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Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 12.04.2024, RV/7106316/2019

Beschwerde gegen Pfändungsbescheid (Zahlungsverbot)

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/7106316/2019-RS1
Ob die gepfändete Forderung besteht oder nicht, ist nicht Gegenstand der Prüfung im Pfändungsverfahren. Hierüber kann nur im Streit zwischen Überweisungsgläubiger und Drittschuldner entschieden werden. Der Bestand der Forderung ist daher im Exekutionsbewilligungs(Pfändungs)verfahren nicht zu prüfen; die Prüfung erstreckt sich in diesem nur darauf, ob die Forderung bestehen und dem Schuldner zustehen kann (Schlüssigkeitsprüfung) und ob etwa Unpfändbarkeit vorliegt. Alle Einwendungen gegen den Bestand (oder die Höhe) der gepfändeten Forderungen, die der Drittschuldner gegenüber dem Abgabepflichtigen hat, sind im Drittschuldnerprozess und nicht mit Beschwerde gegen den Pfändungs- und Überweisungsbescheid geltend zu machen (vgl. und vom , 90/14/0020).
RV/7106316/2019-RS2
Eine mit der Begründung des Nichtbestandes der gepfändeten Forderung eingebrachte Beschwerde ist als unzulässig zurückzuweisen, weil über Frage des Bestandes und des Umfanges der Forderung nur im Zivilrechtsweg abgesprochen werden kann (vgl. , vom , RV/7102815/2018 und vom , RV/7102814/2018 sowie , vom , RV/1317-W/03, vom , RV/0032-W/04).
RV/7106316/2019-RS3
Gemäß § 264 Abs. 3 BAO gilt die Bescheidbeschwerde von der Anbringung des Vorlageantrages an wiederum als unerledigt, wenn ein Vorlageantrag rechtzeitig eingebracht wird. Das Verwaltungsgericht trifft die Verpflichtung, über die Beschwerde – unter Berücksichtigung des Tatsachen- und Rechtsvorbringens des Vorlageantrages – zu entscheiden. Trotz der Einbringung eines Vorlageantrages ist allein die Beschwerde Gegenstand des Rechtsmittelverfahrens. Anfechtungsobjekt des Rechtsmittelverfahrens kann nur der angefochtene Bescheid sein. Durch die abschließende Erledigung der Beschwerde tritt die Beschwerdevorentscheidung außer Kraft (vgl. Tanzer/Unger in Rzeszut/Tanzer/Unger, BAO: Stoll Kommentar –Digital First, Onlineaktualisierung 2., § 264 Rz 7 und Ritz/Koran, BAO7, § 267 Rz 3).
RV/7106316/2019-RS4
Sollte die gepfändete Forderung nicht (oder noch nicht) bestehen, so ging die Exekution ins Leere. Eine Verletzung von Rechten des Beschwerdeführers als Drittschuldner durch das Drittverbot ist für diesen Fall nicht denkbar. Eine Forderungspfändung, die von vornherein ins Leere gegangen ist, entfaltet keine Wirkung und ein Pfandrecht wäre nicht begründet worden. In diesem Fall wäre eine gegen das Zahlungsverbot ergriffene Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen gewesen (vgl. und vom , 90/13/0046).

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht fasst durch die Richterin Mag. Lisa Fries in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, betreffend Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Baden Mödling (nunmehr Finanzamt Österreich) vom betreffend Pfändung einer Geldforderung den Beschluss:

Die Beschwerde wird gemäß § 260 Abs. 1 lit. a BAO als nicht zulässig zurückgewiesen.

Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung

Verfahrensgang

Mit dem angefochtenen an den Beschwerdeführer gerichteten Bescheid vom pfändete das Finanzamt Baden Mödling (nunmehr Finanzamt Österreich, in der Folge belangte Behörde) zur Hereinbringung der Abgabenschuldigkeiten der Abgabenschuldnerin ***AS*** (Anmerkung laut Firmenbuchauszug vom lautet die neue Bezeichnung der Abgabenschuldnerin nunmehr ***ASneueBezeichnung***) in der Höhe von 675.155,87 € sowie der Gebühren und Barauslagen für die Pfändung in der Höhe von 6.755,91 € (gesamt somit 681.911,78 €) die der Abgabenschuldnerin angeblich gegen den Beschwerdeführer zustehende Forderung in unbekannter Höhe gemäß § 65 AbgEO. Erläuternd wurde ausgeführt: "Pfändung des Treuhanderlages aus dem Kaufvertrag zwischen ***AS*** und ***Käufer***, Kaufvertrag vom ***ttmm2019*** bzw. Treuhandvereinbarung vom ***ttmm2019***." Der Beschwerdeführer wurde darauf hingewiesen, dass er, soweit die Forderungen gepfändet seien, nicht mehr an die Abgabenschuldnerin zahlen dürfe.

Ebenfalls mit Bescheid der belangten Behörde vom wurde die der Abgabenschuldnerin gegen den Beschwerdeführer zustehende mit Bescheid vom gepfändete Forderung in Höhe von 681.911,78 € gemäß § 71 AbgEO der Republik Österreich bis zur Höhe der vollstreckbaren Forderung zur Einziehung überwiesen.

Gegen den Pfändungsbescheid erhob der Beschwerdeführer Beschwerde. Dieser waren unter anderem der Kaufvertrag vom ***ttmm2019*** sowie die Treuhandvereinbarung vom ***ttmm2019*** beigelegt.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde gemäß § 260 BAO zurückgewiesen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, das dem Drittschuldner in § 65 AbgEO eingeräumte Beschwerderecht könne nur ausgenützt werden, um die Unpfändbarkeit der Forderung geltend zu machen. Über die Frage des Bestandes und des Umfanges der Forderung könne nur im Zivilrechtsweg abgesprochen werden.

Mit Vorlageantrag vom beantragte der Beschwerdeführer die Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht. Inhaltliches Vorbringen enthält der Vorlageantrag nicht.

Die Zuständigkeit der Gerichtsabteilung GA 1007 zur Entscheidung über die Beschwerde ergibt sich aus der Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom . Die Umverteilung trat am in Kraft.

Feststellungen

Mit Bescheid vom wurde zur Hereinbringung der Abgabenschuldigkeiten sowie der Gebühren und Barauslagen für die Pfändung in der Höhe von gesamt 681.911,78 € die der Abgabenschuldnerin angeblich gegen den Beschwerdeführer zustehende Forderung betreffend den Treuhanderlag aus dem Kaufvertrag zwischen ***AS*** und ***Käufer*** gepfändet.

Die Beschwerde wendet sich gegen den Bestand der Forderung.

In Pkt. 3.4 des Kaufvertrags und Pkt. II. der Treuhandvereinbarung (jeweils vom ***ttmm2019***) wird der Beschwerdeführer als Treuhänder angewiesen, umgehend nach Erhalt des Nachweises des Eintritts verschiedener Bedingungen sowie nach Übergabe des Kaufgegenstandes und des Warenlagers verschiedene Überweisungen zu tätigen. Unter anderem sollte der Betrag von 850.000 € an ein auf die Verkäuferin (Abgabenschuldnerin) lautendes Konto (jeweils lit. c) sowie ein allfälliger Restbetrag an die Verkäuferin (Abgabenschuldnerin) auf deren Konto bzw. IBAN (Anmerkung nicht deckungsgleich mit dem unter lit. c genannten Konto) überwiesen werden (jeweils lit. e).

Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus den vorliegenden Verwaltungsakten, insbesondere dem angefochtenen Bescheid, der dagegen erhobenen Beschwerde, dem Kaufvertrag und der Treuhandvereinbarung.

Die Feststellung, dass sich die Beschwerde gegen den Bestand der Forderung richtet, gründet auf dem Vorbringen in der Beschwerde. In dieser führte der Beschwerdeführer - nach Bezifferung des noch bei ihm erliegenden Geldbetrages und der diesem insbesondere gegenüberstehenden Forderungen zweier Gläubiger - aus, gemäß dem Wortlaut der Treuhandvereinbarung besteht seitens des Abgabenschuldners gegenüber dem Beschwerdeführer unmittelbar keine Forderung bzw. bietet der Wortlaut der Treuhandvereinbarung alleine keine Grundlage dafür, dass der Beschwerdeführer an den Abgabenschuldner direkt Zahlung leistet.

Rechtliche Erwägungen

Gemäß § 65 Abs. 1 Abgabenexekutionsordnung (AbgEO), BGBl. Nr. 104/1949, idgF erfolgt die Vollstreckung auf Geldforderungen des Abgabenschuldners mittels Pfändung derselben. Im Pfändungsbescheid sind die Höhe der Abgabenschuld und der Gebühren und Auslagenersätze (§ 26 AbgEO) anzugeben. Sofern nicht die Bestimmung des § 67 AbgEO zur Anwendung kommt, geschieht die Pfändung dadurch, dass die Abgabenbehörde dem Drittschuldner verbietet, an den Abgabenschuldner zu bezahlen. Zugleich ist dem Abgabenschuldner selbst jede Verfügung über seine Forderung sowie über das für dieselbe etwa bestellte Pfand und insbesondere die Einziehung der Forderung zu untersagen. Ihm ist aufzutragen, bei beschränkt pfändbaren Geldforderungen unverzüglich dem Drittschuldner allfällige Unterhaltspflichten und das Einkommen der Unterhaltsberechtigten bekanntzugeben.

Gemäß § 65 Abs. 2 AbgEO ist sowohl dem Drittschuldner wie dem Abgabenschuldner hiebei mitzuteilen, dass die Republik Österreich an der betreffenden Forderung ein Pfandrecht erworben hat. Das Zahlungsverbot ist mit Zustellnachweis zuzustellen, wobei die Zustellung an einen Ersatzempfänger zulässig ist.

Gemäß § 65 Abs. 3 AbgEO ist die Pfändung mit Zustellung des Zahlungsverbotes an den Drittschuldner als bewirkt anzusehen.

Gemäß § 65 Abs. 4 AbgEO kann der Drittschuldner das Zahlungsverbot anfechten oder bei der Abgabenbehörde die Unzulässigkeit der Vollstreckung nach den darüber bestehenden Vorschriften geltend machen.

Wie in freier Beweiswürdigung festgestellt, wendet sich die vorliegende Beschwerde gegen den Bestand der Forderung.

Ob die gepfändete Forderung aber besteht oder nicht, ist nicht Gegenstand der Prüfung im Pfändungsverfahren. Hierüber kann nur im Streit zwischen Überweisungsgläubiger und Drittschuldner entschieden werden. Der Bestand der Forderung ist daher im Exekutionsbewilligungs(Pfändungs)verfahren nicht zu prüfen; die Prüfung erstreckt sich in diesem nur darauf, ob die Forderung bestehen und dem Schuldner zustehen kann (Schlüssigkeitsprüfung) und ob etwa Unpfändbarkeit vorliegt. Alle Einwendungen gegen den Bestand (oder die Höhe) der gepfändeten Forderungen, die der Drittschuldner gegenüber dem Abgabepflichtigen hat, sind im Drittschuldnerprozess und nicht mit Beschwerde gegen den Pfändungs- und Überweisungsbescheid geltend zu machen (vgl. und vom , 90/14/0020).

Die Punkte Pkt 3.4 lit. c und e des Kaufvertrags und Pkt. II. lit. c und e der Treuhandvereinbarung, wonach ein Betrag von 850.000 € an ein auf die Verkäuferin (Abgabenschuldnerin) lautendes Konto sowie ein allfälliger Restbetrag an die Verkäuferin (Abgabenschuldnerin) auf ein anderes Konto überwiesen werden sollen, lassen es jedenfalls nicht als unschlüssig erscheinen, dass eine Forderung der Abgabenschuldnerin gegen den Beschwerdeführer besteht. Hinweise auf eine Unpfändbarkeit der Forderung liegen nicht vor.

Nach der hg. Rechtsprechung ist eine mit der Begründung des Nichtbestandes der gepfändeten Forderung eingebrachte Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen, weil über die Frage des Bestandes und des Umfanges der Forderung nur im Zivilrechtsweg abgesprochen werden kann (vgl. , vom , RV/7102815/2018 und vom , RV/7102814/2018 sowie , vom , RV/1317-W/03, vom , RV/0032-W/04).

Gemäß § 264 Abs. 3 BAO gilt die Bescheidbeschwerde von der Anbringung des Vorlageantrages an wiederum als unerledigt, wenn ein Vorlageantrag rechtzeitig eingebracht wird. Das Verwaltungsgericht trifft die Verpflichtung, über die Beschwerde - unter Berücksichtigung des Tatsachen- und Rechtsvorbringens des Vorlageantrages - zu entscheiden. Trotz der Einbringung eines Vorlageantrages ist allein die Beschwerde Gegenstand des Rechtsmittelverfahrens. Anfechtungsobjekt des Rechtsmittelverfahrens kann nur der angefochtene Bescheid sein. Durch die abschließende Erledigung der Beschwerde tritt die Beschwerdevorentscheidung außer Kraft (vgl. Tanzer/Unger in Rzeszut/Tanzer/Unger, BAO: Stoll Kommentar -Digital First, Onlineaktualisierung 2., § 264 Rz 7 und Ritz/Koran, BAO7, § 267 Rz 3).

Die Beschwerde war daher gemäß § 260 Abs. 1 lit. a BAO als unzulässig zurückzuweisen und nicht - wie im Vorlagebericht beantragt - abzuweisen.

Darüber hinaus führte selbst das Vorbringen des Beschwerdeführers, wonach eine Forderung aus der Treuhandvereinbarung nicht abzuleiten sei, zur Zurückweisung der Beschwerde. Sollte die gepfändete Forderung nicht (oder noch nicht) bestehen, so ginge die Exekution ins Leere. Eine Verletzung von Rechten des Beschwerdeführers als Drittschuldner durch das Drittverbot ist für diesen Fall nicht denkbar. Eine Forderungspfändung, die von vornherein ins Leere gegangen ist, entfaltet keine Wirkung und ein Pfandrecht wäre nicht begründet worden. In diesem Fall wäre eine gegen das Zahlungsverbot ergriffene Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen gewesen (vgl. und vom , 90/13/0046).

Zulässigkeit einer Revision

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere, weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Im Beschwerdefall liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht vor. Dass die Frage, ob die gepfändete Forderung besteht oder nicht, nicht Gegenstand der Prüfung im Pfändungsverfahren, ist, sondern in diesem lediglich zu prüfen ist, ob die Forderung bestehen und dem Schuldner zustehen kann (Schlüssigkeitsprüfung) und ob etwa Unpfändbarkeit vorliegt, entspricht der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. und vom , 90/14/0020).

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 65 Abs. 3 AbgEO, Abgabenexekutionsordnung, BGBl. Nr. 104/1949
§ 65 Abs. 4 AbgEO, Abgabenexekutionsordnung, BGBl. Nr. 104/1949
§ 65 Abs. 2 AbgEO, Abgabenexekutionsordnung, BGBl. Nr. 104/1949
§ 264 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7106316.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at