Zurückweisung einer durch einen hierzu nicht Befugten eingebrachten Bescheidbeschwerde
Entscheidungstext
BESCHLUSS
Das Bundesfinanzgericht fasst durch den Richter Mag.Dr. Thomas Leitner in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1Adr***, ***Bf2***, ***Bf2Adr***, ***Bf3***, ***Bf3Adr***, und ***Bf4***, ***Bf4Adr***, als Erben nach ***Erblasser***, vertreten durch ***Stb1 GmbH***, ***StB1 GmbHAdr***, betreffend die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Zurückweisung der Anträge auf Durchführung der Arbeitnehmerveranlagungen 2018 und 2019 der Verlassenschaft nach ***Erblasser*** den Beschluss:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 260 Abs 1 lit a BAO als nicht zulässig zurückgewiesen.
II. Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwalt ungsgerichtsh of nach Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig .
Begründung
I. Verfahrensgang
Mit Eingaben vom beantragte die ***Stb1 GmbH*** im Namen der Verlassenschaft nach ***Erblasser*** die Durchführung der Arbeitnehmerveranlagungen für die Jahre 2018 und 2019.
Im Zuge eines daraufhin vom Finanzamt Österreich (im Folgenden bezeichnet als "belangte Behörde") durchgeführten Vorhalteverfahrens gab die ***Stb1 GmbH*** an, vom Verstorbenen nicht über den Tod hinaus bevollmächtigt worden zu sein und dass die Verlassenschaft den Erben ***Bf1***, ***Bf2***, ***Bf3*** und ***Bf4*** zu je einem Viertel des Nachlasses eingeantwortet worden sei. Mit weiterer Vorhaltsbeantwortung gab die ***Stb1 GmbH*** an, von den Erben nicht zur steuerlichen Vertretung bevollmächtigt worden zu sein.
Mit an die ***Stb1 GmbH***, ***StB1 GmbHAdr***, adressiertem Bescheid vom wies die belangte Behörde daraufhin die Anträge auf Durchführung der Arbeitnehmerveranlagungen 2018 und 2019 mangels Vorliegens einer Vollmacht als unzulässig zurück.
Mit Eingabe vom erhob die ***Stb1 GmbH*** daraufhin im Namen der Erben nach ***Erblasser*** Beschwerde "gegen die Zurückweisungsbescheide 2018 und 2019". Darin wurde ausgeführt, die angefochtenen Bescheide würden zwar im Steuerakt aufscheinenden, seien aber postalisch nicht eingelangt. Die ***Stb1 GmbH*** sei bemüht - falls dies der Grund für die Zurückweisung sei - die Vollmachten der Erben, soweit diese dazu bereit seien, einzuholen.
Mit weiterer Eingabe vom übermittelte die ***Stb1 GmbH*** der belangten Behörde eine von ***Bf3*** erteilte Vollmacht vom .
Mit an die Erben nach ***Erblasser*** adressierter Beschwerdevorentscheidung der belangten Behörde vom wurde die Beschwerde unter Verweis auf die Begründung des angefochtenen Bescheides als unzulässig zurückgewiesen.
Mit Eingabe vom brachte die ***Stb1 GmbH*** im Namen der Erben nach ***Erblasser*** einen Vorlageantrag ein und gab darin im Wesentlichen an, dass die "Abweisung der Anträge auf Arbeitnehmerveranlagung 2018 und 2019 (...) weder bei uns noch bei der angegebenen Adresse eingelangt" seien.
Die belangte Behörde legte die Beschwerde und die Akten mit Vorlagebericht vom dem Bundesfinanzgericht vor.
Mit wurde die belangte Behörde um Mitteilung ersucht, auf welche Weise der angefochtene Zurückweisungsbescheid vom zugestellt wurde und wurde die belangte Behörde um Vorlage eines Zustellnachweises ersucht.
Mit Schreiben vom teilte die belangte Behörde dem BFG mit, dass der angefochtene Zurückweisungsbescheid über FinanzOnline in die Databox der ***Stb1 GmbH*** übermittelt worden sei und legte die belangte Behörde einen entsprechenden Zustellnachweis vor.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Mit an die ***Stb1 GmbH***, ***StB1 GmbHAdr***, adressiertem Bescheid vom wies die belangte Behörde von der ***Stb1 GmbH*** im Namen der Verlassenschaft nach ***Erblasser*** eingebrachte Anträge auf Durchführung der Arbeitnehmerveranlagungen 2018 und 2019 mangels Vorliegens einer Vollmacht als unzulässig zurück.
Der vorgenannte Bescheid wurde am in die "Databox" der ***Stb1 GmbH*** bei FinanzOnline eingebracht (siehe den aktenkundigen Auszug aus der "Grunddatenverwaltung" der belangten Behörde). Die ***Stb1 GmbH*** nahm zu diesem Zeitpunkt an FinanzOnline teil (siehe nochmals den aktenkundigen Auszug aus der "Grunddatenverwaltung" der belangten Behörde) und hatte im Jahr 2022 Umsätze von mehr als 35.000 Euro erzielt (siehe den aktenkundigen Umsatzsteuerbescheid 2022 vom ).
Mit Eingabe vom erhob die ***Stb1 GmbH*** im Namen der Erben nach ***Erblasser*** Beschwerde "gegen die Zurückweisungsbescheide 2018 und 2019".
2. Beweiswürdigung
Die obigen Sachverhaltsfeststellungen ergeben sich aus den jeweils genannten aktenkundigen Unterlagen.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I.
3.1.1. Zustellung des angefochtenen Bescheids
Ein Bescheid gilt dann als "erlassen", wenn er einmal nach außen in Erscheinung getreten ist. Die Bekanntgabe erfolgt nach § 97 Abs 1 lit a BAO bei schriftlichen Erledigungen - wenn nicht in besonderen Vorschriften die öffentliche Bekanntmachung oder die Auflegung von Listen - vorgesehen ist, durch Zustellung. Gem § 97 Abs 3 BAO kann an Stelle der Zustellung der schriftlichen Ausfertigung einer behördlichen Erledigung deren Inhalt auch telegraphisch oder fernschriftlich mitgeteilt werden. Darüber hinaus kann durch Verordnung des Bundesministers für Finanzen die Mitteilung des Inhalts von Erledigungen auch im Wege automationsunterstützter Datenübertragung oder in jeder anderen technisch möglichen Weise vorgesehen werden, wobei zugelassen werden kann, dass sich die Behörde einer bestimmten geeigneten öffentlich-rechtlichen oder privatrechtlichen Übermittlungsstelle bedienen darf.
Gemäß § 5b Abs 1 der VO BGBl II 2006/97 (FOnV 2006) haben die Abgabenbehörden nach Maßgabe ihrer technischen Möglichkeiten Zustellungen an Empfänger, die Teilnehmer von FinanzOnline sind, elektronisch vorzunehmen.
Elektronisch zugestellte Dokumente gelten gemäß § 98 Abs 2 erster Satz BAO "als zugestellt, sobald sie in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers gelangt sind."
Bei der ***Stb1 GmbH*** handelt es sich um einen Unternehmer im Sinne des § 3 Z 20 Bundesstatistikgesetz 2000, BGBl I 1999/163, der im Jahr 2023 wegen Überschreiten der Umsatzgrenze zur Abgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen verpflichtet war. Die ***Stb1 GmbH*** war im Jahr 2023 daher gem § 5b Abs 3 FOnV 2006 zur Teilnahme an der elektronischen Zustellung über FinanzOnline verpflichtet und konnte auf diese nicht verzichten. Sofern die ***Stb1 GmbH*** in FinanzOnline einen Verzicht auf die elektronische Zustellung abgegeben hätte, wäre dieser gem § 5b Abs 3a FOnV 2006 unwirksam.
Demgemäß gilt der im Beschwerdefall angefochtene Bescheid mit seiner Einbringung in die "Databox" der ***Stb1 GmbH*** bei FinanzOnline am als zugestellt.
3.1.2. Fehlende Beschwerdelegitimation
Gemäß § 246 Abs 1 BAO ist zur Einbringung einer Bescheidbeschwerde jeder befugt, an den der den Gegenstand der Anfechtung bildenden Bescheid ergangen ist. Ein Bescheid ergeht an die Person, die (gem § 93 Abs 2 BAO) im Spruch des Bescheides genannt ist. Dabei genügt die Bezeichnung im Adressfeld bzw Spruchkopf (). Die Rechtsmittellegitimation setzt überdies voraus, dass der Bescheid dem Betreffenden gegenüber wirksam bekannt gegeben ist (§ 97 BAO). Beschwerdeführer kann daher nur derjenige sein, dem der Bescheid wirksam bekannt gegeben wurde und für den er auch inhaltlich bestimmt war (vgl zB ).
Im Spruch des gegenständlich angefochtenen Bescheides wird als Adressat die ***Stb1 GmbH***, ***StB1 GmbHAdr***, genannt und ist der Bescheid den unter Punkt 3.2.1 erfolgten Ausführungen zufolge (nur) der ***Stb1 GmbH*** bekannt gegeben worden. Folglich handelt es sich bei den Erben nach ***Erblasser***, in deren Name die gegenständliche Beschwerde eingebracht wurde, aber um keine zur Einbringung einer Bescheidbeschwerde befugten Personen, da der Bescheid nicht an diese Personen ergangen ist.
Wird eine Beschwerde von einem hierzu nicht Legitimierten eingebracht, ist diese gem § 260 Abs 1 lit a BAO zurückzuweisen (vgl , 0114).
Abschließend ist darauf hinzuweisen, dass auch eine gegen einen mangels Zustellung rechtlich nicht existent gewordenen Bescheid gerichtete Bescheidbeschwerde als unzulässig zurückzuweisen wäre (vgl ; , 93/17/0318). Die vorliegende Bescheidbeschwerde wäre demnach auch dann als unzulässig zurückzuweisen, wenn man dem Vorbringen im Vorlageantrag folgend von einer nicht wirksamen Zustellung ausginge.
3.2. Zu Spruchpunkt II.
Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Soweit im Beschwerdefall Rechtsfragen zu lösen waren, folgt das Bundesfinanzgericht der im Rahmen der rechtlichen Beurteilung angeführten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, weshalb gemäß § 25a Abs 1 VwGG spruchgemäß zu entscheiden ist.
Salzburg, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 246 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 260 Abs. 1 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2024:RV.7100643.2024 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at