Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 06.05.2024, RV/7101307/2015

Kein Behindertenfreibetrag bei Pflegegeldbezug

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***R*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Neunkirchen Wr. Neustadt, nunmehr Finanzamt Österreich Dienststelle Niederösterreich Mitte vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2013 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

In ihrer Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2013 beantragte die Beschwerdeführerin (Bf) den Behindertenfreibetrag.

Die Bf weise einen Grad der Behinderung von 80% auf. Mit dem angefochtenen Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2013 vom berücksichtigte das Finanzamt antragsgemäß Sonderausgaben, der Behindertenfreibetrag wurde aber aufgrund des Pflegegeldbezugs nicht gewährt. Die dagegen erhobene Beschwerde vom , beim Finanzamt eingelangt am , wies das Finanzamt mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet ab.

Dem Vorlageantrag vom entsprechend legte das Finanzamt mit Vorlagebericht vom die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.

Das Beschwerdeverfahren wurde der Gerichtsabteilung des erkennenden Richters mit zur Entscheidung zugeteilt.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Die Beschwerdeführerin bezog im Jahr 2013 Pflegegeld, der Pflegegeldbezug betrug im Zeitraum von Jänner bis Dezember 2013 insgesamt € 3.411,60.

2. Beweiswürdigung

Das Bundesfinanzgericht nimmt aufgrund der festgestellten Aktenlage die obigen Sachverhaltsstellungen als erwiesen an.

Die Beschwerdeführerin war im streitgegenständlichen Jahr 2013 zu 80% behindert und bezog ganzjährig Pflegegeld. Dies ergibt sich aus deren eigenen, unbestrittenen Angaben sowie aus dem Jahreslohnzettel 2013. Weiters führte die Beschwerdeführerin bereits im Zuge der ArbeitnehmerInnenveranlagung 2013 an, dass sie Pflegegeld beziehe.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I.

§ 35 EStG 1988 (in der im Streitzeitraum geltenden Fassung) lautet:

(1) Hat der Steuerpflichtige außergewöhnliche Belastungen

-durch eine eigene körperliche oder geistige Behinderung,

-bei Anspruch auf den Alleinverdienerabsetzbetrag durch eine Behinderung des (Ehe)Partners (§ 106 Abs. 3)

-ohne Anspruch auf den Alleinverdienerabsetzbetrag durch eine Behinderung des (Ehe)Partners (§ 106 Abs. 3), wenn dieser Einkünfte im Sinne des § 33 Abs. 4 Z 1 von höchstens 6.000,- Euro jährlich erzielt

-durch eine Behinderung des Kindes (§ 106 Abs. 1 und 2), für das keine erhöhte Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 4 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 gewährt wird

und erhält weder der Steuerpflichtige noch sein (Ehe)Partner noch sein Kind eine pflegebedingte Geldleistung (Pflegegeld, Pflegezulage oder Blindenzulage), so steht ihm jeweils ein Freibetrag (Abs. 3) zu.

(2) Die Höhe des Freibetrages bestimmt sich nach dem Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung)….

(3) Es wird jährlich gewährt

bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von

25% bis 34% .....................................75 Euro

35% bis 44% .....................................99 Euro

45% bis 54% ....................................243 Euro

55% bis 64% ....................................294 Euro

65% bis 74% ....................................363 Euro

75% bis 84% ....................................435 Euro

85% bis 94% ....................................507 Euro

ab 95% .............................................726 Euro.

(4)…..

§ 35 Abs. 3 EStG 1988 sieht bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit bzw. einem Grad der Behinderung zwischen 75% und 84% einen jährlichen Freibetrag von € 435 vor. Da die Bf einen Grad der Behinderung von (jedenfalls) 80% aufwies, stünde ihr grundsätzlich ein Freibetrag von € 435 zu.

Allerdings übersieht die Bf, dass der letzte Satz von § 35 Abs. 1 EStG 1988 bestimmt, dass der Freibetrag nach § 35 Abs. 3 EStG 1988 unter anderem nur dann zusteht, wenn die Steuerpflichtige kein Pflegegeld erhält.

Da die Bf. unbestritten 2013 ganzjährig Pflegegeld bezogen hat, steht ihr gemäß § 35 Abs 1 EStG 1988 kein pauschaler Freibetrag für die Behinderung zu. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt II.

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da sich die Rechtsfolge der Nichtberücksichtigung des Freibetrages für Erwerbsminderung iSd § 35 Abs. 3 EStG 1988 unmittelbar aus dem Gesetzeswortlaut des letzten Teilsatzes von § 35 Abs. 1 EStG 1988 ergibt, liegt hier keine Rechtsfrage vor, der gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die ordentliche Revision ist daher im vorliegenden Fall nicht zulässig.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7101307.2015

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at