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Säumnisbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 24.04.2024, RS/7100096/2024

Zurückweisung der Säumnisbeschwerde betreffend Anbringen, die bei der Abgabenbehörde nicht eingelangt sind.

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RS/7100096/2024-RS1
Ein Anbringen, das bei der Post aufgegeben wurde, aber bei der Abgabenbehörde nicht eingelangt ist, löst keine Entscheidungspflicht der Abgabenbehörde aus. Eine diesbezügliche Säumnisbeschwerde ist als unzulässig zurückzuweisen.

Entscheidungstext

Beschluss

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Christian Seywald in der Beschwerdesache ***Bf1*** (Beschwerdeführer, abgekürzt: Bf.), ***Bf1-Adr*** EUmitgliedstaat, SV-Nummer SV-Nummer, vertreten durch Rechtsanwältin inEUzugelasseneRA (Kanzleiname: Firmenbezeichnung), Kanzleianschrift, ***1*** über die Säumnisbeschwerde des Bf. vom wegen behaupteter Verletzung der Pflicht des Finanzamtes Österreich, über die mit Einreichung der Formulare L1, L1i und L1k gestellten Anträge des Bf. auf Durchführung der Arbeitnehmerveranlagungen für die Jahre 2021 und 2022 zu entscheiden, beschlossen:

Die Säumnisbeschwerde vom wird gemäß § 284 Abs. 7 lit. b BAO in Verbindung mit § 260 Abs. 1 lit. a BAO als unzulässig zurückgewiesen.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 in Verbindung mit Abs. 9 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung

Der Beschwerdeführer (abgekürzt: Bf.) ***Bf1***, Sozialversicherungs(SV)nummer SV-Nummer, hat - vertreten durch Rechtsanwältin inEUzugelasseneRA - mit Schreiben vom , beim Bundesfinanzgericht per Telefax eingebracht am , Säumnisbeschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch das Finanzamt Österreich über die Anträge des Bf. auf Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung mit Einreichung der Formulare L1, L1i und L1k für die Jahre 2021 und 2022 erhoben. Weiters stellte der Bf. vorsorglich den Antrag, das Gericht möge nach Ablauf der zu setzenden Frist die Sachentscheidung treffen. Die per Telefax eingebrachte Eingabe vom umfasste auch die beiden ausgefüllten, nicht unterschriebenen, mit datierten Formulare L1 für 2021 und L1 für 2022.

Das Bundesfinanzgericht erließ einen mit datierten verfahrensleitenden Beschluss zur Erteilung eines Mängelbehebungsauftrages hinsichtlich

  1. 1.) Vorlage einer Vollmacht des Bf. für die einschreitende Rechtsanwältin im Original gemäß § 83 Abs. 1 Bundesabgabenordnung (BAO) oder Berufung der einschreitenden Rechtsanwältin gemäß § 8 Abs. 1 Satz 2 Rechtsanwaltsordnung (RAO) auf die ihr vom Bf. erteilte Bevollmächtigung.

  2. 2.) Angaben zur Beurteilung des Ablaufes der Sechs-Monats-Frist.

Mit Schreiben vom , beim Bundesfinanzgericht per Telefax eingebracht am , wurden die Mängel, deren Behebung aufgetragen wurde, rechtzeitig behoben:

  1. 1.) Die Rechtsanwältin berief sich auf die ihr vom Bf. erteilte Bevollmächtigung, welche auch als Beilage übermittelt wurde.

  2. 2.) Die im Antrag genannten Formulare zur Arbeitnehmerveranlagung 2021 und 2022 seien im üblichen Geschäftsablauf noch am datierten Tag zur Schweizer Post gebracht worden. Unter Berücksichtigung einer angemessenen Postlaufzeit von drei bis vier Tagen seien sie in der Woche vom 12. Juni bis beim Finanzamt eingegangen.

Mit dem per Telefax eingebrachten Schreiben vom wurde auch ein Versicherungsdatenauszug der Österreichischen Sozialversicherung für den Bf. betreffend den Zeitraum vom bis übermittelt, wonach der Bf. in diesem Zeitraum mit Unterbrechungen jeweils beim selben österreichischen Arbeitgeber beschäftigt war.

Das Bundesfinanzgericht trug dem Finanzamt Österreich mit verfahrensleitendem Beschluss vom gemäß § 284 Abs. 2 BAO auf, bis spätestens die versäumten Entscheidungen zu erlassen und eine Abschrift dieser Entscheidungen dem Bundesfinanzgericht vorzulegen oder anzugeben, warum eine Verletzung der Pflicht zur Erlassung des Bescheides nicht oder nicht mehr vorliegt.

Das Finanzamt Österreich antwortete am dem Bundesfinanzgericht, dass - wie bereits im Beschluss dargelegt - eine österreichische Steuernummer für den Bf. nicht auffindbar sei. Bis dato seien keine Erklärungen eingebracht worden, sodass es zur Auflegung einer Steuernummer gekommen wäre. Auch im Scan-Vorrat befänden sich die geltend gemachten Anträge/Formulare L1, L1i, L1k nicht. Eine Verletzung der Entscheidungspflicht betrefffend Arbeitnehmerveranlagung 2021 und 2022 liege somit mangels vorliegender Anträge nicht vor.

Erwägungen des Bundesfinanzgerichtes

Sachverhalt:

Beim Finanzamt Österreich sind keine Anträge des Bf. auf Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung für die Jahre 2021 und 2022 eingelangt. Die diesbezüglichen, im Juni 2023 bei der Post in der Schweiz aufgegebenen, an das Finanzamt Österreich versendeten Formulare L1, L1i und L1k für die Jahre 2021 und 2022 sind beim Finanzamt Österreich nicht eingelangt.

Beweiswürdigung:

Wenn die Anträge des Bf. beim Finanzamt Österreich eingelangt wären, wären sie wie sämtliches Schriftgut eingescannt worden und hätten in weiterer Folge zur Vergabe einer österreichischen Steuernummer für den Bf. geführt, welcher die eingescannten Formulare zugeordnet worden wären. Da keine österreichische Steuernummer für den Bf. angelegt wurde und auch sonst die laut Vorbringen versendeten Formulare beim Finanzamt Österreich nicht erfasst worden sind, wird davon ausgegangen, dass die Formulare nicht beim Finanzamt Österreich eingelangt sind. Dieser Sachverhalt ist wahrscheinlicher als alternative Sachverhalte, nach welchen die gegenständlichen Anträge (Formulare) innerhalb des Finanzamtes Österreich in Verstoß geraten wären.

Das Vorbringen seitens des Bf., dass die gegenständlichen, an das Finanzamt Österreich gerichteten Anträge (Formulare) im Juni 2023 bei der Post in der Schweiz aufgegeben worden sind, ist glaubwürdig.

Rechtliche Würdigung:

§ 284 BAO Abs. 1 Satz 1 BAO bestimmt: "Wegen Verletzung der Entscheidungspflicht kann die Partei Beschwerde (Säumnisbeschwerde) beim Verwaltungsgericht erheben, wenn ihr Bescheide der Abgabenbehörden nicht innerhalb von sechs Monaten nach Einlangen der Anbringen oder nach dem Eintritt zur Verpflichtung zu ihrer amtswegigen Erlassung bekanntgegeben (§ 97) werden."

Im vorliegenden Fall geht es um zwei Anbringen (Antrag auf Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung für 2021 und Antrag auf Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung für 2022). Die Pflicht des Finanzamtes Österreich, über diese Anbringen zu entscheiden, setzt das Einlangen der Anbringen beim Finanzamt Österreich (auf einem zugelassenen Weg) voraus (vgl. Ellinger et al., § 284 BAO E 11 mit Verweisen auf VwGH; vgl. Fischerlehner in Fischerlehner/Brennsteiner, Abgabenverfahren I3, § 85a BAO, Rz 7, mit Verweis auf ; Anm.: Die Einbringung per Brief auf dem Postweg wäre jedenfalls zulässig gewesen).

Die Beförderung von Sendungen durch die Post erfolgt auf Gefahr des Absenders (Ellinger et al., § 108 BAO Anm. 10 und E16 bis E19 mit Verweisen auf VwGH; Ritz/Koran, BAO7, § 108 Rz 10 mit Verweis auf ; , 2005/15/0137; , 2010/17/0067; , 2008/13/0149).

Die Beweislast für das Einlangen des Schriftstückes bei der Behörde trifft nach der Judikatur den Absender (Ritz/Koran, BAO7, § 108 Rz 10 mit Verweis auf ; Fischerlehner in Fischerlehner/Brennsteiner, Abgabenverfahren I3, § 108 Rz 3 mit Verweis auf ). Hierfür reicht der Beweis der Postaufgabe nicht (Fischerlehner aaO mit Verweis auf , , ; ; Ritz/Koran, BAO7, § 108 Rz 10 mit Verweis auf ; , 2010/17/0067; , 2008/13/0149; , 2009/13/0001).

Da die beiden verfahrensgegenständlichen Anbringen nicht beim Finanzamt Österreich eingelangt sind, besteht keine diesbezügliche Entscheidungspflicht des Finanzamtes Österreich. Damit fehlt es an der vorgebrachten Verletzung der Entscheidungspflicht durch das Finanzamt Österreich und folglich an der Zulässigkeit, die gegenständliche Säumnisbeschwerde zu erheben.

Gemäß § 284 Abs. 7 BAO ist auf Säumnisbeschwerden u.a. sinngemäß anzuwenden:
"b)§ 260 Abs. 1 lit. a (Unzulässigkeit)"

§ 260 Abs. 1 lit. a BAO sieht die Zurückweisung einer nicht zulässigen Beschwerde vor. Dementsprechend ist im vorliegenden Fall vorzugehen.

Der seitens des Bf. vorsorglich gestellte Antrag, das Gericht möge nach Ablauf der zu setzenden Frist die Sachentscheidung treffen, wäre im Falle einer zulässigen Säumnisbeschwerde bei Nichteinhaltung der der Abgabenbehörde gesetzten Pflicht nur eine Wiederholung der ohnehin gemäß § 284 Abs. 3 BAO eintretenden Rechtsfolge. Im Falle einer unzulässigen Säumnisbeschwerde bleibt hingegen kein Raum für eine Sachentscheidung durch das Verwaltungsgericht.

Zur Unzulässigkeit einer (ordentlichen) Revision

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die ordentliche Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH) abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des VwGH nicht einheitlich beantwortet wird (Art. 133 Abs. 4 iVm Abs. 9 B-VG.

Die zu lösenden Rechtsfragen konnten im Einklang mit der Rechtsprechung des VwGH gelöst werden. Zu den wenigen Bereichen, in denen noch keine Rechtsprechung des VwGH vorliegt, ist festzuhalten: Angesichts der diesbezüglich eindeutigen Rechtslage ist nach ständiger Rechtsprechung des VwGH keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu lösen, weshalb die Revision nicht zulässig ist, selbst dann, wenn zu der anzuwendenden Norm noch keine Rechtsprechung des VwGH ergangen ist (vgl. ; ; ; ; , RNr. 10).

Die für die vorliegende Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes gelösten Tatfragen (Sachverhaltsfeststellungen, Beweiswürdigung) sind keine Rechtsfragen. Deshalb ist auch diesbezüglich die Revision an den VwGH nicht zulässig (vgl. ).

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 284 Abs. 7 lit. b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RS.7100096.2024

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at