Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 06.05.2024, RV/7400120/2023

Verspätet eingebrachte Beschwerde

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R. in der Beschwerdesache Bf., A-1, betreffend Beschwerde vom gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 6, Referat Landes- und Gemeindeabgaben vom , N-1, betreffend Haftung gemäß §§ 6a Kommunalsteuergesetz und Dienstgeberabgabegesetz beschlossen:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 260 Abs. 1 lit. b BAO als nicht fristgerecht eingebracht zurückgewiesen.

II. Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung

Verfahrensgang:

Mit Bescheid vom gemäß §§ 6a KommStG und DGAG wurde der Beschwerdeführer (Bf.) zur Haftung für aushaftende Kommunalsteuern, Dienstgeberabgaben und Säumniszuschläge der G-1 für den Zeitraum 01/2012 bis 12/2013 in Höhe von insgesamt € 842,46 herangezogen.

Dieser Haftungsbescheid wurde durch Hinterlegung am an den Bf. und die Adresse A-1, zugestellt.

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Mit Schreiben vom wandte der Bf. ein, dass er den gegen ihn gerichteten Haftungsbescheid am erstmals erhalten habe. Aus der ihm von der Abgabenbehörde zugesandten "Verständigung über die Hinterlegung" gehe nicht einmal die Adresse hervor, an welcher das Schriftstück hinterlegt worden sei. Möglicherweise sei es an eine andere Adresse wie jene am Haftungsbescheid gegangen, jedenfalls habe ihn dieser nicht erreicht, sonst hätte er ihn bekämpft.

Dies wäre leicht möglich gewesen, zumal er erst am D-1 Geschäftsführer und ihm die Haftung schon für das gesamte Jahr 2012 vorgeschrieben worden sei, und dann auch noch über den Konkurs hinaus bis Ende 2013, obwohl der Konkurs bereits am D-2 mangels Vermögens abgewiesen worden sei.

Vor allem sei der Haftungsbescheid rechtswidrig gewesen, weil bereits die Verfolgungsverjährung eingetreten sei, als er ausgestellt worden sei (siehe § 31 VStG).

Er beantrage daher die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, weil ihm der Haftungsbescheid nie zugegangen worden sei. Es sei aus der Hinterlegungsanzeige auch nicht erkennbar, an welche Adresse er gegangen sei. Die Anschrift auf dem Haftungsbescheid selbst sage nichts aus, weil die Adresse am Kuvert offenbar nicht die gleiche gewesen sei. Es bestehe daher ein Zustellmangel.

Der Haftungsbescheid sei unzulässig gewesen, weil bereits Verfolgungsverjährung eingetreten gewesen sei (§ 31 VStG) und weil von Amts wegen gar nicht geprüft worden sei, in welchem Zeitraum er Geschäftsführer gewesen sei. Das wäre aber die Mindestpflicht für den Aussteller gewesen, alles andere sei zumindest fahrlässig.

Sowohl wegen der Verfolgungsverjährung sei der Haftungsbescheid unzulässig, aber selbst wenn diese nicht eingetreten wäre, hätte es nur eine Haftung zwischen dem Beginn seiner Geschäftsführertätigkeit und dem abgewiesenen Konkursantrag geben dürfen, unter Einrechnung und Abzug der Kündigungsfristen.

Außerdem erhebe er Widerspruch und Beschwerde mit der gleichen Begründung und mache die Verfolgungsverjährung geltend, welche am (3 Jahre nach dem ergangenen Haftungsbescheid) eingetreten sei (§ 31 VStG).

Abschließend begehre er die sofortige Aufhebung des Haftungsbescheides und die Aufhebung der Vollstreckbarkeit.

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Mit Bescheid vom wies der Magistrat der Stadt Wien den Wiedereinsetzungsantrag mit der Begründung zurück, dass gemäß § 309 BAO nach Ablauf von 5 Jahren, vom Ende der versäumten Frist gerechnet, ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht mehr zulässig sei.

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Mit Schreiben vom wies der Magistrat der Stadt Wien den Bf. darauf hin, dass der angefochtene Haftungsbescheid vom am durch Hinterlegung zugestellt worden sei.

Da die Beschwerdefrist gemäß § 245 Abs. 1 BAO einen Monat betrage, sei die Beschwerde vom (Datum des Poststempels) somit verspätet eingebracht worden.

Es werde dem Bf. gemäß § 183 Abs. 4 BAO Gelegenheit gegeben, den vorliegenden Sachverhalt zur Kenntnis zu nehmen und sich innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung dieses Schreibens dazu zu äußern.

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Da der Bf. von der ihm eingeräumten Möglichkeit, eine Stellungnahme dazu einzubringen, keinen Gebrauch machte, wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom die Beschwerde als nicht fristgerecht eingebracht zurückgewiesen, da im gegenständlichen Fall der angefochtene Bescheid am zugestellt worden sei, die Beschwerdefrist gemäß § 245 Abs. 1 BAO einen Monat betrage und die Beschwerde am (Datum des Poststempels) somit verspätet eingebracht worden sei.

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Mit Schreiben vom beantragte der Bf. die Vorlage der Beschwerde zur Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht und brachte vor, dass die Beschwerdevorentscheidung in mehrfacher Hinsicht mangelhaft sei, da sie weder auf die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand eingehe noch den Antrag abweise, was bedeute, dass dieser weiter aufrecht sei.

In seinem Schreiben vom habe er dies auch damit begründet, dass ihn der Haftungsbescheid vom damals nicht erreicht habe und daher ein Zustellmangel vorliege.

Aus der ihm von der Abgabenbehörde zugesandten "Verständigung über die Hinterlegung" gehe nicht einmal die Adresse hervor, an welcher das Schriftstück hinterlegt worden sei. Möglicherweise sei es an eine andere Adresse wie jene am Haftungsbescheid gegangen, jedenfalls habe ihn dieser nicht erreicht, sonst hätte er ihn bekämpft.

Dieser Haftungsbescheid sei auch missbräuchlich ausgestellt worden, weil die ausstellende Behörde auch zu überprüfen gehabt habe, ob der Bf. im fraglichen Zeitraum überhaupt Geschäftsführer gewesen sei. Er sei erst am D-1 Geschäftsführer und ihm die Haftung schon für das gesamte Jahr 2012 vorgeschrieben worden, und dann auch noch über den Konkurs hinaus bis Ende 2013, obwohl der Konkurs bereits am D-2 mangels Vermögens abgewiesen worden sei.

Der Fehler, dass ihm überhaupt ein Haftungsbescheid ausgestellt worden sei, liege daher bei der ausstellenden Behörde und müsste diese daher schon von Amts wegen ihren eigenen Fehler korrigieren und das Verfahren einstellen.

Vor allem sei der Haftungsbescheid rechtswidrig gewesen, weil bereits die Verfolgungsverjährung eingetreten sei, als er ausgestellt worden sei (siehe § 31 VStG).

Abschließend beantragte der Bf. wieder wie im Schreiben vom und wandte ergänzend ein, dass die Beschwerdevorentscheidung völlig aus der Luft gegriffen sei, weil sie in keiner Weise auf seine Ausführungen und Rechtsmittel eingehe und lapidar Gesetzesstellen deklariere, die sowieso klar seien.

Eine Exekution der Beschwerdevorentscheidung sei aufgrund der Verfolgungsverjährung sowieso nicht mehr möglich.

Rechtslage und Erwägungen:

Gemäß § 245 Abs. 1 BAO beträgt die Beschwerdefrist einen Monat.

Wird der Lauf einer Frist durch eine behördliche Erledigung ausgelöst, so ist gemäß § 109 BAO für den Beginn der Frist der Tag maßgebend, an dem die Erledigung bekanntgegeben worden ist (§ 97 Abs. 1).

Gemäß § 97 Abs. 1 lit. a BAO werden Erledigungen dadurch wirksam, dass sie demjenigen bekanntgegeben werden, für den sie ihrem Inhalt nach bestimmt sind. Die Bekanntgabe erfolgt bei schriftlichen Erledigungen (…) durch Zustellung.

§ 108 BAO lautet:

(1) Bei der Berechnung der Fristen, die nach Tagen bestimmt sind, wird der für den Beginn der Frist maßgebende Tag nicht mitgerechnet.

(2) Nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen enden mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monates, der durch seine Benennung oder Zahl dem für den Beginn der Frist maßgebenden Tag entspricht. Fehlt dieser Tag in dem letzten Monat, so endet die Frist mit Ablauf des letzten Tages dieses Monates.

(3) Beginn und Lauf einer Frist werden durch Samstage, Sonntage und Feiertage nicht behindert. Fällt das Ende einer Frist auf einen Samstag, Sonntag oder gesetzlichen Feiertag, Karfreitag oder 24. Dezember, so ist der nächste Tag, der nicht einer der vorgenannten Tage ist, als letzter Tag der Frist anzusehen.

(4) Die Tage des Postenlaufes werden in die Frist nicht eingerechnet.

§ 17 ZustG lautet:

(1) Kann das Dokument an der Abgabestelle nicht zugestellt werden und hat der Zusteller Grund zur Annahme, dass sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, so ist das Dokument im Falle der Zustellung durch den Zustelldienst bei seiner zuständigen Geschäftsstelle, in allen anderen Fällen aber beim zuständigen Gemeindeamt oder bei der Behörde, wenn sie sich in derselben Gemeinde befindet, zu hinterlegen.

(2) Von der Hinterlegung ist der Empfänger schriftlich zu verständigen. Die Verständigung ist in die für die Abgabestelle bestimmte Abgabeeinrichtung (Briefkasten, Hausbrieffach oder Briefeinwurf) einzulegen, an der Abgabestelle zurückzulassen oder, wenn dies nicht möglich ist, an der Eingangstüre (Wohnungs-, Haus-, Gartentüre) anzubringen. Sie hat den Ort der Hinterlegung zu bezeichnen, den Beginn und die Dauer der Abholfrist anzugeben sowie auf die Wirkung der Hinterlegung hinzuweisen.

(3) Das hinterlegte Dokument ist mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden könnte.

(4) Die im Wege der Hinterlegung vorgenommene Zustellung ist auch dann gültig, wenn die im Abs. 2 genannte Verständigung beschädigt oder entfernt wurde.

Vom Bf. wurde eingewendet, den Haftungsbescheid vom nicht erhalten zu haben. Dem ist entgegenzuhalten, dass ein den Zustellvorgang beurkundender Rückschein (), der ihm auch im Zuge des Einbringungsverfahrens zur Kenntnis gebracht wurde (siehe Schreiben vom ), aktenkundig ist.

Aus diesem geht hervor, dass am an der Adresse A-1, ein Zustellversuch des Haftungsbescheides, dokumentiert durch die Aktenzahl N-1, durch die Post stattgefunden hat. Da weder der Bf. als bezeichneter Empfänger noch Ersatzempfänger iSd § 16 ZustG angetroffen wurden, wurde das Poststück am selben Tag bei der Poststelle 1033 Wien gemäß § 17 ZustG hinterlegt und galt am ersten Tag der Abholfrist (ebenfalls am ) als zugestellt iSd § 97 Abs. 1 lit. a BAO.

Aus der lapidaren Behauptung des Bf., den Haftungsbescheid vom nicht erhalten zu haben, lässt sich nichts gewinnen, da der Beweis, wonach eine Zustellung vorschriftsmäßig erfolgt ist, durch den eine öffentliche Urkunde darstellenden Zustellnachweis (Rückschein) erbracht wird, gegen den jedoch gemäß § 292 Abs. 2 ZPO in Verbindung mit § 24 VStG und § 47 AVG der Gegenbeweis zulässig ist. Behauptet jemand, es liege ein Zustellmangel vor, so hat er diese Behauptung entsprechend zu begründen und Beweise dafür anzuführen, welche die vom Gesetz aufgestellte Vermutung zu widerlegen geeignet sind. Es ist Sache des Empfängers, Umstände vorzubringen, die geeignet sind, Gegenteiliges zu beweisen oder zumindest berechtigte Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Zustellvorganges aufkommen zu lassen ().

Dieser unbegründete Einwand war jedoch keineswegs geeignet, die von der Judikatur geforderten berechtigten Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Zustellvorganges aufkommen zu lassen oder sogar Gegenteiliges zu beweisen.

Sollte der Bf. mit seinem Vorbringen auch zum Ausdruck bringen wollen, dass er auch keine Verständigungsanzeige iSd § 17 Abs. 2 ZustG über die vorgenommene Hinterlegung in seinem Brieffach vorgefunden habe, so ist ihm § 17 Abs. 4 ZustG und die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes entgegenzuhalten, wonach die bloße Behauptung, von der Post keine Verständigung von der Hinterlegung erhalten zu haben, nicht geeignet ist, die gesetzliche Vermutung betreffend die vorschriftsgemäße Zustellung (also insbesondere, dass die Hinterlegungsverständigung tatsächlich in die Abgabeeinrichtung eingelegt wurde) zu widerlegen. Für die Wirksamkeit der Zustellung ist es ohne Belang, ob der Partei die Verständigung von der Hinterlegung tatsächlich zugekommen ist oder nicht. Der Zustellvorgang war mit der Hinterlegung abgeschlossen ().

Gemäß § 260 Abs. 1 BAO ist die Bescheidbeschwerde mit Beschluss zurückzuweisen, wenn sie a) nicht zulässig ist oder b) nicht fristgerecht eingebracht wurde.

Da die Beschwerdefrist gemäß § 245 Abs. 1 BAO einen Monat beträgt und diese gemäß § 109 BAO iVm § 97 Abs. 1 lit. a BAO am , gemäß § 17 Abs. 3 ZustG dem ersten Tag der Abholfrist, zu laufen begann, endete sie gemäß § 108 Abs. 2 BAO am .

Die am (Datum des Poststempels iSd § 108 Abs. 4 BAO) eingebrachte Beschwerde vom war somit verspätet und gemäß § 260 Abs. 1 lit. b BAO zurückzuweisen.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt gegenständlich nicht vor. Die Entscheidung folgt vielmehr der dargestellten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Landesabgaben Wien
betroffene Normen
§ 245 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 109 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 97 Abs. 1 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 108 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 17 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982
§ 260 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise

ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7400120.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at