Rechtswirkung der Aufhebung einer Beschwerdevorentscheidung
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RV/5100445/2023-RS1 | Durch die Aufhebung der Beschwerdevorentscheidung vom schied der Vorlageantrag vom aus dem Rechtsbestand aus. Diese Rechtsfolge ergibt sich eindeutig aus § 264 Abs. 7 BAO. § 264 Abs. 7 BAO stellt sicher, dass das Verwaltungsgericht keine Pflicht trifft, über Vorlageanträge nach der Aufhebung der Beschwerdevorentscheidung zu entscheiden (vgl ErläutRV 1352 BlgNR 25. GP 17). |
Entscheidungstext
Beschluss
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Johann Fischerlehner in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Stb. zur Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Zwangsstrafen 2022, Steuernummer ***BF1StNr1*** beschlossen:
I. Die Beschwerde wird an das vorlegende Finanzamt Österreich rückgeleitet.
II. Gegen verfahrensleitende Beschlüsse ist eine abgesonderte Revision an den Verwaltungsgerichtshof oder Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht zulässig.
Begründung
I. Verfahrensgang
Die beschwerdeführende Partei wurde mit Schreiben vom daran erinnert, dass die zu erstattende Erstmeldung oder Meldung nach Fälligkeit der jährlichen Überprüfung der wirtschaftlichen Eigentümer entsprechend der Bestimmungen des § 5 Wirtschaftliche Eigentümer Registergesetz (WiEReG) offenbar übersehen wurde und gleichzeitig aufgefordert, die Meldung unter Setzung einer Frist bis längstens nachzuholen. Für den Fall, dass der Aufforderung nicht Folge geleistet werde, wurde die Festsetzung einer Zwangsstrafe gemäß § 111 BAO in Höhe von € 1.000,- angedroht.
Da die geforderte Meldung der wirtschaftlichen Eigentümer nicht erfolgt war, wurde mit der als Bescheid identierten Erledigung vom eine Zwangsstrafe in Höhe von € 1.000,- festgesetzt. Gleichzeitig wurde für den Fall, dass die Meldung weiterhin unterbleibe, unter Setzung einer Nachfrist bis die Festsetzung einer weiteren Zwangsstrafe in Höhe von € 4.000,- angedroht. Nach den Ausführungen der belangten Behörde in der Beschwerdevorentscheidung vom wurde diese als Bescheid identierte Erledigung nicht rechtswirksam zugestellt.
Am wurde die erforderliche Meldung nach § 5 WiEReG erstattet.
In der Bescheidbeschwerde vom wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass im Herbst 2022 in der Steuerberatungskanzlei ein Umstieg auf NTCS erfolgte und durch den technischen Umstieg das Erinnerungsschreiben in der Kanzlei untergegangen sei. Des Weiteren wurde die fehlende Ermessensbegründung angeführt und dass es sich um einen Meldeverstoß handle und keine abgabenrechtliche Bedeutung in der verlangten Leistung zu erblicken sei.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Mit Vorlageantrag vom begehrte die Beschwerdeführerin die Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht.
Der belangten Behörde wurde mit Beschluss des Bundesfinanzgerichtes vom gemäß § 300 Abs. 1 lit. b BAO die Zustimmungserklärung der beschwerdeführenden Partei (§ 300 Abs. 1 lit. a BAO) zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides weitergeleitet und ihr hierfür eine Frist von zwei Monaten ab Zustellung dieses Beschlusses gesetzt.
Mit Bescheid vom wurde die Beschwerdevorentscheidung vom betreffend Abweisung der Beschwerde aufgehoben. Das Dokument wurde am um 10:46:26 an den Ausgangskanal Databox übergeben. Gleichzeitig am eine neue Beschwerdevorentscheidung erlassen. Das Dokument wurde am um 10:47:58 an den Ausgangskanal Databox übergeben.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Mit Bescheid vom wurde die Beschwerdevorentscheidung vom mit aufgehoben.
2. Beweiswürdigung
Der Sachverhalt ergibt sich aus der Aktenlage.
1. Zu Spruchpunkt I.
Gemäß § 262 Abs. 1 BAO ist - im Allgemeinen - nach Durchführung der etwa noch erforderlichen Ermittlungen von der Abgabenbehörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat, mit als Beschwerdevorentscheidung zu bezeichnendem Bescheid über Bescheidbeschwerden abzusprechen.
Gegen eine Beschwerdevorentscheidung kann nach § 264 Abs. 1 BAO innerhalb eines Monats ab Bekanntgabe der Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Verwaltungsgericht gestellt werden.
Zuständig zu einer Entscheidung (in der Sache) ist das Bundesfinanzgericht daher im Regelfall nur dann, wenn zuvor bereits die Abgabenbehörde mit Beschwerdevorentscheidung entschieden hat und dagegen ein Vorlageantrag erhoben wurde (vgl ; , Ro 2021/13/0009).
Gemäß § 281a BAO hat das Verwaltungsgericht, wenn es nach einer Vorlage (§ 265 BAO) zur Auffassung gelangt, dass noch eine Beschwerdevorentscheidung zu erlassen ist oder ein Vorlageantrag nicht eingebracht wurde, die Parteien darüber unverzüglich formlos in Kenntnis zu setzen.
In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage (190 BlgNR 26. GP 56) wurde zu dieser Bestimmung auszugsweise wie folgt ausgeführt: "Wenn wegen einer fehlenden Beschwerdevorentscheidung oder wegen eines fehlenden Vorlageantrages eine Zuständigkeit zur Erledigung der Bescheidbeschwerde oder des Vorlageantrages trotz erfolgter Vorlage (§ 265) nicht auf das Verwaltungsgericht übergehen konnte, besteht kein Erfordernis, dass das Verwaltungsgericht darüber einen Unzuständigkeitsbeschluss fasst (vgl. Ro 2015/15/0001). Auch aus Gründen des Rechtsschutzes ist es nicht erforderlich, über eine Unzuständigkeit durch das Verwaltungsgericht mittels eines Feststellungsbeschlusses abzusprechen. Im Interesse der Vereinfachung und Beschleunigung des Beschwerdeverfahrens soll das Verwaltungsgericht eine ihm von der Abgabenbehörde (zumeist nur irrtümlich) vorgelegte Beschwerde, über die es seiner Ansicht nach in Ermangelung einer Beschwerdevorentscheidung oder eines Vorlageantrages nicht zu entscheiden hat, der Abgabenbehörde ohne unnötigen Aufschub zurückschicken und den Beschwerdeführer davon verständigen. Die neue Verständigungspflicht gemäß § 281a BAO soll, insbesondere im Hinblick auf die Verständigung des Beschwerdeführers vom Zeitpunkt und Inhalt der zunächst erfolgten Vorlage, gewährleisten, dass beide Parteien rasch und einfach mittels formloser Mitteilung des Verwaltungsgerichtes davon Kenntnis erlangen, dass sich das Verwaltungsgericht für unzuständig hält."
Der Gesetzgeber geht somit davon aus, dass in den genannten Fällen das Verwaltungsgericht die vorgelegte Beschwerde an die Abgabenbehörde ohne unnötigen Aufschub zurückschicken soll, was der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zufolge bereits kraft eines Größenschlusses aus § 53 iVm § 2a BAO folgt. § 281a BAO sieht in diesem Zusammenhang (lediglich) die ausdrückliche Verpflichtung des Verwaltungsgerichts vor, die Parteien über diese Weiterleitung zu verständigen (vgl , mwN).
Die Weiterleitung (Rückleitung) der Beschwerde durch das Verwaltungsgericht ist als verfahrensleitender Beschluss anzusehen. Wenn § 281a BAO vorsieht, dass die Verständigung "formlos" erfolgen soll, so ist dies dahin zu verstehen, dass eine bestimmte Form hiefür nicht vorgesehen ist. Zweckmäßig erfolgt diese Verständigung dadurch, dass eine Ausfertigung des verfahrensleitenden Beschlusses (samt Begründung, in der die Ansicht des Bundesfinanzgerichts dargelegt wird) den Parteien zugestellt wird (vgl , mwN).
Durch die Aufhebung der Beschwerdevorentscheidung vom schied der Vorlageantrag vom aus dem Rechtsbestand aus. Diese Rechtsfolge ergibt sich eindeutig aus § 264 Abs. 7 BAO. § 264 Abs. 7 BAO stellt sicher, dass das Verwaltungsgericht keine Pflicht trifft, über Vorlageanträge nach der Aufhebung der Beschwerdevorentscheidung zu entscheiden (vgl ErläutRV 1352 BlgNR 25. GP 17).
Die Beschwerdeangelegenheit war daher der belangten Behörde zurückzuleiten, da keine Zuständigkeit des Bundesfinanzgerichtes mehr besteht.
2. Zu Spruchpunkt II.
Die Weiterleitung (Rückleitung) der Beschwerde durch das Verwaltungsgericht ist als verfahrensleitender Beschluss anzusehen (vgl , mwN). Gegen verfahrensleitende Beschlüsse des Verwaltungsgerichts (vgl auch - zur Abgrenzung von sofort anfechtbaren Beschlüssen - , mwN) ist nach § 25a Abs. 3 VwGG eine abgesonderte Revision nicht zulässig; sie können erst in der Revision gegen das die Rechtssache erledigende Erkenntnis angefochten werden.
Gegen einen Beschluss, mit dem das Verwaltungsgericht die Beschwerde an eine andere Stelle weiterleitet, ist demnach eine abgesonderte Revision nicht zulässig (vgl zB ; , Ra 2018/03/0072, mwN). Gleiches gilt auch für die "formlose" Verständigung über die Weiterleitung (Rückleitung) samt Mitteilung der Ansicht des Bundesfinanzgerichts, die der Bekanntgabe des Inhalts des verfahrensleitenden Beschlusses entspricht ().
Belehrung und Hinweise
Gegen verfahrensleitende Beschlüsse ist eine abgesonderte Revision an den Verwaltungsgerichtshof oder Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht zulässig. Sie können erst in der Revision oder Beschwerde gegen das die Rechtssache erledigende Erkenntnis angefochten werden (§ 25a Abs 3 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, § 88a Abs 3 Verfassungsgerichtshofgesetz 1953).
Verneint das Bundesfinanzgericht nach der Vorlage der Beschwerde zu Unrecht seine Zuständigkeit, weil es fälschlich annimmt, es fehle (ohne Rechtfertigung durch eine der Ausnahmen des § 262 Abs. 2 bis 4 BAO) an einer (wirksam zugestellten) Beschwerdevorentscheidung oder es sei kein Vorlageantrag (wirksam) eingebracht worden, und unterlässt es daher die Erledigung der Beschwerde, so steht beiden Parteien (vgl zur Amtspartei ) des Verfahrens vor dem Bundesfinanzgericht der Fristsetzungsantrag an den Verwaltungsgerichtshof offen ().
Linz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 264 Abs. 7 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 281a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2024:RV.5100445.2023 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at