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Bescheidbeschwerde – Senat – Beschluss, BFG vom 26.03.2024, RV/7300011/2024

Aus dem Erkenntnis des Spruchsenates ist nicht zu ersehen, dass der Spruchsenat über alle Finanzvergehen laut Stellungnahme der Amtsbeauftragten entschieden hätte. Die Entscheidung war aufzuheben und zur neuerlichen Entscheidung über alle vorgeworfenen Finanzvergehen zurückzuverweisen.

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/7300011/2024-RS1
Der Spruch und die Begründung sind gemäß § 135 Abs. 1 lit. g FinStrG in der Niederschrift über die mündliche Verhandlung zumindest in groben Umrissen zu dokumentieren. Ein bloßer Verweis auf den Schuldspruch gemäß § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG, ohne auch die dazugehörenden Zeiträume oder strafbestimmenden Wertbeträge zu erwähnen, erfüllt die gesetzlichen Voraussetzungen nicht.
Folgerechtssätze
RV/7300011/2024-RS2
wie RV/6300006/2021-RS2
Wenn die Finanzstrafbehörde die Strafverfahren wegen aller Taten gem § 61 Abs 1 FinStrG verbunden hat, so ist vom Spruchsenat auch über alle Taten abzusprechen, sofern von diesem nicht einzelne Taten ausgeschieden wurden. Sollte im Erkenntnis des Spruchsenates über einzelne Taten nicht abgesprochen worden sein oder Feststellungen zu den diesen gänzlich fehlen, ist das Erkenntnis gem § 161 Abs 4 FinStrG aufzuheben.

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Der Vorsitzende des Finanzstrafsenates Wien 2 des Bundesfinanzgerichtes Mag. Gerhard Groschedl hat in der Finanzstrafsache gegen Herrn ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch AUSTRIA TREUHAND Holding SteuerberatungsgmbH, Mariahilfer Straße 1C Tür Top 4a, 1060 Wien, wegen der Finanzvergehen der Finanzordnungswidrigkeiten gemäß § 49 Abs. 1 lit. a des Finanzstrafgesetzes (FinStrG) über die Beschwerden des Beschuldigten vom und der Amtsbeauftragten vom (Eingang ) gegen das Erkenntnis des Spruchsenates beim Amt für Betrugsbekämpfung als Finanzstrafbehörde vom , SpS-1, Geschäftszahl **FV1**, beschlossen:

Das angefochtene Erkenntnis des Spruchsenates vom , SpS-1, Geschäftszahl **FV1**, wird gemäß § 161 Abs. 4 FinStrG aufgehoben und die Finanzstrafsache in ihrem gesamten Umfang an die Finanzstrafbehörde zur neuerlichen Entscheidung zurückverwiesen.

Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a Abs. 3 Verwaltungsgerichtshofgesetz (VwGG) eine abgesonderte Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig.

Begründung

Mit Erkenntnis des Spruchsenates beim Amt für Betrugsbekämpfung Bereich Finanzstrafsachen als Finanzstrafbehörde vom , SpS-1, Geschäftszahl **FV1**, wurde Herr ***Bf1***, geb. 1980, Geschäftsführer, wohnhaft in ***Bf1-Adr***, schuldig erkannt, er habe in Wien als für die abgabenrechtlichen Belange der A-GmbH verantwortlicher Geschäftsführer vorsätzlich folgende selbst zu berechnende Abgaben nicht spätestens am fünften Tag nach Fälligkeit entrichtet (abgeführt) und bis zu diesem Zeitpunkt auch nicht die Höhe des geschuldeten Betrages bekannt gegeben, und zwar

Lohnsteuer 04/2020 von € 23,83,
Dienstgeberbeitrag 04/2020 von € 62,68,
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 04/2020 von € 6,12

Lohnsteuer 05/2020 von € 23,83,
Dienstgeberbeitrag 05/2020 von € 9,20,
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 05/2020 von € 0,90

Lohnsteuer 06/2020 von € 23,83,
Dienstgeberbeitrag 06/2020 von € 128,88,
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 06/2020 von € 12,58

Lohnsteuer 07/2020 von € 43,21,
Dienstgeberbeitrag 07/2020 von € 94,26,
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 07/2020 von € 9,18

Lohnsteuer 08/2020 von € 88,55
Dienstgeberbeitrag 08/2020 von € 199,72,
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 08/2020 von € 218,84

Lohnsteuer 09/2020 von € 23,83,
Dienstgeberbeitrag 09/2020 von € 205,32,
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 09/2020 von € 20,00

Lohnsteuer 10/2020 von € 80,36,
Dienstgeberbeitrag 10/2020 von € 70,01,
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 10/2020 von € 6,82

Lohnsteuer 11/2020 von € 65,97,
Dienstgeberbeitrag 11/2020 von € 169,46,
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 11/2020 von € 16,54

Lohnsteuer 12/2020 von € 423,63,
Dienstgeberbeitrag 12/2020 von € 771,37,
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 12/2020 von € 75,16 Summe 2020 € 2.674,10

Lohnsteuer 01/2021 von € 4.414,95,
Dienstgeberbeitrag 01/2021 von € 1.713,57,
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 01/2021 von € 167,38

Lohnsteuer 02/2021 von € 4.414,95,
Dienstgeberbeitrag 02/2021 von € 1.713,57,
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 02/2021 von € 167,38

Lohnsteuer 03/2021 von € 4.414,95,
Dienstgeberbeitrag 03/2021 von € 1.713,57,
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 03/2021 von € 164,19

Lohnsteuer 04/2021 von € 4.414,95,
Dienstgeberbeitrag 04/2021 von € 1.713,57,
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 04/2021 von € 167,38

Lohnsteuer 05/2021 von € 4.414,95,
Dienstgeberbeitrag 05/2021 von € 1.713,57,
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 05/2021 von € 167,38

Lohnsteuer 06/2021 von € 4.414,95,
Dienstgeberbeitrag 06/2021 von € 1.713,57,
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 06/2021 von € 167,38

Lohnsteuer 07/2021 von € 4.414,95,
Dienstgeberbeitrag 07/2021 von € 1.783,57,
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 07/2021 von € 174,18

Lohnsteuer 08/2021 von € 4.414,95,
Dienstgeberbeitrag 08/2021 von € 1.703,22,
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 08/2021 von € 166,37

Lohnsteuer 09/2021 von € 4.414,95,
Dienstgeberbeitrag 09/2021 von € 1.680,76,
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 09/2021 von € 164,19

Lohnsteuer 10/2021 von € 4.414,95,
Dienstgeberbeitrag 10/2021 von € 1.680,76,
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 10/2021 von € 164,19

Lohnsteuer 11/2021 von € 4.414,95,
Dienstgeberbeitrag 11/2021 von € 1.680,76,
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 11/2021 von € 164,19

Lohnsteuer 12/2021 von € 4.414,95,
Dienstgeberbeitrag 12/2021 von € 1.680,76,
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 12/2021 von € 164,19 Summe 2021 € 75.468,87

Dienstgeberbeitrag 1/2022 von € 142,24,
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 1/2022 von € 13,87 Summe 2022 € 156,11

Umsatzsteuervoranmeldung 03/2020 von € 20.910,63
Umsatzsteuervoranmeldung 04/2020 von € 8.404,12
Umsatzsteuervoranmeldung 05/2020 von € 12.149,32
Umsatzsteuervoranmeldung 06/2020 von € 26.780,24
Umsatzsteuervoranmeldung 07/2020 von € 15.383,20
Umsatzsteuervoranmeldung 08/2020 von € 17.744,27
Umsatzsteuervoranmeldung 09/2020 von € 15.279,61
Umsatzsteuervoranmeldung 10/2020 von € 25.812,36
Umsatzsteuervoranmeldung 11/2020 von € 23.551,62
Umsatzsteuervoranmeldung 12/2020 von € 24.418,44 Summe Ust 2020 € 213.855,81

Er habe hiedurch die Finanzordnungswidrigkeit nach § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG begangen und werde hiefür nach § 49 Abs. 2 FinStrG mit einer Geldstrafe in Höhe von € 30.000,00 bestraft.

Gemäß § 20 Abs. 1 FinStrG werde für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 75 Tagen festgesetzt. Gemäß § 185 FinStrG habe der Bestrafte die Kosten des Strafverfahrens in der Höhe von € 500,00 und des allfälligen Vollzuges zu ersetzen.

Dagegen richten sich die fristgerechten Beschwerde des Beschuldigten vom sowie die Beschwerde der Amtsbeauftragten vom (die hier nicht wiedergegeben werden).

Aus dem Akt ist zu ersehen, dass in der Stellungnahme der Amtsbeauftragten vom an den Spruchsenat neben den Finanzvergehen laut oben dargestelltem Schuldspruch auch noch Finanzordnungswidrigkeiten gemäß § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG für Umsatzsteuervoranmeldungen des Jahres 2021 vorgeworfen wurden:

Umsatzsteuervoranmeldung 01/2021 von € 12.731,70
Umsatzsteuervoranmeldung 03/2021 von € 17.834,95
Umsatzsteuervoranmeldung 06/2021 von € 55.265,57
Umsatzsteuervoranmeldung 07/2021 von € 23.598,22
Summe Umsatzsteuer 2021 € 109.430,44

Der Spruchsenat hat in der mündlichen Verhandlung am sein Erkenntnis mündlich verkündet, wobei aus der Niederschrift über die mündliche Verhandlung dazu nur Folgendes protokolliert wurde:

"Schuldspruch nach § 49/1a FinStrG, Strafe nach § 49/2 FinStrG, Geldstrafe € 30.000,-, NEF 75 Tage EFS, Kosten € 500,--, samt den Entscheidungsgründen und erteilt RMB."

Aus dieser Aneinanderreihung von "Schuldspruch nach § 49/1a FinStrG" bzw. "Strafe nach § 49/2 FinStrG" ist nicht ersichtlich, über welche der in der Stellungnahme der Amtsbeauftragten an den Spruchsenat vom dargestellten Finanzvergehen der Finanzordnungswidrigkeiten nach § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG für welche Zeiträume im Detail entschieden wurde, ob über einige Teiltaten allenfalls das Finanzstrafverfahren gemäß § 136 FinStrG eingestellt wurde noch sind die wesentlichen Entscheidungsgründe kurz zusammengefasst dargestellt.

Sämtliche in der Stellungnahme der Amtsbeauftragten an den Spruchsenat vom dem Beschuldigten vorgeworfenen Finanzvergehen waren am Gegenstand der Spruchsenatsverhandlungen. Dass über bestimmte Finanzvergehen in einem anderen Verfahren zu entscheiden wäre oder das Verfahren diesbezüglich eingestellt worden wäre, ist nicht aktenkundig. Allerdings ist der schriftlichen Ausfertigung des Erkenntnisses nicht zu entnehmen, wie und ob über die Umsatzsteuervoranmeldungen 01, 03, 06 und 07/2021 mit einem strafbestimmenden Wertbetrage von € 109.430,44 "auch" entschieden wurde.

Aktuell errechnen sich aus dem oben dargestellten Erkenntnis und den aufgelisteten Finanzvergehen strafbestimmende Wertbeträge von € 292.154,89, somit ein Strafrahmen ( : 2 = ) von € 146.077,45. Die Umsatzsteuer 2021 mit weiteren strafbestimmenden Wertbeträgen von gesamt € 109.430,44 ist nicht erwähnt.

Festzustellen ist, dass darüber in der schriftlichen Ausfertigung des Erkenntnisses nicht entschieden wurde. Es gibt weder eine Verfahrenseinstellung noch eine Bestrafung, auch in der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vor dem Spruchsenat ist dazu nichts zu finden.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Rechtslage:

Gemäß § 161 Abs. 1 FinStrG hat das Bundesfinanzgericht, sofern die Beschwerde nicht gemäß § 156 FinStrG mit Beschluss zurückzuweisen ist, grundsätzlich in der Sache selbst mit Erkenntnis zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung des Erkenntnisses seine Anschauung an die Stelle jener der Finanzstrafbehörde zu setzen und das angefochtene Erkenntnis (den Bescheid) abzuändern oder aufzuheben, den angefochtenen Verwaltungsakt für rechtswidrig zu erklären oder die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Gemäß § 161 Abs. 4 FinStrG kann das Bundesfinanzgericht auch die Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses (Bescheides) unter Zurückverweisung der Sache an die Finanzstrafbehörde verfügen, wenn es umfangreiche Ergänzungen des Untersuchungsverfahrens für erforderlich hält; die Finanzstrafbehörde ist im weiteren Verfahren an die in dem zurückverweisenden Beschluss niedergelegte Rechtsanschauung gebunden. Für das neue verwaltungsbehördliche Erkenntnis gelten die Abs. 2 und 3 sinngemäß.

Gemäß § 61 Abs. 1 FinStrG hat im Falle, dass einem Täter mehrere Taten zur Last liegen oder sich an derselben Tat mehrere Personen beteiligt haben oder die Taten mehrerer Personen sonst in einem engen Zusammenhang stehen und in allen diesen Fällen dieselbe Finanzstrafbehörde zur Durchführung des Strafverfahrens zuständig ist, die Finanzstrafbehörde die Strafverfahren wegen aller Taten zu verbinden.

Gemäß § 21 Abs. 1 FinStrG ist im Falle, dass jemand durch eine Tat oder durch mehrere selbständige Taten mehrere Finanzvergehen derselben oder verschiedener Art begangen hat und über diese Finanzvergehen gleichzeitig erkannt wird, auf eine einzige Geldstrafe, Freiheitsstrafe oder Geld- und Freiheitsstrafe zu erkennen. Neben diesen Strafen ist auf Verfall oder Wertersatz zu erkennen, wenn eine solche Strafe auch nur für eines der zusammentreffenden Finanzvergehen angedroht ist.

Gemäß § 62 Abs. 2 zweiter und dritter Satz FinStrG obliegt die Durchführung des Beschwerdeverfahrens vor der mündlichen Verhandlung dem Senatsvorsitzenden. Diesem obliegt auch die Entscheidung über die Beschwerde, wenn eine mündliche Verhandlung aus den Gründen des § 160 Abs. 1 FinStrG nicht stattfindet und die Parteien des Beschwerdeverfahrens Gelegenheit hatten, dazu Stellung zu nehmen.

Gemäß § 160 Abs. 1 FinStrG ist über Beschwerden nach vorangegangener mündlicher Verhandlung zu entscheiden, es sei denn, die Beschwerde ist zurückzuweisen oder der angefochtene Bescheid bereits aufgrund der Aktenlage aufzuheben, das Verfahren einzustellen oder es ist nach § 161 Abs 4 vorzugehen.

Gemäß § 135 Abs. 1 lit. g FinStrG hat die Niederschrift über den Ablauf der mündlichen Verhandlung, wenn das Erkenntnis nach Schluss der mündlichen Verhandlung verkündet worden ist, dessen Inhalt und die wesentlichen Gründe zu enthalten.

Würdigung:

Der Spruch des Erkenntnisses der belangten Behörde, bei Undeutlichkeit ergänzt um die Begründung, beschreibt die Sache des Finanzstrafverfahrens und bildet auch den Prüfgegenstand des Bundesfinanzgerichtes (vgl ; ). "Sache" des Verwaltungsstrafverfahrens ist somit die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat mit ihren wesentlichen Sachverhaltselementen, unabhängig von ihrer rechtlichen Beurteilung ().

Gemäß § 56 Abs. 2 FinStrG iVm § 97 Abs. 1 lit. b BAO erlangt das Erkenntnis mit der mündlichen Verkündung Wirksamkeit (Ritz BAO7 § 97 Rz 1 u 6). Die ab diesem Zeitpunkt erlangte materielle Rechtskraft bewirkt deren Unwiderrufbarkeit und Unwiederholbarkeit (Antoniolli/Koja, Allgemeines Verwaltungsrecht3, 579). Wesentlich ist dabei der Inhalt der mündlichen Verkündung und nicht der Inhalt des schriftlich ausgefertigten Bescheides (; 14 Os 72).

Für den Inhalt der mündlich verkündeten Entscheidung ist weiter nicht die Ausfertigung der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung, sondern jene Urkunde entscheidend, die über den Entscheidungsinhalt und die Tatsache der Verkündung angefertigt wurde (, mwN), somit die Niederschrift über die mündliche Verhandlung.

Die zur Last gelegten Taten müssen so eindeutig umschrieben werden, dass vernünftigerweise kein Zweifel darüber bestehen kann, wofür der Beschuldigte zu bestrafen ist, und dass damit die Möglichkeit einer neuerlichen Bestrafung für dieselben Taten ausgeschlossen ist (). Auf gleiche Weise sollten auch aus der Verhandlungsniederschrift selbst der Spruch der verkündeten Entscheidung und dabei auch die als erwiesen angenommenen Taten eindeutig erkennbar sein (vgl § 138 Abs. 2 lit. a FinStrG).

Zudem ist in der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vor dem Spruchsenat der Spruch der vom Vorsitzenden verkündeten Entscheidung zu dokumentieren. Dabei sind auch die als erwiesen angenommenen Taten (vgl § 138 Abs. 2 lit. a FinStrG) mit ausreichender Deutlichkeit festzuhalten.

Die stichwortartige Darstellung "Schuldspruch nach § 49/1a FinStrG, Strafe nach § 49/2 FinStrG, Geldstrafe € 30.000,-, NEF 75 Tage EFS, Kosten € 500,--, samt den Entscheidungsgründen und erteilt RMB." wird diesen Anforderungen nicht gerecht. Hierzu ist auf die jüngste Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zu verweisen, wonach ein mündlich verkündetes Erkenntnis die tragenden Elemente der Begründung zu enthalten hat und die schriftliche Ausfertigung der Entscheidung den Mangel des Fehlens der wesentlichen Entscheidungsgründe in der mündlichen Verkündung des Erkenntnisses nicht beseitigen kann (). Umso mehr muss dies für den Spruch der Entscheidung gelten.

Da aber weder aus der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom noch aus dem schriftlichen Erkenntnis zweifelsfrei entnommen werden kann, ob und wenn ja, wie der Spruchsenat über die angeschuldeten Finanzordnungswidrigkeiten gemäß § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG betreffend Umsatzsteuervoranmeldungen des Jahres 2021 mit strafbestimmenden Wertbeträgen von € 109.430,44, nämlich
Umsatzsteuervoranmeldung 01/2021 von € 12.731,70
Umsatzsteuervoranmeldung 03/2021 von € 17.834,95
Umsatzsteuervoranmeldung 06/2021 von € 55.265,57
Umsatzsteuervoranmeldung 07/2021 von € 23.598,22
abgesprochen hat, ist es für das Bundesfinanzgericht nicht möglich, den Beschwerdegegenstand einwandfrei festzustellen. Dies ist aber von entscheidender rechtlicher Bedeutung, kann doch über ein und dieselbe Sache nur einmal entschieden werden () und kann das Bundesfinanzgericht nicht erstmals über Finanzstraftaten - hier allenfalls die Finanzvergehen betreffend Umsatzsteuervoranmeldungen des Jahres 2021 - absprechen ( FSRV/0036-I/06). Es liegt somit ein schwerwiegender Erkenntnismangel vor, welcher im Beschwerdeverfahren nicht sanierbar ist (vgl ).

Für das Bundesfinanzgericht bleibt aufgrund der Aktenlage unklar, über welche Tatvorwürfe bei der mündlichen Verkündung des Spruchsenatserkenntnisses abgesprochen wurde. Eine meritorische Entscheidung des Finanzstrafsenates des Bundesfinanzgerichtes würde betreffend jene Tatvorwürfe, über die vom Spruchsenat (noch) nicht abgesprochen wurden, zu einer Verkürzung des Instanzenzuges führen.

Gemäß § 161 Abs. 4 FinStrG kann der Vorsitzende des Finanzstrafsenates des Bundesfinanzgerichtes mit Beschluss das angefochtene Erkenntnis des Spruchsenates aufheben und die Zurückweisung der Finanzstrafsache an die Finanzstrafbehörde verfügen, wenn eine umfangreiche Ergänzung des Untersuchungsverfahrens erforderlich ist, hier in der Form, dass zu vier vorgeworfenen Finanzvergehen vom Spruchsenat weder Sachverhaltsfeststellungen getroffen wurden noch nachvollziehbar ist, ob über diese Finanzvergehen ein Schuldspruch gefällt wurde. Bei der Ermessensübung ist zu beachten, dass eine Zurückverweisung dann geboten sein kann, wenn es sonst zu einer Verkürzung des Instanzenzuges kommen würde (Seiler/Seiler, FinStrG5 § 161 Rz 22), was hier der Fall wäre.

Wenn die Finanzstrafbehörde die Strafverfahren wegen aller Taten gemäß § 61 Abs. 1 FinStrG verbunden hat, so ist vom Spruchsenat auch über alle Taten abzusprechen, sofern von diesem nicht einzelne Taten ausgeschieden wurden. Sollte im Erkenntnis des Spruchsenates über einzelne Taten nicht abgesprochen worden sein oder Feststellungen zu den diesen gänzlich fehlen, ist das Erkenntnis gemäß § 161 Abs. 4 FinStrG aufzuheben (vgl. ).

Im Rahmen des vom Gesetzgeber eingeräumten Ermessens war daher das angefochtene Erkenntnis des Spruchsenates vom gemäß § 161 Abs. 4 FinStrG schon aufgrund der Aktenlage durch den Vorsitzenden und gemäß § 160 Abs. 1 FinStrG ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit Beschluss aufzuheben und an die Finanzstrafbehörde zurückzuverweisen.

Mit Vorhalt vom wurden die Parteien des Beschwerdeverfahrens gemäß § 62 Abs. 2 FinStrG eingeladen, binnen zwei Wochen allfällige Stellungnahme mit möglichen Gründen, die gegen die beabsichtige Entscheidung sprechen, zu übermitteln.

Die Amtsbeauftragte hat mitgeteilt, dass auf eine Stellungnahme verzichtet wird.

Der Verteidiger hat in seiner Stellungnahme vom vorgebracht, dass "der Beschwerdeführer davon ausgegangen ist, dass die nunmehr laut Ansicht des Gerichtes nicht im bekämpften Erkenntnis enthaltenen Umsatzsteuervoranmeldungen der Zeiträume 01/2021, 03/2021, 06/2021 und 07/2021 keine Finanzordnungswidrigkeit gemäß § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG darstellen und die hierbei von Seiten des Abgabepflichtigen in der Verhandlung vorgebrachten Beweismittel den Rechtsstandpunkt des Beschwerdeführers stützen und somit daraus abgeleitet werden kann, dass keinerlei Erwähnung im Erkenntnis vorgesehen ist."

Dazu ist festzustellen, dass genau diese Behauptungen in der schriftlichen Ausfertigung des Erkenntnisses nicht Deckung finden. Vielmehr bleibt - das spiegelt sich in der Stellungnahme vom wieder - offenbar auch nach Ansicht des Beschwerdeführers ungeklärt, worüber der Spruchsenat tatsächlich entschieden hat. Vor allen ist dieser Entscheidung nicht zu entnehmen, ob - wie der Beschwerdeführer nunmehr behauptet, der Spruchsenat seinem Rechtsstandpunkt gefolgt ist und das Verfahren für die Umsatzsteuervoranmeldungen der Zeiträume 01/2021, 03/2021, 06/2021 und 07/2021 eingestellt hätte.

Im weiteren Verfahren wird der Spruchsenat über alle vorgeworfenen Finanzvergehen mit Schuldspruch oder Einstellung des Verfahrens abzusprechen haben.

Der Spruch und die Begründung sind gemäß § 135 Abs. 1 lit. g FinStrG in der Niederschrift über die mündliche Verhandlung zumindest in groben Umrissen zu dokumentieren. Ein bloßer Verweis auf einen Schuldspruch gemäß § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG, ohne auch die dazugehörenden Zeiträume oder strafbestimmenden Wertbeträge zu erwähnen, erfüllt die gesetzlichen Voraussetzungen nicht.

Aus den aktuell bestraften Finanzvergehen laut angefochtener Entscheidung errechnen sich strafbestimmende Wertbeträge von € 292.154,89. Daher wird im weiteren Verfahren zu berücksichtigen sein, dass sich unter Einbeziehung der bisher nicht erwähnten Umsatzsteuervoranmeldungen 2021 von gesamt € 109.430,44 ein Gesamtbetrag von € 401.585,33 statt bisher von € 378.163,34 errechnet (Rechenfehler vorbehalten).

Zur Unzulässigkeit der Revision

§ 25a Abs. 3 VwGG: Gegen verfahrensleitende Beschlüsse ist eine abgesonderte Revision nicht zulässig. Sie können erst in der Revision gegen das die Rechtssache erledigende Erkenntnis angefochten werden.

Da gemäß dieser Gesetzesbestimmung eine abgesonderte Revision nicht zulässig ist, war spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Tatzeiträume benennen
Finanzvergehen genau bezeichnen
Spruch
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7300011.2024

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at