Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 30.04.2024, RV/5100129/2024

keine Nachsicht mangels Sanierungseffekt

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin ***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Abweisung des Nachsichtsansuchens vom , Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Mit Schreiben vom beantragte der Beschwerdeführer die Nachsicht seiner Abgabenschuld iHv 3.940,14 €.
Begründend wurde ausgeführt, dass mit 31.03.3023 sein bisher bezogenen Rehageld eingestellt worden sei. Ein Pensionsantrag sei abgelehnt worden, er sei zur Zeit völlig ohne Einkommen und mittellos. Der Privatkonkurs sei auch noch nicht angeschlossen. Da der Nachsichtswerber aus gesundheitlichen Gründen keiner Beschäftigung nachgehen könne, sei auch nicht damit zu rechnen, mit Arbeit Geld zu verdienen. Sollte die Klage gegen die Pensionsablehnung Erfolg haben und die Pension zugesprochen werden, sei laut Berechnung der PVA nur mit einer Mindestpension zu rechnen. Es sei für ihn daher absolut unmöglich, seine Steuerschuld zu begleichen. Momentan gehe es für ihn nur darum, seine Wohnung nicht zu verlieren und etwas zum Essen zu haben. Es werde daher höflich ersucht die Steuerschuld nachzusehen.

Auf Anfrage des Finanzamtes gab der Nachsichtswerber mit Schreiben vom bekannt, das er eine Berufsunfähigkeitspension iHv 1.430,00 € beziehen würde. Er habe keine Unterhaltspflichten und keine weitere Wohnung oder Geschäftsräume. Er würde kein Vermögen besitzen. Aufgrund schwerer Krankheit sei eine Arbeit nicht möglich. Aufgrund eines Verfahrens vor dem Bezirksgericht ***BG***, ***Zahl***, müsse er laut Zahlungsplan jährlich 1.240,00 € bezahlen.
Die monatlichen Kosten würden für die Miete 440,00 €, Strom/Gas 130,00 €, Telefon/Internet 110,00 €, für Versicherungen 110,00 €, Zahlungsplan Konkurs 100,00 € und für Dauermedikamente 80,00 € pro Monat betragen. Der Rest iHv 540,00 € werde für Lebensmittel und Bekleidung verwendet.
Aufgrund einer schweren Erkrankung hätte der Nachsichtswerber eine Invaliditätspension zugesprochen bekommen, welche 1.430,00 € betrage. Nach Abzug der monatlichen Fixkosten würden 400,00 € für Essen, Bekleidung und sonstiges bleiben. Mit diesem Geld könne bei den aktuellen Lebensmittelpreisen kaum das Auslangen gefunden werden, es gehe ihm wirtschaftlich sehr schlecht.

Mit Bescheid vom wies das Finanzamt das Nachsichtsansuchen vom ab, Im Wesentlichen wurde darauf hingewiesen, dass für das Vorliegen einer persönlichen Unbilligkeit ein wirtschaftliches Missverhältnis zwischen der Einhebung der Abgabe und den im subjektiven Bereich des Antragstellers entstehenden Nachteilen bestehen müsse. Dies könne insbesondere dann der Fall sein, wenn die Einhebung die Existenz des Nachsichtswerbers oder seiner Familie gefährden würde. Die Abstattung der Abgabenschuld müsste mit wirtschaftlichen Auswirkungen verbunden sein, die außergewöhnlich seien, so etwa wenn die Abstattung trotz zumutbarer Sorgfalt nur durch Veräußerung von Vermögenschaften möglich wäre und diese Veräußerung einer Verschleuderung gleichkäme.
Ein Zugriff auf Vermögenschaften durch die Abgabenbehörde sei nicht gegeben. Auf die Feststellung der wirtschaftlichen Verhältnisse vom werde verwiesen. Die vom Gesetzgeber persönliche oder sachliche Unbilligkeit könne nicht belegt werden.

In der Beschwerde vom wurde ausgeführt, dass sehr wohl persönliche Unbilligkeit vorliege. Beim Beschwerdeführer bestehe sehr wohl ein Missverhältnis. Eine Begleichung der Steuerschuld sei in seiner persönlichen Lage völlig unmöglich, eine Kreditaufnahme sei nicht möglich aufgrund vorangegangener Insolvenz, eine Zwangseintreibung wäre gleichbedeutend mit einer neuerlichen Insolvenz. Dies würde die völlige Vernichtung der Existenz des Beschwerdeführers auf mehrere Jahre bedeuten. Er sei finanziell am Limit und könne gerade noch die Miete bezahlen. Beim Lebensmitteleinkauf müsse er sich schon stark einschränken, um die notwendigen Medikamente zahle zu können. Eine Zwangseintreibung, einhergehend mit einer Pfändung, wäre die komplette Vernichtung seiner Existenz. Daher sei der Beschwerdeführer der Ansicht, dass hier sehr wohl eine persönliche Unbilligkeit vorliege und damit auch Raum für die Behörde für eine Ermessensentscheidung zur Erteilung einer Nachsicht. Eine Nachsicht würde sich positiv auf die Sanierung der Finanzlage des Beschwerdeführers darstellen, zumal diese keinen anderen Verbindlichkeiten und Gläubigern entgegenstehen würde.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde vom als unbegründet ab. Im Wesentlichen wurde darauf hingewiesen, dass durch die Abgabenbehörde lediglich eine Zahlungsaufforderung versendet worden sei, aber weitere Einbringungsschritte bis dato nicht gesetzt worden seien. Ein Zugriff auf Vermögenschaften durch das Finanzamt - der eine persönliche Unbilligkeit im Sinne des § 236 BAO darstellen würde - sei nicht gegeben.
Vom Beschwerdeführer sei bis jetzt keine einzige Teilzahlung auf den derzeit noch aushaftenden Abgabenrückstand von aktuell 3.923,94 € getätigt worden.
Da wie dargelegt die Abgabenbehörde der einzige Gläubiger sei, könne eine prognostizierte weitere Insolvenz und die damit verbundene Existenzvernichtung aus den obigen Darlegungen nicht nachvollzogen werden.
Die Einkommensteuerbescheide 2018 und 2019 (aus denen der Abgabenrückstand resultieren würde) seien rechtskräftig und würden sich folglich im Rechtsbestand befinden.
Die Abstattung des aushaftenden Abgabenrückstandes, der mit Einbußen an vermögenswerten Interessen, mit der eine Abgabenleistung allgemein verbunden sei und die jeden gleich berühren würde, stelle eine Unbilligkeit nicht dar.
Im Zuge der Bekanntgabe der wirtschaftlichen Verhältnisse vom habe der Beschwerdeführer einen monatlichen Nettobezug vom 1.430,00 € angegeben.
Im Falle einer Pensionspfändung wäre eine Existenzgefährdung nach Ansicht des Finanzamtes auch aufgrund der vom Gesetzgeber getroffenen Regelung nicht gegeben, da lediglich auf den pfändbaren Teil des Einkommens zugegriffen werden könne und mit diesem Betrag (einer zinsenfreien Ratenzahlung gleichgestellt) der aushaftende Abgabenrückstand getilgt werde.
Mit dem vom Gesetzgeber festgelegten verbleibenden Existenzminimum seien die Kosten der allgemeinen Lebensführung (Grundversorgung) abgedeckt. Höhere Lebenshaltungskosten würden darin keine Deckung finden bzw. seien diese nicht geeignet, der Pfändung des das Existenzminimum übersteigenden Betrages entgegenzuwirken. Im Zuge eines Insolvenzverfahrens wäre dieser das Existenzminimum übersteigende Betrag durch die auszahlende Stelle ebenso an das Gericht abzuführen und stünde dem Beschwerdeführer nicht zur Bestreitung der Lebenskosten zur Verfügung.
Das Vorliegen einer persönlichen Unbilligkeit sei nach gängiger Rechtsprechung auch nicht gegeben, wenn den Härten aus der Abgabeneinhebung durch Gewährung einer Zahlungserleichterung begegnet werden könnte, weshalb es keiner Nachsicht bedürfen würde. Aufgrund des vorhandenen Vermögens scheine die Bezahlung des aushaftenden Rückstandes in Raten zumutbar.
Bislang sei vom Beschwerdeführer keinerlei Angebot zur Abstattung des Abgabenrückstandes eingebracht worden.
Aufgrund des im Beschwerdeschreiben dargelegten Sachverhaltes könnte die vom Gesetzgeber geforderte persönliche oder sachliche Unbilligkeit nicht belegt werden.
Die Unbilligkeit der Abgabeneinhebung nach der Lage des Falles sei tatbestandsmäßige Voraussetzung für die in § 236 BAO vorgesehene Ermessensentscheidung. Verneint die Behörde die Unbilligkeit der Abgabeneinhebung, so sei für eine Ermessensentscheidung kein Raum.
Mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 236 Abs. 1 BAO könnte die Beschwerde nicht stattgebend erledigt werden, es wäre spruchgemäß zu entscheiden.

Mit Schreiben vom brachte der Beschwerdeführer einen Vorlageantrag ein. Es liege sehr wohl eine persönliche Unbilligkeit vor. Es werde so agiert, wie es schon seit mehreren Jahren der Fall sei. Es werde nicht nach der objektiven Sachlage entschieden, sondern nur das anerkannt, was der Behörde genehm sei. Es gehe nicht mehr um Sachliches sondern nur mehr um persönliche Befindlichkeiten der Finanzbeamten und Prüfer gegen die Familie ***Bf1***. Die Schikanen hätten ein Ausmaß angenommen, das nicht mehr erträglich sei. Die Finanzgerichte würden im Sinne eines "Unabhängigen Richters" die anstehenden Beschwerden entscheiden. Die Akten würden mittlerweile sehr viele Seiten füllen und es müsse geprüft werden, wie viel völlig unnötig und entbehrlich an Dienstzeit eines Finanzbeamten verbraucht worden sei. In einer Beschwerdevorentscheidung über eine Abweisung eines Nachsichtsansuchens werde darauf hingewiesen, dass es ja völlig ausreichend sei, dass einem Staatsbürger das Existenzminimum gelassen werde und er mit diesem leicht sein monatliches Auslangen finden würde. Das sei einfach nur schäbig in Zeiten wie diesen. Es sei schwierig, das tägliche Leben zu bestreiten, zu essen zu haben und die Wohnung ordentlich heizen zu können.
Zur aktuell behaupteten Sachlage durch das Finanzamt werde festgestellt: Das Schuldenregulierungsverfahren laufe immer noch. Der Beschwerdeführer müsse monatlich 200,00 € zur Seite legen, um die Quoten des Zahlungsplanes erfüllen zu können. Bei der SVS würden die Außenstände 6.900,00 € (Tendenz steigend) betragen, bei der Kirchsteuer 1.500,00.
Dann werde einem süffisant vorgeworfen, dass man eh noch nie Einkommensteuer bezahlt habe. Es sei nur die Frage mit welchem Geld, wenn es vorne und hinten kaum zum Leben reiche.
Das von der Behörde zitierte Missverhältnis zwischen Einhebung der Abgabe und den im subjektiven Bereich des Antragstellers entstehenden Nachteilen bestehe beim Beschwerdeführer sehr wohl. Eine Begleichung der Steuerschuld sei in seiner finanziellen Situation völlig unmöglich. Eine Kreditaufnahme sei wegen der vorangegangenen Insolvenz unmöglich, eine Zwangseintreibung wäre gleichbedeutend mit einer neuerlichen Insolvenz. Dies wäre eine völlige Vernichtung der Existenz des Beschwerdeführers auf mehrere Jahre.

Mit Vorlagebericht vom legte das Finanzamt die Beschwerdesache dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und beantragte unter Verweis auf die Begründung der Beschwerdevorentscheidung die Abweisung der Beschwerde.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Der Beschwerdeführer beantragt die Nachsicht des Abgabenrückstandes in Höhe von 3.940,14 §. Der vollstreckbare Rückstand beträgt derzeit 3.923,40 € und besteht aus der Einkommensteuer 2018 und 2019 sowie einem Säumniszuschlag.

Im Jahr 2023 bezog der Beschwerdeführer Pensionseinkünfte in Höhe von netto 17.486,40 € (entspricht 1.457,20/Monat 12 mal). Zusätzlich zahlte das AMS einen Betrag von 2.083,29 € aus.

Die monatlichen Ausgaben beziffert der Beschwerdeführer wie folgt:


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Miete
440,00 €
Strom/Gas
130,00 €
Telefon/Internet
110,00 €
Versicherungen
110,00 €
Zahlungsplan Konkurs
100,00 €
Dauermedikamente
80,00 €
Lebensmittel, Bekleidung
540,00 €
Summe
1.510,00 €

Der Beschwerdeführer verfügt über kein Vermögen. Die Schulden bei der Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen betragen 6.900,00 €, jene bei der Kirchenbeitragsstelle 1.500,00 €.

2. Beweiswürdigung

Gemäß § 167 Abs. 2 BAO hat das Bundesfinanzgericht unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des gerichtlichen Verfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.
Im Nachsichtsverfahren liegt das Hauptgewicht der Behauptungs- und Beweislast beim Nachsichtswerber. Ihm obliegt es im Sinne seiner Mitwirkungspflicht einwandfrei und unter Ausschluss jeglichen Zweifels das Vorliegen jener Umstände darzulegen, auf welche die Nachsicht gestützt werden kann.

Der entscheidungsrelevante Sachverhalt stützt sich weitgehend auf die glaubhaften Ausführungen des Beschwerdeführers.

Die Feststellungen hinsichtlich der Höhe der Pensionseinkünfte sowie hinsichtlich der Zahlungen des AMS resultieren aus der Abfrage des Abgabeniformationssystems.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I.

Gemäß § 236 BAO können Abgabenschuldigkeiten auf Antrag des Abgabepflichtigen ganz oder zum Teil durch Abschreibung nachgesehen werden, wenn ihre Einhebung nach der Lage des Falles unbillig wäre.

Die Abschreibung von Abgabenschuldigkeiten durch Nachsicht setzt einen hierauf gerichteten Antrag voraus, wobei den Antragsteller eine erhöhte Mitwirkungspflicht trifft. Er hat einwandfrei und unter Ausschluss jeglichen Zweifels das Vorliegen jener Umstände darzutun, auf die die Nachsicht gestützt werden kann ().

Da das Schwergewicht der Behauptungs- und Beweislast beim Nachsichtswerber liegt, hat die Abgabenbehörde im Rahmen ihrer amtswegigen Ermittlungspflicht nur die vom Nachsichtswerber geltend gemachten Gründe zu prüfen (zB. ; ).

Nach dem Wortlaut des § 236 BAO ist die Unbilligkeit der Abgabeneinhebung tatbestandsmäßige Voraussetzung für eine Nachsichtsgewährung. Nachsichtsmaßnahmen können daher - abgesehen vom Formalerfordernis einer entsprechenden Antragstellung sowie der eingetretenen Fälligkeit der nachsichtsbezogenen Abgaben - nur bei Erfüllung des Tatbestandsmerkmales der Unbilligkeit der Abgabeneinhebung in Erwägung gezogen werden.

Im Antrag auf Nachsicht vom , in der Beschwerde vom und im Vorlageantrag vom machte der Beschwerdeführer ausschließlich Gründe der persönlichen Unbilligkeit geltend.

Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH setzt eine persönlich bedingte Unbilligkeit der Einhebung im Allgemeinen voraus, dass die Einhebung in keinem wirtschaftlich vertretbaren Verhältnis zu jenem Nachteil stünde, der sich aus der Einziehung für den Steuerpflichtigen oder dem Steuergegenstand ergibt, dass also ein wirtschaftliches Missverhältnis zwischen der Einhebung der Abgaben und den im subjektiven Bereich des Abgabepflichtigen entstehenden Nachteilen vorliegt. Dies wird insbesondere immer dann der Fall sein, wenn die Einhebung die Existenz des Abgabepflichtigen gefährden würde. Allerdings bedarf es zur Bewilligung einer Nachsicht nicht unbedingt der Gefährdung des Nahrungsstandes, der Existenzgefährdung, besonderer finanzieller Schwierigkeiten und Notlagen, sondern es genügt, dass die Abstattung der Abgabenschuld mit wirtschaftlichen Auswirkungen verbunden wären, die außergewöhnlich sind, so etwa, wenn die Abstattung trotz zumutbarerer Sorgfalt nur durch Veräußerung von Vermögenschaften möglich wäre und diese Veräußerung einer Verschleuderung gleich käme. Einbußen an vermögenswerten Interessen, die mit Abgabenleistungen allgemein verbunden sind und die jeden gleich berühren können, stellen eine Unbilligkeit dagegen nicht dar. Jedenfalls muss es zu einer anormalen Belastungswirkung und verglichen mit ähnlichen Fällen zu einem atypischen Vermögenseingriff kommen.

Wie der Verwaltungsgerichtshof wiederholt ausgeführt hat, liegt persönliche Unbilligkeit dann vor, wenn gerade die Einhebung der Abgaben die Existenz des Abgabepflichtigen oder seiner Familie gefährdet. Die deutlichste Form der persönlichen Unbilligkeit liegt in der Existenzgefährdung. Diese müsste gerade durch die Einhebung der Abgabe verursacht oder entscheidend ("auch") verursacht sein ().

Eine Unbilligkeit ist nach der Judikatur jedoch dann nicht gegeben, wenn die finanzielle Situation des Abgabenschuldners so schlecht ist, dass auch die Gewährung der beantragten Nachsicht nicht den geringsten Sanierungseffekt hätte und an der Existenzgefährdung nichts änderte (). Käme die Nachsicht nur anderen Gläubigern zugute, so ist die persönliche Unbilligkeit der Einhebung zu verneinen ().

Die beschwerdeführende Partei bringt vor, bei einer Entrichtung des erwähnten Rückstandes würde ihre wirtschaftliche Existenz völlig zerstört. Dabei übersieht sie aber, dass die Forderung der Finanzverwaltung nicht die einzige Verbindlichkeit ist, die sie zu bedienen hat.
Aus den Angaben des Beschwerdeführers ergibt sich, dass er mit seinen laufenden Pensionseinkünften gerade die monatlichen Belastungen für Miete, Strom, Gas, Telefon, Internet, Versicherungen, Lebensmittel, Bekleidung und Medikamente sowie für den Zahlungsplan das Konkursverfahren betreffend bestreiten kann. Für die übrigen Schulden laut Vorlageantrag (Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen 6.900,00 € und Kirchenbeitragsstelle 1.500,00 €) bleiben keine Ressourcen.

In gegenständlichem Fall ist daher davon auszugehen, dass die finanzielle Situation des Abgabenschuldners derzeit so schlecht ist, dass auch die Gewährung der beantragten Nachsicht nicht den geringsten Sanierungseffekt hätte und an der Existenzgefährdung nichts ändern würde, da immer noch die Schulden der Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen (6.990,00 €) und der Kirchbeitragsstelle (1.500,00 €) sowie die unbezifferten Schulden aus dem Insolvenzverfahren (jährlicher Zahlungsbetrag 1.240,00 €) die Existenz des Beschwerdeführers bedrohen würden.

Auf Grund der Aktenlage ergibt sich somit der Schluss, dass die Voraussetzungen für die Annahme einer persönlichen Unbilligkeit in der Einhebung der offenen Abgabenschuldigkeiten nicht bestehen.

Ermessen
Die Unbilligkeit der Abgabeneinhebung nach der Lage des Falles ist tatbestandsmäßige Voraussetzung für die in § 236 BAO vorgesehene Ermessensentscheidung. Wird die Unbilligkeit der Abgabeneinhebung - wie gegenständlich - verneint, so ist für eine Ermessensentscheidung kein Raum (vgl. , mwN., und ).

3.2. Zu Spruchpunkt II.

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die im gegenständlichen Fall zu klärenden Rechtsfragen wurden im Sinne der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sowie der angeführten generellen Normen entschieden, sodass eine ordentliche Revision nicht zuzulassen ist.

Aus den dargelegten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 236 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.5100129.2024

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at