Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 19.04.2024, RV/5100458/2022

Automationsunterstützt erstellter Verspätungszuschlagsbescheid

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/5100458/2022-RS1
In der Entscheidung , hat der Verwaltungsgerichtshof die Bescheidqualität eines rein automationsunterstützt erstellten Verspätungszuschlagsbescheides bejaht. Von der Wirksamkeit eines Bescheides zu trennen ist die Frage seiner Rechtmäßigkeit. Bereits seit dem Jahr 1985 werden Verspätungszuschläge bei Nichtabgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen im automatisierten Verfahren festgesetzt. Dabei wird lediglich eines der zu prüfenden Ermessenskriterien (Dauer der Fristüberschreitung) geprüft. Eine derartige Ermessensübung ist zwar mangelhaft und macht den Bescheid wegen unzureichender Begründung rechtswidrig und damit anfechtbar. Ein solcher Begründungsmangel kann aber – wie jeder andere einem Bescheid anhaftende Begründungsmangel auch – im Beschwerdeverfahren geltend gemacht und saniert werden (vgl. Ritz, BAO7, § 93 Tz 16 mit Hinweis auf ).

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr*** vertreten durch ***StB***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom zu Steuernummer ***BF1StNr1***, mit dem von der Vorauszahlung an Umsatzsteuer für den Zeitraum 07-09/2021 ein Verspätungszuschlag in Höhe von 835,43 € festgesetzt wurde, zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben. Der Verspätungszuschlag wird auf 417,72 € vermindert. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt von der Vorauszahlung an Umsatzsteuer für den Zeitraum 07-09/2021 in Höhe von 10.442,92 € gemäß § 135 BAO einen Verspätungszuschlag in Höhe von 8 %, das sind 835,43 € fest. In der Begründung wurde nur ausgeführt: "Die Festsetzung erfolgte, weil Sie, obwohl eine Verpflichtung zur Einreichung der Voranmeldung(en) bestand, die Voranmeldung(en) nicht bzw. verspätet eingereicht haben."

Dagegen richtet sich die Beschwerde vom . Der Beschwerdeführer habe ab 2018 zwei Doppelhaushälften in ***1*** errichtet, welche ab Ende 2020 bzw. Beginn 2021 vermietet worden seien. Die Steuererklärungen für die Jahre 2018 und 2019 wären am eingereicht worden. In der Folge habe es dazu drei Ergänzungsersuchen des Finanzamtes gegeben (am , am und am ). Darüber hinaus sei ab Februar 2022 für die Zeiträume 07/2020-06/2021 sowie 10/2021-12/2021 eine Umsatzsteuersonderprüfung durchgeführt worden. Im Rahmen dieser Prüfung seien auch die Ergänzungsersuchen miterledigt worden. Dabei sei "vereinbart" worden, dass für den nicht von der Prüfung erfassten Zeitraum 07-09/2021 eine Umsatzsteuervoranmeldung abgegeben wird. Diese Umsatzsteuervoranmeldung sei durch den steuerlichen Vertreter am eingereicht worden. Am seien schließlich auch die Steuererklärungen für die Jahre 2018 und 2019 veranlagt worden. Aufgrund der langen Dauer der Veranlagung in Zusammenhang mit drei Ergänzungsersuchen und einer Umsatzsteuersonderprüfung habe eine Unsicherheit über den weiteren Fortgang der steuerlichen Behandlung in Österreich bestanden, zumal der Beschwerdeführer in Deutschland ansässig und dort im Immobiliengeschäft tätig sei. Im Gegensatz zu Österreich sei in Deutschland die Vermietung zu Wohnzwecken jedoch unecht umsatzsteuerbefreit. Im Zuge der Umsatzsteuersonderprüfung sei mit dem Prüfer auch vereinbart worden, dass die Ergänzungsersuchen (wobei sich das Ergänzungsersuchen vom auch auf die Umsatzsteuervoranmeldungen bezog habe) im Zuge dieser Prüfung abgehandelt würden. Bei Abschluss der Prüfung sei dann - ebenfalls vereinbarungsgemäß - eine Umsatzsteuervoranmeldung für den nicht geprüften Zeitraum eingereicht worden. Es sei dem Beschwerdeführer wohl nicht zu verdenken, dass er angesichts einer Umsatzsteuergutschrift von rund 139.000 € (bereits abzüglich der Zahllast für die Umsatzsteuervoranmeldung 07-09/2021) für den gesamten Zeitraum 2018 bis März 2022 keine Verkürzung von Abgaben erkennen habe können. Der Beschwerdeführer stelle daher den Antrag, das Verwaltungsgericht wolle den angefochtenen Bescheid aufheben. Ferner werde eine Entscheidung durch den Senat und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unter Ausschluss der Öffentlichkeit beantragt.

Das Finanzamt wies diese Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom ab. Der "Umsatz für 7-9/2021" ergäbe sich aus der Rechnung Nr. 2021-001 vom , die der Beschwerdeführer an die ***4*** GmbH für einen Projektverkauf ausgestellt habe. Für die Frage der Entschuldbarkeit der verspäteten Einreichung der Umsatzsteuervoranmeldung für 7-9/2021 könne die in der Beschwerde eingewendete lange Dauer des Veranlagungsverfahrens nicht berücksichtigt werden. Aufgrund der Rechnungslegung sei bekannt gewesen, dass für den gegenständlichen Zeitraum eine Umsatzsteuervorauszahlung anfalle.

Dagegen richtet sich der Vorlageantrag vom , in dem ergänzend ausgeführt wurde:

"Wie bereits in der Beschwerde ausgeführt, fand eine Umsatzsteuersonderprüfung für die Zeiträume 07/2020-06/2021 sowie 10/2021-12/2021 statt. Der Zeitraum 07-09/2021 wurde dabei ausgeklammert, jedoch durch den Außenprüfer in Abstimmung mit dem Innendienst mitgeprüft. Dies erschien auch sachgerecht, da es sich um einen zusammenhängenden Vorgang (Errichtung eines Doppelhauses mit anschließender Vermietung) handelt. Als der steuerliche Vertreter des Beschwerdeführers nach Erhalt des Bescheides über den Verspätungszuschlag beim Prüfer deshalb verwundert nachgefragt hat, erhielt er zur Antwort, dass sich auch der Prüfer dies nicht erklären könne und es sich seines Erachtens nur um einen automatisiert erstellten Bescheid handeln könne.

Zeugenbeweis: Betriebsprüfer ***2***.

Ergänzend wird der angefochtene Bescheid hiermit auch aus formellen Gründen angefochten und dessen Aufhebung beantragt. Die Verhängung eines Verspätungszuschlags gemäß § 135 BAO ist eine Ermessensentscheidung. Sollte die Vermutung des Prüfers über eine automatisierte Erstellung zutreffen, so wäre der Bescheid allein aus diesem Grund rechtswidrig, da ein Computer keine Ermessensentscheidung treffen kann. Darüber hinaus fehlt dem Bescheid jegliche Begründung über die Ermessensübung. Nach der Rechtsprechung hat ein Verspätungszuschlagsbescheid eine Begründung über alle für die Ermessensübung maßgeblichen Umstände und Erwägungen zu enthalten. Er hat weiters das Vorliegen des Verschuldens nachvollziehbar zu begründen (dazu Ritz/Koran, BAO7, § 135 Rz 22 mwN). Neben einer Begründung über die Ausübung des Ermessens dem Grunde nach ist auch die Ermessensübung der Höhe nach zu begründen. Es ist in keiner Weise nachvollziehbar, warum ein Verspätungszuschlag im Ausmaß von 8 % festgesetzt wurde. Überdies fehlt dem angefochtenen Bescheid die Anführung des Sachverhaltes, den die Behörde (als Ergebnis ihrer Überlegungen zur Beweiswürdigung) als erwiesen annimmt. Diese Sachverhaltsdarstellung stellt jedoch ein zentrales Begründungselement dar (Ritz/Koran, BAO7, § 93 Rz 11). Eine weitere Rechtswidrigkeit des Bescheides besteht darin, dass dieser mit keiner Unterschrift versehen ist. Eine solche ist jedoch gemäß § 96 Abs. 1 BAO zwingender Bestandteil eines Bescheides. Ausgenommen davon sind gemäß § 96 Abs. 2 BAO lediglich Ausfertigungen, die mittels automationsunterstützter Datenverarbeitung erstellt werden. Wie bereits erwähnt, erscheint eine solche Vorgehensweise bei Ermessensentscheidungen jedoch denkunmöglich."

Am legte das Finanzamt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und beantragte die Abweisung derselben.

Die Anträge auf Entscheidung durch den Senat und Durchführung einer mündlichen Verhandlung zog die steuerliche Vertreterin des Beschwerdeführers mit Telefax vom zurück.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Der Beschwerdeführer ist deutscher Staatsbürger, war im beschwerdegegenständlichen Zeitraum in Deutschland (***3***) wohnhaft (Anschrift laut Rechnung vom ), und hat ab 2018 zwei Doppelhaushälften in ***1*** errichtet, welche ab Ende 2020 bzw. Beginn 2021 vermietet wurden.

Laut den im Abgabeninformationssystem gespeicherten Daten vertritt die steuerliche Vertreterin des Beschwerdeführers diesen seit .

Am wurden die Umsatzsteuererklärungen für die Jahre 2018 und 2019 eingereicht, in denen Vorsteuern aus der Errichtung des Wohnhauses in Höhe von 15.191,39 € (2018) und 108.072,95 € (2019) geltend gemacht wurden.

In weiterer Folge ergingen zu diesen beiden Steuererklärungen am und am Ergänzungsersuchen an den Beschwerdeführer.

Am wurde vom Erhebungsdienst des Finanzamtes eine Nachschau durchgeführt und dabei überprüft, ob es sich bei der errichteten Doppelhaushälfte und jene handelt, die im Zuge einer Internetrecherche ermittelt worden war.

In einem weiteren Ergänzungsersuchen vom wurde unter anderem darauf hingewiesen, dass bisher keine Umsatzsteuervoranmeldungen eingereicht worden seien. Dies möge umgehend für den Zeitraum ab 2020 bis laufend nachgeholt werden.

Die Umsatzsteuervoranmeldung für das dritte Quartal 2021 wäre bereits am einzureichen gewesen.

Mit Bescheid vom wurde der Prüfer ***2*** mit der Durchführung einer Umsatzsteuersonderprüfung für die Zeiträume 07/2020 bis 06/2021 und 10/2021 bis 12/2021 beauftragt. Die Prüfung wurde am begonnen.

Im Zuge dieser Prüfung wurden auch die Rechnungen aus der Errichtung des Wohnhauses und die daraus geltend gemachten Vorsteuern überprüft. Ferner hielt der Prüfer in seinem Arbeitsbogen fest: "UVA´s 2020 und 2021, UVAs außerhalb USO Zeitraum müssen nachgereicht werden. Die anderen werden festgesetzt." Zur Rechtslage hielt der Prüfer fest, dass der Beschwerdeführer deutscher Staatsbürger sei und im Inland eine Vermietung betreibe. Durch diese Vermietung im Inland müsse er Umsatzsteuer entrichten und sei er beschränkt steuerpflichtig. Die Kleinunternehmerregelung könne er nicht anwenden, auf diese möchte der Beschwerdeführer aber ohnehin verzichten. Ein Vorsteuererstattungsverfahren sei nicht nötig, weil es sich (bei der Errichtung des Wohnhauses) um Vorbereitungshandlungen für die im Inland ausgeführte unternehmerische Tätigkeit handle. Die Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug und die Umsatzsteuerschuld seien für den Beschwerdeführer im Wesentlichen die gleichen wie für einen Österreicher. Auf die Abhaltung einer Schlussbesprechung wurde verzichtet.

Am reichte die steuerliche Vertreterin elektronisch die Umsatzsteuervoranmeldung für das dritte Quartal 2021 ein. Darin wurden Umsätze, die mit dem Normalsteuersatz zu versteuern sind, in Höhe von 50.000,00 €, und Umsätze, die dem ermäßigten Steuersatz unterliegen, mit 4.913,64 €, neben Vorsteuern von 48,44 € erklärt. Daraus ergab sich eine Zahllast in Höhe von 10.442,92 €.

Der dem Normalsteuersatz unterliegende Umsatz von 50.000,00 € resultiert aus der Rechnung Nr. 2021-001, die der Beschwerdeführer am an die ***4*** GmbH für den Verkauf des Projektes Wohnpark ***5*** gelegt hatte.

Die Umsatzsteuervoranmeldung wurde noch am selben Tag () am Abgabenkonto gebucht.

Ferner erging am programmgesteuert der verfahrensgegenständliche Bescheid, mit dem von der für den Zeitraum 07-09/2021 vorangemeldeten Umsatzsteuerzahllast in Höhe von 10.442,92 € gemäß § 135 BAO ein Verspätungszuschlag in Höhe von 8 %, das sind 835,43 €, festgesetzt wurde.

Seit dem Jahr 1985 wird das Verfahren betreffend die Festsetzung von Verspätungszuschlägen automatisiert wahrgenommen. Nach dem Erlass des Bundesministeriums für Finanzen vom , O 252, Z. 72 30 02/1-VII/2/85, beträgt der Verspätungszuschlag dabei bei einer Verspätung


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bis zu 5 Arbeitstagen
0 Prozent
von 6 bis 10 Arbeitstagen
2 Prozent
von 11 bis 20 Arbeitstagen
5 Prozent
über 20 Arbeitstagen
8 Prozent

Soll bei der Festsetzung eines Verspätungszuschlages von dieser automatischen Regelung abgewichen werden, kann im dafür vorgesehenen Feld "Indikation" ein entsprechender Wert eingegeben werden.

Diese EDV-Programmierung lag auch dem gegenständlichen automationsunterstützt erstellten Bescheid zugrunde. Aufgrund der Verspätung von mehr als 20 Tagen (rund sechs Monate), wurde der Zuschlag mit 8 % bemessen.

Die Zahllast aus der Umsatzsteuervoranmeldung für das dritte Quartal 2021 wurde durch die am gebuchte Gutschrift aus dem Umsatzsteuerbescheid 2018 abgedeckt.

Mit Bericht vom wurde die Umsatzsteuersonderprüfung abgeschlossen. Aus den Veranlagungen zur Umsatzsteuer 2018 und 2019 sowie den Festsetzungen der Umsatzsteuervorauszahlungen aufgrund der Umsatzsteuersonderprüfung ergab sich zum am Abgabenkonto ein Guthaben von 137.940,25 €, das am an den Beschwerdeführer zurückgezahlt wurde.

2. Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ist unstrittig und ergibt sich aus den zitierten Aktenteilen, dem Vorbringen des Beschwerdeführers sowie den im Abgabeninformationssystem gespeicherten Daten.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I.

Gemäß § 21 Abs. 1 UStG 1994 hat der der Unternehmer spätestens am 15. Tag (Fälligkeitstag) des auf einen Kalendermonat (Voranmeldungszeitraum) zweitfolgenden Kalendermonates eine Voranmeldung bei dem für die Einhebung der Umsatzsteuer zuständigen Finanzamt einzureichen, in der er die für den Voranmeldungszeitraum zu entrichtende Steuer (Vorauszahlung) oder den auf den Voranmeldungszeitraum entfallenden Überschuß unter entsprechender Anwendung des § 20 Abs. 1 und 2 und des § 16 selbst zu berechnen hat. Die Voranmeldung gilt als Steuererklärung. Als Voranmeldung gilt auch eine berichtigte Voranmeldung, sofern sie bis zu dem im ersten Satz angegebenen Tag eingereicht wird. Der Unternehmer hat eine sich ergebende Vorauszahlung spätestens am Fälligkeitstag zu entrichten. Die Vorauszahlung und der Überschuß sind Abgaben im Sinne der Bundesabgabenordnung. Ein vorangemeldeter Überschuß ist gutzuschreiben, sofern nicht Abs. 3 zur Anwendung gelangt. Die Gutschrift wirkt auf den Tag der Einreichung der Voranmeldung, frühestens jedoch auf den Tag nach Ablauf des Voranmeldungszeitraumes, zurück. Die Übermittlung der Voranmeldungen hat elektronisch zu erfolgen. Ist dem Unternehmer die elektronische Übermittlung der Voranmeldung mangels technischer Voraussetzungen unzumutbar, hat die Übermittlung der Voranmeldungen auf dem amtlichen Vordruck zu erfolgen. Der Bundesminister für Finanzen wird ermächtigt, den Inhalt und das Verfahren der elektronischen Übermittlung der Voranmeldung mit Verordnung festzulegen. In der Verordnung kann vorgesehen werden, dass sich der Unternehmer einer bestimmten geeigneten öffentlich-rechtlichen oder privatrechtlichen Übermittlungsstelle zu bedienen hat.

Für Unternehmer, deren Umsätze nach § 1 Abs. 1 Z 1 und 2 im vorangegangenen Kalenderjahr 100 000 Euro nicht überstiegen haben, ist das Kalendervierteljahr der Voranmeldungszeitraum; der Unternehmer kann jedoch durch fristgerechte Abgabe einer Voranmeldung für den ersten Kalendermonat eines Veranlagungszeitraumes mit Wirkung für den ganzen Veranlagungszeitraum den Kalendermonat als Voranmeldungszeitraum wählen (§ 21 Abs. 2 UStG 1994).

Abgabepflichtigen, die die Frist zur Einreichung einer Abgabenerklärung nicht wahren, kann die Abgabenbehörde gemäß § 135 BAO einen Zuschlag bis zu 10 Prozent der festgesetzten Abgabe (Verspätungszuschlag) auferlegen, wenn die Verspätung nicht entschuldbar ist; solange die Voraussetzungen für die Selbstberechnung einer Abgabe durch den Abgabepflichtigen ohne abgabenbehördliche Festsetzung gegeben sind, tritt an die Stelle des festgesetzten Betrages der selbst berechnete Betrag. Dies gilt sinngemäß, wenn nach den Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe einem abgabenrechtlich Haftungspflichtigen obliegt. Verspätungszuschläge, die den Betrag von 50 Euro nicht erreichen, sind nicht festzusetzen.

Zweck des Verspätungszuschlags ist, den rechtzeitigen Eingang der Abgabenerklärungen und damit die zeitgerechte Festsetzung und Entrichtung der Abgabe sicherzustellen (Ritz, BAO7, § 135 Tz 1 mwN).

Die Festsetzung von Verspätungszuschlägen liegt dem Grunde und der Höhe nach im Ermessen. Sie setzt voraus, dass ein Abgabepflichtiger die Frist zur Einreichung einer Abgabenerklärung nicht einhält und dass dies nicht entschuldbar ist (Ritz, a.a.O., § 135 Tz 4 mwN).

Die Umsatzsteuervoranmeldung für das dritte Quartal 2021 wäre bis einzureichen gewesen, wurde von der steuerlichen Vertreterin des Beschwerdeführers aber erst am , somit sechs Monate verspätet, elektronisch eingereicht.

Eine Verspätung ist nicht entschuldbar, wenn den Abgabepflichtigen daran ein Verschulden trifft; bereits leichte Fahrlässigkeit schließt die Entschuldbarkeit aus (Ritz, a.a.O., § 135 Tz 10).

Kein Verschulden liegt vor, wenn die Partei der vertretbaren Rechtsansicht war, dass sie keine Abgabenerklärung einzureichen hat und daher die Einreichung unterlässt (). Gesetzesunkenntnis oder irrtümliche, objektiv fehlerhafte Rechtsauffassungen sind (z.B. nach ) nur dann entschuldbar und nicht als Fahrlässigkeit zuzurechnen, wenn die objektiv gebotene, der Sache nach pflichtgemäße, nach den subjektiven Verhältnissen zumutbare Sorgfalt nicht außer Acht gelassen wurde.

Ein Verschulden des Vertreters trifft den Vertretenen, der Verspätungszuschlag ist dem Vertretenen gegenüber festzusetzen ().

Der Beschwerdeführer ist seit steuerlich vertreten. Die steuerliche Vertreterin brachte in der Beschwerde vor, dass aufgrund der langen Dauer der Veranlagung (gemeint offenbar: des Beschwerdeführers zur Umsatzsteuer 2018 und 2019) in Zusammenhang mit drei Ergänzungsersuchen und einer Umsatzsteuersonderprüfung eine Unsicherheit über die steuerliche Behandlung in Österreich bestanden habe. Es kann durchaus vorkommen, dass auch bei einer berufsmäßigen steuerlichen Vertreterin Zweifel über die richtige steuerliche Beurteilung eines Sachverhaltes bestehen. In einem solchen Fall ist jedoch auch diese (ebenso wie jeder Abgabepflichtige) gehalten, sich unter Einhaltung der objektiv gebotenen, der Sache nach pflichtgemäßen, nach den subjektiven Verhältnissen zumutbaren Sorgfalt zeitgerecht über die rechtliche Beurteilung eines Sachverhaltes - allenfalls durch Anfrage bei der Abgabenbehörde - zu informieren. Eine solche Informationsbeschaffung ist jedoch nicht aktenkundig. Die Rechnung über den Verkauf des Projektes Wohnpark ***5***, in der ein Kaufpreis von 50.000,00 € und eine Umsatzsteuer von 10.000,00 € ausgewiesen werden, datiert vom . Spätestens zu diesem Zeitpunkt wäre daher von der steuerlichen Vertreterin abzuklären gewesen, ob der Beschwerdeführer in Österreich umsatzsteuerpflichtig ist. Dass die steuerliche Vertreterin davon offensichtlich ohnehin ausgegangen ist, wird durch die Einreichung der Umsatzsteuererklärungen 2018 und 2019 am , rund zwei Monate vor dem Termin zur Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldung für das dritte Quartal 2021 (), dokumentiert.

Zutreffend hat das Finanzamt in der Beschwerdevorentscheidung darauf hingewiesen, es sei schon aufgrund der Rechnungslegung bekannt gewesen, dass für den gegenständlichen Zeitraum eine Umsatzsteuervorauszahlung anfalle. In diesem Zusammenhang wird auf die Bestimmung des § 11 Abs. 12 UStG 1994 idF BGBl I 91/2019 hingewiesen: Hat der Unternehmer in einer Rechnung für eine Lieferung oder sonstige Leistung einen Steuerbetrag, den er nach diesem Bundesgesetz für den Umsatz nicht schuldet, gesondert ausgewiesen, so schuldet er diesen Betrag auf Grund der Rechnung, wenn er sie nicht gegenüber dem Abnehmer der Lieferung oder dem Empfänger der sonstigen Leistung entsprechend berichtigt.

Ferner wurde in der Beschwerde vorgebracht, es wäre mit dem Prüfer im Zuge der Umsatzsteuersonderprüfung "vereinbart" worden, dass für den nicht von der Umsatzsteuersonderprüfung erfassten Zeitraum 07-09/2021 eine Umsatzsteuervoranmeldung abgegeben wird. Eine solche "Vereinbarung" ist weder im Arbeitsbogen des Prüfers ersichtlich, noch wäre eine solche Vereinbarung notwendig oder zulässig gewesen. Der Prüfer hat vielmehr festgestellt, dass Umsatzsteuervoranmeldungen für Zeiträume außerhalb der Umsatzsteuersonderprüfung nachgereicht werden müssen. Die Pflicht zur Einreichung dieser Voranmeldung ergibt sich aus § 21 UStG 1994 und bedarf keiner "Vereinbarung". Dass der Prüfer eine Frist zur Nachreichung der Voranmeldung für das dritte Quartal 2021 gewährt hätte, wurde weder konkret behauptet noch ist dies aktenkundig. Zwar kann auch die Frist zur Einreichung einer Umsatzsteuervoranmeldung verlängert werden (Ritz, a.a.O.., § 134 Tz 4), dies setzt jedoch einen entsprechenden Antrag voraus, über den die Abgabenbehörde (nicht der Prüfer) bescheidmäßig abzusprechen hat. Außerdem sind Anträge auf Fristverlängerung iSd § 134 Abs. 2 erster Satz BAO nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes begrifflich nur innerhalb offener Frist möglich (Ritz, a.a.O., § 134 Tz 4 mit Judikaturnachweisen). Die Frist zur Einreichung der Umsatzsteuervoranmeldung für das dritte Quartal 2021 war bereits im Zeitpunkt des Beginns der Umsatzsteuersonderprüfung längst abgelaufen. Von der Aufnahme des beantragten Beweises wurde aus diesem Grund abgesehen.

Insgesamt gesehen wurden daher keine Gründe aufgezeigt, dass die verspätete Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldung für das dritte Quartal 2021 entschuldbar wäre. Die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen für die Festsetzung eines Verspätungszuschlages lagen daher vor.

Bei der Ermessensübung sind vor allem das Ausmaß der Fristüberschreitung, die Höhe des durch die verspätete Einreichung der Abgabenerklärung erzielten finanziellen Vorteils, das bisherige steuerliche Verhalten und der Grad des Verschuldens zu berücksichtigen (Ritz, a.a.O., § 135 Tz 13 mit zahlreichen Judikaturnachweisen).

Das Ausmaß der Fristüberschreitung wurde bereits oben mit sechs Monaten festgestellt. Die Höhe des durch die verspätete Abgabe der Erklärung erzielten finanziellen Vorteils ist angesichts des im Zeitraum vom bis gegeben gewesenen Zinsniveaus bei einer Umsatzsteuerzahllast von 10.442,92 € vernachlässigbar. Dazu kommt, dass die Zahllast ohnehin durch den Vorsteuerüberschuss aus der Veranlagung zur Umsatzsteuer 2018 zur Gänze abgedeckt wurde. Ein bisher negatives steuerliches Verhalten des Beschwerdeführers konnte nicht festgestellt werden. Der Grad des dem Beschwerdeführer zuzurechnenden Verschuldens seiner steuerlichen Vertreterin geht nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes unter Berücksichtigung aller Einzelfallumstände nicht über den minderen Grad des Versehens hinaus, sodass insgesamt ein Verspätungszuschlag in Höhe von 417,72 € (4 % von 10.442,92 €) angemessen ist.

Zu der im Vorlageantrag angesprochenen automatisierten Erstellung des angefochtenen Verspätungszuschlagsbescheides wird zunächst auf die Entscheidung , verwiesen, in welcher der Verwaltungsgerichtshof die Bescheidqualität eines rein automationsunterstützt erstellten Verspätungszuschlagsbescheides bejaht hat. Der automationsunterstützt erstellte Verspätungszuschlagsbescheid bedurfte daher gemäß § 96 Abs. 2 BAO weder einer Unterschrift noch einer Beglaubigung und gilt als durch den Leiter der auf der Ausfertigung bezeichneten Abgabenbehörde genehmigt.

Von der Wirksamkeit eines Bescheides zu trennen ist die Frage seiner Rechtmäßigkeit. Bereits seit dem Jahr 1985 werden im automatisierten Verfahren die oben angeführten Verspätungszuschläge bei Nichtabgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen verhängt. Eine Ermessensübung, bei der lediglich eines der zu prüfenden Ermessenskriterien (Dauer der Fristüberschreitung) geprüft wird, ist zwar mangelhaft und macht den Bescheid wegen unzureichender Begründung rechtswidrig und damit anfechtbar. Ein solcher Begründungsmangel kann aber - wie jeder andere einem Bescheid anhaftende Begründungsmangel auch - im Beschwerdeverfahren geltend gemacht und saniert werden (vgl. Ritz, a.a.O., § 93 Tz 16 mit Hinweis auf ).

Wie der vorliegende Fall deutlich zeigt, bietet auch die Veranlassung eines Verspätungszuschlagsbescheides durch einen Organwalter der Abgabenbehörde keine Gewähr dafür, dass eine mängelfreie, alle ermessensrelevanten Gesichtspunkte berücksichtigende Begründung eines Bescheides gegeben ist. In der verfahrensgegenständlichen Beschwerdevorentscheidung, die an die Stelle des angefochtenen Bescheides getreten ist und diesen zur Gänze ersetzt hat (Ritz, a.a.O. § 263 Tz 11), wurde kein einziges der oben angeführten Ermessenskriterien näher geprüft. Die Mangelhaftigkeit der Begründung der Beschwerdevorentscheidung kann in einem Vorlageantrag aufgezeigt, und vom Bundesfinanzgericht in seinem Erkenntnis saniert werden. In Massenverfahren, wie es die Verfahren zur Festsetzung von Säumnis- oder Verspätungszuschlagsbescheiden sind, setzt die Prüfung der Besonderheiten des Einzelfalles regelmäßig erst im Rechtsmittelverfahren ein (vgl. Zorn, VwGH zur Wirksamkeit von EDV-Nebengebührenbescheiden, RdW 2007, 252, vorletzter Absatz).

Überholt ist mittlerweile auch die Ansicht von Zorn (a.a.O.), dass andere als Nebengebühren- und Nebenanspruchsbescheide, wie etwa Einkommensteuerbescheide oder Umsatzsteuerbescheide, ausnahmslos auf eine individuelle Entscheidung des Finanzamtes zurückzuführen sein müssten. So wird beispielsweise in Punkt 4.6.1.5. des Organisationshandbuches für das Finanzamt Österreich betreffend die Allgemeinveranlagung bestimmt (eine inhaltsgleiche Regelung findet sich in Punkt 4.7.2 für die Betriebsveranlagung):

Für Erstbescheide erfolgt die Fallauswahl auf Grund von bestimmten Risikokriterien durch die EDV, die zur Vorbescheidkontrolle (VK) führen.

Zusätzlich werden Fälle nach dem Zufallsprinzip ausgewählt (Kontrollgruppe).

Die Nachbescheidkontrolle (NK) erfolgt in periodischen Abständen, welche zentral festgelegt werden.

Darüber hinaus besteht für die Bearbeitenden die Möglichkeit, eine individuelle Fallauswahl durch Setzung eines individuellen Kontrolljahres (IKJ) auszulösen.

Wird im Bereich der Veranlagung ein Fall nicht aufgrund bestimmter Risikokriterien durch die EDV zur Vorbescheidkontrolle oder nach dem Zufallsprinzip für die Kontrollgruppe ausgewählt, erfolgt regelmäßig eine Veranlagung rein automationsunterstützt ohne weiteres Zutun eines Organwalters des Finanzamtes Österreich. Auch die Veranlagung zur Einkommen- und Umsatzsteuer ist damit im Regelfall mittlerweile ein Massenverfahren, in dem die Bescheiderlassung auf keine individuelle Entscheidung des Finanzamtes zurückzuführen ist.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Da im gegenständlichen Verfahren die entscheidungsrelevanten Rechtsfragen bereits ausreichend durch die zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geklärt sind, und die Entscheidung von dieser Rechtsprechung nicht abweicht, ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 21 Abs. 2 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
§ 135 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 21 Abs. 1 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.5100458.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at