Kein Beschwerderecht des Gesellschafters gegen die Personengesellschaft betreffende Umsatzsteuerbescheide
VfGH-Beschwerde zur Zahl E 2101/2024 anhängig. Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom abgelehnt.; Revision beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2024/15/0075.
Entscheidungstext
BESCHLUSS
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache des ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, betreffend dessen Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Graz-Stadt 1) vom betreffend Umsatzsteuer 2014 - 2017 sowie 2) vom betreffend Festsetzung der Umsatzsteuer für 1-11/2018, jeweils ergangen an Dr. MV als Masseverwalter im Insolvenzverfahren der R-OG (zHd. X-StB GmbH), beschlossen:
Die Beschwerde wird gemäß § 260 Abs. 1 BAO als nicht zulässig zurückgewiesen.
Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Begründung
Der Beschwerdeführer (Bf.) ist einer von insgesamt fünf unbeschränkt haftenden Gesellschaftern der R-OG (in der Folge: R-OG).
Im Gefolge einer bei der R-OG durchgeführten Außenprüfung erließ das Finanzamt die nunmehr vom Bf. angefochtenen Umsatzsteuerbescheide. Diese waren an "Dr. MV als Masseverwalter im Insolvenzverfahren" der R-OG (zu Handen des bevollmächtigten Vertreters) gerichtet.
Dagegen wurde mit Eingabe vom Beschwerde erhoben. Als Rechtsmittelwerber scheint - neben der R-OG und vier weiteren natürlichen Personen - auch Bf. auf. Auf der ersten Seite des Beschwerdeschriftsatzes werden die (einzelnen) Beschwerdeführer wie folgt angeführt:
"1) R-OG
2) Bf.
3) Dr. JR
4) (…)"
Als Vertreter aller Beschwerdeführer wird ein Rechtsanwalt ausgewiesen.
Am erging die an den Bf. gerichtete (und diesem zugestellte) Beschwerdevorentscheidung, mit welcher die Beschwerde des Bf. zurückgewiesen wurde. Die angefochtenen Umsatzsteuerbescheide seien an den Masseverwalter als gesetzlicher Vertreter ergangen. Nur diesem komme - so das Finanzamt in seiner Begründung - das Beschwerderecht im Umsatzsteuerverfahren zu. Der Bf., der von seiner Masseverwalterin gesetzlich vertreten wird, sei nicht legitimiert, Beschwerden betreffend die gegenständlichen Bescheide einzubringen. Folglich sei die Beschwerde mangels Aktivlegitimation des Bf. wegen Unzulässigkeit zurückzuweisen.
Dagegen wurde am per Fax (ua.) vom Bf. der Vorlageantrag erhoben. Die Eingabe wurde nunmehr ohne Beiziehung eines berufsmäßigen Parteienvertreters eingebracht. Neben dem Bf. scheinen wiederum die R-OG sowie vier weitere natürliche Personen - jeweils im eigenen Namen - als Einschreiter auf.
Der Vorlageantrag wurde laut Akt des Finanzamtes insgesamt neunmal eingereicht. Die Eingaben sind - soweit überblickbar - jeweils inhaltsgleich, weisen jedoch entweder keine oder nur eine Unterschrift oder mehrere Unterschriften auf.
Am legte das Finanzamt dem BFG die Beschwerde des Bf. gegen die oa. Umsatzsteuerbescheide zur Entscheidung vor.
Gemäß § 260 Abs. 1 BAO ist die Bescheidbeschwerde mit Beschluss zurückzuweisen, wenn sie a) nicht zulässig ist oder b) nicht fristgerecht eingebracht wurde.
Eine Bescheidbeschwerde ist zB bei mangelnder Aktivlegitimation des Einschreiters unzulässig (Ritz, BAO 7. Auflage, § 260 Tz 5).
Zur Einbringung einer Beschwerde ist gemäß § 246 Abs. 1 BAO jeder befugt, an den der den Gegenstand der Anfechtung bildende Bescheid ergangen ist (Ritz, aaO, § 260 Tz 6).
Gemäß § 19 Abs. 1 UStG 1994 ist Steuerschuldner (in den Fällen des § 1 Abs. 1 Z 1 und 2 leg. cit.) der Unternehmer; Unternehmer können auch Personengesellschaften oder Personenzusammenschlüsse ohne Rechtspersönlichkeit sein. Hinsichtlich der Umsatzsteuer ist sohin eine Personengesellschaft ein eigenes, von ihren Gesellschaftern unabhängiges Steuersubjekt (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung zB , , 0120, sowie ). Nach der Rechtsprechung kommt bei die Umsatzsteuer betreffenden Bescheiden, die an eine Personenvereinigung gerichtet sind, nur dieser das Beschwerderecht gemäß § 246 Abs. 1 BAO zu (). Anders als hinsichtlich der Feststellung von Einkünften wirkt die Festsetzung von Umsatzsteuer nicht gegenüber den Gesellschaftern, sondern nur gegenüber der Personengesellschaft (vgl. ).
Nach dem objektiven Erklärungswert des Beschwerdeschriftsatzes vom ist der Bf. - neben der R-OG (und vier weiteren Personen) - als eigenständiger Beschwerdeführer, und nicht etwa als Vertreter oder Bevollmächtigter der OG (bzw. des Masseverwalters), aufgetreten (s. das oben dargestellte Rubrum der Eingabe). Das ergibt sich auch klar aus dem Beschwerdevorbringen selbst, insbesondere aus den Ausführungen auf S. 5, Punkt III. 16., wo es heißt, dass "die Beschwerdeerhebungen durch mehrere Personen erfolgt" seien.
Die Beschwerde des Bf., der unzweifelhaft im eigenen Namen und nicht für die OG gehandelt hat, durfte daher keiner sachlichen Erledigung zugeführt werden. Auf Grund der oa. Rechtslage kommt dem Bf. im Umsatzsteuerverfahren der R-OG kein Beschwerderecht zu.
Im Übrigen wird sogar in der Beschwerde selbst (auf S. 6, Punkt 24.) - völlig zutreffend - darauf verwiesen, dass Steuersubjekt bei der Umsatzsteuer im Unterschied zur Feststellung von Einkünften (ausschließlich) die OG sei.
Mit derselben Eingabe vom wurde auch von der R-OG Beschwerde gegen die gegenständlichen Umsatzsteuerbescheide erhoben. Darüber wird vom BFG in einem gesonderten Beschwerdeverfahren (mit der R-OG als Beschwerdeführerin) abzusprechen sein.
Das Finanzamt hat daher die Beschwerde im vorliegenden Fall zu Recht zurückgewiesen.
Da der Bf. im gegenständlichen Verfahren als eigenständiger Einschreiter (und weder namens noch auftrags der OG) auftritt und die Zurückweisung nicht seine Vermögenssphäre betrifft, war die vorliegende Erledigung ungeachtet der Tatsache, dass sowohl über das Vermögen der R-OG als auch über jenes des Bf. das Insolvenzverfahren eröffnet wurde, unmittelbar an den Bf. zu richten bzw. diesem zuzustellen.
Obliegt die Entscheidung über Beschwerden dem Senat, so obliegt dem Berichterstatter (bzw. dem zuständigen Einzelrichter) zunächst ua. die Erlassung von Zurückweisungen (§ 272 Abs. 4 BAO). Nach § 274 Abs. 3 BAO kann von einer beantragten mündlichen Verhandlung abgesehen werden, wenn die Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen ist.
Der vorliegende Beschluss konnte daher trotz der Anträge des Bf. auf Entscheidung durch den Senat sowie auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung durch den Einzelrichter ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung erlassen werden.
Aus den dargelegten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Da sich das BFG in der vorliegenden Entscheidung auf die zitierte VwGH-Rechtsprechung stützen konnte, liegt eine Rechtsfrage im oa. Sinne nicht vor und konnte die Revision nicht zugelassen werden.
Graz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 246 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 19 Abs. 1 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 § 260 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2024:RV.2100928.2020 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at