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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 29.04.2024, RV/7101263/2024

Ein Antrag auf Aussetzung der Einhebung ist zurückzuweisen, wenn der angefochtene Bescheid keine Nachforderung ausweist.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***R.*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Zurückweisung eines Aussetzungsantrages, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Mit Bescheid betreffend Pfändung einer Geldforderung vom pfändete das Finanzamt Österreich, Dienststelle ***X***, zur Hereinbringung der Abgabenschuldigkeiten des Beschwerdeführers (Bf.) in der Höhe von € 285.130,94 zuzüglich Gebühren und Barauslagen in Höhe von € 2.858,51 die Forderungen aus dem im Bescheid näher bezeichneten Konto bei der UniCredit Bank Austria AG und sprach mit einem weiteren Bescheid vom deren Überweisung aus.

Mit Schriftsatz vom brachte der nunmehrige Beschwerdeführer (in der Folge kurz Bf. genannt) gegen den genannten Bescheid eine Beschwerde ein und beantragte gleichzeitig die Aussetzung der Einhebung des Betrages von € 287.989,45 bis zur rechtskräftigen Erledigung über diese seine Beschwerde.

Mit Bescheid vom wies das Finanzamt den Aussetzungsantrag mit der Begründung zurück, dass entsprechend § 212a Abs. 1 BAO eine Aussetzung der Einhebung nur für Nachforderungen in Betracht komme, worunter vor allem eine aus einer Abgabenfestsetzung resultierende Zahlungsverpflichtung zu verstehen sei (vgl. Ritz/Koran, BAO-Kommentar7, § 212a Tz 13).

Der vorliegende Aussetzungsantrag stehe im Zusammenhang mit einem Pfändungsbescheid. Bei einem Pfändungsbescheid handle es sich um eine Einbringungsmaßnahme für fällige, nicht entrichtete Abgabenschuldigkeiten.

Ein Pfändungsbescheid führe nicht zur Festsetzung einer Abgabennachforderung. Die Einbringung einer Beschwerde gegen einen Pfändungsbescheid bewirke lediglich, dass die Grundlagen für die zwangsweise Einbringung der fälligen Abgabenschuld zu prüfen seien und nicht die Rechtmäßigkeit des Zustandekommens der dem Pfändungsbescheid zu Grunde liegenden Abgabennachforderung.

Der Ausgang eines Rechtsmittelverfahrens gegen einen Pfändungsbescheid habe keinen Einfluss auf die Höhe der festgesetzten Abgabenschuld, insbesondere sei von der Erledigung der Beschwerde gegen den Pfändungsbescheid die Höhe einer Abgabe weder unmittelbar noch mittelbar abhängig.

Zusammenfassend fehle es an den tatbestandsmäßigen Voraussetzungen des § 212a BAO, sodass die beantragte Aussetzung der Einhebung nicht zu bewilligen gewesen sei.

In der gegen diesen Zurückweisungsbescheid eingebrachten Beschwerde vom führte der Bf. aus:

"1. Der Bescheid wird zur Gänze angefochten.

2. Mit dem angefochtenen Bescheid hat das FA Österreich einen gestellten Antrag auf Aussetzung der Einhebung abgewiesen oder zurückgewiesen. Dies zu Unrecht.

3. Ich habe einen abgabenrechtlichen Bescheid, verbunden mit einem Aussetzungsantrag, fristgerecht mit Beschwerde bekämpft.

4. Gegen eine Bezug habende Beschwerdevorentscheidung habe ich fristgerecht den Vorlageantrag erhoben, womit die Beschwerde wiederum unerledigt vorliegt.

5. Da eine unerledigte Beschwerde vorliegt, ist damit die Zurückweisung ebenso verfehlt. Denn die Beschwerde und der Vorlageantrag richten sich gegen Bescheide des FA Österreich, wo Steuern vorgeschrieben und zur Zahlung eingefordert werden.

6. Ich halte daher den Antrag der Aussetzung der Einhebung vollumfänglich aufrecht und wiederhole diesen hiermit nochmals.

Ich stelle daher den Beschwerdeantrag, es wolle meiner Beschwerde gegen den Bescheid vom Folge gegeben werden und der Bescheid im Sinne der Antragstellung abgeändert werden. Hilfsweise wolle er aufgehoben werden.

Ich beantrage eine mündliche Beschwerdeverhandlung"

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab und führte nach Anführung des bisherigen Verfahrens aus, dass dem Vorbringen des Bf., wonach er einen abgabenrechtlichen Bescheid, verbunden mit einem Aussetzungsantrag, fristgerecht mit Beschwerde bekämpft habe, zu entgegnen sei, dass es sich hier um keinen Bescheid mit einer Abgabenfestsetzung, sondern um einen Bescheid der Abgabeneinbringung (Pfändungsbescheid) handle.

Wiederholend sei festzuhalten, dass die Erlassung eines Pfändungsbescheides (Forderungspfändung) eine Maßnahme der Abgabeneinhebung darstellt. Eine Aussetzung der Einhebung im Zusammenhang mit Beschwerden gegen im Einhebungsverfahren erlassene Bescheide komme grundsätzlich nicht in Betracht, da derartige Bescheide keine "Nachforderung" zur Folge hätten. Von der Erledigung der Beschwerde gegen den Pfändungsbescheid sei die Höhe einer Abgabe weder unmittelbar noch mittelbar abhängig.

Es dürfe auf gleichgelagerte Fälle aus der Rechtsprechung verwiesen werden:

,

,

,

,

.

Es sei daher spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

Dagegen brachte der Bf. mit Schriftsatz vom einen Vorlageantrag ein.

Alle Beschwerdeargumente und das gesamte Vorbringen blieben aufrecht.

Mit der angefochtenen BVE vom habe das FA Österreich seiner Beschwerde vom gegen den Zurückweisungsbescheid vom (wegen Antrag auf Aussetzung der Einhebung) keine Folge gegeben. Dies aber zu Unrecht.

Aus anderen Akten des FA Österreich (wegen FinStrG) sei hervorgekommen, dass eine gehörige Zustellung der Bescheide an die ***1*** KG nicht vorliege. Denn die KG sei schon gelöscht gewesen, als das Betriebsprüfungsverfahren eingeleitet und durchgeführt gewesen sei. Auch der ergangene Feststellungsbescheid mit Steuerzahllasten sei damit nichtig und jedenfalls nicht gehörig zugestellt worden. Die Zustellung solle angeblich elektronisch in ein Postfach erfolgt sein. So eine Zustellung werde hinsichtlich Rechtskonformität bestritten.

Es habe keine wirksame elektronische Zustellung gegeben. Das FA Österreich werde daher aufgefordert, diesen angeblichen vorliegenden Zustellvorgang näher zu erläutern und schriftlich zu dokumentieren. Insofern stelle der Beschwerdeführer einen verfahrensrechtlichen Antrag (als Ergänzung zur Beschwerde).

Der Antrag auf Abhaltung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung bleibe aufrecht und werde hiermit wiederholend gestellt.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Rechtslage

§ 212a BAO:

(1) Die Einhebung einer Abgabe, deren Höhe unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Bescheidbeschwerde abhängt, ist auf Antrag des Abgabepflichtigen von der Abgabenbehörde insoweit auszusetzen, als eine Nachforderung unmittelbar oder mittelbar auf einen Bescheid, der von einem Anbringen abweicht, oder auf einen Bescheid, dem kein Anbringen zugrunde liegt, zurückzuführen ist, höchstens jedoch im Ausmaß der sich bei einer dem Begehren des Abgabepflichtigen Rechnung tragenden Beschwerdeerledigung ergebenden Herabsetzung der Abgabenschuld. Dies gilt sinngemäß, wenn mit einer Bescheidbeschwerde die Inanspruchnahme für eine Abgabe angefochten wird.

(2) Die Aussetzung der Einhebung ist nicht zu bewilligen,
a) soweit die Beschwerde nach Lage des Falles wenig erfolgversprechend erscheint, oder
b) soweit mit der Bescheidbeschwerde ein Bescheid in Punkten angefochten wird, in denen er nicht von einem Anbringen des Abgabepflichtigen abweicht, oder
c) wenn das Verhalten des Abgabepflichtigen auf eine Gefährdung der Einbringlichkeit der Abgabe gerichtet ist.

(2b) Der Antrag auf Aussetzung der Einhebung ist zurückzuweisen, wenn
1. keine Beschwerde eingebracht wurde,
2. der Bescheid keine Nachforderung im Sinne des Abs. 1 ausweist,
3. er nach Ergehen einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts im Beschwerdeverfahren eingebracht wird oder
4. zum Zeitpunkt der Antragstellung ein Insolvenzverfahren anhängig ist.

§ 230 Abs. 6 BAO: Wurde ein Antrag auf Aussetzung der Einhebung gestellt, so dürfen Einbringungsmaßnahmen hinsichtlich der davon nach Maßgabe des § 212a Abs. 1, 2 lit. b, 2a und 3 letzter Satz betroffenen Abgaben bis zu seiner Erledigung weder eingeleitet noch fortgesetzt werden.

Der Entscheidung wird folgender Sachverhalt zu Grunde gelegt:

Der Bf. brachte im Zusammenhang mit einer Beschwerde gegen den Pfändungsbescheid vom einen Aussetzungsantrag ein. Diesen wies die belangte Behörde mit Bescheid vom unter Hinweis auf § 212a Abs. 2b lit. b BAO als unzulässig zurück. Am wurde die Beschwerde gegen den Pfändungsbescheid zurückgezogen.

Rechtliche Beurteilung:

Neben dem Erfordernis eines Antrages kommt eine Aussetzung der Einhebung daher nur in Betracht, wenn der angefochtene Bescheid "eine Nachforderung" zur Folge hat, soweit diese angefochten ist.

Der Begriff Nachforderung wurde aus § 198 Abs. 2 BAO übernommen.

Unter Nachforderung im Sinne des § 212a BAO ist jede aus einer Abgabenfestsetzung resultierende Zahlungsverpflichtung zu verstehen (vgl. ).

Die Einhebung einer Abgabe ist nach § 212a BAO nur aussetzbar, wenn ihre Höhe unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Berufung abhängt (vgl. Ritz, Bundesabgabenordnung, Tz. 6 zu § 212a).

Im Beschwerdefall war der Aussetzungsantrag mit einer Beschwerde gegen einen Bescheid betreffend Pfändung und Überweisung einer Geldforderung (siehe dazu den des BFG vom heutigen Tage zu GZ.RV/7100839/2024) verbunden. Von der Erledigung der Beschwerde gegen einen - im Abgabeneinhebungsverfahren ergangenen - Pfändungsbescheid ist die Höhe einer Abgabe weder unmittelbar noch mittelbar abhängig.

Da es damit bereits an einer wesentlichen Voraussetzung des § 212a BAO mangelte und § 212a Abs. 2b Z 2 normiert, dass der Antrag auf Aussetzung der Einhebung zurückzuweisen ist, wenn der Bescheid keine Nachforderung im Sinne des Abs. 1 ausweist, wurde der Bf. durch den angefochtenen Bescheid schon deshalb in keinem Recht verletzt, zumal das Finanzamt dieser zwingenden Anordnung des Gesetzgebers Folge zu leisten hat und dabei kein Ermessensspielraum besteht.

Im Übrigen setzt die Aussetzung der Einhebung von streitverfangenen Abgaben gemäß § 212a BAO voraus, dass eine Beschwerde, von deren Erledigung die Höhe einer Abgabe abhängig ist, noch anhängig ist (vgl. Stoll, BAO-Kommentar, 2267; ; ; ). Dies ergibt sich in Analogie zu § 212a Abs. 5 BAO, wonach ein Ablauf einer bewilligten Aussetzung der Einhebung im Falle des Ergehens einer das Beschwerdeverfahren abschließenden Erledigung zu verfügen ist.

Der Verwaltungsgerichtshof vertritt in mehreren Erkenntnissen (u.a. ) die Ansicht, dass ab dem Zeitpunkt der Berufungserledigung (nunmehr Beschwerdeerledigung) eine Bewilligung der Aussetzung nicht mehr in Betracht kommt.

Die Beschwerde gegen den Pfändungsbescheid wurde am in der diesbezüglich durchgeführten durchgeführten mündlichen Verhandlung zurückgezogen (GZ. RV/7100839/2024) und die Beschwerde mit Beschluss ebenfalls vom als gegenstandslos erklärt.

Damit ist keine Beschwerde mehr anhängig.

Selbst wenn eine Aussetzung der dem Pfändungsbescheid zugrunde liegenden Abgabenschuldigkeiten zulässig wäre, könnte im Hinblick auf die dargestellte Sach- und Rechtslage, da nunmehr keine Beschwerde mehr anhängig ist, kein positiver Aussetzungsbescheid erlassen werden.

Die weiteren Vorbringen betreffen das Abgabenfestsetzungsverfahren und sind im Verfahren betreffend Aussetzung der Einhebung unbeachtlich.

Es wird jedoch zur Beseitigung von Missverständnissen durch den Bf. darauf hingewiesen, dass ein Abgabenbescheid, der auf einem Nichtbescheid aufbaut, nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht schon deswegen ebenfalls unwirksam ist (, mwN). Sollte sich daher eine als Einkünftefeststellung nach § 188 BAO intendierte Erledigung - etwa weil die Zustellung unterblieben ist - als "Nichtbescheid" erweisen, hat dies keine Auswirkung auf die Wirksamkeit eines auf der Grundlage des § 295 Abs. 1 BAO auf der Basis dieser Erledigung nach § 188 BAO erlassenen Einkommensteuerbescheides.

Aus dem Beschwerdevorbringen hinsichtlich eines Zustellmangels in dem die ***1*** KG z.H. des Bf. betreffenden Feststellungsverfahren nach § 188 BAO ist somit im gegenständlichen Fall in keiner Weise ableitbar, dass die Einkommensteuerbescheide 2015 bis 2017, alle vom gegenüber dem Bf. nicht wirksam erlassen worden wären ().

Zum Absehen von einer mündlichen Verhandlung

Abschließend darf zum Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung festgehalten werden, dass das Unterbleiben einer (gemäß § 274 Abs. 1 Z 1 BAO beantragten) mündlichen Verhandlung zwar eine Verletzung von Verfahrensvorschriften darstellen mag, dieser Verfahrensfehler ist jedoch - außerhalb des von Art. 51 GRC erfassten Bereichs des Unionrechts - kein absoluter (; ).

Art. 6 Abs. 1 EMRK garantiert das Recht auf ein faires Verfahren als Grundrecht. Nach der Rechtsprechung des EGMR (vgl. die Entscheidung vom , Fall SPEIL v. Austria, Appl. 42057/98) kann das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung zwar dann ausnahmsweise als mit der EMRK vereinbar angesehen werden, wenn besondere Umstände ein Absehen von einer solchen Verhandlung rechtfertigen (vgl. hiezu etwa ). Solche besonderen Umstände nimmt der EGMR an, wenn das Vorbringen des Beschwerdeführers nicht geeignet ist, irgendeine Tatsachen- oder Rechtsfrage aufzuwerfen, die eine mündliche Verhandlung erforderlich machen könnte (vgl. ). Es ist vor dem Hintergrund des Art. 6 Abs. 1 EMRK maßgeblich, welcher Natur die Fragen sind, die für die Beurteilung der gegen den angefochtenen Bescheid relevierten Bedenken zu beantworten sind. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß Art. 6 Abs. 1 EMRK kann dabei im Hinblick auf die Mitwirkungsmöglichkeiten im Verwaltungsverfahren regelmäßig unterbleiben, wenn das Vorbringen erkennen lässt, dass die Durchführung einer Verhandlung eine weitere Klärung der Entscheidungsgrundlagen nicht erwarten lässt (vgl. ua). Nach der Rechtsprechung des EGMR und - ihm folgend - des VfGH kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn die Tatfrage unumstritten und nur eine Rechtsfrage zu entscheiden ist oder wenn die Sache keine besondere Komplexität aufweist (vgl. VfSlg 18.994/2010, VfSlg 19.632/2012, ). Das Gericht kann unter Berücksichtigung der Anforderungen an Verfahrensökonomie und Effektivität von einer mündlichen Verhandlung absehen, wenn der Fall auf der Grundlage der Akten und der schriftlichen Stellungnahmen der Parteien angemessen entschieden werden kann (EGMR , Fall Döry, Appl. 28.394/95, Z37 ff.; EGMR , Fall Miller, Appl. 55.853/00, Z29; ).

Da es im gegenständlichen Fall ausschließlich um die Lösung von Rechtsfragen ging und kein Sachverhaltselement strittig war, konnte von der Abhaltung einer mündlichen Verhandlung Abstand genommen werden, da kein ergänzendes Vorbringen vorstellbar ist, das zu einem anderen Ergebnis in der Sache geführt hätte.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Dies trifft nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht zu, wenn die in Betracht kommenden Normen klar und eindeutig sind ().

Im gegenständlichen Fall ist das Vorliegen einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu verneinen, weil sich die maßgebliche Rechtslage unmittelbar und klar aus dem Gesetz ergibt.

Wien, am

§ 212a BAO:

(1) Die Einhebung einer Abgabe, deren Höhe unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Bescheidbeschwerde abhängt, ist auf Antrag des Abgabepflichtigen von der Abgabenbehörde insoweit auszusetzen, als eine Nachforderung unmittelbar oder mittelbar auf einen Bescheid, der von einem Anbringen abweicht, oder auf einen Bescheid, dem kein Anbringen zugrunde liegt, zurückzuführen ist, höchstens jedoch im Ausmaß der sich bei einer dem Begehren des Abgabepflichtigen Rechnung tragenden Beschwerdeerledigung ergebenden Herabsetzung der Abgabenschuld. Dies gilt sinngemäß, wenn mit einer Bescheidbeschwerde die Inanspruchnahme für eine Abgabe angefochten wird.

(2) Die Aussetzung der Einhebung ist nicht zu bewilligen,
a) soweit die Beschwerde nach Lage des Falles wenig erfolgversprechend erscheint, oder
b) soweit mit der Bescheidbeschwerde ein Bescheid in Punkten angefochten wird, in denen er nicht von einem Anbringen des Abgabepflichtigen abweicht, oder
c) wenn das Verhalten des Abgabepflichtigen auf eine Gefährdung der Einbringlichkeit der Abgabe gerichtet ist.

(2b) Der Antrag auf Aussetzung der Einhebung ist zurückzuweisen, wenn
1. keine Beschwerde eingebracht wurde,
2. der Bescheid keine Nachforderung im Sinne des Abs. 1 ausweist,
3. er nach Ergehen einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts im Beschwerdeverfahren eingebracht wird oder
4. zum Zeitpunkt der Antragstellung ein Insolvenzverfahren anhängig ist.

§ 230 Abs. 6 BAO: Wurde ein Antrag auf Aussetzung der Einhebung gestellt, so dürfen Einbringungsmaßnahmen hinsichtlich der davon nach Maßgabe des § 212a Abs. 1, 2 lit. b, 2a und 3 letzter Satz betroffenen Abgaben bis zu seiner Erledigung weder eingeleitet noch fortgesetzt werden.

Der Entscheidung wird folgender Sachverhalt zu Grunde gelegt:

Der Bf. brachte im Zusammenhang mit einer Beschwerde gegen den Pfändungsbescheid vom einen Aussetzungsantrag ein. Diesen wies die belangte Behörde mit Bescheid vom unter Hinweis auf § 212a Abs. 2b lit. b BAO als unzulässig zurück. Am wurde die Beschwerde gegen den Pfändungsbescheid zurückgezogen.

Rechtliche Beurteilung:

Neben dem Erfordernis eines Antrages kommt eine Aussetzung der Einhebung daher nur in Betracht, wenn der angefochtene Bescheid "eine Nachforderung" zur Folge hat, soweit diese angefochten ist.

Der Begriff Nachforderung wurde aus § 198 Abs. 2 BAO übernommen.

Unter Nachforderung im Sinne des § 212a BAO ist jede aus einer Abgabenfestsetzung resultierende Zahlungsverpflichtung zu verstehen (vgl. ).

Die Einhebung einer Abgabe ist nach § 212a BAO nur aussetzbar, wenn ihre Höhe unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Berufung abhängt (vgl. Ritz, Bundesabgabenordnung, Tz. 6 zu § 212a).

Im Beschwerdefall war der Aussetzungsantrag mit einer Beschwerde gegen einen Bescheid betreffend Pfändung und Überweisung einer Geldforderung (siehe dazu den des BFG vom heutigen Tage zu GZ.RV/7100839/2024) verbunden. Von der Erledigung der Beschwerde gegen einen - im Abgabeneinhebungsverfahren ergangenen - Pfändungsbescheid ist die Höhe einer Abgabe weder unmittelbar noch mittelbar abhängig.

Da es damit bereits an einer wesentlichen Voraussetzung des § 212a BAO mangelte und § 212a Abs. 2b Z 2 normiert, dass der Antrag auf Aussetzung der Einhebung zurückzuweisen ist, wenn der Bescheid keine Nachforderung im Sinne des Abs. 1 ausweist, wurde der Bf. durch den angefochtenen Bescheid schon deshalb in keinem Recht verletzt, zumal das Finanzamt dieser zwingenden Anordnung des Gesetzgebers Folge zu leisten hat und dabei kein Ermessensspielraum besteht.

Im Übrigen setzt die Aussetzung der Einhebung von streitverfangenen Abgaben gemäß § 212a BAO voraus, dass eine Beschwerde, von deren Erledigung die Höhe einer Abgabe abhängig ist, noch anhängig ist (vgl. Stoll, BAO-Kommentar, 2267; ; ; ). Dies ergibt sich in Analogie zu § 212a Abs. 5 BAO, wonach ein Ablauf einer bewilligten Aussetzung der Einhebung im Falle des Ergehens einer das Beschwerdeverfahren abschließenden Erledigung zu verfügen ist.

Der Verwaltungsgerichtshof vertritt in mehreren Erkenntnissen (u.a. ) die Ansicht, dass ab dem Zeitpunkt der Berufungserledigung (nunmehr Beschwerdeerledigung) eine Bewilligung der Aussetzung nicht mehr in Betracht kommt.

Die Beschwerde gegen den Pfändungsbescheid wurde am in der diesbezüglich durchgeführten durchgeführten mündlichen Verhandlung zurückgezogen (GZ. RV/7100839/2024) und die Beschwerde mit Beschluss ebenfalls vom als gegenstandslos erklärt.

Damit ist keine Beschwerde mehr anhängig.

Selbst wenn eine Aussetzung der dem Pfändungsbescheid zugrunde liegenden Abgabenschuldigkeiten zulässig wäre, könnte im Hinblick auf die dargestellte Sach- und Rechtslage, da nunmehr keine Beschwerde mehr anhängig ist, kein positiver Aussetzungsbescheid erlassen werden.

Die weiteren Vorbringen betreffen das Abgabenfestsetzungsverfahren und sind im Verfahren betreffend Aussetzung der Einhebung unbeachtlich.

Es wird jedoch zur Beseitigung von Missverständnissen durch den Bf. darauf hingewiesen, dass ein Abgabenbescheid, der auf einem Nichtbescheid aufbaut, nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht schon deswegen ebenfalls unwirksam ist (, mwN). Sollte sich daher eine als Einkünftefeststellung nach § 188 BAO intendierte Erledigung - etwa weil die Zustellung unterblieben ist - als "Nichtbescheid" erweisen, hat dies keine Auswirkung auf die Wirksamkeit eines auf der Grundlage des § 295 Abs. 1 BAO auf der Basis dieser Erledigung nach § 188 BAO erlassenen Einkommensteuerbescheides.

Aus dem Beschwerdevorbringen hinsichtlich eines Zustellmangels in dem die ***1*** KG z.H. des Bf. betreffenden Feststellungsverfahren nach § 188 BAO ist somit im gegenständlichen Fall in keiner Weise ableitbar, dass die Einkommensteuerbescheide 2015 bis 2017, alle vom gegenüber dem Bf. nicht wirksam erlassen worden wären ().

Zum Absehen von einer mündlichen Verhandlung

Abschließend darf zum Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung festgehalten werden, dass das Unterbleiben einer (gemäß § 274 Abs. 1 Z 1 BAO beantragten) mündlichen Verhandlung zwar eine Verletzung von Verfahrensvorschriften darstellen mag, dieser Verfahrensfehler ist jedoch - außerhalb des von Art. 51 GRC erfassten Bereichs des Unionrechts - kein absoluter (; ).

Art. 6 Abs. 1 EMRK garantiert das Recht auf ein faires Verfahren als Grundrecht. Nach der Rechtsprechung des EGMR (vgl. die Entscheidung vom , Fall SPEIL v. Austria, Appl. 42057/98) kann das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung zwar dann ausnahmsweise als mit der EMRK vereinbar angesehen werden, wenn besondere Umstände ein Absehen von einer solchen Verhandlung rechtfertigen (vgl. hiezu etwa ). Solche besonderen Umstände nimmt der EGMR an, wenn das Vorbringen des Beschwerdeführers nicht geeignet ist, irgendeine Tatsachen- oder Rechtsfrage aufzuwerfen, die eine mündliche Verhandlung erforderlich machen könnte (vgl. ). Es ist vor dem Hintergrund des Art. 6 Abs. 1 EMRK maßgeblich, welcher Natur die Fragen sind, die für die Beurteilung der gegen den angefochtenen Bescheid relevierten Bedenken zu beantworten sind. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß Art. 6 Abs. 1 EMRK kann dabei im Hinblick auf die Mitwirkungsmöglichkeiten im Verwaltungsverfahren regelmäßig unterbleiben, wenn das Vorbringen erkennen lässt, dass die Durchführung einer Verhandlung eine weitere Klärung der Entscheidungsgrundlagen nicht erwarten lässt (vgl. ua). Nach der Rechtsprechung des EGMR und - ihm folgend - des VfGH kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn die Tatfrage unumstritten und nur eine Rechtsfrage zu entscheiden ist oder wenn die Sache keine besondere Komplexität aufweist (vgl. VfSlg 18.994/2010, VfSlg 19.632/2012, ). Das Gericht kann unter Berücksichtigung der Anforderungen an Verfahrensökonomie und Effektivität von einer mündlichen Verhandlung absehen, wenn der Fall auf der Grundlage der Akten und der schriftlichen Stellungnahmen der Parteien angemessen entschieden werden kann (EGMR , Fall Döry, Appl. 28.394/95, Z37 ff.; EGMR , Fall Miller, Appl. 55.853/00, Z29; ).

Da es im gegenständlichen Fall ausschließlich um die Lösung von Rechtsfragen ging und kein Sachverhaltselement strittig war, konnte von der Abhaltung einer mündlichen Verhandlung Abstand genommen werden, da kein ergänzendes Vorbringen vorstellbar ist, das zu einem anderen Ergebnis in der Sache geführt hätte.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Dies trifft nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht zu, wenn die in Betracht kommenden Normen klar und eindeutig sind ().

Im gegenständlichen Fall ist das Vorliegen einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu verneinen, weil sich die maßgebliche Rechtslage unmittelbar und klar aus dem Gesetz ergibt.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 212a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 230 Abs. 6 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 212a Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise










ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7101263.2024

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at