Kein Familienbeihilfenanspruch mangels an Nachweisen für ein aktiv betriebenes Studium
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***FA*** vom betreffend Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag für 10/2016 bis 02/2020, für den Sohn ***1*** ***2***, SVNR Sohn ***3***, SVNR Bf. ***4***, zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Der Beschwerdeführer (Bf.) bezog Familienbeihilfe für seinen Sohn ***1*** ***2***, geboren ***6***, welcher seit dem WS 2015/2016 an der Montanuniversität Leoben das Bachelorstudium ***5*** betrieben hat. Aufgrund des Nachweises der Erbringung von Prüfungen im Umfang von 12,5 Semesterstunden im ersten Studienjahr, Zeitraum WS 2015/2016 bis SS 2016 erfolgte eine Auszahlung der Familienbeihilfe für das nachfolgende Studienjahr ab 10/2016.
Mit Anspruchsüberprüfungsschreiben (AÜS) vom wurde der Bf. ersucht, das Abschlusszeugnis (u.a. Diplomprüfungszeugnis, Rigorosenzeugnis) für den Sohn vorzulegen. Mit Schreiben vom , eingelangt am , übermittelte der Bf. für seinen Sohn eine Studienzeitbestätigung für WS 15 bis WS 19, ein Studienblatt für das WS 2019/2020, sowie eine Studienbestätigung für das WS 2019/2020. Trotz fehlender Beibringung eines Abschlusszeugnisses bzw. eines Studienerfolgs ab WS 2016/2017 erfolgte eine Verlängerung der Familienbeihilfe bis zum Ende der voraussichtlichen Studiendauer bis 02/2020.
Mit AÜS vom wurde der Bf. nochmals ersucht, das Abschlusszeugnis (u.a. Diplomprüfungszeugnis, Rigorosenzeugnis) für ***1*** vorzulegen. Mit Schreiben vom , übermittelte der Bf. für seinen Sohn jedoch nur eine Studienbestätigung für das SS 2020, ein "Studienblatt des mitbelegenden Studierenden" für das Bachelorstudium ***8***, eine Studienzeitbestätigung, eine Studienbestätigung und ein Studienblatt der TU Graz für das SS 2020. Weitere Informationen waren dem Schreiben nicht zu entnehmen.
Mit Ersuchen um Ergänzung vom , bezugnehmend auf die Beantwortung des AÜS vom , wurde der Bf. neuerlich aufgefordert den Studienerfolgsnachweis für ***1*** vorzulegen, sowie den Nachweis über abgelegte - auch negativ beurteilte - Prüfungen, sowie Mitschriften vorzulegen. Überdies wurde darauf hingewiesen, dass das Studium ernsthaft und zielstrebig betrieben werden muss, da es ansonsten zur Rückforderung der Familienbeihilfe kommen kann. Mit Beantwortung vom wurde wiederum nur ein Studienblatt für das SS 2020 betreffend das neue Bachelorstudium ***8*** an der Universität Graz und ein Transcript of Records, datiert mit über 7 ETCS vorgelegt. Die angeforderten Unterlagen zum Nachweis, dass das Bachelorstudium ***5*** weiterhin ernsthaft und zielstrebig durch den Sohn des Bf. betrieben wurde, wurden jedoch nicht beigebracht. Aufgrund der angespannten Corona-Situation wurde die Familienbeihilfe für den Sohn mit 03/2020 eingestellt und vorübergehend von der Vornahme einer Rückforderung der Familienbeihilfe abgesehen. Der Familienbeihilfenakt wurde jedoch zur Vornahme einer zeitlich später durchzuführenden Rückforderung in Evidenz genommen. Mit Mitteilung vom wurde dem Bf. die Einstellung der Familienbeihilfe ab 03/2020 mitgeteilt.
Mit Bescheid vom wurde die für den Zeitraum 10/2016 bis 02/2020 ausbezahlte Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge rückgefordert mit der Begründung, dass nach Erbringung des Studienerfolgsnachweises im ersten Studienjahr weiterhin ein günstiger Studienerfolg bzw. die Ernsthaftigkeit und Zielstrebigkeit der Berufsausbildung nachvollziehbar sein muss: "Grundsätzlich ist zufolge des Universitätsgesetzes davon auszugehen, dass ein ordentlicher Student im Studienjahr Prüfungen im Umfang von etwa 60 ECTS-Punkten erreichen sollte. Laut übermittelter Studiendaten hat Ihr Sohn ab dem WS 2016/2017 keine Prüfungen abgelegt.
Ein Anspruch auf Familienbeihilfe ist daher ab Oktober 2016 nicht mehr gegeben".
Mit Schreiben vom , eingelangt am , wurde fristgerecht Beschwerde gegen den Rückforderungsbescheid vom erhoben. Vom Bf. wurde vorgebracht, dass durch die in den Anlagen beigefügten Unterlagen nachvollzogen werden könne, dass sein Sohn ***1***, insbesondere nach seiner beruflichen Umorientierung, seine Berufsausbildung sehr ernsthaft und zielstrebig verfolge. Eine zumindest teilweise Anrechnung der Prüfungen an der Montanuniversität sei im "Transcript of Records" unter der Nummer ***7*** berücksichtigt. Er bitte daher, den Anspruch auf Familienbeihilfe noch einmal zu überprüfen. Als Anlage waren die folgenden Unterlagen beigefügt:
- Transscript of Records Universität Graz / TU Graz vom über absolvierte Prüfungen vom bis
- Studienzeitbestätigung Universität Graz vom betreffend Bachelorstudium ***8*** SS 2020 bis SS 2022
- Studienblatt für das Sommersemester Universität Graz betreffend Bachelorstudium ***8*** SS 2022
- Studienzeitbestätigung der Montanuniversität Leoben vom betreffend Bachelorstudium ***5*** WS 2015/2016 bis WS 2018/2019
- Studienblatt des Ordentlichen Studierenden Montanuniversität Leoben vom betreffend Bachelorstudium ***5*** WS 2016/2017.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom , zugestellt am , wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. In der Begründung wurde ausgeführt, dass die Berufsausbildung des Sohnes ***1*** ***2*** in der Zeit von Oktober 2016 bis Feber 2020 nicht anerkannt werde. Nach Erbringen der erforderlichen Studienerfolgsnachweise im ersten Studienjahr - Oktober 2015 bis September 2016 - seien keine weiteren Leistungsnachweise von ***1*** erbracht worden. Ein Anspruch auf Familienbeihilfe werde nach dieser Zeit nur gewährt, wenn weiterhin ein günstiger Studienerfolg, der die Ernsthaftigkeit und Zielstrebigkeit des Studiums nachvollziehbar mache, gegeben sei.
Mit Schreiben vom , eingelangt am , wurde fristgerecht die Vorlage zur Entscheidung an das Bundesfinanzgericht begehrt. In seiner Begründung verwies der Bf. nochmals auf seine Beschwerde vom und führte ergänzend aus, dass im Allgemeinen und so auch bei ihm, werde die Familienbeihilfe nach Überprüfung des Anspruches gewährt: "Dies erfolgte nicht nur einmal, sondern mehrfach, in fast jährlichen Abständen (z.B. 2019, 2020). Ich hoffe, dass ich als österreichischer Staatsbürger davon ausgehen kann, dass die Behörde diesbezüglich keine Fehler macht oder zumindest dafür einsteht. Aus diesem Grund kann ich nicht nachvollziehen, dass nun Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag über mehrere Jahre zurückgefordert wird. Und das, da mir die Kosten der Berufsausbildung ja auch tatsächlich entstanden sind. In diesem Zusammenhang möchte ich auch anmerken, dass ich, so wie meine Eltern seinerzeit, an den Kindern nichts verdienen will und so die Familienbeihilfe und auch den Kinderabsetzbetrag in vollem Umfang und zusätzlich zu den Lebens- und Berufsausbildungskosten an meinen Sohn weitergegeben habe. In mehreren Gesprächen mit Mitarbeitern des Finanzamtes wurde mir auch die Möglichkeit eröffnet, um Erlassung einer zweiten Beschwerdevorentscheidung zu ersuchen, um eine neuerliche Überprüfung des Anspruches auf Familienbeihilfe zu ermöglichen. Nach mehreren vergangenen Jahren und einem Wechsel der Studienrichtung blieb aber die Anfrage meines Sohnes nach einem Internal Prüfungsnachweis (positiv und negativ) an die Montanuniversität bisher unbeantwortet. Ich kann daher diesem Antrag noch keine weiteren Unterlagen beilegen."
Stellungnahme des Finanzamtes im Vorlagebericht vom :
"Berufsausbildung ab 10/2016 bis 02/2020:
Aus der Beantwortung vom des AÜS und der Vorhaltsbeantwortung vom ergab sich mangels Beibringung eines aktuellen Studienerfolgsnachweises ab dem WS 2016/2017 der Montanuniversität Leoben für das Bachelorstudium ***5*** und der Nichtbekanntgabe von absolvierten (auch negativen) Prüfungen, sowie der Nichtvorlage von Mitschriften für das Bachelorstudium ***5***, dass ab dem WS 2016/2017 das Bachelorstudium ***5*** vom Sohn des Bf. nicht mehr ernsthaft und zielstrebig im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 betrieben wurde. Sowie, dass im SS 2020 ein Studienwechsel durch die Aufnahme des Bachelorstudiums ***8*** 03/2020 herbeigeführt wurde.
Für den Zeitraum 10/2016 bis 02/2020 wurde trotz mehrmaligen Ersuchens seitens des ***FA*** (AÜS vom , AÜS vom und Ergänzungsersuchen vom ) seitens des Bf. keinerlei Unterlagen zum Zwecke der Überprüfung, dass das Bachelorstudium ***5*** im Zeitraum 10/2016 bis 02/2020 ernsthaft und zielstrebig betrieben wurde, vorgelegt. Aus der elektronischen Übermittlung der Studiendaten ist ersichtlich, dass im beschwerdegegenständlichen Zeitraum kein ECTS-Punkt eingetragen wurde. Bei diesem Sachverhalt kann nicht davon gesprochen werden, dass der Sohn des Bf. das Bachelorstudium ***5*** im Rückforderungszeitraum 10/2016 bis 02/2020 ernsthaft und zielstrebig betrieben hat und sich in einer nach den gesetzlichen Bestimmungen des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG in einer geforderten Berufsausbildung befunden hat (vgl. ). Unabhängig von der formellen Abmeldung mit von der Montanuniversität Leoben waren daher die Anspruchsvoraussetzungen im Zeitraum vom 10/2016 bis einschließlich 02/2020 mangels tatsächlichem Studieren des Sohnes ***1*** an der Montanuniversität Leoben nicht gegeben.
Das Vorliegen eines anderen Anspruchsgrundes wurde seitens des Bf. im Zuges der Übermittlung seiner Beantwortungsschreiben und auch im Beschwerdevorbringen nicht behauptet.
Seitens des Bf. wurden im Zuge der Beantwortung des AÜS vom und Ergänzungsersuchens vom , Unterlagen, welche das neu aufgenommene Bachelorstudium ***8*** an der TU Graz ab dem Zeitraum 03/2020 betreffen, eingereicht. Der Zeitraum ab 03/2020 ist allerdings nicht mehr vom Rückforderungszeitraum umfasst und daher nicht streitgegenständlich.
Jährliche Anspruchsüberprüfung:
Zum Vorbringen des Bf., dass eine jährliche Prüfung des Familienanspruches erfolgt sei, ist auszuführen, dass einem Rückforderungsverfahren üblicherweise ein Überprüfungsverfahren vorangeht. Die Übermittlung des Überprüfungsschreibens an den Familienbeihilfebezieher ist eine verfahrensleitende Verfügung in Form eines Ergänzungsauftrags. Stellt sich, wie im verfahrensgegenständlichen Fall, bei der nachträglichen Überprüfung heraus, dass in der Vergangenheit Familienbeihilfe zu Unrecht ausbezahlt wurde, ist ein Rückforderungsbescheid gemäß § 26 Abs. 1 FLAG 1967 zu erlassen (vgl. Wanke in Lenneis/Wanke (Hrsg), FLAG, 2. Aufl. 2020, § 26, Rz 3-6). Da über die Zuerkennung von Familienbeihilfe kein (positiver) Bescheiderlassen wird, kann innerhalb der Verjährungsfrist zu Unrecht bezogene Familienbeihilfe zurückgefordert werden, ohne dass es des Vorliegens von z.B. der in § 299 oder 303 BAO normierten besonderen Voraussetzungen bedarf. Mitteilungen über den Bezug von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen stehen einer Rückforderung nicht entgegen (vgl. ). Auch ist noch anzumerken, dass eine konkrete Überprüfung des Anspruchs durch die Nichtbeibringung bzw. Übermittlung der angeforderten Unterlagen und Nachweise seitens des Bf. erheblich erschwert und in weiterer Folge auch zeitlich massiv verzögert wurde. Ebenso unterblieb im Vorlageantrag eine Nachreichung eines Prüfungsnachweises, ausgestellt durch die Montanuniversität. Bis dato erfolgte auch keine Nachreichung des Prüfungsnachweises als Ergänzung zum Vorlageantrag ans ***FA*** seitens des Bf.
Weitergabe der Familienbeihilfe an den Sohn:
Zur Rückzahlung eines unrechtmäßigen Bezuges an Familienbeihilfen nach § 26 Abs. 1 FLAG 1967 ist derjenige verpflichtet ist, der die Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat. Aus § 26 Abs. 1 ergibt sich eine objektive Erstattungspflicht zu Unrecht bezogener Familienbeihilfe. Die Verpflichtung zur Rückzahlung ist von subjektiven Momenten unabhängig, beispielsweise ob die Familienbeihilfe gutgläubig empfangen worden ist, wie sie verwendet worden ist oder ob die Rückzahlung eine Härte bedeutet (-5 und Vorjudikatur). Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH steht es der Rückforderung auch nicht entgegen, wenn der unrechtmäßige Bezug ausschließlich durch eine unrichtige Auszahlung der Familienbeihilfe durch das Finanzamt verursacht worden ist (vgl. ). Entscheidend ist lediglich, ob der Empfänger die Beträge zu Unrecht erhalten hat (siehe z.B. ). Der Bf. hat die Familienbeihilfe nach Ansicht des ***FA*** zu Unrecht für den Zeitraum 10/2016 bis 02/2020erhalten, weshalb der Rückforderungsbescheid zu Recht erlassen wurde.
Antrag:
Aus diesem Grunde wird seitens der Amtsbehörde die Abweisung der Beschwerde mangels Vorliegen einer Berufsausbildung im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG beantragt."
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Der Sohn des Bf hat mit mit dem Bachelorstudium ***5*** an der Montanuniversität Leoben begonnen. Mit wurde das Studium abgemeldet.
Der Sohn erreichte im Wintersemester 2015 8,5 ECTS (Prüfungen im Umfang von 8 Wochenstunden), im Sommersemester 2016 4,5 ECTS ( Prüfungen im Umfang von 4,5 Wochenstunden), in Summe also im ersten Studienjahr 13 ECTS bzw Prüfungen im Umfang von 12,5 Semesterstunden.
Im zweiten, dritten und vierten Studienjahr, in dem er noch an der Montanistik inskripiert war bzw. eine Meldung der Fortsetzung des Studiums erfolgte, konnten keinerlei Studienerfolgsnachweise vorgelegt werden.
Weder wurden positive Prüfungen noch negative Prüfungsergebnisse nachgewiesen oder auch nur behauptet. Weiters wurden keinerlei universitäre Aktivitäten (wie Vorlesungsmitschriften, Prüfungsanmeldungen etc.) trotz mehrfacher Aufforderung durch das Finanzamt nachgewiesen oder glaubhaft gemacht.
Außer einer Studienzeitbestätigung für den Zeitraum Wintersemester 2015 bis Wintersemester 2019/2020 für das Studium ***5*** konnten keinerlei Nachweise für ein tatsächlich aktiv betriebenes Studium nach dem ersten Studienjahr (für das Prüfungen für 12,5 Semesterwochenstunden belegt wurden) vorgelegt werden.
Mit dem Sommersemester 2020 wurde das Studium Bachelor ***8*** an der Technischen Universität Graz begonnen, für welches 11,5 ECTS des Vorstudiums angerechnet wurden und welches aktiv mit nachgewiesenen Prüfungsergebnissen betrieben wurde.
Der Zeitraum ab 03/2020 ist nicht beschwerdegegenständlich, die Familienbeihilfeleistungen wurden mit Bescheid vom für den Zeitraum 10/2016 bis 02/2020 rückgefordert.
Dagegen richten sich die Beschwerde und der Vorlageantrag.
2. Beweiswürdigung
Der Sachverhalt ergibt sich aus der Aktenlage und dem elektronischen Beihilfensystem FABIAN.
3. Rechtliche Beurteilung
§ 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 lautet:
Anspruch auf Familienbeihilfe haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. Bei volljährigen Kindern, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, genannte Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten. Wird ein Studienabschnitt in der vorgesehenen Studienzeit absolviert, kann einem weiteren Studienabschnitt ein Semester zugerechnet werden. Die Studienzeit wird durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis (zB Krankheit) oder nachgewiesenes Auslandsstudium verlängert. Dabei bewirkt eine Studienbehinderung von jeweils drei Monaten eine Verlängerung der Studienzeit um ein Semester… …
Die Aufnahme als ordentlicher Hörer gilt als Anspruchsvoraussetzung für das erste Studienjahr. Anspruch ab dem zweiten Studienjahr besteht nur dann, wenn für ein vorhergehendes Studienjahr die Ablegung einer Teilprüfung der ersten Diplomprüfung oder des ersten Rigorosums oder von Prüfungen aus Pflicht- und Wahlfächern des betriebenen Studiums im Gesamtumfang von acht Semesterwochenstunden oder im Ausmaß von 16 ECTS-Punkten nachgewiesen wird; Gleiches gilt, wenn alle Lehrveranstaltungen und Prüfungen der Studieneingangs- und Orientierungsphase nach § 66 des Universitätsgesetzes 2002, BGBl. I Nr. 120/2002, erfolgreich absolviert wurden, sofern diese mit mindestens 14 ECTS-Punkten bewertet werden. Der Nachweis ist unabhängig von einem Wechsel der Einrichtung oder des Studiums durch Bestätigungen der im § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannten Einrichtungen zu erbringen. Für eine Verlängerung des Nachweiszeitraumes gelten die für die Verlängerung der Studienzeit genannten Gründe sinngemäß ... ...
§ 26 Abs 1 FLAG 1967 lautet:
Wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, hat die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen.
§ 33 Abs 3 EStG 1988 lautet:
Wurden Kinderabsetzbeträge zu Unrecht bezogen, ist § 26 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 anzuwenden.
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)
Strittig ist, ob der Sohn des Bf im beschwerdegegenständlichen Zeitraum 10/2016 bis 02/2020 in Berufsausbildung iSd FLAG stand und ob die Rückforderung der Familienbeihilfe und des Kinderabsetzbetrages zurecht erfolgte.
Es ist zu prüfen, ob der Sohn im Rückforderungszeitraum das Studium ***5*** betrieb, ob die Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 lit. b FLAG 1967 gegeben sind.
Nach der Judikatur des VwGH ist die Frage, ob von einem "Kind" eine Berufsausbildung absolviert wird, eine Tatfrage, welche die Behörde in freier Beweiswürdigung zu beantworten hat (vgl. , , ).
Die Frage, ob für einen bestimmten Zeitraum Familienbeihilfe zusteht, ist an Hand der rechtlichen und tatsächlichen Gegebenheiten im Anspruchszeitraum zu beantworten ().
Besuch einer in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannten Einrichtung
aufrechtes Studium
Die Aufnahme als ordentlicher Hörer gilt als Anspruchsvoraussetzung für das erste Studienjahr. Weitere Voraussetzungen sind dem FLAG nicht zu entnehmen. Anspruch ab dem zweiten Studienjahr besteht, wenn für das vorhergehende Studienjahr die Ablegung von Prüfungen aus Pflicht- und Wahlfächern des betriebenen Studiums im Gesamtumfang von acht Semesterwochenstunden oder im Ausmaß von 16 ECTS-Punkten nachgewiesen wird. Der Studienerfolgsnachweis ist erbracht, wenn im betriebenen Studium Prüfungen im erforderlichen Ausmaß positiv beurteilt wurden (vgl. Lenneis in Lenneis/Wanke (Hrsg), FLAG2 § 2, Rz 69). Der laut FLAG erforderliche Leistungsnachweis von 16 ECTS-Punkten orientiert sich an den acht Semesterstunden. Es handelt sich um etwas mehr als die Hälfte des für ein Semester festgelegten Aufwandes, der bei der Familienbeihilfe in Bezug auf ein ganzes Studienjahr gilt.
Der Studienerfolg im ersten Jahr ist (zusätzliche) Voraussetzung für den Anspruch ab dem zweiten Studienjahr.
Diesen Minimalnachweis hat der Sohn für das erste Studienjahr erbracht, die Familienbeihilfe wurde zunächst weiter gewährt und hätte der Sohn für das zweite Studienjahr auch Anspruch auf Familienbeihilfe gehabt, wenn er den Nachweis erbracht hätte, dass er das Studium noch aktiv betrieben hat. Ein Studienfortgang setzt voraus, dass ein Studium überhaupt betrieben wird.
Trotz mehrfacher konkreter Aufforderungen wurde aber absolut gar nichts vorgelegt oder nachgereicht, das den Schluss zuließe, der Sohn arbeite an seinem Studiumsfortschritt.
Dem Vorlagebericht kommt wie etwa einer Beschwerdevorentscheidung Vorhaltscharakter zu (vgl. ; ; ; ). Hält der Beschwerdeführer, dem der Vorlagebericht zuzustellen ist (§ 265 Abs. 4 BAO), diesen für unzutreffend, wird er sich zeitgerecht dazu zu äußern haben. Eine derartige Äußerung ist nicht erfolgt.
Der reine Formalakt der Fortsetzungsmeldung ohne jegliche erkennbare studiumsrelevante Aktivitäten darüber hinaus über Jahre hinweg sprechen in freier Beweiswürdigung dafür, dass das Studium ***5*** im beschwerdegegenständlichen Zeitraum nicht mehr aktiv betrieben wurde. Das Studium Umweltwissenschaften wurde erst ab dem SS 2020 begonnen. Dass dafür Anrechnungen aus dem ersten Jahr des Vorstudiums für ein Freifach erfolgten, ist hier nicht entscheidungswesentlich.
Das Ablegen von Prüfungen, die in einem Hochschulstudium nach der jeweiligen Studienordnung vorgesehen sind, stellt einen essentiellen Bestandteil des Studiums und somit der Berufsausbildung selbst dar (, ).
Die jedem Studenten eingeräumte und auch vom Gesetzgeber in den Materialien zum Bundesgesetz BGBl. Nr. 311/1992 (Änderung des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG) erwähnte akademische Freiheit, ein Studium und den Studienfortgang völlig frei zu bestimmen, bedeutet zwar einerseits nicht, dass detaillierte Nachweise zu erbringen wären, ob und wie in einem bestimmten Monat studiert wird. Andererseits kann diese akademische Freiheit aber nicht dahingehend aufgefasst werden, dass eine Berufsausbildung iSd FLAG durch Besuch einer in § 3 StudFG genannten Einrichtung auch dann vorliegt, wenn tatsächlich keinerlei Aktivitäten in Richtung eines Studiums gesetzt werden, die die Annahme einer Berufsausbildung iSd FLAG rechtfertigen (vgl. , unter Verweis auf ).
Bereits der erste Satz der Erläuterungen zur Regierungsvorlage (465 der Beilagen XVIII. GP), mit welcher die in Rede stehenden Bestimmungen durch das BGBl 311/1992 eingefügt wurden, bringt klar zum Ausdruck, dass für volljährige, nicht behinderte Kinder die Familienbeihilfe grundsätzlich nur gewährt wird, wenn sie sich in Berufsausbildung befinden. In der Folge wird sodann auf die zum damaligen Zeitpunkt bestehende Rechtslage und Judikatur Bezug genommen und festgehalten, dass es bei Studierenden notwendig ist, bestimmte Kriterien über den Studienfortgang als Voraussetzung für den Anspruch auf Familienbeihilfe in das Gesetz aufzunehmen. Letztlich ist den Erläuternden Bemerkungen noch zu entnehmen, dass mit der Novellierung beabsichtigt war, eine Verankerung des Studienfortganges als Anspruchsvoraussetzung vorzunehmen. Dies, weil bei einem zB Universitätsstudium die Studierenden im Rahmen der akademischen Freiheit ihr Studium und den Studienfortgang frei bestimmen und diese Freiheit in Bezug auf die Familienbeihilfe eine gewisse Einschränkung erfahren sollte. Zusammengefasst war es somit der Wille des Gesetzgebers, durch die neu aufgenommenen Passagen Mindesterfordernisse für zB Universitätsstudien ins Gesetz aufzunehmen, die nur bei einem gewissen Studienfortgang einen Anspruch auf Familienbeihilfe vermitteln (vgl. )
Es kann dem Gesetzgeber vernünftiger Weise nicht - auch nicht im Interpretationswege - unterstellt werden, dass es mit der beabsichtigten Verschärfung der Anspruchsvoraussetzungen im Zusammenhang mit einer Berufsausbildung an zB einer Universität gewollt war, Familienbeihilfe auch für Kinder auszuzahlen, die mit Ausnahme des Formalaktes der Anmeldung an einer Universität keinerlei studentische Aktivitäten entfalten und somit überhaupt nicht (mehr) in Berufsausbildung stehen (vgl. ) und auch sonst keine berücksichtigungswürdigen Umstände vorliegen.
Bei ordentlichen Studien an einer Einrichtung iSd § 3 Studienförderungsgesetzes ist es seit der oben angesprochenen Gesetzesänderung nicht (mehr) ausreichend, dass lediglich die Absicht zur erfolgreichen Ablegung von Prüfungen besteht, sondern kommt es - durch die vom Gesetzgeber vorgenommene Verschärfung der Anspruchsvoraussetzungen - entscheidend darauf an, dass diese Prüfungen in einem gesetzlich normierten Mindestausmaß auch tatsächlich erfolgreich abgelegt werden (; ).
Wenn über die Aufnahme als ordentlicher Hörer hinaus von vorneherein keinerlei Aktivität in Richtung eines Studiums gesetzt wird, liegt auch noch keine Berufsausbildung vor (-RS3). Genausowenig kann die bloße Fortsetzungsmeldung zum Studium ohne jegliche erkennbare studiumsrelevante Bemühungen über Jahre Berufsausbildung sein.
Rückzahlung zu Unrecht bezogener Familienleistungen
Dass das Finanzamt die Familienbeihilfe und den Kinderabsetzbetrag trotz Überprüfung des Anspruches im Oktober 2019 und ungenügender Nachweisvorlage (für die wenigen Monate bis zum Ende der voraussichtlichen Studiendauer 02/2020) weiter auszahlte, steht einer Rückforderung nicht entgegen.
Wie der VwGH judiziert, normiert § 26 Abs. 1 FLAG 1967 eine objektive Erstattungspflicht desjenigen, der die Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat. Diese Verpflichtung zur Rückerstattung ist von subjektiven Momenten unabhängig. Entscheidend ist somit lediglich, ob der Empfänger die Beträge zu Unrecht erhalten hat. Ob und gegebenenfalls wie der Bezieher die erhaltenen Beträge verwendet hat, ist unerheblich (vgl. mit Hinweis auf seine ständige Rechtsprechung wie Erkenntnisse ).
Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH steht es der Rückforderung auch nicht entgegen, wenn der unrechtmäßige Bezug ausschließlich durch eine unrichtige Auszahlung durch das Finanzamt verursacht worden ist (vgl. ).
Vgl. zur umfangreichen höchstgerichtlichen Rechtsprechung auch die ausführlichen Hinweise von Wanke in Lenneis/Wanke (Hrsg), FLAG2 § 26 Rz 12 ff mwN.
Aufgrund der sich aus § 26 Abs. 1 FLAG 1967 ergebenden objektiven Erstattungspflicht besteht für die Abgabenbehörde insofern kein Vollzugsspielraum. Nach der genannten Gesetzesstelle hat vielmehr derjenige, der Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen.
Subjektive Momente, wie Verschulden, Gutgläubigkeit oder die Verwendung der Familienbeihilfe, sind nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH für die Verpflichtung zur Rückerstattung unrechtmäßiger Beihilfenbezüge unerheblich. Entscheidend ist lediglich, ob der Empfänger die Beträge zu Unrecht erhalten hat (vgl. zB ; und und ; ).
Die Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen erfolgte somit zu Recht.
Die Beschwerde war daher spruchgemäß abzuweisen.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die Entscheidung berücksichtigt die ständige Rechtsprechung des VwGH sowie beruht auf der Klärung von Sachverhaltsfragen, eine ordentliche Revision ist nicht zulässig.
Graz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer FLAG |
betroffene Normen | § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 26 Abs. 1 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 33 Abs. 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 2 Abs. 2 lit. b FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2024:RV.2100149.2023 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at