Private Verwendung arbeitgebereigenes KFZ - Sachbezug
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht erkennt durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch TU Pircher & Partner Steuerberatung GmbH, Anton-Melzer-Straße 7/I, 6020 Innsbruck, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Österreich betreffend Festsetzung des Dienstgeberbeitrages 2016 - 2019, Festsetzung des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag 2016 - 2019 sowie Haftung für Lohnsteuer 2016 - 2019, allesamt vom , Steuernummer ***BF1StNr1***, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht:
I. Die angefochtenen Bescheide werden abgeändert.
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgaben sind dem Ende der Entscheidungsgründe zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Im Rahmen einer gemeinsamen Prüfung lohnabhängiger Abgaben wurde laut Prüfbericht vom vom prüfenden Organ festgestellt, dass der Geschäftsführerin der beschwerdeführenden Partei (in Folge kurz: bfP) ein firmeneigenes Fahrzeug zur privaten Nutzung zur Verfügung gestellt wurde.
Das Finanzamt folgte den Feststellungen des prüfenden Organs und erließ am die nunmehr angefochtenen Bescheide. Zur Begründung wurde auf den Bericht vom selben Tag und auf die Niederschrift über die Schlussbesprechung verwiesen. Im Bericht wurde u.a. angeführt, dass die Heranziehung zur Haftung gemäß § 82 EStG 1988 iVm § 202 Abs 1 und § 224 Abs 1 BAO im Rahmen der Ermessensentscheidung gemäß § 20 BAO innerhalb der vom Gesetz gezogenen Grenzen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände getroffen wurde.
Mit der nach Verlängerung der Beschwerdefrist rechtzeitig eingebrachten Beschwerde brachte die steuerliche Vertreterin der bfP zusammengefasst vor, dass sich im Familienverband der Geschäftsführerin insgesamt fünf Fahrzeuge befänden, weshalb der Ansatz eines Sachbezuges nicht gerechtfertigt sei. Weiters seien mit dem verfahrensgegenständlichen Fahrzeug Gästetransporte durchgeführt worden. Insbesondere im Winter seien Gäste des Hotels mit dem Fahrzeug zu den Haltestellen des öffentlichen Personenverkehrs gebracht worden. Diese Fahrten seien mehrmals täglich durchgeführt worden. Aufgrund dieser Fahrten sei auch die Jahresfahrleistung des Fahrzeuges erklärbar. Darüber hinaus seien mit dem Fahrzeug Messebesuche und Fahrten zu Busunternehmen durchgeführt worden. Ferner sei auch nicht geprüft worden, ob die Überlassung des Fahrzeuges aus rein privaten Motiven erfolgt sei. Da eine Privatnutzung jedoch nie stattgefunden habe und die Überlassung zudem nicht durch das Dienstverhältnis veranlasst gewesen sei, seien die Bescheide ersatzlos aufzuheben.
In weiterer Folge wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und dies im Wesentlichen damit begründet, dass sich die Privatnutzung des verfahrensgegenständlichen Fahrzeuges aus der nicht nachvollziehbaren hohen Kilometerleistung sowie aus den Betankungen in den betriebsfreien Zeiten, in denen keine Dienstnehmer gemeldet gewesen seien, ergebe. Ferner seien keine Belege oder Aufzeichnungen über die Fahrten vorgelegt worden. Es sei nicht glaubwürdig, dass die hohe Kilometerleistung ausschließlich auf Gästetransporte zurückzuführen sei. Auch dem Vorbringen, es seien fünf weitere Fahrzeuge im Familienverband zur Verfügung gestanden, könne nichts abgewonnen werden, zumal nicht gesichert sei, dass die Geschäftsführerin mit diesen Fahrzeugen gefahren sei. Eine Privatnutzung liege jedenfalls vor, da die Geschäftsführerin über kein eigenes Fahrzeug verfüge. Ferner sei aufgrund der exponierten Lage des Hotels und gleichzeitig Wohnortes der Geschäftsführerin lebensnah, dass eine Privatnutzung vorliege. Weiters sei die zur Verfügung Stellung des Fahrzeuges nicht aus rein privaten Motiven erfolgt, da die Bezüge der Geschäftsführerin samt Sachbezug angemessen seien.
Schließlich beantragte die bfP mit Eingabe vom die Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht sowie die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.
Die Beschwerde wurde am dem Bundesfinanzgericht vorgelegt.
Mit ergänzender Stellungnahme vom legte die steuerliche Vertretung der bfP eine Aufstellung von Messebesuchen samt Belegen vor. Für diese Fahrten ergebe sich eine Fahrleistung von insgesamt 17.650 km im Prüfungszeitraum. Ferner seien mit dem Fahrzeug Lebensmitteleinkäufe getätigt worden. Daraus ergäben sich weitere 10.747 km. Für die Beförderung von Gästen seien weitere 21.937 km anzusetzen. Insgesamt seien somit 50.334 km betrieblich veranlasst. Dies entspreche rund 81% der im Prüfbericht festgestellten Fahrleistung von 62.261 km. Zumal die Geschäftsführerin auch in der Rezeption tätig und somit unabkömmlich sei, könne sie das Fahrzeug während der Saisonen gar nicht privat verwenden. Ausgehend von den betrieblich gefahrenen ca. 51.000 km ergebe sich lediglich eine private Nutzung von 11.927 km. Dies entspreche einer jährlichen Privatnutzung von 2.760 km, weshalb der Ansatz eines vollen Sachbezugs nicht gerechtfertigt sei.
Der Eingabe waren weiters eine "Aufstellung von Einkaufsfahrten sowie Gästetransporte" sowie diverse Hotelrechnungen, Restaurantbelege, Kontoauszüge, insgesamt drei Tankbelege und zwei Mautbelege betreffend Durchfahrten durch den Arlbergtunnel beigefügt. Beantragt wurde die Einvernahme von Frau ***1***, Herrn ***2*** und Herrn ***3*** sowie der Geschäftsführerin der bfP zum Beweis dafür, dass die Fahrten im beschriebenen Umfang durchgeführt worden seien.
Die mündliche Verhandlung hat am stattgefunden. Auf die Einvernahme der Zeugen und Parteienvertreter wurde ausdrücklich verzichtet.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Die bfP betreibt seit in der Rechtsform einer GmbH ein 4 Sterne Hotel in ***x***. Zuvor wurde das Hotel als Einzelunternehmen geführt (Firmenbuchauszug).
[...]
Alleingesellschafterin der bfP ist Frau ***A***, welche auch Geschäftsführerin der bfP ist. Als weitere Geschäftsführerin vertritt seit Frau ***B***, Tochter der Alleingesellschafterin, die bfP (Firmenbuchauszug). Die bfP hat einen Umsatz von ca. 1,4 Mio Euro pro Jahr (Abgabenakt).
Vor ihrer Tätigkeit als Geschäftsführerin war Frau ***B*** vom - als Arbeitnehmerin bei der bfP und davor im Einzelunternehmen beschäftigt (Dienstnehmerauskunft).
Das Bruttogehalt der Geschäftsführerin betrug von - € 6.421,98, von - € 18.752,29, im Jahr 2017 € 31.560,94 und im Jahr 2018 € 34.283,63. Ab befand sich die Geschäftsführerin im Mutterschutz, das Bruttogehalt für den Zeitraum - betrug € 1.257,45. Die durchschnittlichen Gehälter der Küchenchefs bei der bfP lagen zwischen € 3.100 und € 4.300 brutto pro Monat.
Im Betriebsvermögen der bfP standen vom - ein VW Caravelle mit einer Leistung von 75 kw, welcher am durch einen VW Caravelle mit einer Leistung von 103 kw ersetzt wurde. Zusätzlich gehört der verfahrensgegenständliche Audi Q5 zum betrieblichen Vermögen der bfP. Dieser wurde am auf das Unternehmen zugelassen, zuvor war er auf das Einzelunternehmen registriert (Abfrage KFZ-DataWareHouse).
Der verfahrensgegenständliche Audi Q5 hat eine Leistung von 130 kw und einen CO2 Ausstoß von 159 g/km. Das Fahrzeug wurde erstmals am zugelassen (Abfrage KFZ-DataWareHouse). Das Fahrzeug hatte zum Zeitpunkt der Erstzulassung einen Listenpreis von € 46.800 (Eurotax).
Am betrug der Kilometerstand des Fahrzeugs 52.226. Dieser stieg bis zum auf 94.605 und erreichte am einen Kilometerstand von 114.487 (Gutachten nach § 57a KFG).
Der verfahrensgegenständliche Audi Q5 wurde zumindest im verfahrensgegenständlichen Zeitraum der Geschäftsführerin der bfP, Frau ***B***, auch zur privaten Nutzung zur Verfügung gestellt. Die Überlassung erfolgte nicht aus privaten Motiven.
Eine schriftliche Vereinbarung zwischen der bfP und der Geschäftsführerin wurde nicht abgeschlossen (unstrittig).
Fahrtenbuch wurde für den Audi Q5 keines geführt (unstrittig).
Im Familienverband (Eltern, Bruder und Tochter der Geschäftsführerin) waren weitere fünf Fahrzeuge vorhanden (unstrittig).
Die Geschäftsführerin wohnt gemeinsam mit ihrer volljährigen Tochter und seit 2019 auch mit ihrem Ehegatten sowie weiteren zwei minderjährigen Kindern an der Adresse der bfP (ZMR). Während des betreffenden Zeitraums war kein Fahrzeug auf sie zugelassen (Abfrage KFZ-DataWareHouse).
Nicht festgestellt werden kann, ob eine private Nutzung von nicht mehr als 500 km pro Monat (6.000 km jährlich) stattgefunden hat.
Der Vollständigkeit halber wird festgestellt, dass die bfP Lohnabgaben für die bei ihr beschäftigten Arbeitnehmer laufend abführt (Abgabenakt).
2. Beweiswürdigung
Zunächst ist auf die bei den einzelnen Feststellungen in Klammern angeführten Beweismittel zu verweisen, die - sofern im Folgenden keine näheren beweiswürdigenden Erwägungen dargelegt werden - im jeweiligen Zusammenhang schlüssig und widerspruchsfrei waren und daher den entsprechenden Feststellungen zu Grunde gelegt werden konnten. Soweit dabei auf Urkunden Bezug genommen wird, hat das erkennende Gericht hinsichtlich der Echtheit und Richtigkeit keine Bedenken.
Sofern Sachverhaltselemente zwischen den Verfahrensparteien unstrittig waren, konnte sich das erkennende Gericht diesen Ansichten bedenkenlos anschließen.
Die Feststellung, dass während des betreffenden Zeitraums kein Fahrzeug auf die Geschäftsführerin, Frau ***B***, zugelassen war ergibt sich aus einer Abfrage des Bundesfinanzgerichts im KFZ-DataWareHouse. Der steuerliche Vertreter brachte in der mündlichen Verhandlung zwar vor, dass bis Oktober 2016 ein VW Golf auf die Geschäftsführerin zugelassen war, der in der Folge der Tochter der Geschäftsführerin überlassen wurde, jedoch wurden dafür keine Nachweise vorgelegt. Insofern hat das Bundesfinanzgericht keine Zweifel an der Richtigkeit der Angaben im KFZ-DataWareHouse.
Die Feststellung, dass das verfahrensgegenständliche Fahrzeug der Geschäftsführerin, Frau ***B***, auch zur privaten Nutzung zur Verfügung stand, ergibt sich aus folgenden Überlegungen:
Zunächst ist festzuhalten, dass während des verfahrensgegenständlichen Zeitraums kein Fahrzeug auf die Geschäftsführerin zugelassen war. Allerdings war die Nutzung eines Fahrzeugs - sei es betrieblich oder privat - für die Geschäftsführerin aufgrund der Lage des Hotels und ihres Wohnorts unerlässlich. Die Annahme, dass die Geschäftsführerin die Fahrzeuge im Familienverband verwendete, erscheint unglaubwürdig und fernab der Realität. Darüber hinaus ist anzumerken, dass jedes Familienmitglied über ein eigenes Fahrzeug verfügt. Dies legt nahe, dass der Geschäftsführerin das gegenständliche Fahrzeug für private Fahrten zur Verfügung stand. Es erscheint nicht lebensnah, dass die Geschäftsführerin jahrelang für jede Privatfahrt, die sie unternehmen wollte, ein gerade freies Fahrzeug im Familienverband gesucht hat.
Ferner wird in der ergänzenden Stellungnahme vom nunmehr bestätigt, dass eine private Nutzung, wenn auch nach Ansicht der bfP in begrenztem Umfang, stattgefunden hat. Wie auch die Abgabenbehörde festgestellt hat, lässt die hohe Anzahl der gefahrenen Kilometer und die unklare Darlegung der Fahrten zweifelsfrei auf eine private Nutzung durch die Geschäftsführerin schließen.
Die Feststellung, dass die Überlassung des Fahrzeuges an die Geschäftsführerin nicht aus privaten Motiven erfolgte, war aus folgenden Überlegungen zu treffen:
Grundsätzlich ist es nicht unüblich, dass einem Geschäftsführer eines Unternehmens mit einem Jahresumsatz von 1,4 Millionen Euro ein firmeneigenes Fahrzeug zur Verfügung gestellt wird, das auch für private Zwecke genutzt werden kann.
Ferner ist auch - wie die Abgabenbehörde in ihrer Beschwerdevorentscheidung ausführt - die Frage, ob eine Leistung des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer durch das Dienstverhältnis veranlasst ist oder aus privaten, außerhalb des Dienstverhältnisses liegenden Motiven erfolgt, eine Sachverhaltsfrage, die vom Bundesfinanzgericht in freier Beweiswürdigung zu beurteilen ist. Dabei ist auch auf die Wertrelation zwischen Leistung und Gegenleistung () sowie darauf abzustellen, ob es sich beim Dienstgeber und Dienstnehmer um Angehörige handelt. Leistungen an nahe Angehörige können nämlich nur insoweit als Entgelt (Arbeitslohn) für ihre Arbeitsleistung angesehen werden, als sie unter gleichen Voraussetzungen auch Fremden gezahlt worden wären; trifft diese Voraussetzung aber nicht zu, so stellen diese Leistungen kein Entgelt für die Arbeitsleistung dar und können daher nicht als Bezug oder Vorteil aus einem Dienstverhältnis angesehen werden ().
Im Beschwerdefall belief sich das durchschnittliche Bruttomonatsgehalt inklusive Sachbezug vor und nach der Eintragung als Geschäftsführerin im Firmenbuch auf € 3.712,28 (2016) bzw. € 3.638,90 (2016), € 3.590,08 (2017), € 3.816,97 (2018) und € 3.142,54 Euro. Die durchschnittlichen Gehälter der Küchenchefs bei der bfP lagen zwischen € 3.100 und € 4.300 brutto pro Monat. Das erkennende Gericht erachtet daher die Bezüge der Geschäftsführerin samt Sachbezug als angemessen. Diese Vergütung wäre unter gleichen Voraussetzungen auch einem Fremden bezahlt worden. Insofern war auch die Feststellung zu treffen, dass die Überlassung des Fahrzeuges nicht aus privaten Motiven sondern vielmehr als Vorteil aus dem Dienstverhältnis erfolgt. Im Übrigen standen dieser Feststellung auch keine widersprechenden Beweisergebnisse entgegen. Die bloße Behauptung, das Fahrzeug sei aus persönlichen Gründen überlassen worden, ohne weitere konkrete und nachvollziehbare Angaben, lässt zumindest nicht den Schluss zu, dass die Überlassung tatsächlich aus privaten Gründen erfolgt ist.
Die Negativfeststellung hinsichtlich der monatlichen Verwendung unter 500 km (6.000 km jährlich) war zu treffen, zumal keine geeigneten Nachweise vorgelegt werden konnten. Grundsätzlich stellt die ordnungsgemäße Führung eines Fahrtenbuchs einen geeigneten Nachweis für das Ausmaß der beruflichen bzw. privaten Verwendung eines Fahrzeuges dar. Wird ein derartiges Fahrtenbuch nicht geführt, können nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch andere Beweismittel zur Führung dieses Nachweises in Betracht kommen. Im Sinne der Gleichmäßigkeit der Besteuerung ist dabei jedoch ein strenger Maßstab anzulegen ().
Die vorgelegten Aufstellungen bezüglich der Gästetransporte, Messebesuche und Lebensmitteleinkäufe stellen lediglich grobe Schätzungen von Fahrten dar. Zusätzlich ist anhand der Hotel- und Reiserechnungen nicht nachvollziehbar, ob ein bzw überhaupt das fragliche Fahrzeug tatsächlich an diesen Orten eingesetzt wurde. Dies wird auch durch die Tatsache bestätigt, dass insgesamt nur drei Tankbelege iZm den Reisen vorgelegt wurden. Ein lückenloser Nachvollzug der getätigten Fahrten anhand der vorgelegten Unterlagen ist sohin nicht möglich. Wie festgestellt, befinden sich weitere Fahrzeuge im Familienverband, die für solche Reisen genutzt werden könnten. Es erscheint zudem unglaubwürdig, dass Gästetransporte in dem beschriebenen Umfang mit einem Audi Q5 durchgeführt wurden, während ein im Betriebsvermögen befindlicher VW Bus dafür besser geeignet wäre. Es ist auch nicht glaubwürdig, dass - wie in der mündlichen Verhandlung vorgetragen - die Mitarbeiter der bfP zum Dienstbeginn aus dem Tal mit dem Audi Q5 abgeholt werden.
Darüber hinaus besteht im Zusammenhang mit der Ermöglichung eines lückenlosen Nachvollzuges der getätigten Fahrten eine erhöhte Mitwirkungspflicht (). Der Arbeitgeber ist für die Einhaltung der 500 km-Grenze beweispflichtig ().
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I.
3.1.1. Verfahrensrechtliches
Die Abgabenbehörde hat die Haftung hinsichtlich Lohnsteuer mit Haftungsbescheid nach § 82 EStG 1988 geltend gemacht.
Nach § 82 EStG 1988 haftet der Arbeitgeber dem Bund für die Einbehaltung und Abfuhr der vom Arbeitslohn einzubehaltenden Lohnsteuer.
Die Lohnsteuer ist eine Abgabe iSd § 202 BAO. Im Bericht vom - zugleich Begründung der Bescheide - wird ausgeführt, dass die Haftung iVm § 202 Abs 1 und § 224 Abs 1 BAO erfolgte.
Nach § 202 BAO gelten die §§ 201 und 201a sinngemäß, wenn nach den Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe einem abgabenrechtlich Haftungspflichtigen obliegt. Hiebei sind Nachforderungen mittels Haftungsbescheides (§ 224 Abs 1 BAO) geltend zu machen.
§ 201 BAO erfordert zwar nicht, dass im Spruch des Bescheides zum Ausdruck gebracht wird, auf welchen Tatbestand des § 201 BAO der Bescheid gestützt wird; dies muss aber (zumindest) aus der Begründung hervorgehen. Eine allenfalls mangelhafte Begründung kann vom Bundesfinanzgericht ergänzt werden ().
Gemäß § 201 Abs 2 BAO kann die Festsetzung erfolgen,
1. von Amts wegen innerhalb eines Jahres ab Bekanntgabe des selbstberechneten Betrages,
2. wenn der Antrag auf Festsetzung spätestens ein Jahr ab Bekanntgabe des selbstberechneten Betrages eingebracht ist,
3. wenn kein selbstberechneter Betrag bekannt gegeben wird oder wenn bei sinngemäßer Anwendung des § 303 die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens von Amts wegen vorliegen würden […]
Im Beschwerdefall stütze sich die Abgabenbehörde zweifelsfrei an § 201 Abs 2 Z 3 zweiter Fall (in sinngemäßer Anwendung des § 303 BAO). Insofern bedarf es eines Wiederaufnahmegrunds. Die Abgabenbehörde hat im Bericht festgestellt, dass "die Privatnutzung des firmeneigenen PKW Audi Q5 für die Geschäftsführerin ***B***" nachverrechnet wird. Insofern hat die Abgabenbehörde klar zum Ausdruck gebracht, auf welchen Tatsachenkomplex sich die Festsetzungen stützen.
3.1.2. Haftung und Festsetzungen
Gemäß § 15 Abs 1 EStG 1988 liegen Einnahmen vor, wenn dem Steuerpflichtigen Geld oder geldwerte Vorteile im Rahmen der Einkunftsarten der Einkunftsarten des § 2 Abs 3 Z 4 bis 7 zufließen.
Nach § 15 Abs 2 Z 1 leg cit sind geldwerte Vorteile (Wohnung, Heizung, Beleuchtung, Kleidung, Kost, Waren, Überlassung von Kraftfahrzeugen zur Privatnutzung und sonstige Sachbezüge) mit den um übliche Preisnachlässe verminderten üblichen Endpreisen des Abgabeortes anzusetzen.
Besteht für den Arbeitnehmer die Möglichkeit, ein arbeitgebereigenes Kraftfahrzeug für nicht beruflich veranlasste Fahrten einschließlich Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zu benützen, dann ist nach § 4 Abs 1 Sachbezugswerteverordnung (BGBl. II Nr 395/2015) ein Sachbezug von 2% der tatsächlichen Anschaffungskosten des Kraftfahrzeuges (einschließlich Umsatzsteuer und Normverbrauchsabgabe), maximal 960 Euro monatlich, anzusetzen.
Beträgt die monatliche Fahrtstrecke für Fahrten im Sinne des Abs. 1 im Jahr nachweislich nicht mehr als 500 km, ist ein Sachbezug im Ausmaß des halben Sachbezugswertes gemäß Abs. 1 anzusetzen. Unterschiedliche Fahrtstrecken in den einzelnen Lohnzahlungszeiträumen sind dabei unbeachtlich (§ 4 Abs 2).
Bei Gebrauchtfahrzeugen ist für die Sachbezugsbewertung der Listenpreis und die CO2-Emmissionswert-Grenze im Zeitpunkt der erstmaligen Zulassung des Fahrzeuges maßgebend. Sonderausstattungen bleiben dabei unberücksichtigt. Anstelle dieses Betrages können die nachgewiesenen tatsächlichen Anschaffungskosten (einschließlich allfälliger Sonderausstattungen und Rabatte) im Sinne des Abs 1 des ersten Erwerbes des Kraftfahrzeuges zu Grunde gelegt werden (§ 4 Abs 4).
Nach den getroffenen Feststellungen wurde der Geschäftsführerin ein Fahrzeug auch zur privaten Nutzung überlassen. Die Überlassung erfolgte nicht aus privaten Motiven. Insofern ist der Ansatz eines Sachbezuges gerechtfertigt.
Der bfP konnte der Nachweis nicht gelingen, dass die monatliche private Fahrstrecke nicht mehr als 500 km beträgt. Der Ansatz eines "halben Sachbezugs" scheidet daher aus.
Gemäß der Haftungsbestimmung des § 82 EStG 1988 ist die Inanspruchnahme der bfP als Haftungspflichtige für die Lohnsteuer gerechtfertigt. Die Heranziehung der bfP zur Haftung ist aufgrund des Haftungsbetrags erforderlich und zweckmäßig, wodurch dem öffentlichen Interesse an der Einbringung der Abgabenschuld Vorrang eingeräumt wird im Vergleich zum individuellen Interesse der bfP an einer Billigkeitserwägung.
Zumal der Geschäftsführerin ein Gebrauchtwagen (Erstzulassung 2013) zur Verwendung überlassen wurde, ist als Berechnungsgrundlage für den Sachbezug der Listenpreis heranzuziehen. Ausgehend vom Listenpreis von € 46.800,- ist daher ein Sachbezug von € 936,- (statt € 960,-) anzusetzen. Die Bescheide waren daher abzuändern.
3.1.3. Berechnung
Lohnsteuer
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Jahr | Zeitraum | Bemessungsgrundlage | Lohnsteuer |
2016 | - - | 8.736,- | 3.057,60 |
2017 | - | 11.232,- | 3.931,20 |
2018 | - | 11.232,- | 3.931,20 |
2019 | - | 436,80 | 152,88 |
DB und DZ(Beträge in Euro)
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Jahr | Bemessungsgrundlage | Dienstgeberbeitrag | Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag |
2016 | 280.066,22 | 12.602,97 | 1.204,28 |
2017 | 304.560,78 | 12.486,99 | 1.309,61 |
2018 | 340.799,17 | 13.291,16 | 1.465,43 |
2019 | 305.506,23 | 11.914,74 | 1.252,57 |
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im gegenständlichen Beschwerdefall orientierte sich das erkennende Gericht an der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofs. Im Übrigen handelt es sich im Wesentlichen um die Beantwortung von Sachverhaltsfragen. Die Revision war daher nicht zuzulassen.
Innsbruck, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 82 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 15 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2024:RV.3100340.2023 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at