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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 22.04.2024, RV/7100710/2024

Familienbeihilfenanspruch für Pflegekind

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R. in der Beschwerdesache
***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Abweisung des Antrages vom auf Familienbeihilfe für ***[Sohn]*** ab Mai 2022, Steuernummer ***Bf1StNr*** (SVNR ***Bf1SVNR***), zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Der beschwerdegegenständliche Bescheid (vom ) wurde vom Finanzamt erlassen wie folgt:
Abweisungsbescheid
Ihr/e Antrag auf Familienbeihilfe vom wird abgewiesen für:
Name des Kindes VNR/Geb.dat. Zeitraum
***[Sohn]*** … .03.2004 ab Mai 2022
Begründung:
Nach Rechtsansicht des Obersten Gerichtshofes (, 7 Ob 577/91), endet die Pflegeelternschaft gemäß § 184 ABGB (Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch) und damit auch die Pflegekindeigenschaft des FLAG 1967 (Familienlastenausgleichsgesetz) mit dem Eintritt der Volljährigkeit des Kindes (in Österreich mit dem 18. Lebensjahr).

Die Beschwerde wurde von der Beschwerdeführerin (Bf.) erhoben wie folgt:
Es entspricht den Tatsachen, dass **[Sohn]** gemeinsam mit meinem Partner ***[Lebensgefährte]*** in unserem Haushalt wohnt. Ich und mein Partner, bzw. wir tragen den Unterhalt für den Sohn meines Partners. Ich betrachte mich auch gefühlsmäßig als seine Mutter. Es ist für mich nicht nachvollziehbar, warum die Pflegeelternschaft mit der Volljährigkeit enden sollte, wenn der **[Sohn]** zusätzlich ein Studium noch betreibt. Es käme daher durch die von Ihnen erwähnte Judikatur des OGH zu einer direkten Diskriminierung. Ich gehe davon aus, dass mein Partner sowieso einen abgeleiteten Anspruch für die Gewährung der Familienbeihilfe geltend machen könnte. Sehen Sie es als zweckmäßig, dass er selbst einen Antrag stellt?
Ich beantrage daher die Aufhebung des gegenständlichen Bescheides und die Zuerkennung der Familienbeihilfe für meinen Pflegesohn **[Sohn]** wie im Antrag vom angegeben wurde.

Das Finanzamt erließ eine abweisende Beschwerdevorentscheidung, dies mit folgender Begründung:
Familienbeihilfe steht für Kinder im Sinne des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 zu. Dies sind:
• Leibliche Kinder
• Adoptivkinder
• Enkelkinder
• Stiefkinder
• Pflegekinder
Es trifft nichts davon zu.
Wie bereits im Abweisungsbescheid vom angeführt, endet nach Rechtsansicht des Obersten Gerichtshofes (, 7 Ob 577/91) die Pflegeelternschaft gemäß § 184 ABGB (Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch) und damit auch die Pflegekindeigenschaft des FLAG 1967 (Familienlastenausgleichsgesetz) mit dem Eintritt der Volljährigkeit des Kindes (in Österreich mit dem 18. Lebensjahr).

Der Vorlageantrag wurde erhoben wie folgt:
In der Beschwerde habe ich die Abweisung meines Anspruches auf die Familienbeihilfe für unseren Sohn … bekämpft. Aus Vorsicht stellen wir einen neuen Antrag auf Ausgleichzahlung der Familienbeihilfe im Namen meines Partners, des Kindesvaters, Herrn **[Lebensgefährte]**.

Die Beschwerdevorlage erfolgte mit nachstehendem Sachverhalt und Anträgen:
Verfahrenslauf:
(Die Bf.), Sozialversicherungsnummer … (in Folge Bf), stellte über Finanz Online einen Antrag auf Gewährung von Familienbeihilfe für ***Sohn***, geb. … .03.2004, den leiblichen Sohn ihres Lebensgefährten ***Lebensgefährte***, Sozialversicherungsnummer 6…0780.
Mit Bescheid vom wies das Finanzamt den Antrag mit der Begründung zu ***Sohn*** ab, dass die Pflegekindeigenschaft im Sinne des FLAG 1967 (Familienlastenausgleichsgesetz 1967) mit dem Erreichen der Volljährigkeit des Kindes (in Österreich mit dem 18. Lebensjahr) endet (ON 1).
Gegen den Abweisungsbescheid vom erhob die Bf am Beschwerde (0N 2).
Das Finanzamt erließ am eine abweisende Beschwerdevorentscheidung (ON 3).
Die Bf. stellte am einen Vorlageantrag (ON 4).
Im Zuge der Überprüfung des Anspruches auf Familienbeihilfe wurden dem Finanzamt am (ON 5) und am (ON 6) Unterlagen übermittelt.
Die Bf ist seit durchgehend als Arbeiterin zur Sozialversicherung in Österreich gemeldet (ON 7). Herr ***Lebensgefährte***, Lebensgefährte der Bf, ist seit in Tschechien erwerbstätig (ON 6) und konnte in Österreich keine aufrechte Meldung zur Sozialversicherung abgefragt werden (ON 8).
Für Herrn ***Sohn*** wurde im Zeitraum 05/2020 bis 03/2022 eine Differenzzahlung gewährt (ON 9).
Sachverhalt:
Die Bf. lebt an der Adresse ***Bf1-Adr*** mit ihrem Lebensgefährten Herrn ***Lebensgefährte*** und dessen Sohn ***Sohn*** im gemeinsamen Haushalt. Herr ***Sohn*** vollendete am ...03.2022 sein 18. Lebensjahr. Die Bf ist seit in Österreich beschäftigt. Der Kindesvater ist laufend in Tschechien erwerbstätig. Für Herrn ***Sohn*** wurde im Zeitraum 05/2020 bis 03/2022 eine Differenzzahlung gewährt.
Beweismittel:
ON 1 - Abweisungsbescheid FB
ON 2 - Beschwerde
ON 3 - Beschwerdevorentscheidung
ON 4 - Vorlageantrag
ON 5 - Überprüfung Anspruch auf Familienbeihilfe
ON 6 - Überprüfung Anspruch auf Familienbeihilfe
ON 7 - Auskunftsverfahren- Aj-WEB - ***Bf1***
ON 8 - Auskunftsverfahren -Aj-WEB - ***Lebensgefährte***
Stellungnahme:
Gemäß § 2 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG) haben Anspruch auf Familienbeihilfe Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, für minderjährige und unter gewissen Voraussetzungen für volljährige Kinder.
Gemäß § 2 Abs. 2 FLAG hat Anspruch auf Familienbeihilfe für ein im Abs. 1 genanntes Kind die Person, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist.
Gemäß § 2 Abs. 3 leg. cit. sind im Sinne dieses Abschnittes Kinder einer Person
a) deren Nachkommen,
b) deren Wahlkinder und deren Nachkommen,
c) deren Stiefkinder,
d) deren Pflegekinder (§§ 186 und 186a des allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches).
"Das FLAG 1967 enthält keine Legaldefinition des Begriffs "Pflegekind", vielmehr ergibt sich der Pflegekindbegriff des FLAG aus dem Pflegeelternbegriff des ABGB, welcher in § 184 ABGB geregelt ist. Das Institut der Pflegeelternschaft wurde durch das Kindrechtsänderungsgesetz 2001 und 2013 (KindRÄG 2001 und 2013) umfassend novelliert. Bis zum KindRÄG 2013, welches am in Kraft trat, war die Pflegeelternschaft in § 186 ABGB geregelt, auf welches das FLAG 1967 in seiner Bestimmung § 2 Abs. 3 lit d. FLAG 1967 verweist. Seit dem KindRÄG 2013 findet sich der Begriff der "Pflegeelternschaft" im § 184 ABGB. Dieser Begriff ist für die Auslegung des "Pflegekindbegriffes" des § 2 Abs. 3 lit. d FLAG 1967 heranzuziehen" (vgl Kind Definition inklusive Pflegekinder - FLAG Plattform - abgefragt ).
Unter der Überschrift Obsorge wird in § 158 ABGB festgelegt, dass die Eltern das minderjährige Kind zu pflegen und zu erziehen haben, sein Vermögen zu verwalten und es in diesen sowie allen anderen Angelegenheiten zu vertreten haben; Pflege und Erziehung sowie die Vermögensverwaltung umfassen auch die gesetzliche Vertretung in diesen Bereichen. Bei Erfüllung dieser Pflichten und Ausübung dieser Rechte sollen die Eltern einvernehmlich vorgehen.
Pflege und Erziehung sind also Teilbereiche der Obsorge für minderjährige Kinder.
"Nach Rechtsansicht des OGH (, 7 Ob 577/91,) endet die Pflegelternschaft gemäß § 184 ABGB mit Eintritt der Volljährigkeit. Da der Pflegekindbegriff des FLAG 1967 sich aus dem Pflegeelternbegriff des ABGB ableitet, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass auch die Pflegekindeigenschaft des FLAG 1967 mit dem Eintritt der Volljährigkeit des Kindes endet. Volljährige Kinder/Jugendliche können somit grundsätzlich keine Pflegekinder im Sinne des § 2 Abs. 3 lit. d FLAG sein" (vgl Kind Definition inklusive Pflegekinder - FLAG Plattform - abgefragt ).
Herr ***Sohn*** hat am ...03.2022 das 18. Lebensjahr vollendet, ist also im beantragten Zeitraum (ab 04/2022) bereits volljährig gewesen. Im Hinblick darauf, dass § 2 Abs. 3 lit. d FLAG ausdrücklich auf die §§ 186 und 186 a ABGB verweist, welche voraussetzen, dass die betreffende Person die Obsorge über ein Kind hat, kann Herr ***Sohn*** nach Erreichen der Volljährigkeit nicht mehr als Pflegekind der Bf. angesehen werden. Der Antrag auf Familienbeihilfe ab 04/2022 war daher abzuweisen.
Es wird beantragt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Die Bf. lebte im beschwerderelevanten Zeitraum mit ihrem Lebensgefährten ***Lebensgefährte*** und dessen Sohn ***Sohn*** an der Adresse ***Bf1-Adr*** Tschechien, im gemeinsamen Haushalt.
Seit ist die Bf. in Österreich beschäftigt. Der Kindesvater ist laufend in Tschechien erwerbstätig.
***Sohn***, wie gesagt, der Sohn des Lebensgefährten der Bf., vollendete am ...03.2022 sein 18. Lebensjahr. Im Zeitraum 05/2020 bis 03/2022 wurde der Bf. für ihn vom Finanzamt eine Differenzzahlung gewährt.

2. Beweiswürdigung

Die getroffenen Detailfeststellungen sind, wie der Vergleich der Beschwerdevorentscheidung und der Beschwerdevorlage einerseits und der Beschwerde (und des Vorlageantrages) andererseits zeigt, unstrittig. Weiterer Ausführungen zur Beweiswürdigung bedarf es dementsprechend nicht.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Gemäß § 2 Abs. 1 lit. b Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung des Berufes nicht möglich ist.

§ 2 Abs. 3 FLAG 1967 lautet:
Im Sinne dieses Abschnittes Kinder einer Person
a) deren Nachkommen,
b) deren Wahlkinder und deren Nachkommen,
c) deren Stiefkinder,
d) deren Pflegekinder (§§ 186 und 186a des allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches).

§ 184 ABGB in der ab geltenden Fassung bestimmt:
Pflegeeltern sind Personen, die die Pflege und Erziehung des Kindes [Hervorhebung, auch nachfolgende, durch den Richter] ganz oder teilweise besorgen und zu denen eine dem Verhältnis zwischen leiblichen Eltern und Kindern nahe kommende Beziehung besteht oder hergestellt werden soll.

Der Oberste Gerichtshof erkannte im (vom Finanzamt im bekämpften Bescheid, in der Beschwerdevorentscheidung und in der Beschwerdevorlage angeführten) Erkenntnis vom , 7 Ob 577/91:
Aus einem Pflegeverhältnis ergeben sich nach wie vor keinerlei verwandtschaftliche Beziehungen zwischen Pflegeeltern und Pflegekindern. Es ist auch weiterhin nur auf Zeit ausgelegt; die rechtlichen Beziehungen zwischen den Pflegeeltern und Pflegekindern erlöschen mit der Großjährigkeit des Kindes.

Nowotny verweist im Kommentar Csaszar/Lenneis/Wanke FLAG § 2 Rz 22 auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2008/15/0314, in welchem er Folgendes ausgesprochen hat:
"Nach § 186 ABGB sind Pflegeeltern Personen, die die Pflege und Erziehung des Kindes ganz oder teilweise besorgen und zu denen eine dem Verhältnis zwischen leiblichen Eltern und Kindern nahe kommende Beziehung besteht oder hergestellt werden soll. Demnach schreibt das Gesetz zwei Tatbestandsvoraussetzungen der Pflegeelternschaft vor, nämlich die tatsächliche Betreuung und eine bestimmte Qualität der Bindung. Bei Vorliegen beider Komponenten ist die Pflegeelternschaft kraft Gesetzes ohne Notwendigkeit eines rechtsgeschäftlichen oder gerichtlichen Begründungsaktes gegeben (vgl. Barth/Neumayr, in Klang3, § 186 Tz. 3). Auch Einzelpersonen kann die Pflegeelterneigenschaft zuteil werden (§ 186a Abs. 1 ABGB). Dass die mit einem leiblichen Elternteil in Lebensgemeinschaft lebende Person bei Übernahme von Betreuungsleistungen und bei Vorliegen einer § 186 ABGB entsprechenden emotionalen Bindung als Pflegeelternteil gilt, entspricht der herrschenden Auffassung (vgl. Klang, aaO, Rz. 15)."

Das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom , RV/7102827/2017, betrifft folgenden Sachverhalt und Streitpunkte:
Der Bf. lebt im gemeinsamen Haushalt mit seiner Lebensgefährtin, NN-LG VN-M und dem gemeinsamen Kind VN-gT NN, sowie der Tochter der Lebensgefährtin, NN-LG VN-T-LG, welche am GebDat geboren wurde und 2011 das 18. Lebensjahr vollendet hat.
Strittig ist, ob der Bf. Anspruch auf Gewährung der Ausgleichszahlung für die im gemeinsamen Haushalt lebende Tochter seiner Lebensgefährtin hat, welche nicht das leibliche Kind des Bf. ist.
Hierüber wurde nach Anführung der gesetzlichen Bestimmungen erwogen:
NN-LG VN-T-LG hat 2011 das 18. Lebensjahr vollendet, ist also in den Jahren 2012 bis 2014 bereits volljährig gewesen. Im Hinblick darauf, dass § 2 Abs. 3 lit. d) FLAG ausdrücklich auf die §§ 186 und 186 a ABGB verweist, welche voraussetzen, dass der Betreffende die Obsorge über ein Kind hat, kann NN-LG VN-T-LG nach Erreichen der Volljährigkeit nicht mehr als Pflegekind des Bf. angesehen werden. Eine analoge Anwendung der Bestimmung auf Personen, die sonst für den Unterhalt von volljährigen Studenten sorgen, ist im Hinblick auf den eindeutigen Gesetzeswortlaut nicht möglich (vgl. ).
Weitergehende Ermittlungen durch das Finanzamt waren daher nicht erforderlich.
Aus den genannten Gründen konnte der Beschwerde keine Folge gegeben werden.

Im Erkenntnis vom , RV/4100086/2023, erwog das Bundesfinanzgericht:
Mit Eintritt der Volljährigkeit von ***1***, am ***11***, endete das Obsorgeverhältnis zur Bf. ex lege. Damit waren aber auch ihre Anspruchsvoraussetzungen für den Bezug der Familienbeihilfe (Kinderabsetzbeträge) nach § 2 Abs. 1 lit. b iVm Abs. 2 und Abs. 3 lit. d FLAG 1967 sowie § 33 Abs. 3 EStG 1988 nicht mehr gegeben. Die Auszahlung der Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge an die Bf. erfolgte bis Februar 2023 somit irrtümlich.

Im Erkenntnis vom , RV/7100057/2023, erwog das Bundesfinanzgericht:
Er ist aber auch kein Pflegekind. Zur Auslegung des Begriffs "Pflegekind" ist, wie bereits ausgeführt, lt. ausdrücklicher gesetzlicher Vorschrift das ABGB heranzuziehen. Ergänzend zu den bisherigen Ausführungen ergibt sich darüberhinaus bereits aus § 178 ABGB und der Gegenüberstellung von Eltern einerseits und Pflegeeltern andererseits die Abgrenzung zueinander, dass nur ein minderjähriges Kind von Pflegeeltern tatsächlich gepflegt und erzogen werden kann; dies ergibt sich aus dem ex-lege Erlöschen der Obsorge (und damit der Verpflichtung zur Pflege und Erziehung mit dem Eintritt der Volljährigkeit nach § 183 ABGB (vgl Weitzenböck in Schwimann/Kodek [Hrsg], ABGB Praxiskommentar, 5. Aufl. 2018, § 184 ABGB, Seite 720).
Wie den Regelungen der §§ 186 und 186a ABGB (alt) entnommen werden kann, hatte der Gesetzgeber bei diesen Bestimmungen nämlich den Schutz Minderjähriger im Auge. Nachdem das ABGB die Bestimmungen betreffend Pflegekinder gerade im Rahmen jenes Teiles des Personenrechts regelt, das vor allem den besonderen Schutz Minderjähriger beabsichtigt, beziehen sich auch die Bestimmungen betreffend Pflegeverhältnisse auf minderjährige Kinder, die in Pflege und Erziehung genommen werden ().
Nach Ansicht des BFG kann daher nur dann von einem Pflegekind im Sinne des § 2 Abs 3 FLAG iVm §§ 186 und 186a ABGB (alt) gesprochen werden, wenn das Kind noch im minderjährigen Alter in Pflege genommen worden ist und sich dessen Pflege nicht nur im materiellen Unterhalt erschöpft, sondern stets auch die Erziehung und Aufsicht des Kindes mit umfasst. Nach Eintritt der Volljährigkeit und der damit üblicherweise verbundenen Eigenberechtigung kann ein Pflegeverhältnis im Sinne der §§ 186ff ABGB (alt) nicht mehr begründet werden, weil die eingetretene Eigenberechtigung einer derartigen Obsorge entgegensteht (; ).
L. vollendete am ***2019 das 18.Lebensjahr und war damit volljährig. Bereits zu diesem Zeitpunkt war er allerdings, wie sich aus den bisherigen Ausführungen ergibt, nicht mehr Pflegekind des Bf..
Die Begründung der Pflegekindeigenschaft nach Eintritt der Volljährigkeit ist ausgeschlossen.

Die vom Bundesfinanzgericht vertretene Rechtsansicht wurde auch bereits vom Unabhängigen Finanzsenat vertreten:
:
Nach § 172 ABGB erlischt die Obsorge für das Kind mit dem Eintritt seiner Volljährigkeit.
Im vorliegenden Fall wurde die damals minderjährige Nichte des Berufungswerbers mit Bescheid des Sozialfürsorgezentrums M. vom unter Vormundschaft gestellt. Zum Vormund wurde der Berufungswerber ernannt. Die Nichte des Berufungswerbers wurde im Oktober 2005 volljährig. Damit endete aber die Obsorge für das Kind.
Ein Kindschaftsverhältnis im Sinne des § 2 Abs. 3 FLAG 1967 lag somit im Berufungszeitraum nicht vor. Daher kann vom Vorliegen der Voraussetzungen für die Gewährung der Familienbeihilfe im Berufungszeitraum nicht ausgegangen werden.

Betrifft der beschwerdegegenständliche Abweisungsbescheid den Zeitraum, in welchem der Sohn des Lebensgefährten der Bf. das 18. Lebensjahr bereits vollendet gehabt hat, ist die erste Tatbestandsvoraussetzung der Pflegeelternschaft - die tatsächliche Betreuung: Pflege, Erziehung und Aufsicht eines (betreuungsbedürftigen minderjährigen) Kindes - nicht erfüllt.
Damit ist das Schicksal der Beschwerde entschieden.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden auf der Sachverhaltsebene zu lösenden Fall nicht gegeben. Im Übrigen werden in diesem Erkenntnis keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen, da dieses in rechtlicher Hinsicht der in dieser Entscheidung zitierten Rechtsprechung folgt.

Wien, am

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Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7100710.2024

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at