Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 22.04.2024, RV/2100806/2016

Benützung eines KFZ im Inland mit ausländischem Kennzeichen

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***1***, vertreten durch RA, über die Beschwerden vom gegen die Bescheide des ***FA***, nunmehr Finanzamt Österreich, vom betreffend

Kraftfahrzeugsteuer 11/2010 - 2/2013 zu RV/2100806/2016,
Normverbrauchsabgabe 11/2010 zu RV/2100813/2016,
Festsetzung von Umsatzsteuer 11/2010 zu RV/2100814/2016

zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerden werden gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Am langte beim Finanzamt eine anonyme Anzeige vom ein. Darin wird angegeben, dass Frau HS (Bf.) wohnhaft in T sei, seit fast zwei Jahren im Ort wohne und dort auch ihren Lebensmittelpunkt habe und mit einem weißen Hyundai i30 mit slowenischem Kennzeichen unterwegs sei. Das sei nicht erlaubt und handle es sich dabei um Steuerhinterziehung an NoVa und KFZ-Steuer. Im Sinne der Steuergerechtigkeit werde um Überprüfung gebeten.

Aufgrund dieses Schreibens wurden Ermittlungen durch die Finanzpolizei (FinPol) geführt. Am , 8:25 Uhr, wurde an der Wohnadresse der Bf. ein Hyundai i30 mit dem slowenischen Kennzeichen 123 vorgefunden. Auf Läuten wurde nicht reagiert. Lt. ihrem Arbeitgeber habe die Bf. an diesem Tag dienstfrei gehabt.

Am wurde die Bf. um 8:52 Uhr von der FinPol an ihrem Arbeitsplatz einvernommen. Sie war zu diesem Zeitpunkt in einem Renault Clio mit slowenischem Kennzeichen unterwegs.
Sie gab nach Belehrung dabei an, dass es zwei Fahrzeuge mit slowenischen Kennzeichen gebe. Beide gehörten ihrer Mutter, die in Slowenien lebe. Es handle sich dabei um eine Renault Clio, mit dem Kennzeichen 321 und einen weißen Hyundai i30 mit unbekanntem Kennzeichen.

Es wurde ein Datenblatt zu den genannten Fahrzeugen ausgefüllt. Weiters wurde die Bf. aufgefordert, je eine Kopie des Typenscheines, den Leasingvertrag und Zulassungsschein zum Hyundai i30 und den Kaufvertrag vom Renault Clio bis vorzulegen.

Abschließend habe die Bf. noch angegeben, dass bei der BH bereits ein Einspruch erhoben worden sei. Erhebungen dazu haben ergeben, dass mit Datum eine Strafverfügung durch die BH wegen Übertretung gem. § 82 Abs. 8 KFG iVm § 134 KFG erlassen wurde, weil die Bf. nicht binnen Monatsfrist für das ins Inland verbrachte Fahrzeug mit dem Kennzeichen (SLO) 123 den Zulassungsschein und die Kennzeichentafeln ablieferte. Der Gesamtbetrag der Geldstrafe belief sich auf € 220,00. Diese Strafverfügung wurde durch den Bescheid des UVS beim Land S vom bestätigt.

Die bis abverlangten Unterlagen und Dokument wurden nicht vorgelegt.

Mit Bescheiden vom wurden der Bf. gegenüber die Normverbrauchsabgabe (NoVa) in Höhe von € 699,50, die Umsatzsteuer für Fahrzeugeinzelbesteuerung in Höhe von € 2.798,00 und die Kraftfahrzeugsteuer für den Zeitraum 10/2010 - 3/2013 von insgesamt € 892,00 vorgeschrieben.

Gegen diese Bescheide langten am drei als Beschwerde zu behandelnde Berufungsschriftsätze vom beim Bescheid erlassenden Finanzamt ein.

Darin wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Behörde übersehe, dass die Berufungswerberin die Tochter von Frau ZR sei, die slowenische Staatsbürgerin sei und in MS wohne. Die Mutter sei Halterin des Fahrzeuges und benutze das Fahrzeug, wenn sie die Berufungswerberin in Österreich besuche. Der Besuch sei wöchentlich und relativ häufig, weil die Mutter der Berufungswerberin die Berufungswerberin bei der Haushaltsführung unterstütze, insbesonders auf das Kind AH, geb. tt.mm.jjjj schaue, das von der Berufungswerberin allein erzogen werde. Die mj. AH gehe in T in die Schule. Die Berufungswerberin arbeite in der Seniorenresidenz W. Nach Beendigung der Tätigkeit für die Berufungswerberin und die mj. AH fahre die Mutter der Berufungswerberin mit dem PKW wieder nach Hause nach Slowenien, MS.

Die Bf. benütze das Fahrzeug nur sporadisch. Die Bf. benötige selbst kein Fahrzeug, weil sie zu ihrer Arbeitsstelle, der Seniorenresidenz W von ihrer Wohnung aus zu Fuß gehen könne und auch die mj. AH von der Wohnung aus zu Fuß zur Schule gehen könne. Auch Einkäufe könnten in T selbst erledigt werden. Das Auto sei daher ausschließlich zu dem Zweck da, der Mutter der Bf. zu ermöglichen, von MS nach T zu fahren und wieder zurück und relativ häufig entsprechende Besuche bei der Bf. vorzunehmen.

Demgemäß könne keine Rede davon sein, dass die Bf. das Fahrzeug häufig benütze und das Fahrzeug als in das Bundesgebiet eingebracht betrachtet werden müsste. Diese Umstände hätte die Behörde durch eine entsprechende Einvernahme der Mutter der Bf., ZR, geb. yyyy Slowenien MS und eine entsprechende Einvernahme der Bf. erheben können, sowie gegebenenfalls durch eine Anfrage beim Gemeindeamt von MS. Das Verfahren sei daher mangelhaft geführt worden. Die Behörde hätte jedenfalls der Bf. nicht vorschreiben dürfen, eine Nova, eine KFZ-Steuer und die Umsatzsteuer entrichten zu müssen.

In den Beschwerdevorentscheidungen vom wurde dagegen ausgeführt, dass Erhebungen des ***FA*** zu folgendem Ergebnis geführt hätten:
Gegenüber Frau H sei bereits am , also bevor die Finanzpolizei Kenntnis hatte, von der BH wegen der Übertretung des § 82 (8) KFG eine Strafe iHv 220 Euro verhängt worden. Der UVS S habe letztlich die Berufung dagegen abgewiesen.

Frau H habe von bis ein KFZ angemeldet gehabt, einen Toyota Corolla, Kennzeichen 1313. Am Tage der Abmeldung des vorgenannten KFZ sei der verfahrensimmanente Hyundai i30 mit gleichem Kennzeichen auf Frau H zugelassen worden.

Die von Frau H von der Finanzpolizei angeforderten Unterlagen (Frist ) seien nicht beigebracht worden.

Frau H habe laut übersetzter Beilage den zuvor geleasten Hyundai i30 von der Ldoo per herausgekauft. In dem Schreiben werde die Aktenzahl Finanzleasing Nr. 1111 angeführt, weiters Gegenstand des Leasings: Hyundai i30, Kennzeichen 123. Die Gesellschaft hätte Frau H gestattet, das KFZ abzumelden.

Es entspreche keineswegs der Lebenserfahrung, wenn jemand, der ein Auto besitzt, dieses bei diversen Einvernahmen nicht einmal erwähne. Denn was würde naheliegender sein, als mit dem eigenen KFZ zu fahren oder dieses wenigstens als Schutzbehauptung vorzubringen. Das sei lebensfremd. Aus Sicht des ***FA*** sei Frau H das auf sie angemeldete Fahrzeug aus faktischen oder anderen Gründen nicht zur Verfügung gestanden und habe sie den Hyundai i30 benützt. Die Behauptung in der Berufung, Frau H hätte kein eigenes Auto, sei schlichtweg falsch. Das Nichtbeibringen der Unterlagen untermauere die Annahme der Finanzverwaltung, das verfahrensimmanente KFZ sei von Frau H und nicht von ihrer Mutter geleast worden.

Gem. § 1 Z 3 NoVAG unterliege die erstmalige Zulassung von Kraftfahrzeugen im Inland, wobei als erstmalige Zulassung auch die Verwendung des KFZ im Inland gelte, wenn dieses nach dem Kraftfahrgesetz zuzulassen gewesen wäre, der Normverbrauchsabgabe.

Demnach werde der steuerliche Tatbestand dann verwirklicht, wenn eine inländische Zulassung nicht erfolgt sei, obwohl sie hätte nach dem Kraftfahrgesetz erfolgen müssen.

Als dauernder Standort eines KFZ gelte nach § 40 Abs. 1 KFG der faktische Hauptwohnsitz der Verwenderin.

Gem. § 82 Abs. 8 KFG würden Fahrzeuge mit ausländischem Kennzeichen, die von Personen mit Hauptwohnsitz im Inland in das Bundesgebiet eingebracht oder verwendet werden, solange als Kraftfahrzeuge mit dauerndem Standort Im Inland angesehen, bis der Gegenbeweis erbracht sei. Eine Verwendung von derartigen Fahrzeugen sei gem. § 37 KFG einen Monat beginnend mit der Einbringung zulässig.

Im Beschwerdefall sei unstrittig, dass das in Rede stehenden Kraftfahrzeug mit ausländischem Kennzeichen von der Beschwerdeführerin im Inland auf Straßen mit öffentlichem Verkehr verwendet worden sei und, dass die Beschwerdeführerin ihren Mittelpunkt der Lebensinteressen im Bundesgebiet gehabt habe.

Die gesetzliche Vermutung des § 82 Abs. 8 KFG, dass die Fahrzeuge als solche mit dauerndem Standort im Inland anzusehen seien, sei durch einen in dieser Bestimmung eingeräumten Gegenbeweis von der Beschwerdeführerin nicht widerlegt worden.

In den Vorlageanträgen vom wurde kein neues Vorbringen erstattet, auch auf die Ausführungen des Finanzamtes wurde nicht eingegangen.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Die Bf., Jahrgang JJJJ, ist seit durchgehend bis April 2024 mit Hauptwohnsitz in Österreich gemeldet. Weitere Wohnsitze scheinen im Zentralen Melderegister nicht auf.

Das verfahrensgegenständliche Fahrzeug Hyundai i30 mit der Fahrgestellnummer xxxx und dem Kennzeichen 123 wurde von der Bf. am in Österreich angemeldet, das Kennzeichen lautete nunmehr 1313.
Das Erstzulassungsdatum ist der . Die Bf. war Leasingnehmerin bei der Ldoo (GmbH) in Slowenien (siehe beglaubigte Übersetzung vom ).

In einer anonymen Anzeige vom September 2012 wird angegeben, dass die Bf. seit rund zwei Jahren mit einem weißen Hyundai i30 mit slowenischem Kennzeichen sich im Inland aufhält. Sie ist im Ort ansässig, hat dort ihren Arbeitsplatz und ihren Lebensmittelpunkt.

Bei den Ermittlungen durch die FinPol wurde an einem arbeitsfreien Tag der Bf. das betreffende Fahrzeug im Carport an der Wohnadresse der Bf. angefunden. Bei einer Einvernahme durch die FinPol gab die Bf. an, dass das betreffende Fahrzeug ihrer Mutter gehöre und sie, die Bf., nur fallweise an einzelnen Tagen das Fahrzeug benütze.

Die Bf. wurde daraufhin aufgefordert, Unterlagen, wie den Typen- und Zulassungsschein sowie Kauf- und/oder Leasingvertrag bis vorzulegen.

Da die Bf. dieser Aufforderung nicht nachgekommen ist, ergingen am die streitverfangenen Bescheide betreffend NoVa, KR und USt.

In den Rechtsmitteln dagegen wurde in Abrede gestellt, dass der Hyundai i30 mit dem Kennzeichen 123 der Bf. gehöre. Eigentümerin sei vielmehr deren Mutter, die in MS, Slowenien, wohnhaft sei und die Bf. wöchentlich bei der Haushaltsführung unterstützt. Auch auf ihre Enkelin schaue die Mutter der Bf.

Festzuhalten ist weiters, dass am eine Strafverfügung der BH erging, da die Bf. gegen § 82 Abs. 8 KFG verstoßen hat. Diese Strafverfügung wurde rechtskräftig (siehe Bescheid des UVS S vom ).

2. Beweiswürdigung

Der gegenständliche Hyundai i30 ist eindeutig von der Bf. 2010 geleast und in weiterer Folge auch von ihr 2014 erworben worden. Dass die Mutter der Bf. die Eigentümerin des Fahrzeuges sei, konnte nicht belegt werden und widerspricht den vorliegenden Unterlagen. Seit 2010 wurde die Bf. mit diesem Fahrzeug mit slowenischem Kennzeichen von der Nachbarin wahrgenommen.
An einem arbeitsfreien Tag wurde das betreffende Fahrzeug von Mitarbeitern der FinPol am Wohnsitz der Bf. vorgefunden.

Unterlagen und Belege, wonach das Fahrzeug überwiegend im Ausland genutzt worden sei, wurden nicht vorgelegt.

Eine Übertretung des § 82 Abs. 8 KFG wurde auch von der BH festgestellt.

Eine BVE hat Vorhaltscharakter. Da die Bf. den Ausführungen des Finanzamtes Nichts entgegensetzte, können die dort getroffenen Feststellungen übernommen werden ().

Das Bundesfinanzgericht geht daher in freier Beweiswürdigung davon aus, dass die Bf. das betreffende KFZ ab Abschluss des Leasingvertrages und Erstanmeldung am ins Inland verbrachte und hier auch als Halterin benutzte.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Normverbrauchsabgabe (NoVa) und Kraftfahrzeugsteuer (KfzSt)

Gemäß § 1 Z 3 lit a NoVAG 1991 unterliegt der Normverbrauchsabgabe die erstmalige Zulassung von Kraftfahrzeugen zum Verkehr im Inland, sofern die Steuerpflicht nicht bereits nach Z 1 oder Z 2 eingetreten ist oder nach Eintreten der Steuerpflicht eine Vergütung nach § 12 oder § 12a erfolgt ist.

Gemäß § 4 Z 3 NoVAG 1991 ist Abgabenschuldner im Falle der Verwendung eines Fahrzeuges im Inland, wenn es nach dem Kraftfahrgesetz zuzulassen wäre (§ 1 Z 3), der Zulassungsbesitzer und derjenige, der das Fahrzeug verwendet, als Gesamtschuldner (§ 6 Abs 1 BAO).

Gemäß § 7 Abs 1 Z 2 NoVAG 1991 entsteht die Steuerschuld im Falle der Zulassung nach § 1 Z 3 mit dem Tag der Zulassung oder bei der Verwendung eines Fahrzeuges im Inland, wenn es nach dem Kraftfahrgesetz zuzulassen wäre, mit dem Zeitpunkt der Einbringung in das Inland.

Gemäß § 82 Abs 8 KFG 1967 sind Fahrzeuge mit ausländischem Kennzeichen, die von Personen mit dem Hauptwohnsitz oder Sitz im Inland in das Bundesgebiet eingebracht oder in diesem verwendet werden, bis zum Gegenbeweis als Fahrzeug mit dem dauerndem Standort im Inland anzusehen. Die Verwendung solcher Fahrzeuge ohne Zulassung gemäß § 37 ist nur während eines Monats ab der erstmaligen Einbringung in das Bundesgebiet zulässig. Eine vorübergehende Verbringung aus dem Bundesgebiet unterbricht diese Frist nicht. Nach Ablauf eines Monats ab der erstmaligen Einbringung in das Bundesgebiet sind der Zulassungsschein und die Kennzeichentafeln der Behörde, in deren örtlichem Wirkungsbereich sich das Fahrzeug befindet, abzuliefern. Wenn glaubhaft gemacht wird, dass innerhalb dieses Monats die inländische Zulassung nicht vorgenommen werden konnte, darf das Fahrzeug ein weiteres Monat verwendet werden. Danach sind der Zulassungsschein und die Kennzeichentafeln der Behörde, in deren örtlichem Wirkungsbereich sich das Fahrzeug befindet, abzuliefern. Die Ablieferung begründet keinen Anspruch auf Entschädigung.

In einem ersten Schritt ist zunächst zu prüfen, wer Verwender des Fahrzeuges ist und an welchem Ort diese Person ihren Hauptwohnsitz hat. Sollte kein Hauptwohnsitz im Inland bestehen, findet § 79 KFG 1967 Anwendung. Liegt jedoch ein Hauptwohnsitz im Inland vor, ist § 82 Abs 8 KFG 1967 anzuwenden.

Das KFG oder das NoVAG enthält keine Regelung darüber, wem die Verwendung eines Fahrzeuges zuzurechnen ist. Aufgrund der gleichartigen Zielsetzung - nämlich die Person zu bestimmen, die für die durch die Verwendung des Fahrzeuges entstandenen Folgen einzustehen hat, - bietet es sich nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (; ) in diesem Zusammenhang an, auf den bundesrechtlich geregelten Begriff des Halters des Kraftfahrzeuges nach § 5 Abs 1 Eisenbahn- und Kraftfahrzeughaftpflichtgesetz (EKHG) zurückzugreifen. Unter dem Halter ist nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes die Person zu verstehen, die das Fahrzeug auf eigene Rechnung in Gebrauch und die Verfügungsgewalt darüber hat. Dies ist nach objektiven Gesichtspunkten zu beurteilen. Maßgebend ist, dass der Halter tatsächlich in der Lage ist, die Verfügung über das Fahrzeug auszuüben (vgl. dazu etwa 9 Ob A 150/00z).

Nach den getroffenen Feststellungen ist die Bf. als Verwenderin des verfahrensgegenständlichen Fahrzeuges anzusehen. In diesem Zusammenhang wird auf die im Akt erliegenden Schriftstücke der Leasinggesellschaft verwiesen. Die Bf. hat das Fahrzeug im Inland verwendet und konnte aufgrund ihrer alleinigen Verfügungsmacht jederzeit frei über den Einsatz des Fahrzeuges entscheiden.

Der Begriff Hauptwohnsitz ist im Sinne des § 1 Abs 7 Meldegesetz 1991 zu verstehen. Der Hauptwohnsitz eines Menschen ist an jener Unterkunft begründet, an der er sich in der erweislichen oder aus den Umständen hervorgehenden Absicht niedergelassen hat, diese zum Mittelpunkt seiner Lebensinteressen zu machen.
Die Bf. hatte und hat den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen und damit ihren Hauptwohnsitz iSd § 82 Abs. 8 KFG im Streitzeitraum eindeutig in Österreich. Sie ist seit 1999 in Österreich gemeldet, wohnte im Streitzeitraum mit ihrer damals mj. Tochter in Österreich und hatte auch ihre Arbeitsstätte im Inland. Diese Feststellungen wurden auch nicht im bisherigen Verfahren in Abrede gestellt.

Weiters ist zu prüfen, ob der dauernde Standort des Fahrzeuges im Inland war. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes tritt eine Zulassungspflicht und damit die Pflicht zur Abfuhr der KfzSt und der NoVA nicht ein, wenn trotz eines inländischen Hauptwohnsitzes nachgewiesen wird, dass der Standort eines Kraftfahrzeuges mit ausländischem Kennzeichen außerhalb Österreichs liegt. Die Beurteilung der Rechtsfrage, ob ein Fahrzeug seinen dauernden Standort entgegen der Vermutung des § 82 Abs. 8 erster Satz KFG nicht im Bundesgebiet hat, setzt Feststellungen über den regelmäßigen Ort sowie die Art und Weise der Verwendung des Fahrzeugs voraus, aus denen sich hinreichende Anhaltspunkte ergeben, ob das Fahrzeug bei der erforderlichen Gesamtbetrachtung für Zwecke der Vollziehung des KFG einem bestimmten Ort außerhalb des Bundesgebietes zugeordnet werden muss oder nicht (vgl. ; ).

Die Beweislast trifft diesbezüglich allein die Bf. als Verwenderin des streitgegenständlichen Fahrzeuges. Um diesen Gegenbeweis erbringen zu können, hat die Bf. dabei von sich aus initiativ und umfassend darzulegen, aus welchen Gründen das Fahrzeug nicht als ein Fahrzeug mit dauerndem inländischen Standort anzusehen ist, und dafür auch die erforderlichen Beweise anzubieten (vgl. ). Die Beweismittel für den Gegenbeweis sind unbegrenzt. Reine Behauptungen reichen ebenso wenig aus (vgl. Haller, Normverbrauchsabgabegesetz, § 1 Tz 128) wie eine bloße Glaubhaftmachung. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt eine erhöhte Mitwirkungspflicht der Partei (eine in den Hintergrund tretende amtswegige Ermittlungspflicht) ua. dann vor, wenn Sachverhaltselemente ihre Wurzeln im Ausland haben; die Mitwirkungs- und Offenlegungspflicht ist in dem Maße höher, als die behördlichen Ermittlungsmöglichkeiten geringer sind. Diesfalls besteht eine erhöhte Mitwirkungspflicht, eine Beweismittelbeschaffungspflicht und eine Vorsorgepflicht (vgl. Ritz, BAO6, § 115 Tz 10, mwN).

Im vorliegenden Fall ist es der Bf. nicht gelungen, die "Standortvermutung" iSd § 82 Abs. 8 KFG zu widerlegen. Allein die Behauptung, das betreffende Fahrzeug gehöre der Mutter der Bf., die in Slowenien wohnhaft sei, ist kein ausreichender Nachweis dafür, dass das Fahrzeug überwiegend nicht im Inland genutzt werde. Die Bf. unterließ es auch, die vom Finanzamt angeforderten Unterlagen zur Abklärung der Eigentums- und Besitzverhältnisse vorzulegen.

Durch die widerrechtliche Verwendung des streitgegenständlichen Fahrzeuges iSd § 82 Abs. 8 KFG ab August 2010 ist eine NoVA-Pflicht gemäß § 1 Z 3 NoVAG bzw. eine KfzSt-Pflicht gemäß § 1 Abs. 1 Z 3 KfzStG entstanden.

Das Entstehen der Steuerschuld ist vom Erfüllen des zur Steuerpflicht führenden Tatbestandes zu unterscheiden. Das Entstehen der Steuerschuld ist eine Rechtsfolge und setzt voraus, dass der die Rechtsfolge auslösende Tatbestand erfüllt ist. Erst wenn der Tatbestand erfüllt ist, tritt die (allenfalls auf einen zurückliegenden Zeitpunkt bezogene) Rechtsfolge des Entstehens der Steuerschuld ein (vgl. ; ).

Gemäß § 4 Abs. 1 BAO entsteht der Abgabenanspruch zwar, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Abgabepflicht knüpft, doch bleiben gemäß § 4 Abs. 3 leg.cit. in Abgabenvorschriften enthaltene Bestimmungen über den Zeitpunkt der Entstehung des Abgabenanspruches (der Steuerschuld) unberührt. Der Tatbestand der jeweiligen Steuer ist im Beschwerdefall mit der widerrechtlichen Verwendung eines Fahrzeuges (§ 1 Abs. 1 Z 3 KfzStG und § 1 Z 3 NoVAG) erfüllt. Ist dieser Tatbestand erfüllt, so knüpft das Gesetz daran die Rechtsfolge des Entstehens einer Steuerschuld zu einem zurückliegenden Zeitpunkt.

Dies ist im KfzStG der Fall, indem § 4 Abs. 1 Z 3 KfzStG die Steuerpflicht vom Beginn des Kalendermonats an bestehen lässt, in dem die widerrechtliche Verwendung einsetzt, also von einem Monatsersten und nicht vom Tag der widerrechtlichen Verwendung an (vgl. auch ; ). Ähnliches gilt seit dem AbgÄG 2010 für die Normverbrauchsabgabe, bei welcher die Verwirklichung des Tatbestandes der widerrechtlichen Verwendung ("des fruchtlosen Ablaufes der Frist des § 82 Abs. 8 KFG") dazu führt, dass die Normverbrauchsabgabe dann gemäß § 7 Abs. 1 Z 2 NoVAG rückwirkend mit dem Zeitpunkt der am Beginn der Monatsfrist stehenden Einbringung in das Inland entsteht.

Im Streitfall ist die Steuerschuld für die NoVA und die KfzSt zumindest ab November 2010 entstanden.

Die Beschwerden gegen die Bescheide betreffend Festsetzung der Normverbrauchsabgabe vom sowie der Kraftfahrzeugsteuer für die Monate November bis Dezember 2010, Jänner bis Dezember 2011, Jänner bis Dezember 2012 und Jänner bis Februar 2013 sind infolge anhaltender widerrechtlicher Verwendung des Fahrzeuges in diesen Jahren als unbegründet abzuweisen.

3.2. Zur Festsetzung der Umsatzsteuer

Gemäß Art. 1 Abs. 1 UStG 1994 unterliegt der innergemeinschaftliche Erwerb im Inland gegen Entgelt der Umsatzsteuer. Nach Art. 1 Abs. 2 UStG 1994 liegt ein innergemeinschaftlicher Erwerb gegen Entgelt vor, wenn (Z 1) ein Gegenstand bei einer Lieferung an den Abnehmer (Erwerber) aus dem Gebiet eines Mitgliedstaates in das Gebiet eines anderen Mitgliedstaates gelangt, auch wenn der Lieferer den Gegenstand in das Gemeinschaftsgebiet eingeführt hat und (Z 2) der Erwerber ein Unternehmer, der den Gegenstand für sein Unternehmen erwirbt, oder eine juristische Person ist, die nicht Unternehmer ist oder die den Gegenstand nicht für ihr Unternehmen erwirbt. Gemäß Art. 1 Abs. 7 UStG 1994 ist der Erwerb eines neuen Fahrzeugs durch einen Erwerber, der nicht zu den in Abs. 2 Z 2 genannten Personen gehört (dh. durch eine Privatperson), unter den Voraussetzungen des Abs. 2 Z 1 (immer) innergemeinschaftlicher Erwerb. Art. 1 Abs. 8 UStG 1994 definiert den Begriff des Fahrzeugs; Art. 1 Abs. 9 leg. cit. regelt, unter welchen Voraussetzungen ein Fahrzeug als neu gilt.

Gemäß Art. 3 Abs. 8 UStG 1994 wird der innergemeinschaftliche Erwerb in dem Gebiet des Mitgliedstaates bewirkt, in dem sich der Gegenstand am Ende der Beförderung oder Verwendung befindet. Steuerschuldner ist gemäß Art. 19 Abs. 1 Z 1 UStG 1994 in den Fällen des Art. 1 der Erwerber.

Die Beurteilung, in welchem Mitgliedstaat der Endverbrauch eines Fahrzeugs (und damit der innergemeinschaftliche Erwerb) stattfindet, hat auf einer umfassenden Abwägung aller objektiven tatsächlichen Umstände zu beruhen. Zu diesen im Rahmen des Gesamtbildes der Verhältnisse zu berücksichtigenden Umständen gehören u.a. der Ort der gewöhnlichen Verwendung des Gegenstandes, seine Registrierung, der Wohnort des Erwerbers sowie das Bestehen oder Fehlen von Verbindungen des Erwerbers zu einzelnen Mitgliedstaaten. Es ist anhand objektiver Umstände im Zeitpunkt der Lieferung festzustellen, in welchem Mitgliedstaat die endgültige und dauerhafte Verwendung eines Fahrzeugs stattfinden wird (). Zu diesen objektiven Umständen gehören insbesondere Wohnsitze des Autobesitzers im Zeitpunkt des Erwerbes des Fahrzeuges und die (persönlichen) Verbindungen des Autobesitzers zu den in Frage kommenden Mitgliedstaaten (Mittelpunkt der Lebensinteressen). Auch die tatsächliche Nutzung des Fahrzeuges kann als Indiz für die beim Erwerb vorgelegene Verwendungsabsicht herangezogen werden ().

An objektiven tatsächlichen Umständen steht auf Sachverhaltsebene fest, dass die Beschwerdeführerin den Mittelpunkt der Lebensverhältnisse im Zeitpunkt des Erwerbes des Fahrzeuges im August des Jahres 2010 in Österreich hatte. Das Fahrzeug wurde in Slowenien am zum Verkehr zugelassen.

Zur tatsächlichen Nutzung des Fahrzeuges konnte festgestellt werden, dass dieses seit damals nach Österreich verbracht wurde und auch im Inland genutzt wurde. Siehe dazu auch die Feststellungen der BH.

In Abwägung dieser Umstände ist nach dem Gesamtbild der Verhältnisse bei Lieferung des Fahrzeuges vom Endverbrauch (iSd Art. 3 Abs. 8 UStG 1994) bzw. der endgültigen und dauerhaften Verwendung des Fahrzeuges in Österreich auszugehen.

Das Fahrzeug war zum Zeitpunkt des Erwerbes neu im Sinn des Art. 1 Abs. 9 UStG 1994.
Fahrzeuge sind gemäß Art. 1 Abs. 9 UStG 1994 "neu", wenn bei motorbetriebenen Landfahrzeugen iSd Art. 1 Abs. 8 Z 1 UStG 1994 die erste Inbetriebnahme im Zeitpunkt des Erwerbs nicht mehr als sechs Monate zurückliegt oder das Landfahrzeug nicht mehr als 6.000 Kilometer zurückgelegt hat. Die Betriebsdauer und die Betriebsleistung sind gemäß Art. 1 Abs. 9 UStG 1994 im Zeitpunkt des Erwerbs zu prüfen. Fahr- und Betriebsleistungen, die zwischen dem Übergang der Verfügungsmacht an den Abnehmer und der Verwendung im Bestimmungsmitgliedstaat liegen, bleiben daher unberücksichtigt ( X, C-84/09, Rn 53). Kilometer, Betriebsstunden und Zeitablauf bis zum Zielort im Bestimmungsmitgliedstaat werden daher nicht berücksichtigt (vgl. auch Tumpel in Melhardt/Tumpel (Hrsg), UStG, 3. Aufl. (2021), Art. 1, V. Innergemeinschaftlicher Erwerb neuer Fahrzeuge, Rz 143, mwN).

Die Bf. hat das streitgegenständliche Fahrzeug geleast, es wurde am erstmalig zum Verkehr zugelassen. Es lag im Zeitpunkt des Erwerbes - von der Bf. auch nicht bestritten - ein Neufahrzeug gemäß Art. 1 Abs. 9 UStG 1994 vor.

Der Tatbestand des innergemeinschaftlichen Erwerbes eines Neufahrzeuges gemäß Art. 1 Abs. 7 UStG 1994 wurde damit verwirklicht. Die Festsetzung der Umsatzsteuer erfolgte zu Recht.

3.3 Zu Spruchpunkt Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Beschwerdefall wurden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Bei Beurteilung der Rechtsfrage, ob ein Fahrzeug seinen dauernden Standort entgegen der Vermutung des § 82 Abs. 8 erster Satz KFG nicht im Bundesgebiet hat, stützte sich das Bundesfinanzgericht auf die zitierte Literatur und ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Darüber hinaus hing die Entscheidung im Wesentlichen von den Sachverhaltsumständen des konkreten Falles ab. Der Beschwerdefall betraf einerseits auf der Ebene der Beweiswürdigung zu lösende Sachfragen, die einer Revision nicht zugänglich sind, andererseits ergaben sich die Rechtsfolgen aus der im vorliegenden Erkenntnis angeführten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Die Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist daher nicht zulässig.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 1 Abs. 1 Z 3 KfzStG 1992, Kraftfahrzeugsteuergesetz 1992, BGBl. Nr. 449/1992
§ 1 Z 3 NoVAG 1991, Normverbrauchsabgabegesetz, BGBl. Nr. 695/1991
Art. 1 Abs. 7 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.2100806.2016

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at