Säumniszuschlag: Keine Herabsetzung
Rechtssätze
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Stammrechtssätze | |
RV/2100253/2024-RS1 | Ob bei Anwendung des § 217 Abs. 5 BAO auch ein etwaiges "Nichtverschulden" an der vorangegangenen Säumnis zu berücksichtigen ist (dem Gesetzeswortlaut ist solches nicht zu entnehmen), kann schon deshalb dahingestellt bleiben, weil – wäre dies der Fall - die Beschwerdeführerin mit dem bloßen Hinweis auf ein "Versäumnis der zuständigen Buchhalterin des steuerlichen Vertreters" an dieser vorherigen Säumnis nicht dargetan hat, dass sie ihrer Überwachungspflicht bezüglich der rechtzeitigen Entrichtung ihrer Abgaben durch betraute Personen nachgekommen ist, sodass ein "Nichtverschulden" bzw. das Nichtvorliegen eines groben Verschuldens an der vorherigen Säumnis nicht erkennbar ist. |
RV/2100253/2024-RS2 | Eine Herabsetzung des Säumniszuschlages war nicht vorzunehmen, weil die Beschwerdeführerin – sie verweist nur auf die wenige Tage dauernde Säumnis bei der Entrichtung - nicht dargetan hat, dass sie an dieser Säumnis kein grobes Verschulden trifft. |
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den ***Einzelrichter*** über die Beschwerde der ***Bf-GmbH***, ***Bf-Adr***, vertreten durch die SBF Steuerberatung OG, Wielandgasse 35, 8010 Graz, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Festsetzung eines ersten Säumniszuschlages zu Recht erkannt:
Die Bescheidbeschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Bescheid
Mit Bescheid vom (OZ 1) setzte die Abgabenbehörde bei der Beschwerdeführerin für die Zahlung der Umsatzsteuer 11/2023 einen ersten Säumniszuschlag im Betrag von 1.200 € fest.
Beschwerde
Mit elektronischer Eingabe vom (OZ 2) erhob die Beschwerdeführerin durch ihren steuerlichen Vertreter die Beschwerde gegen diesen Bescheid und beantragte dessen Aufhebung. Zur Begründung wurde vorgebracht, dass die Verspätung nur wenige Tage betragen habe (Fälligkeit: ; Zahlung am Abgabenkonto: ) und sie ansonsten Ihren steuerlichen Pflichten stets pünktlich und fristgerecht nachkomme (der Säumniszuschlag für die Umsatzsteuerzahllast für Juli 2023 sei durch ein Versäumnis der zuständigen Buchhalterin der steuerlichen Vertretung verursacht worden, insoweit habe sie keinerlei Verschulden getroffen.
Beschwerdevorentscheidung
Mit Beschwerdevorentscheidung vom (OZ 3) wies die Abgabenbehörde die Bescheidbeschwerde als unbegründet ab.
Vorlageantrag
Mit elektronischer Eingabe vom (OZ 6) stellte die Beschwerdeführerin gegen die Beschwerdevorentscheidung den Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde durch das Verwaltungsgericht (Vorlageantrag). Ergänzend wurde vorgebracht, dass im Fall einer verspäteten Entrichtung einer Abgabe von nicht mehr als drei Tagen die Verspätung gemäß § 211 Abs. 2 BAO ohne Rechtsfolgen zu bleiben habe. Im Gegensatz zu § 217 Abs. 5 BAO bedürfe es zur Erfüllung von § 211 Abs. 2 BAO abgesehen von einer maximal dreitägigen Säumnis keiner weiteren Voraussetzungen. Da die verspätete Zahlung der Umsatzsteuer 11/2023 im konkreten Fall daher lediglich zwei Tage betragen habe, werde unter Verweis auf § 211 Abs. 2 BAO neuerlich beantragt, den Bescheid über die Festsetzung eines ersten Säumniszuschlages vom betreffend Umsatzsteuer 11/2023 ersatzlos aufzuheben.
Beschwerdevorlage
Mit Vorlagebericht vom (OZ 9) legte die Abgabenbehörde dem Bundesfinanzgericht die Bescheidbeschwerde zur Entscheidung vor.
Die Beschwerdeführerin hat weder die mündliche Verhandlung noch die Entscheidung durch den Senat beantragt.
Das Bundesfinanzgericht hat über die Bescheidbeschwerde erwogen:
Abgaben gelten bei Überweisung auf das Konto der empfangsberechtigten Kasse am Tag der Gutschrift als entrichtet (§ 211 Abs. 1 Z 1 BAO).
Erfolgt in den Fällen des Abs. 1 Z 1 die Gutschrift auf dem Konto der empfangsberechtigten Kasse zwar verspätet, aber noch innerhalb von drei Tagen nach Ablauf der zur Entrichtung einer Abgabe zustehenden Frist, so bleibt die Verspätung ohne Rechtsfolgen; in den Lauf der dreitägigen Frist sind Samstage, Sonntage, gesetzliche Feiertage, der Karfreitag und der 24. Dezember nicht einzurechnen (§ 211 Abs. 2 BAO).
Wird eine Abgabe, ausgenommen Nebengebühren (§ 3 Abs. 2 lit. d), nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, so sind nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen Säumniszuschläge zu entrichten (§ 217 Abs. 1 BAO).
Die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages gemäß Abs. 2 entsteht nicht, soweit die Säumnis nicht mehr als fünf Tage beträgt und der Abgabepflichtige innerhalb der letzten sechs Monate vor dem Eintritt der Säumnis alle Abgabenschuldigkeiten, hinsichtlich derer die Gebarung (§ 213) mit jener der nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenschuldigkeit zusammengefasst verbucht wird, zeitgerecht entrichtet hat. In den Lauf der fünftägigen Frist sind Samstage, Sonntage, gesetzliche Feiertage, der Karfreitag und der 24. Dezember nicht einzurechnen; sie beginnt in den Fällen des § 211 Abs. 2 erst mit dem Ablauf der dort genannten Frist (§ 217 Abs. 5 BAO).
Auf Antrag des Abgabepflichtigen sind Säumniszuschläge insoweit herabzusetzen bzw. nicht festzusetzen, als ihn an der Säumnis kein grobes Verschulden trifft, insbesondere insoweit bei nach Abgabenvorschriften selbst zu berechnenden Abgaben kein grobes Verschulden an der Unrichtigkeit der Selbstberechnung vorliegt (§ 217 Abs. 7 BAO).
Ein Verschulden ist lediglich für die Frage des Antrages auf Herabsetzung bzw. Nichtfestsetzung eines Säumniszuschlages von Relevanz (§ 217 Abs. 7 BAO). An der Entstehung des Säumniszuschlages ändert ein fehlendes bzw. geringes Verschulden jedoch nichts, weil die Vorschreibung des Säumniszuschlages eine objektive, vom Verschulden unabhängige Säumnisfolge bei Nichtentrichtung der Abgabe am Fälligkeitstag ist ().
Für die Herabsetzung des Säumniszuschlages bzw. die Unterlassung der Festsetzung eines solchen kommt es auf die Umstände der konkreten Säumnis des Abgabepflichtigen an. Entscheidend ist nach der zitierten Gesetzesstelle, ob ihn an der Säumnis ein grobes Verschulden trifft. Grobes Verschulden fehlt, wenn überhaupt kein Verschulden oder nur leichte Fahrlässigkeit vorliegt. Leichte Fahrlässigkeit liegt vor, wenn ein Fehler unterläuft, den gelegentlich auch ein sorgfältiger Mensch begeht. Keine leichte Fahrlässigkeit liegt aber vor, wenn jemand auffallend sorglos handelt. (Grobes) Verschulden von Arbeitnehmern der Partei (oder des Parteienvertreters) ist nicht schädlich. Entscheidend ist diesfalls, ob der Partei selbst (bzw. ihrem Vertreter) grobes Verschulden, insbesondere grobes Auswahl- oder Kontrollverschulden anzulasten ist (vgl. ).
Festgestellt wird, dass der Fälligkeitstag der Umsatzsteuer 11/2023 der (Montag) war und die Abgabe am am Bankkonto des Finanzamtes gutgeschrieben (und damit entrichtet) wurde (siehe den Ausdruck aus der Finanzdatenbank vom [OZ 8]). Die Säumnis beträgt daher unter Nichtberücksichtigung des Samstages () und des Sonntages () fünf Tage (die "Respirofrist" des § 211 Abs. 2 BAO ändert nichts am Zeitpunkt des Säumniseintritts, sondern es bleibt nach dem klaren Gesetzeswortlaut lediglich die VERSPÄTUNG ohne Rechtsfolgen).
Festgestellt wird weiters, dass die Beschwerdeführerin - wie sie selbst zugesteht - auch die Umsatzsteuer 07/2023 nicht zeitgerecht entrichtet hat (Fälligkeitstag: ; Gutschrift am Bankkonto des Finanzamtes am ; siehe den Ausdruck aus der Finanzdatenbank vom [OZ 7]).
Somit hat die Säumnis betreffend Umsatzsteuer 11/2023 zwar nicht mehr als fünf Tage betragen, jedoch hat die Beschwerdeführerin aufgrund der Säumnis betreffend Umsatzsteuer 07/2023 NICHT innerhalb der letzten sechs Monate vor dem Eintritt der Säumnis alle Abgabenschuldigkeiten, hinsichtlich derer die Gebarung (§ 213) mit jener der nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenschuldigkeit zusammengefasst verbucht wird, zeitgerecht entrichtet. Ob bei Anwendung des § 217 Abs. 5 BAO auch ein etwaiges "Nichtverschulden" an der vorangegangenen Säumnis (hier: betreffend Umsatzsteuer 07/2023) zu berücksichtigen ist (dem Gesetzeswortlaut ist solches nicht zu entnehmen), kann schon deshalb dahingestellt bleiben, weil - wäre dies der Fall - die Beschwerdeführerin mit dem bloßen Hinweis auf ein "Versäumnis der zuständigen Buchhalterin des steuerlichen Vertreters" an dieser vorherigen Säumnis nicht dargetan hat, dass sie ihrer Überwachungspflicht bezüglich der rechtzeitigen Entrichtung ihrer Abgaben durch betraute Personen nachgekommen ist, sodass ein "Nichtverschulden" bzw. das Nichtvorliegen eines groben Verschuldens an der vorherigen Säumnis nicht erkennbar ist.
Eine Herabsetzung des Säumniszuschlages betreffend Umsatzsteuer 11/2023 war nicht vorzunehmen, weil die Beschwerdeführerin - sie verweist nur auf die wenige Tage dauernde Säumnis bei der Entrichtung - nicht dargetan hat, dass sie an dieser Säumnis kein grobes Verschulden trifft.
Die Bescheidbeschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Da diese Voraussetzung im Hinblick auf die oben zitierte Rechtsprechung nicht vorliegt, war auszusprechen, dass die Revision nicht zulässig ist.
Graz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 211 Abs. 1 Z 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 211 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 217 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 217 Abs. 5 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 217 Abs. 7 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2024:RV.2100253.2024 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at