Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 28.03.2024, RV/7400047/2024

Säumniszuschlag setzt kein Verschulden des Abgabepflichtigen an der Nichtentrichtung oder verspäteten Entrichtung der Abgabenschuldigkeit voraus

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***R.*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerden vom gegen die Bescheide des Magistrats der Stadt Wien, Magistratsabteilung 6, Rechnungs- und Abgabenwesen, Dezernat Rechnungswesen-Buchhaltungsabteilung 34 vom betreffend Festsetzung von Säumniszuschlägen für Wasser-/Abwassergebühren, Abgabenkonto ***1*** und ***2***, zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerden werden gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Mit Bescheiden vom setzte der Magistrat der Stadt Wien, MA 6, gegenüber dem nunmehrigen Beschwerdeführer (in der Folge kurz Bf. genannt) gemäß § 217 Abs. 1 BAO folgende Säumniszuschläge für Wasser-/Abwassergebühren mit der Begründung, dass diese nicht fristgerecht entrichtet worden seien, fest:

1.) Abgabenkonto ***1***:

  • € 18,39 für den Rückstand an Wassergebühr April 2022 von € 919,50
    € 19,64 für den Rückstand an Abwassergebühr April 2022 von € 982,21
    € 11,97 für den Rückstand an Wassergebühr Oktober 2022 von € 598,47

  • € 12,56 für den Rückstand an Abwassergebühr Oktober 2022 von € 627,97
    € 11,97 für den Rückstand an Wassergebühr Jänner 2023 von € 598,47
    € 12,56 für den Rückstand an Abwassergebühr Jänner 2023 von € 627,97
    € 11,97 für den Rückstand an Wassergebühr April 2023 von € 598,47

  • € 12,56 für den Rückstand an Abwassergebühr April 2023 von € 627,97
    € 18,38 für den Rückstand an Wassergebühr Juli 2023 von € 918,96

  • € 19,52 für den Rückstand an Abwassergebühr Juli 2023 von € 975,87
    € 40,12 für den Rückstand an Wassergebühr Oktober 2023 von € 2.006,00

  • € 42,80 für den Rückstand an Abwassergebühr Oktober 2023 von € 2.139,88

2.) Abgabenkonto ***2***:

  • € 10,01 für den Rückstand an Wassergebühr Jänner 2022 von € 500,46

  • € 10,43 für den Rückstand an Abwassergebühr Jänner 2022 von € 521,70

  • € 10,01 für den Rückstand an Wassergebühr April 2022 von € 500,46

  • € 10,43 für den Rückstand an Abwassergebühr April 2022 von € 521,70

  • € 15,93 für den Rückstand an Wassergebühr Juli 2022 von € 796,39

  • € 16,88 für den Rückstand an Abwassergebühr Juli 2022 von € 844,02

  • € 11,79 für den Rückstand an Wassergebühr Oktober 2022 von € 589,26

  • € 12,36 für den Rückstand an Abwassergebühr Oktober 2022 von € 617,85

  • € 11,79 für den Rückstand an Wassergebühr Jänner 2023 von € 589,26

  • € 12,36 für den Rückstand an Abwassergebühr Jänner 2023 von € 617,85

  • € 11,79 für den Rückstand an Wassergebühr April 2023 von € 589,26

  • € 12,36 für den Rückstand an Abwassergebühr April 2023 von € 617,85

  • € 12,49 für den Rückstand an Wassergebühr Juli 2023 von € 624,25

  • € 13,08 für den Rückstand an Abwassergebühr Juli 2023 von € 654,03

  • € 12,49 für den Rückstand an Wassergebühr Oktober 2023 von € 624,25

  • € 13,08 für den Rückstand an Abwassergebühr Oktober 2023 von € 654,03

  • In der dagegen mit Schriftsatz vom eingebrachten Beschwerde (Beschwerden) brachte der Bf. sinngemäß vor, dass für ihn die gesamte Abrechnung nicht nachvollziehbar sei, er habe der belangten Behörde einen SEPA-Einziehungsauftrag erteilt, dennoch seien die Wasser-/Abwassergebühren nicht quartalsmäßig vom Bankkonto des Bf. abgebucht worden.

  • Mit begründungsgleichen Beschwerdevorentscheidungen (betreffend das jeweilige Abgabenkonto) wies die Belangte Behörde die Beschwerden als unbegründet ab und führte aus, dass die Abgabenbehörde den Bf. mit Schreiben vom in Kenntnis gesetzt habe, dass sämtliche Einzugskonten auf den Wassergebührenkonten aufgrund einer Systemumstellung gelöscht worden seien. Gleichzeitig sei ein SEPA-Mandat zugeschickt und der Bf. aufgefordert worden, dieses ausgefüllt zu retournieren, damit der Einzug weiterhin durchgeführt werden könne. Dem sei der Bf. nicht nachgekommen. Als Serviceleistung seien dem Bf. zur Fälligkeit die Einzahlungsdaten übermittelt worden, woraus ersichtlich gewesen sei, dass kein Einzug vom Girokonto des Bf. erfolge.

  • Dass die Abgaben am Fälligkeitstag nicht entrichtet worden seien, werde vom Bf. nicht bestritten. Werde eine Abgabe nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, so trete gemäß § 217 in Verbindung mit § 217a BAO mit Ablauf des Tages die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages ein.

  • Die seit fällig gewesenen Abgaben seien bis heute nicht bezahlt worden.

  • Da die Festsetzung des Säumniszuschlages gemäß obzitierter gesetzlicher Bestimmung eine zwingende Vorschrift sei, sei keine Ermessensentscheidung möglich. Die vom Bf. eingebrachte Beschwerde gehe daher ins Leere.
    Dagegen brachte der Bf. am eine "Beschwerde gegen die Abweisung der Beschwerde" ein, die als Vorlageantrag zu werten ist. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass der Bf. "ein SEPA Mandat hinterlegt" hat.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

§ 23 WVG - Wasserversorgungsgesetz (Gesetz betreffend die Zuleitung und Abgabe von Wasser) lautet:

(1) Die Wasserbezugsgebühr wird nach Wahl der Behörde jährlich, vierteljährlich oder monatlich ermittelt und unter Bedachtnahme auf die vorgeschriebenen Teilzahlungen (Abs. 3) festgesetzt. Im Falle der jährlichen Ermittlung hat der Wasserabnehmer bzw. die Wasserabnehmerin vierteljährliche Teilzahlungen jeweils bis zur nächstfolgenden Festsetzung (Abs. 3) zu leisten.

(2) Bei jährlicher Ermittlung werden die Teilzahlungen der Wasserbezugsgebühr am 15. Jänner, 15. April, 15. Juli und 15. Oktober eines jeden Jahres fällig. Bei jährlicher und vierteljährlicher Ermittlung wird die Wasserbezugsgebühr am 15. des auf die Zustellung des Gebührenbescheides folgenden Monates und bei monatlicher Ermittlung zwei Wochen nach Zustellung des Gebührenbescheides fällig.

(3) Die Höhe der Teilzahlungen nach Abs. 1 wird von der Behörde auf Grund des durchschnittlichen Verbrauches im vorangegangenen Bezugszeitraum vorläufig (§ 200 BAO) festgesetzt. Bei wesentlicher Änderung der für die Wasserbezugsmenge maßgeblichen Umstände kann die Behörde auf Antrag oder von Amts wegen die Höhe dieser Teilzahlungsbeträge entsprechend abändern.

(4) Die Wasserzählergebühr ist eine Jahresgebühr. Sie wird zu je einem Viertel ihres Jahresbetrages bei jährlicher Ermittlung zugleich mit den Teilzahlungen, bei vierteljährlicher Ermittlung zugleich mit dieser und bei monatlicher Ermittlung zugleich mit der für die Monate Jänner, April, Juli und Oktober festgesetzten Wasserbezugsgebühr fällig.

(5) In Fällen vorübergehender oder periodisch wiederkehrender Wasserabnahme ist bei der Anmeldung eine Vorauszahlung in der Höhe der mutmaßlich auflaufenden Gebühr zu leisten. Eine allfällige Mehrgebühr ist binnen zwei Wochen nach Zustellung des Gebührenbescheides zu entrichten.

(6) Die übrigen Gebühren, Kosten und Zuschläge werden zwei Wochen nach Zustellung des Gebührenbescheides fällig.

§ 16 Abs. 1 und 2 KKG - Kanalräumungs- und Kanalgebührengesetz (Gesetz über den Betrieb und die Räumung von Kanalanlagen und über die Einhebung von Gebühren für die Benützung und Räumung von Unratsanlagen) lautet:

§ 16. (1) Die Abwassergebühren werden vom Magistrat durch schriftlichen Bescheid festgesetzt. Die Bestimmungen des § 23 Wasserversorgungsgesetz über die Teilzahlungen bei jährlicher Gebührenfestsetzung sind sinngemäß anzuwenden.

(2) Wird die Abwassergebühr gleichzeitig mit der Wasserbezugsgebühr festgesetzt, wird sie ebenso wie die Teilzahlungen zu den im § 23 Abs. 2 des Wasserversorgungsgesetzes 1960 genannten Zeitpunkten fällig. In allen anderen Fällen wird sie am 15. Tag des auf die Zustellung des Gebührenbescheides folgenden Monats fällig.

(1) Wird eine Abgabe, ausgenommen Nebengebühren (§ 3 Abs. 2 lit. d), nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, so sind nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen Säumniszuschläge zu entrichten.

(2) Der erste Säumniszuschlag beträgt 2% des nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenbetrages.

(3) Ein zweiter Säumniszuschlag ist für eine Abgabe zu entrichten, soweit sie nicht spätestens drei Monate nach dem Eintritt ihrer Vollstreckbarkeit (§ 226) entrichtet ist. Ein dritter Säumniszuschlag ist für eine Abgabe zu entrichten, soweit sie nicht spätestens drei Monate nach dem Eintritt der Verpflichtung zur Entrichtung des zweiten Säumniszuschlages entrichtet ist. Der Säumniszuschlag beträgt jeweils 1% des zum maßgebenden Stichtag nicht entrichteten Abgabenbetrages. Die Dreimonatsfristen werden insoweit unterbrochen, als nach Abs. 4 Anbringen oder Amtshandlungen der Verpflichtung zur Entrichtung von Säumniszuschlägen entgegenstehen. Diese Fristen beginnen mit Ablauf der sich aus Abs. 4 ergebenden Zeiträume neu zu laufen.

(4) Säumniszuschläge sind für Abgabenschuldigkeiten insoweit nicht zu entrichten, als

a) ihre Einhebung gemäß § 212a ausgesetzt ist,

b) ihre Einbringung gemäß § 230 Abs. 2, 3, 5 oder 6 gehemmt ist,

c) ein Zahlungsaufschub im Sinn des § 212 Abs. 2 zweiter Satz nicht durch Ausstellung eines Rückstandsausweises (§ 229) als beendet gilt,

d) ihre Einbringung gemäß § 231 ausgesetzt ist.

(5) Die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages gemäß Abs. 2 entsteht nicht, soweit die Säumnis nicht mehr als fünf Tage beträgt und der Abgabepflichtige innerhalb der letzten sechs Monate vor dem Eintritt der Säumnis alle Abgabenschuldigkeiten, hinsichtlich derer die Gebarung (§ 213) mit jener der nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenschuldigkeit zusammengefasst verbucht wird, zeitgerecht entrichtet hat. In den Lauf der fünftägigen Frist sind Samstage, Sonntage, gesetzliche Feiertage, der Karfreitag und der 24. Dezember nicht einzurechnen; sie beginnt in den Fällen des § 211 Abs. 2 und 3 erst mit dem Ablauf der dort genannten Frist.

(6) Wird vor dem Ende einer für die Entrichtung einer Abgabe zustehenden Frist ein Vollstreckungsbescheid (§ 230 Abs. 7) erlassen, so tritt die Verpflichtung zur Entrichtung des Säumniszuschlages gemäß Abs. 2 erst mit dem ungenützten Ablauf dieser Frist, spätestens jedoch einen Monat nach Erlassung des Vollstreckungsbescheides ein und beginnt erst ab diesem Zeitpunkt die Dreimonatsfrist des Abs. 3 erster Satz zu laufen.

(7) Auf Antrag des Abgabepflichtigen sind Säumniszuschläge insoweit herabzusetzen bzw. nicht festzusetzen, als ihn an der Säumnis kein grobes Verschulden trifft, insbesondere insoweit bei nach Abgabenvorschriften selbst zu berechnenden Abgaben kein grobes Verschulden an der Unrichtigkeit der Selbstberechnung vorliegt.

§ 217a BAO lautet:

Für Landes- und Gemeindeabgaben gilt Folgendes:

1. § 217 Abs. 3 ist nicht anzuwenden,

2. Säumniszuschläge werden im Zeitpunkt der Zustellung des sie festsetzenden Bescheides fällig,

3. abweichend von § 217 Abs. 10 erster Satz sind Säumniszuschläge, die den Betrag von fünf Euro nicht erreichen, nicht festzusetzen.

Der Bf. bringt vor, dass er einen Einziehungsauftrag erteilt habe. Die belangte Behörde führte dazu aus, dass die Abgabenbehörde den Bf. mit Schreiben vom in Kenntnis gesetzt habe, dass sämtliche Einzugskonten auf den Wassergebührenkonten aufgrund einer Systemumstellung gelöscht worden seien. Gleichzeitig sei ein SEPA-Mandat zugeschickt und der Bf. aufgefordert worden, dieses ausgefüllt zu retournieren, damit der Einzug weiterhin durchgeführt werden könne. Dem sei der Bf. nicht nachgekommen. Als Serviceleistung seien dem Bf. zur Fälligkeit die Einzahlungsdaten übermittelt worden, woraus ersichtlich gewesen sei, dass kein Einzug vom Girokonto des Bf. erfolge.

Unbestritten ist, dass die Abgabenschuldigkeiten nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet wurden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat zu § 217 Abs. 1 BAO schon mehrfach ausgesprochen, dass der Eintritt der Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages allein davon abhängt, dass eine Abgabe nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet wird. Die Vorschrift berücksichtigt somit nicht die Gründe, aus welchen im Einzelfall eine Abgabe nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet wurde. Damit hat der Gesetzgeber dargetan, dass er die Gründe, die zum Zahlungsverzug geführt haben, im Anwendungsbereich der in Rede stehenden Gesetzesstelle grundsätzlich als unmaßgeblich erachtet.

An der Entstehung des Säumniszuschlages ändert ein fehlendes bzw. geringes Verschulden jedoch nichts, weil die Vorschreibung des Säumniszuschlages eine objektive, vom Verschulden unabhängige Säumnisfolge bei Nichtentrichtung der Abgabe am Fälligkeitstag ist (vgl. erneut , mwN). Dass der Bf. einen Antrag gemäß § 217 Abs. 7 BAO gestellt hat, wird in der Beschwerde, bzw. im Vorlageantrag nicht behauptet.

Wie bereits ausgeführt, ist zwar der Säumniszuschlag verschuldensunabhängig, jedoch ist bei der Durchsicht des Aktes aufgefallen, dass laufend Buchungsmitteilungen an den Bf. ergingen, aus denen ersichtlich ist, dass neben der fällig werdenden Abgabe weitere Forderungen (nicht entrichtete Abgaben) bestehen, beispielsweise Buchungsmitteilungen vom und zu Konto Nr. ***2***:

a)

b) :

Es war also klar ersichtlich, dass seitens der belangten Behörde keine Abbuchung vom Konto des Bf. erfolgte, das SEPA-Mandat nicht funktionierte . Dies muss auch aus den Bankkontoauszügen ersichtlich gewesen sein. Wenn der Bf. nun keine weiteren Schritte zur Entrichtung der Abgabenschuldigkeiten unternimmt, nicht einmal Erkundigungen bei der belangten Behörde anstellt, weshalb keine Abbuchungen vom Girokonto erfolgen, ist ihm grobe Fahrlässigkeit anzulasten.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das Erkenntnis weicht von ständigen Rechtsprechung des VwGH nicht ab, weshalb eine Revision nicht zuzulassen ist.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Landesabgaben Wien
betroffene Normen
§ 23 WVG, Wiener Wasserversorgungsgesetz 1960, LGBl. Nr. 10/1960
§ 16 Abs. 1 und 2 KKG, Wiener Kanalräumungs- und Kanalgebührengesetz, LGBl. Nr. 02/1978
§ 217 Abs. 1 bis 7 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 217a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7400047.2024

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at