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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 12.04.2024, RV/7100241/2021

Familienheimfahrten führen nur bei unzumutbarer Verlegung des Familienwohnsitzes zu Werbungskosten

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK


Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Mag. Koc & Co KG, Kafkasteg 91, 1020 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2019 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem Ende der Entscheidungsgründe zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe


***Bf1*** (Beschwerdeführer, in der Folge Bf.) ist als Personenschützer nichtselbstständig tätig.
Am brachte er eine Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2019 ein und beantragte darin unter anderem die Berücksichtigung von Sonderausgaben und Werbungskosten.

Mit Ersuchen um Ergänzung vom wurden dem Bf. Bezug habende Fragen gestellt bzw. er aufgefordert Unterlagen zu den von ihm geltend gemachten Sonderausgaben und Werbungskosten vorzulegen.

Der Bf. erklärte mit Antwortschreiben vom , die Fragen zu beantworten und Unterlagen beizubringen wobei diese infolge ihres Umfanges direkt an die e-mail Adresse der Sachbearbeiterin des Finanzamtes übermittelt werden sollten.
Wie sich aus einer später nachgereichten Unterlage ergibt, ging die angekündigte e-mail aufgrund ungültiger Adressierung der Behörde nicht zu.

Das Finanzamt Bruck Eisenstadt Oberwart erließ am einen Einkommensteuerbescheid (Arbeitnehmerveranlagung) für 2019 und berücksichtigte darin mangels nachgewiesener Aufwendungen Sonderausgaben und Werbungskosten mit Pauschbeträgen.

Der Bf. brachte mit Eingabe vom Beschwerde unter Beibringung von Unterlagen zu den beantragten Werbungskosten ein, wobei er das am nicht zugegangene e-mail mit inhaltlicher Beantwortung zu den Fragen des erwähnten Ergänzungsersuchens übermittelte.
Darin erklärte er, dass die als Sonderausgaben beantragten Versicherungszahlungen Prämien für Unfall-/Lebens-/Kranken-/ sowie Haushaltsversicherung umfassen würden.
Sein beruflicher Einsatzbereich betreffe den persönlichen Schutz von G2 sowie dessen Gattin. Voraussetzung für die Ausübung seines Berufes sei eine dauerhafte körperliche und fachliche Eignung.
Er fahre 8-10 mal monatlich mit seinem PKW von seinem Familienwohnsitz in M zu seiner Arbeitsstätte nach x. Fahrtkosten würden ihm hierfür keine vergütet.
Der Familienwohnsitz sei nicht in die Nähe der Arbeitsstätte verlegt worden, da seine Ehefrau und sein Kind in M beheimatet seien.

Soweit gegenständlich bedeutsam, wurden folgende Unterlagen vorgelegt:
- Eine Aufstellung der vom Bf. beantragten Sonderausgaben und Werbungskosten in Tabellenform;
- Eine Darstellung seines Dienstgebers mit dem Ersuchen, in seiner Freizeit seine Fitness zu trainieren sowie ein Schießtraining zu absolvieren, da dies für seinen Einsatzbereich zwingend erforderlich sei;
- Einen Ausdruck des Pendlerrechners betreffend Fahrten von seiner Wohnadresse y zu seiner Arbeitsstätte nach z;
- Ein Auszug des Zentralen Melderegisters, wonach der Bf. seit seinen Hauptwohnsitz in y hat;
- Ein Mietvertrag über eine Dienstwohnung in der z1
(Abschluss ).

In einem Nachtrag zur Beschwerde vom erklärte der Bf., dass er über eine Wohnung in Breitenfurt und seine Lebensgefährtin über eine solche in Wien verfügt habe.
Im September 2019 hätten sie entschieden, beide Wohnungen zu kündigen und eine gemeinsame Wohnung in M zu mieten.

Die Behörde gab der Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom teilweise statt, worin sie gegenständlich nicht mehr beschwerdeverfangene Aufwendungen als Werbungskosten (Pendlerpauschale, Fahrtkosten zum Schießtraining, Waffenpass) anerkannte.
Hinsichtlich der Kosten der doppelten Haushaltsführung (Mietkosten i.H.v. € 2.700,-) sowie der Familienheimfahrten (Kilometergelder i.H.v. € 14.232,96) erläuterte sie nach Darstellung der gesetzlichen Grundlagen sowie dazu ergangener Rechtsprechung, dass die Begründung des Wohnsitzes in M aus rein privaten Gründen erfolgt sei, weshalb die Voraussetzungen für die Berücksichtigung der Kosten des doppelten Wohnsitzes bzw. für Familienheimfahrten nicht vorliegen würden, zumal die Mitübersiedlung bzw. die erstmalige Begründung eines Familienwohnsitzes mit seiner Partnerin und ihrem Kind in der Nähe der Arbeitsstätte zumutbar gewesen sei.
Der Fitnessbeitrag (Kosten eines Fitnesscenters) i.H.v. € 118,80 könne nicht berücksichtigt werden, nachdem allgemeine Kosten die im Zusammenhang mit einer Sportausübung anfielen, die gemäß § 20 EStG 1988 der privaten Lebensführung zuzurechnen seien.
Hinsichtlich der beantragten Sonderausgaben wurde darauf verwiesen, dass die Aufwendungen für die Haushaltsversicherung (lt. tabellarischer Aufstellung des Bf. i.H.v. € 120,-) nicht zu berücksichtigen seien, da es sich dabei um keine Personenversicherung iSd § 18 Abs. 1 EStG 1988 handle.

Der Bf. brachte mit Schreiben vom einen Antrag zur Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht ein. Die Beschwerdevorentscheidung wurde hinsichtlich des abweisenden Teils in vollem Umfang angefochten.
Beantragt wurde die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung.

In einer weiteren Eingabe vom wurde der Vorlageantrag ergänzend damit begründet, dass die Ausführungen des Finanzamtes in weiten Strecken ohne erkennbaren Bezug auf den gegenständlichen Sachverhalt seien.
Die Begründung sei insoweit irreführend, als darin der Eindruck erweckt werde, dass der Bf. seinen Familienwohnsitz in M parallel zu seiner Tätigkeit aufgenommen habe. Der Familienwohnsitz bestehe vielmehr seit einigen Jahren.
Die Beschäftigung in Kärnten sei nicht auf Dauer angelegt und der Bf. beabsichtige, sobald sich die Möglichkeit ergebe, eine vergleichbare Tätigkeit in der näheren Umgebung des Familienwohnsitzes aufzunehmen.
Die Verlegung des Familienwohnsitzes nach Kärnten sei unter wirtschaftlichen Aspekten nicht zumutbar, müsse doch die Einrichtung der erst seit wenigen Jahren neu bezogenen Wohnung in M ,verschleudert' werden und man erneut Geld für eine Wohnung am Arbeitsort ausgeben.
Es sei auch bekannt, dass die Behörde in ähnlich gelagerten Fällen weitaus pragmatischere Lösungen getroffen habe.

Die Beschwerde wurde dem Bundesfinanzgericht mit Vorlageantrag vom vorgelegt und darin die Abweisung der Beschwerde beantragt.

Mit Vorhalt des wurde der Bf. um Beantwortung weiterführender Fragen bzw. Vorlage von Unterlagen ersucht.

In seiner Vorhaltsbeantwortung vom erläuterte der Bf. u.a., dass er zwischen 2010 und 2016 mit seiner damaligen Lebensgefährtin und nunmehrigen Ehefrau (vormals B) an der Adresse h gelebt habe und es in den Jahren 2016 bis 2019 zu einer Trennung gekommen sei.
Im Jahr 2019 hätten sie sich erneut zum Zusammenzug entschieden, u.a. wegen der Pflegebedürftigkeit der Mutter, die im Jahr 2020 im Krankenhaus Eisenstadt verstorben sei.
Der Antrag auf Berücksichtigung der Kosten eines Mitgliedsbeitrages zu einem Fitnessklub als Werbungskosten wurde zurückgezogen.
Berufliche Bewerbungen würden in der Branche von Personenschützern nicht über das AMS erfolgen, sondern über Referenzen bzw. ehemalige Arbeitskollegen. Der Bf. habe dazu mehrere Anfragen durchgeführt, sei aber nur zweimal zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen worden.
Vorgelegt wurde u.a. der Dienst- und Mietvertrag mit der v, mehrere Auszüge des zentralen Melderegisters von sich bzw. seiner Ehegattin, die Heiratsurkunde sowie 2 Bewerbungsunterlagen.

In der am abgehaltenen mündlichen Verhandlung erläuterte der Vertreter des Bf. dass auf die persönlichen Umstände des Bf. Bedacht zu nehmen sei. Einerseits wurde auf die schwere Erkrankung der Mutter des Bf. hingewiesen, die in Eisenstadt einer Krebsbehandlung unterzogen wurde und dort verstorben sei, andererseits auf die mehrfachen Operationen denen sich die Gattin des Bf. habe unterziehen müssen und ihre festgestellte 30%ige Invalidität. Die Gattin des Bf. sei von der Schwiegermutter, deren Schwester sowie der Schwester des Bf. betreut worden.
Der Vertreter des Finanzamtes erläuterte dazu, dass hinsichtlich der bislang noch nicht bekannten Krankheit der Gattin des Bf. deren Pflegebedürftigkeit nicht in Zweifel gezogen werde, die bekannten Eckdaten, d.h. der Umstand, dass kein gemeinsamer Wohnsitz vorliege und der bis zur Verehelichung unklare Stand der Ehegatten zueinander ließen die Behörde weiterhin von steuerlich nicht anzuerkennenden Familienheimfahrten ausgehen.
Zudem wurde darauf hingewiesen, dass dem Bf. kein Alleinverdienerabsetzbetrag, wie in der Beschwerdevorentscheidung gewährt, zustehen würde.

Das Bundesfinanzgericht stelle in der Folge fest, dass die Gattin des Bf. im Jahr 2019 beim Arbeitsmarktservice gemeldet war. Eine dort erfolge Anfrage brachte zur Kenntnis (Auskunftserteilung des AMS vom ), dass die Gattin des Bf. seit arbeitslos gemeldet war, im Jahr 2019 Notstandshilfe zuerkannt bekam und Voraussetzung dafür war, dass sie arbeitsfähig, arbeitswillig und bereit war, zumindest für 20 Stunden (bzw. bei Vorliegen eines Kindes unter 10 Jahren ohne Betreuungsmöglichkeit) 16 Stunden einer Arbeitstätigkeit nachzugehen.

I. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:


§ 18 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 lautet (auszugsweise):
Folgende Ausgaben sind bei der Ermittlung des Einkommens als Sonderausgaben abzuziehen, soweit sie nicht Betriebsausgaben oder Werbungskosten sind:

2. Beiträge und Versicherungsprämien, wenn der der Zahlung zugrundeliegende Vertrag vor dem abgeschlossen worden ist, ausgenommen Beiträge und Versicherungsprämien im Bereich des BMSVG und der prämienbegünstigten Zukunftsvorsorge (§ 108g) zu einer
- freiwilligen Kranken-, Unfall- oder Pensionsversicherung, ausgenommen Beiträge für die freiwillige Höherversicherung in der gesetzlichen Pensionsversicherung (einschließlich der zusätzlichen Pensionsversicherung im Sinne des § 479 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes), soweit dafür eine Prämie nach § 108a in Anspruch genommen wird, sowie ausgenommen Beiträge zu einer Pensionszusatzversicherung (§ 108b),
- Lebensversicherung (Kapital- oder Rentenversicherung), ausgenommen Beiträge zu einer Pensionszusatzversicherung (§ 108b),
- freiwillige Witwen-, Waisen-, Versorgungs- und Sterbekasse,
- Pensionskasse, soweit für die Beiträge nicht eine Prämie nach § 108a in Anspruch genommen wird,
- betrieblichen Kollektivversicherung im Sinne des § 93 des VAG 2016, soweit für die Beiträge nicht eine Prämie nach § 108a in Anspruch genommen wird,
- ausländischen Einrichtungen im Sinne des § 5 Z 4 des Pensionskassengesetzes.


Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Werbungskosten Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung von Einnahmen.

Gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 zählen zu den Werbungskosten auch Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte.
Zu den Werbungkosten zählen auch Familienheimfahrten (vgl. § 16 Abs. 1 Z 6 lit e EStG 1988).

Ist dem Arbeitnehmer die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zumindest hinsichtlich der halben Entfernung nicht zumutbar, so beträgt das Pendlerpauschale gemäß § 16 Abs: 1 Z 6 lit d EStG 1988 für eine Fahrtstrecke von mehr als 60 km € 3.672,- jährlich.

§ 20 Abs. 1 Z 2 lit e EStG 1988 lautet (auszugsweise):
Bei den einzelnen Einkünften dürfen nicht abgezogen werden:

e) Kosten der Fahrten zwischen Wohnsitz am Arbeits-(Tätigkeits-)ort und Familienwohnsitz (Familienheimfahrten), soweit sie den auf die Dauer der auswärtigen (Berufs-)Tätigkeit bezogenen höchsten in § 16 Abs. 1 Z 6 lit. d angeführten Betrag übersteigen.

§ 33 Abs. 4 Z 1 EStG 1988 lautet (auszugsweise):

Alleinverdienende sind Steuerpflichtige mit mindestens einem Kind (§ 106 Abs. 1), die mehr als sechs Monate im Kalenderjahr verheiratet oder eingetragene Partner sind und von ihren unbeschränkt steuerpflichtigen Ehegatten oder eingetragenen Partnern nicht dauernd getrennt leben oder die mehr als sechs Monate mit einer unbeschränkt steuerpflichtigen Person in einer Lebensgemeinschaft leben.


§ 167 BAO lautet:
(1) Tatsachen, die bei der Abgabenbehörde offenkundig sind, und solche, für deren Vorhandensein das Gesetz eine Vermutung aufstellt, bedürfen keines Beweises.
(2) Im übrigen hat die Abgabenbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.


Sonderausgaben
Nach Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn Einkommensteuer Kommentar § 18 Rz. 64 ist die in § 18 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 getroffene Aufzählung der als Sonderausgaben begünstigen Versicherungszahlungen erschöpfend.
Sachversicherungen wie Wohnungs-, Haftpflicht-, Feuer-, Kfz-, Kasko- und Rechtsschutzversicherungen sind als Sonderausgaben nicht abzugsfähig (vgl. Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn a.a.O. Rz. 64a m.V.a. zur Wohnungs- und Kfz-Versicherung.
Die vom Bf. beantragte Berücksichtigung der Zahlung der Haushaltsversicherung i.H.v. € 120,- als Sonderausgabe ist, da keine Versicherungszahlung gemäß § 18 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 vorliegt, nicht möglich.

Werbungskosten
Doppelte Haushaltsführung, Familienheimfahrten,
Der Bf. beantragt in seiner Arbeitnehmererklärung die Berücksichtigung von Kosten für doppelter Haushaltsführung bzw. Familienheimfahrten.

Im Einkommensteuerkommentar Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn § 16 Rz. 201 wird zur Voraussetzung der steuerlichen Anerkennung der doppelten Haushaltsführung ausgeführt:
Unterhält der Steuerpflichtige neben seinem primären Wohnsitz (Familienwohnsitz) einen zweiten Wohnsitz am Ort der Erwerbstätigkeit, dann sind die Aufwendungen für den zweiten Wohnsitz als Werbungskosten abzugsfähig, wenn der zweite Wohnsitz (Doppelwohnsitz) beruflich bedingt ist (grundsätzlich E , 96/15/0171, 1999, 30). Die Begründung und Beibehaltung eines eigenen Haushaltes im Bereich des Beschäftigungsortes bei gleichzeitiger Beibehaltung des primären Wohnsitzes (Familienwohnsitzes) ist als beruflich veranlasst anzusehen, wenn der Beschäftigungsort so weit vom primären Wohnsitz entfernt ist, dass dem Stpfl eine tägliche Rückkehr nicht zumutbar ist und wenn dem Stpfl zudem auch die Verlegung des primären Wohnsitzes an den Beschäftigungsort nicht zugemutet werden kann (und der primäre Wohnsitz/Familienwohnsitz außerhalb des Beschäftigungsortes beibehalten wird); siehe hiezu auch die Kommentierung bei § 4 Tz 346.

Der Bf. hat kurz nach der Begründung seines Dienstverhältnisses am eine Dienstwohnung (Abschluss Vertrag vom ) in der Nähe seiner Arbeitsstelle zur Verfügung gestellt bekommen.

Die Entfernung zwischen dem Familienwohnsitz (y) und der Arbeitsstätte des Bf. (z) beträgt lt. Pendlerrechner 353 Kilometer.
Der VwGH hat mit Erkenntnis vom , 2009/13/0132 erkannt, dass die tägliche Zurücklegung einer Distanz von etwa 262 km größtenteils auf der Autobahn mit einem Zeitaufwand von ca. 140 Minuten jedenfalls nicht zumutbar ist.
Eine tägliche Rückkehr zum Familienwohnsitz war dem Bf. damit nicht zumutbar.

Als weitere Voraussetzung ist zu überprüfen, ob dem Bf. eine Verlegung des Familienwohnsitzes nicht zugemutet werden konnte.

Der Bf. war von bis in e und ab in y, seine nunmehrige Gattin G von bis in c und danach (ebenso wie ihr Sohn v1) am Wohnsitz des Bf. gemeldet.
Bereits zuvor (in den Jahren 2010 bis 2015) hatten der Bf. und seine Gattin einen gemeinsamen Wohnsitz an der Adresse h.
Laut damit übereinstimmender Darstellung des Bf. lebten die nunmehrigen Ehegatten zwischen 2010 bis 2016 zusammen, in den Jahren danach bis 2019 getrennt.
Im Jahr 2019 zogen der Bf. und seine nunmehrige Gattin wieder zusammen, wobei der Wohnsitz in M u.a. aufgrund der Pflegebedürftigkeit der Mutter begründet wurde.
Der Bf. ist seit tt.mm 2022 verheiratet.

Familienwohnsitz ist bei in Ehe/Lebensgemeinschaft lebenden Personen jener Ort, an dem ein Steuerpflichtiger mit dem Ehegatten bzw. Lebensgefährten einen gemeinsamen Hausstand unterhält, der den Mittelpunkt der Lebensinteressen bildet (; , 96/15/0006).

Für die Zeit vor Begründung des gemeinsamen Familienwohnsitzes mit seiner nunmehrigen Gattin (ab ) ist vom Vorliegen eines Familienwohnsitz (in Wien) aufgrund enger persönlicher Beziehungen (spätere Ehefrau, Freundeskreis) auszugehen, die den Lebensmittelpunkt des Bf. darstellten.
Der im Rahmen der Eingabe vom aufgestellte Behauptung, dass der Familienwohnsitz bereits seit einigen Jahren besteht ist nicht zu folgen und steht im Widerspruch mit den Angaben des Bf. vom , wonach sich er und seine Partnerin im Jahr 2019 entschieden, einen gemeinsamen Wohnsitz zu begründen.

Die Unzumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes ist aus der Sicht des jeweiligen Streitjahres zu beurteilen (vgl. Jakom7 EStG § 16 S 749 m.V.a. ; , 2005/14/0039; , 2006/15/0047).
Die für das Vorjahr (2018) von Seiten der Behörde gewährten Kosten der doppelten Haushaltsführung spielen daher für Beurteilung der Voraussetzungen der doppelten Haushaltsführung für das Jahr 2019 keine Rolle.
Das BFG geht von der Annahme aus, dass der Abzug in diesem Jahr zugelassen wurde, nachdem der Bf. seine Arbeitsstelle im Mai 2018 antrat und die Behörde in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung davon ausging, dass die sofortige Verlegung des Familienwohnsitzes an die Arbeitsstelle unzumutbar und dem Bf. eine gewisse Frist dafür einzuräumen war.

Der Bf. war im Jahr 2018 ledig und lebte in keiner eheähnlichen Gemeinschaft, wobei von Seiten des BFG in Übereinstimmung mit der Verwaltungsübung davon ausgegangen wird, dass ihm eine Wohnsitzverlegung in den Nahebereich der Arbeitsstätte noch in diesem Jahr (2018) zumutbar war.

Selbst wenn man von einer längeren zumutbaren Frist für die Verlegung des Familienwohnsitzes ausginge wäre für den Bf. damit nichts gewonnen, hat er doch im September 2019 einen neuen, gemeinsamen Familienwohnsitz mit seiner späteren Gattin B gegründet der außerhalb des Nahebereiches seiner Arbeitsstätte lag und dafür private Erwägungen (Pflegebedürftigkeit der Mutter bzw. seiner Gattin…) angeführt.

Soweit der vom Bf. für die Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung vorgetragene Grund die schwere Krebserkrankung der Mutter des Bf. betraf, die am tt.mm.2020 im Krankenhaus Eisenstadt verstarb, ist darin aus folgenden Überlegungen heraus kein berücksichtigungswürdigender Grund zu erblicken.
Die Mutter des Bf., R1 hatte gemäß Abfrage im zentralen Melderegister bis 1/2016 einen Hauptwohnsitz in 1190 Wien, war danach in Österreich ohne Wohnsitz und ab bis zu ihrem Todestag in Stockerau bei R2, hauptgemeldet. Es besteht kein Hinweis darauf, dass sie im Jahr 2019 einen Wohnsitz in Burgenland innehatte. Es ist nicht ersichtlich, wo R1 im Jahr 2019 wohnte und dass sie dort ab September 2019 (dem Zeitpunkt der Wohnsitzverlegung von N und G1) gepflegt wurde.
Es liegt daher kein Hinweis darauf vor, dass der Bf. im September 2019, mehrere Monate nach Antritt seiner Arbeitsstelle in Kärnten, einen Wohnsitz in M begründen musste um seiner Gattin Pflegearbeiten an seiner Mutter zu übertragen, die es ihr verunmöglichte, zu ihrem Gatten in die Nähe seiner Arbeitsstätte zu ziehen.

Auch eine Pflegebedürftigkeit seiner Gattin stellt sich im Lichte der Erhebungen des BFG bzw. auf Grundlage der vom Bf. übergebenen Unterlagen als Vorwand heraus um die steuerliche Berücksichtigung von Familienheimfahrten zu erwirken.
Der Bescheid des Sozialministeriums, mit dem der Gattin ein 30%iger Grad der Behinderung bescheinigt wurde, stammt vom und ist für die Beurteilung der Verhältnisse des Jahres 2019 nicht maßgeblich.
Ein am vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorgelegtes Sachverständigengutachten bescheinigt der Bf. ungeachtet der bekanntgegebenen Anamnese außerdem einen guten Allgemeinzustand.
Wie dem BFG bekannt wurde, war die Bf. seit arbeitslos gemeldet und bezog im Jahr 2019 Notstandshilfe deren Voraussetzung ist, arbeitslos zu sein und man sich bereit erklärt, mindestens für 16 Stunden arbeitswillig und arbeitsfähig zu sein. Dass die Gattin des Bf. ob dieses Umstandes von seinen Verwandten in einem Umfang gepflegt werden musste, der es ihr unmöglich machte, mit dem Bf. einen Wohnsitz in der Nähe von dessen Arbeitsstelle zu begründen, ist in hohem Maße unglaubwürdig.

Zu Erfordernis der Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung denen erhebliches Gewicht zukommt, bringt der Bf. in der Begründung zum Vorlageantrag weiters vor, dass seine Tätigkeit in Kärnten nicht auf Dauer angelegt ist und er eine vergIeichbare Arbeit in der Nähe seines Wohnsitzes angestrebt hat.
Dem widerspricht der Umstand, dass seine Tätigkeit nicht befristet war, er zumindest bis dato in Diensten des gegenständlichen Arbeitgebers steht und hinsichtlich der angestrebten (alternativen) Beschäftigung in der Nähe seines in M gelegenen Wohnsitzes keine aussagekräftigen Unterlagen vorzulegen vermochte, da das zu diesem Zweck vorgelegte Schreiben der L aus dem Jahr 2022 keinen Hinweis auf den Arbeitsort des von dieser Gesellschaft vermittelten Klienten (das Arbeitsverhältnis kam nicht zustande) zu geben vermochte und ebenfalls außerhalb des beachtlichen Zeitraumes liegt.

Weiters erklärt der Bf., dass die Übersiedlung unter dem wirtschaftlichen Aspekt unvertretbar wäre, da das Inventar der Wohnung in M im Fall der Übersiedelung verschleudert werden müsste.
Dazu ist zu anzumerken, dass Wohnungsinventar Fahrnisse betreffend, bei Bezug eines neuen Wohnsitzes in der Regel mitübertragen wird und Aufwendungen für nicht bewegliche Einrichtungsgegenstände (z.B. Küche) von Nachmietern idR (mit Abschlägen) vergütet werden.
Im gegenständlichen Fall kommt hinzu, dass der Bf. seinen Familienwohnsitz im September 2022, somit 4 Jahre nach dessen Begründung von M nach ***Bf1-Adr*** verlegt hat. Der Umstand konterkariert das Argument des Bf., wonach die Verlegung des Familienwohnsitzes durch ,Verschleuderung' des neu angeschafften Inventars einem ,Desaster' gleichkommt und damit unzumutbar gewesen wäre.


Die vom Bf. begehrten Aufwendungen für Kosten des Doppelwohnsitzes sind daher steuerlich nicht zu berücksichtigen.
Da die Voraussetzungen für die steuerliche Anerkennung der Kosten für eine doppelte Haushaltsführung nicht vorliegen, sind auch die damit zusammenhängenden Kosten für Familienheimfahrten, d.s. Fahrten zwischen dem Berufs- und Familienwohnsitz nicht als Werbungskosten zu berücksichtigen.

Zur Berücksichtigung des Alleinverdienerabsetzbetrages, der in der vom Finanzamt erlassenen Beschwerdevorentscheidung aufscheint, dessen Voraussetzungen zur Gewährung vom Vertreter des Finanzamtes aber in Zweifel gezogen wurde ist anzuführen:
Gemäß § 33 Abs. 4 Z 1 EStG 1988 steht der Alleinverdienerabsetzbetrag nur dann zu, wenn Steuerpflichtige mit mindestens einem Kind (§ 106 Abs. 1), die mehr als sechs Monate im Kalenderjahr verheiratet oder eingetragene Partner sind und von ihren unbeschränkt steuerpflichtigen Ehegatten oder eingetragenen Partnern nicht dauernd getrennt leben oder die mehr als sechs Monate mit einer unbeschränkt steuerpflichtigen Person in einer Lebensgemeinschaft leben.
Der Bf. war im Jahr 2019 nicht verheiratet bzw. ohne eingetragenen Partner. Trifft dies nicht zu, steht der Alleinverdienerabsetzbetrag nur unter der Voraussetzung zu, dass der Anspruchsberechtigte mehr als sechs Monate mit einer unbeschränkt steuerpflichtigen Person in einer Lebensgemeinschaft lebt.
Wie der Bf. selbst dargelegt hat, hatte er mit seiner späteren Gattin zwischen 2010 und 2016 einen gemeinsamen Wohnsitz, danach verfügte man über gesonderte Wohnungen (mit entsprechenden Hauptwohnsitzen) und beschloß im Jahr 2019 erneut den Zusammenzug. Der gemeinsame Wohnsitz iny3 wurde am begründet.
Damit liegt die für die Gewährung des Alleinverdienerabsetzbetrages notwendige Voraussetzung, wonach Personen mehr als sechs Monate in Lebensgemeinschaft leben müssen nicht vor und steht der Alleinverdienerabsetzbetrag nicht zu.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der Abgaben stellen sich wie folgt dar:


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Einkommensteuer
2019
Lohnzettel v
58.594,65
Pendlerpauschale lt. Veranlagung
-696,00
Werbungskosten
-1.127,44
Gesamtbetrag der Einkünfte
56.771,21
Sonderausgaben
Pauschbetrag
-104,74
Zuwendungen gem. § 18 (1) Z 7 EstG
-180,00
Einkommen
56.486,47
Einkommensteuer gem. § 33 Abs. 1 EStG
0% für die ersten 11.000,-
0,00
25% für die weiteren 7.000,-
1.750,00
35% fgür die weiteren 13.000,-
4.550,00
42% für die restlichen 25.486,47
10.704,32
Steuer vor Abzug der Absetzbeträge
17.004,32
Familienbonus Plus
-1.500,00
Verkehrsabsetzbetrag
-400,00
Pendlereuro
-52,00
Steuer nach Abzug der Absetzbeträge
15.052,32
Steuer für sonstige Bezüge
0% für die ersten 620,-
0,00
6% für die restlichen 9.425,29
565,52
15.617,84
anrechenbare Lohnsteuer
-16.474,68
Rundung § 39 EStG
-0,16
festgesetzte Einkommensteuer
-857,00

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Die gegenständliche Entscheidung entspricht der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, weshalb eine Revision als nicht zulässig zu erklären war.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7100241.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at