen Bescheides vom für den Monat September 2022 die Ausgleichzahlung sowie der Kinderabsetzbetrag im Ausmaß des in Höhe von 172,40 Euro als unrechtmäßig bezogen zurückgefordert.

Abschließend ist festzuhalten, dass nach dem aktenkundigen Bescheid des Arbeitsamtes der Tschechischen Republik vom - ob Überschreitens der Einkommensgrenzen - für das Kind ***1*** Kindergeld nicht zu gewähren ist.

2. Streitgegenstand

Vor dem Hintergrund des unter Punkt 1 dargelegten Sachverhaltes steht exklusiv in Streit ob die am erfolgte Auszahlung des (einmaligen) Kindergeldes in der Tschechischen Republik als eine Leistung iSd Art 3 Abs. 1 Buchstabe j der VO 883/2004 bzw. aus innerstaatlicher Sicht als eine gleichartige Beihilfe im Sinne des § 4 Abs. 1 FLAG 1967 zu qualifizieren ist und ergo dessen auf die im September 2022 gewährte österreichische Familienleistung (Ausgleichszahlung) in der Höhe (des Rückforderungsbetrags) von 172,40Euro anzurechnen ist.

Während die belangte Behörde die Rechtmäßigkeit der Rückforderung mit dem Argument, der Subsumierung des Zuschusses unter den Terminus der Familienleistung im Sinne des Art 3 Abs. 1 Buchstabe j der VO 883/2004 begründet, stellt die Bf. vorgenannte Subsumierung per se zwar nicht in Abrede, sondern vertritt diese vielmehr die Auffassung, dass der für den MonatSeptember 2022 verfügten Rückforderung/Anrechnung die bereits in Form der Nichtauszahlung der für den Monat August 2022 im Ausmaß von 180,00 Euro zu gewährenden Sonderfamilienbeihilfe erfolgte Anspruchskürzung entgegenstehe.

3. Rechtliche Würdigung

3.1. Rechtsgrundlagen

3.1.1. Rechtsgrundlagen des FLAG 1967

Nach § 2 Abs. 1 lit. a Familienlastenausgleichsgesetz 1967 idgF (FLAG) haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, für minderjährige Kinder Anspruch auf Familienbeihilfe.

Nach Abs. 2 leg cit. hat jene Person Anspruch auf Familienbeihilfe für ein im Abs. 1 genanntes Kind, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten überwiegend für das Kind trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist. Gemäß § 2 Abs. 8 haben Personen nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie den Mittelpunkt der Lebensinteressen im Bundesgebiet haben.

§ 4 Abs. 1 FLAG 1967 normiert, dass Personen, die Anspruch auf eine gleichartige Beihilfe haben, keinen Anspruch auf österreichische Familienbeihilfe haben.

In § 4 Abs. 2 FLAG 1967 ist vorgesehen, dass österreichische Staatsbürger, die gemäß Abs. 1 und § 5 Abs. 5 vom Anspruch auf Familienbeihilfe ausgeschlossen sind, eine Ausgleichszahlung erhalten, wenn die Höhe der gleichartigen ausländischen Beilhilfe, auf die sie oder eine andere Person Anspruch haben, geringer ist als die Familienbeihilfe, die ihnen nach diesem Bundesgesetz ansonsten zu gewähren wäre.

Nach Abs. 3 leg. cit. wird die Ausgleichszahlung in Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen der gleichartigen ausländischen Beihilfe und der Familienbeihilfe, die nach diesem Bundesgesetz zu gewähren wäre, geleistet.

§ 4 Abs. 6 FLAG 1967 normiert, dass die Ausgleichszahlung, mit Ausnahme der Bestimmungen über die Höhe der Familienbeihilfe, als Familienbeihilfe im Sinne dieses Bundesgesetzes gilt.

Gemäß § 5 Abs. 3 FLAG 1967 besteht kein Anspruch auf Familienbeihilfe für Kinder, die sich ständig im Ausland aufhalten.

Nach § 53 Abs. 1 FLAG 1967 sind Staatsbürger von Vertragsparteien des Übereinkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR), soweit es sich aus dem genannten Übereinkommen ergibt, in diesem Bundesgesetz österreichischen Staatsbürgern gleichgestellt. Hierbei ist der ständige Aufenthalt eines Kindes in einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums nach Maßgabe der gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen dem ständigen Aufenthalt eines Kindes in Österreich gleichzuhalten.

Nach § 10 Abs. 2 FLAG 1967 wird Familienbeihilfe von Beginn des Monats gewährt, in dem die Voraussetzungen für den Anspruch erfüllt werden. Der Anspruch auf Familienbeihilfe erlischt mit Ablauf des Monats, in dem eine Anspruchsvoraussetzung wegfällt oder ein Ausschließungsgrund hinzukommt.

§ 26 Abs.1 FLAG 1967 normiert, dass derjenige, der Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen hat.

3.1.2. Rechtsgrundlagen des Europarechts

Im Beschwerdefall sind aber nicht nur die innerstaatlichen Bestimmungen des FLAG 1967 zu beachten. Vielmehr sind die Verordnungen (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit, in der Folge als VO (EG) Nr. 883/2004 bezeichnet, und (EG) Nr. 987/2009 vom zur Festlegung der Modalitäten für die Durchführung der VO (EG) Nr. 883/2004, die beide ab in Kraft traten, anzuwenden. Diese haben allgemeine Geltung, sind in allen ihren Teilen verbindlich und gelten unmittelbar in jedem Mitgliedstaat ("Durchgriffswirkung"). Die Verordnungen gehen dem nationalen Recht in ihrer Anwendung vor ("Anwendungsvorrang des Gemeinschaftsrechts").

Artikel 67 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 lautet:

Familienangehörige, die in einem anderen Mitgliedstaat wohnen

Eine Person hat auch für Familienangehörige, die in einem anderen Mitgliedstaat wohnen, Anspruch auf Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften des zuständigen Mitgliedstaats, als ob die Familienangehörigen in diesem Mitgliedstaat wohnen würden.

Artikel 68 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 lautet:

Prioritätsregeln bei Zusammentreffen von Ansprüchen

(1) Sind für denselben Zeitraum und für dieselben Familienangehörigen Leistungen nach den Rechtsvorschriften mehrerer Mitgliedstaaten zu gewähren, so gelten folgende Prioritätsregeln:

a) Sind Leistungen von mehreren Mitgliedstaaten aus unterschiedlichen Gründen zu gewähren, so gilt folgende Rangfolge: an erster Stelle stehen die durch eine Beschäftigung oder eine selbstständige Erwerbstätigkeit ausgelösten Ansprüche, darauf folgen die durch den Bezug einer Rente ausgelösten Ansprüche und schließlich die durch den Wohnort ausgelösten Ansprüche.

b) Sind Leistungen von mehreren Mitgliedstaaten aus denselben Gründen zu gewähren, so richtet sich die Rangfolge nach den folgenden subsidiären Kriterien:

i)) bei Ansprüchen, die durch eine Beschäftigung oder eine selbstständige Erwerbstätigkeit ausgelöst werden: der Wohnort der Kinder, unter der Voraussetzung, dass dort eine solche Tätigkeit ausgeübt wird, und subsidiär gegebenenfalls die nach den widerstreitenden Rechtsvorschriften zu gewährende höchste Leistung. Im letztgenannten Fall werden die Kosten für die Leistungen nach in der Durchführungsverordnung festgelegten Kriterien aufgeteilt;

iii) bei Ansprüchen, die durch den Wohnort ausgelöst werden: der Wohnort der Kinder.

3.1.3 Rechtsgrundlagen der Tschechischen Republik

Der tschechische Gesetzgeber normierte als Grundlage für die Gewährung der einmaligen Kinderzulage im Gesetz Nr. 196-2022 Sb (übersetzt mit google translate) nachstehendes:

§ 1 Einleitende Bestimmungen

Der Staat gewährt einem Kind eine einmalige Kinderzulage (nachstehend "Zulage" genannt) als finanzielle Unterstützung für den Unterhalt und andere persönliche Ausgaben. Die Kosten der Zulage, einschließlich der mit ihrer Auszahlung verbundenen Kosten, werden aus dem Staatshaushalt bestritten.

Ergänzend lauten die - ebenfalls per google translate in die deutsche Sprache übersetzten - rechtspolitischen Erwägungen des Ministeriums für Arbeit und Soziales betreffend die Gewährung des Zuschusses Jednorázový příspěvek na dítě (mpsv.cz) wie folgt:

1. Absatz: Auf dieser Seite finden Sie alle Informationen, die Sie für die Beantragung der einmaligen Familienbeihilfe benötigen und für wen sie bestimmt ist. Die Inflation und die steigenden Lebenshaltungskosten in der gegenwärtigen Situation sind wahrscheinlich für jeden spürbar. Eine der am meisten gefährdeten Gruppen sind Haushalte mit Kindern. Wir wollen so vielen von ihnen wie möglich helfen und zahlen deshalb ab August 2022 eine einmalige Beihilfe von 5 000 CZK pro Kind an Familien mit mittlerem und niedrigem Einkommen."

3.2. Rechtliche Beurteilung

3.2.1. Vorliegen eines europarechtlichen Sachverhalts

Die Verordnungen 883/2004 und DVO 987/2009 traten am in Kraft und sind daher für den gegenständlichen Fall anwendbar. Die Bf. fällt als EU-Staatsbürgerin unter den persönlichen Geltungsbereich der VO 883/2004.

Die Bf. ist Staatsbürgerin der Tschechischen Republik und ebendort erwerbstätig.

Ihr in Österreich ebenfalls erwerbstätige Lebenspartner und ihr Sohn leben in der Tschechischen Republik.

Ausgehend von obigen Eckdaten ist daher nach den Prioritätsregeln des Art. 68 Abs. 2 Buchstabe b lit. i der VO 883/2004 die Tschechische Republik vorrangig zur Auszahlung der Familienleistungen zuständig und besteht in Österreich ein Anspruch auf Ausgleichszahlung.

3.2.2. Subsumtion des einmaligen Zuschusses unter Art. 3 Abs. 1 Buchstabe j der VO 883/2004 unter den Terminus der Familienleistungen

Festzuhalten ist, dass unter nochmalige Bezugnahme auf die Ausführungen unter Punkt 3.1. seitens der Parteien gegen diese Subsumtion unisono keinerlei Bedenken obwalten.

3.2.3. Anspruch der Bf. auf Ausgleichszahlung für den Monat September 2022

Einleitend ist anzumerken, dass in Entsprechung der Norm des § 10 Abs. 2 FLAG 1967 das Bestehen/Nichtbestehen des Familienbeihilfe-Anspruches bzw. jener auf Ausgleichszahlung für ein Kind somit je nach dem Eintritt von Änderungen der Sach-und/oder Rechtslage von Monat zu Monat zu beurteilen ist.

3.2.3.1. Einmaliger Zuschuss als gleichartige - und ergo dessen der österreichischen Ausgleichszahlung gegenzurechnende - ausländische Beihilfe im Sinne des § 4 Abs. 1 FLAG 1967

Ausgehend von der Bestimmung des § 4 Abs. 1 FLAG 1967, wonach für eine Person Anspruch auf eine gleichartige ausländische Beihilfe hat, kein Anspruch auf Familienbeihilfe besteht, hatte das BFG zu beurteilen ob der in der Tschechischen Republik im Septmeber 2022 zur Auszahlung gelangte einmalige Zuschuss den Terminus einer gleichartigen ausländischen Beihilfe erfüllt und ergo dessen - in diesem Monat im Wege der Rückforderung der zugezählten österreichischen Familienbeihilfe (Ausgleichszahlung) gegenzurechnen ist.

In Anbetracht der unter Punkt 3.1.3. dargestellten Bestimmung des § 1 des Gesetzes über die einmalige Kinderzulage (Gesetz von , NR. 196/2022) wonach - dem Telos des Gesetzgebers der Tschechischen Republik nach - die Hingabe des einmaligen Zuschusses eine finanzielle Unterstützung für den Unterhalt darstellt, gelangt das BFG zur Überzeugung, dass nämlicher Zuschuss den Terminus einer gleichartigen ausländischen Beihilfe im Sinne des § 4 Abs. 1 FLAG 1967 erfüllt.

Vorstehende Ansicht liegt vor allem darin begründet, dass vorangeführter Normzweck als in Kongruenz zu jenem des in § 1 FLAG 1967 determinierten, der Familienbeihilfe immanenten Zweck - nämlich via Leistung eines finanziellen Beitrags zum Geldunterhalt "einen Lastenausgleich im Interesse der Familien zu gewähren" stehend zu erachten ist.

3.2.3.2. Conclusio

In Ansehung obiger Ausführungen vermag das BFG in der - via für den Monat September 2022 bescheidmäßig verfügten Rückforderung der vorweg im Ausmaß von 172,40 Euro zugezählten Ausgleichszahlung - vorgenommenen Anrechnung keine Rechtswidrigkeit zu erblicken.

Dem Einwand der Bf. wonach eine Anspruchskürzung bereits im Wege der Nichtauszahlung der für den Monat August 2022 im Ausmaß von 180,00 Euro zustehenden Sonderfamilienbeihilfe erfolgt sei, ist - unter nochmaligem Hinweis auf die Bestimmung des § 10 Abs. 2 FLAG 1967 - zu entgegnen, dass exklusiv die Anspruchsberechtigung auf österreichische Familienleistungen im Monat September 2022 den Streitgegenstand (sprich die "Sache") vor dem BFG bildet.

Ergo dessen ist die Frage betreffend "etwaig nicht zur Auszahlung gelangter innerstaatlicher Familienleistungen" gegebenenfalls in einem - nicht in die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts - sondern in jene der belangtenBehörde fallenden Verfahren einer Klärung zuzuführen.

Es war daher wie im Spruch zu befinden.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Eine derartige Rechtsfrage liegt nicht vor, da die Rechtsmäßigkeit der Rückforderung/Anrechnung direkt auf den zitierten Bestimmungen des FLAG 1967 gründet.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
Art. 3 Abs. 1 Buchstabe j VO 883/2004, ABl. Nr. L 166 vom S. 1
Art. 68 VO 883/2004, ABl. Nr. L 166 vom S. 1
§ 2 Abs. 1 lit. a FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 4 Abs. 1 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 10 Abs. 2 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 26 Abs. 1 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7101394.2024

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