Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 18.04.2024, RV/7300022/2024

Verspätete Bereitschaftserklärung zur Erbringung gemeinnütziger Leistungen

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag.Dr. Wolfgang Pagitsch in der Finanzstrafsache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über deren Beschwerde vom gegen den Zurückweisungsbescheid des Amtes für Betrugsbekämpfung als Finanzstrafbehörde vom betreffend der Bereitschaftserklärung vom auf Erbringung gemeinnütziger Leistungen, Strafkontonummer ***BF1StNr1***, Amtsbeauftragter Florian Marc-Christian Seger BA, zu Recht erkannt:

I.) Die Beschwerde wird gem. § 161 Abs. 1 FinStrG als unbegründet abgewiesen.

II.) Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Mit Erkenntnis des Spruchsenates W-3 des Amtes für Betrugsbekämpfung als Finanzstrafbehörde vom wurde die Beschwerdeführerin mehrerer Finanzvergehen für schuldig befunden und über ihr eine Geldstrafe von € 13.000,00 (Ersatzfreiheitsstrafe 52 Tage) verhängt.

Nachdem von der belangten Behörde die Uneinbringlichkeit der Geldstrafe iHv € 12.800,00 festgestellt worden ist, wurde die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom aufgefordert die Ersatzfreiheitsstrafe von 51 Tagen und 4 Stunden binnen eines Monats bei der Justizanstalt Wien-Josefstadt anzutreten oder die aushaftende Geldstrafe zu entrichten, widrigenfalls die zwangsweise Vorführung zum Strafantritt erfolge. Zudem wurde die Beschwerdeführerin darauf hingewiesen, dass sie den Vollzug der Ersatzfreiheitsstrafe hemmen könne, sofern sie innerhalb eines Monats ab Zustellung der Aufforderung eine Bereitschaftserklärung zur Erbringung gemeinnütziger Leistungen einreiche.

Am langte eine dahingehende Bereitschaftserklärung, datiert mit , bei der belangten Behörde ein.

Mit Bescheid vom wies die belangte Behörde diesen Antrag als verspätet zurück.

Dagegen erhob die Beschwerdeführerin am Beschwerde und begründete diese gemeinsam mit ihrer Tochter im Wesentlichen damit, dass aufgrund ihrer schlechten Deutschkenntnisse die Tochter mit der Verfassung und Übermittlung der Bereitschaftserklärung beauftragt worden sei, diese aufgrund von Überlastung (Feiertage, Umzug, Kinder) den Antrag verspätet eingereicht habe und daher die Tochter die ganze Schuld auf sich nehme.

Mit Vorlagebericht vom wurde die Beschwerde samt wesentlichen Aktenteilen dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Über die Beschwerde wurde erwogen

Festgestellter Sachverhalt

Die Aufforderung zum Strafantritt wurde der Beschwerdeführerin am zugestellt. Am wurde seitens der Beschwerdeführerin die mit datierte Bereitschaftserklärung bei der Post aufgegeben und noch am selben Tag der belangten Behörde zugestellt.

Beweiswürdigung

Die Zustellung der Aufforderung zum Strafantritt ist durch den Zustellnachweis der Post erwiesen, wonach die Beschwerdeführerin durch ihre Unterschrift bestätigt hat, dass sie das Schriftstück am persönlich vom Zustellorgan übernommen hat. Dass die Beschwerdeführerin am die Bereitschaftserklärung zur Post gegeben hat und die Zustellung ("PRIO") an die belangte Behörde noch am selben Tag erfolgte, ist durch den Aufgabestempel der Post bzw. durch den Eingangsvermerk der belangten Behörde nachgewiesen und wurde von der Beschwerdeführerin auch nicht bestritten.

Rechtliche Erwägungen

Gem. § 179 Abs. 3 FinStrG hat der Vollzug einer Ersatzfreiheitsstrafe zu unterbleiben, wenn der Bestrafte gemeinnützige Leistungen (§ 3a StVG) erbringt. Darüber ist er in der Aufforderung zum Strafantritt zu informieren, wobei ihm auch das Ausmaß der zu erbringenden gemeinnützigen Leistungen mitzuteilen ist. (…) § 3a Abs. 1 bis 4 StVG und § 29b Bewährungshilfegesetz sind mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an Stelle des Gerichtes die Finanzstrafbehörde tritt. Die Vermittlung gemeinnütziger Leistungen hat nur über Ersuchen des Bestraften zu erfolgen.

Gem. § 3 Abs. 2 StVG ist im Falle, dass ein Verurteilter, der sich auf freiem Fuße befindet, die Strafe nicht sofort antritt, schriftlich aufzufordern, die Strafe binnen einem Monat nach der Zustellung anzutreten. Die Aufforderung hat die Bezeichnung der zuständigen Anstalt und die Androhung zu enthalten, dass der Verurteilte im Falle seines Ausbleibens vorgeführt wird.

Gem. § 3a Abs. 2 StVG wird diese Frist gehemmt, wenn der Verurteilte innerhalb der Frist des § 3 Abs. 2 dem Gericht mitteilt, dass er sich bereit erkläre, gemeinnützige Leistungen zu erbringen und dies rechtlich zulässig ist.

Gem. § 56 Abs. 2 FinStrG gelten, soweit das FinStrG nichts anderes bestimmt, die Fristenbestimmungen der § 108 ff BAO auch für das verwaltungsbehördliche Finanzstrafverfahren. Gem. § 56 Abs. 3 erster Satz FinStrG gelten für Zustellungen das Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982, und sinngemäß die Bestimmungen des 3. Abschnittes der Bundesabgabenordnung.

Gem. § 109 BAO ist im Falle, dass der Lauf einer Frist durch eine behördliche Erledigung ausgelöst wird, für den Beginn der Frist, soweit es sich nicht um eine nach Tagen bestimmte Frist handelt (§ 108 Abs 1 BAO), der Tag maßgebend, an dem die Erledigung bekannt gegeben worden ist (§ 97 Abs. 1).

Gem. § 97 Abs. 1 BAO werden Erledigungen dadurch wirksam, daß sie demjenigen bekanntgegeben werden, für den sie ihrem Inhalt nach bestimmt sind. Die Bekanntgabe erfolgtbei schriftlichen Erledigungen (…) durch Zustellung.

Gem § 108 Abs. 2 BAO enden nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, der durch seine Benennung oder Zahl dem für den Beginn der Frist maßgebenden Tag entspricht.

Gem. § 108 Abs. 3 zweiter Satz BAO ist im Falle, dass das Ende einer Frist auf einen Samstag, Sonntag, gesetzlichen Feiertag, Karfreitag oder 24.Dezember fällt, der nächste Tag, der nicht einer der vorgenannten Tage ist, als letzter Tag der Frist anzusehen.

Gem. § 108 Abs. 4 BAO werden die Tage des Postlaufes in die Frist nicht eingerechnet.

Gem. § 110 Abs. 1 BAO können gesetzliche Fristen, wenn nicht ausdrücklich anderes bestimmt ist, nicht geändert werden.

Streitgegenständlich hat die Beschwerdeführerin persönlich am die Aufforderung zum Strafantritt übernommen. Aufgrund der oben anzuwendenden Bestimmungen endete die gesetzliche Monatsfrist zur Einbringung der Bereitschaftserklärung iSd § 3a Abs. 2 StVG am Freitag, dem . Da die Bereitschaftserklärung, welche mit datiert ist, erst am Dienstag, dem zur Post gegeben wurde, erfolgte die Einbringung derselben verspätet. Aufgrund des § 110 Abs. 1 BAO kann die Frist des § 3a Abs. 2 StVG nicht verlängert werden und geht bei Versäumung der Frist dieses Recht verloren (Fallfrist). Zudem spielt es keine Rolle, dass die verspätete Einreichung der Bereitschaftserklärung (möglicherweise) von der beauftragten Tochter verursacht wurde, da derartige Handlungen der Auftraggeberin zuzurechnen sind.

Die belangte Behörde hat daher zu Recht die Bereitschaftserklärung vom auf Erbringung gemeinnütziger Leistungen als verspätet zurückgewiesen, sodass die Beschwerde als unbegründet abzuweisen war.

Zur Unzulässigkeit der Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision nicht zulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Vielmehr ergibt sich die Rechtsfolge unmittelbar aus dem oben angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 179 Abs. 3 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958
§ 3a Abs. 2 StVG, Strafvollzugsgesetz, BGBl. Nr. 144/1969
§ 110 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7300022.2024

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at