Zurechnung von Umsätzen und Erlösen
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerden vom gegen die Bescheide des ***FA*** vom zu Steuernummer ***BF1StNr1*** über die Festsetzung der Einkommensteuer 2020 und der Umsatzsteuer 2020 zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerden werden gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Im Zuge einer Kontrolle nach § 89 Abs. 3 EStG 1988 durch Organe der Finanzpolizei gab ***T*** am an, dass er als LKW-Fahrer aushilfsweise auch für den Beschwerdeführer tätig gewesen sei. Dieser habe ihm gesagt, dass er eine Transportfirma in ***S*** (damaliger Hauptwohnsitz des Beschwerdeführers) habe. Das Zugfahrzeug habe ausländische (bulgarische oder rumänische) Kennzeichen gehabt, der orangefarbene Aufleger der Fa. ***1*** dagegen inländische Kennzeichen. Der LKW sei immer beladen gewesen, er sei nur nach Deutschland gefahren. Verhängte Polizeistrafen habe der Beschwerdeführer bezahlt.
Der Beschwerdeführer gab dazu am an, dass ***T*** für die bulgarische Firma ***D*** gefahren sei. Bei dieser bulgarischen Firma sei der Beschwerdeführer alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer. Der LKW sei in Bulgarien auf die Gesellschaft zugelassen, der Auflieger sei auf die Firma ***1*** in Österreich angemeldet. ***T*** sei nicht bei der bulgarischen Firma zur Sozialversicherung angemeldet. Er habe von diesem auch keine Unterlagen, wie Arbeitszeitaufzeichnungen.
In einer weiteren Niederschrift vom selben Tag gab der Beschwerdeführer an, dass er seit 2004 in Österreich sei und als LKW-Fahrer arbeite. Er sei derzeit in Vollzeit bei der Fa. ***A*** GmbH beschäftigt. Seit ca. September 2017 habe er eine bulgarische Firma mit dem Firmenname ***D*** an einer näher bezeichneten Adresse in Bulgarien. Bei dieser Firma sei er zu 100 % Geschäftsführer. Für die Firmengründung habe er bisher ca. 2.000 € bezahlt. Die Firma befinde sich in einem großen Gebäude. Er habe dort ein Büro mit ca. 30 m2. Die Miete betrag ca. 400 € pro Monat. Vermieterin sei Frau ***R***. Ein Kollege habe ihm diese bulgarische Steuerberaterin vermittelt. Er habe diese Frau in Bulgarien getroffen und dann gemeinsam die Formalitäten erledigt. Er habe sich dann einen gebrauchten LKW - DAF (gelb) um ca. 30.000,00 € in Nürnberg gekauft. Den Auflieger habe er von der Fa. ***1*** in ***2*** angemietet. Für diesen LKW sei ein türkischer LKW-Fahrer beschäftigt. Auch er selbst sei im Urlaub manchmal für seine bulgarische Firma gefahren. Die Aufträge bekomme diese von der österreichischen Firma ***H*** GmbH, die er aus früheren Zeiten als LKW-Fahrer kenne. Er arbeite nur mit dieser Firma zusammen. Diese österreichische Firma sei Auftraggeber und seine bulgarische Firma sei Auftragnehmer. Sobald er einen Auftrag von der österreichischen Firma erhalte, gebe er diesen Auftrag an seinen Fahrer weiter. Die Abrechnung erledige dann Frau ***R***. Sie sei wie gesagt seine Steuerberaterin und Vermieterin des Bürogebäudes. Den in Rechnung gestellten Betrag überweise die Auftraggeberin manchmal auf sein privates Konto in Österreich und manchmal auf das Firmenkonto in Bulgarien. Die Rechnungen würden alle netto ausgestellt. Im Oktober 2018 habe er sich einen zweiten LKW von der Fa. ***3*** aus *** angemietet. Den Auflieger habe er ebenfalls von der Fa. ***1*** in ***2*** angemietet. Beide LKW' s hätten bulgarische Kennzeichen, die Auflieger österreichische Kennzeichen. Mit diesem LKW sei ein türkischer Staatsbürger gefahren. 50 % bis 70 % der LKW-Ladungen fänden in Österreich statt. Das Service bzw. die Reparaturen der LKW's würden dort durchgeführt, wo sich der LKW gerade befinde, meistens in Österreich und Deutschland. Die Rechnungen für die Reparaturen würden hauptsächlich netto verrechnet. Manche Werkstätten würden das nicht machen und stellten eine Rechnung mit österreichischer Mehrwertsteuer. Seine Steuerberaterin beantrage die Rückerstattung dann beim Finanzamt Graz-Stadt. Die bulgarische Firma mache ca. 7.000,00 bis 10.000,00 Euro Umsatz im Monat. Die Hälfte von diesem Betrag bleibe ihm dann übrig. Es kämen dann allerdings auch meistens noch Strafen dazu. Bis jetzt habe er noch keine Steuern in Bulgarien bezahlt, aber es müsste bald eine "Abrechnung" kommen. In Österreich habe er diese Firma bzw. die Einkünfte aus Bulgarien noch nicht gemeldet. Er habe deswegen die Firma in Bulgarien gegründet, da er zu diesem Zeitpunkt noch keine Konzession in Österreich gehabt habe. Er möchte in Österreich die Konzession beantragen, dann werde er die Firma in Bulgarien abmelden und in Österreich anmelden. Im Juni habe er die Wiederholungsprüfung für diese Konzession. In Bulgarien brauche man auch eine Konzession, diese sei dort aber wesentlich leichter zu bekommen.
Da der Beschwerdeführer trotz Erinnerung und Androhung von Zwangsstrafen keine Steuererklärungen einreichte, setzte das Finanzamt in weiterer Folge mit Bescheiden vom die Umsatz- und Einkommensteuer für das Jahr 2019 fest. Dabei wurden die Umsätze und Erlöse, die angeblich die bulgarische Gesellschaft erziele, dem Beschwerdeführer zugerechnet. Die Bemessungsgrundlagen wurden im Rahmen einer Schätzung ermittelt, die sich an den Angaben des Beschwerdeführers orientierte. Der Beschwerdeführer hatte die monatlichen Umsätze mit 7.000 € bis 10.000 € angegeben, das Finanzamt ging von einem Jahresumsatz von 70.000 € aus. Die Einkünfte hatte der Beschwerdeführer mit etwa der Hälfte der Umsatzerlöse angegeben, das Finanzamt schätzte die Einkünfte aus Gewerbebetrieb mit 40.000 €.
Die Bescheide für das Jahr 2019 erwuchsen in Rechtskraft.
Am setzte das Finanzamt die Umsatzsteuer und die Einkommensteuer für das Jahr 2020 fest. Die Bemessungsgrundlagen wurden wie für das Jahr 2019 mit 70.000 € Umsatz und 40.000 € Einkünften aus Gewerbebetrieb geschätzt. Die Umsatzsteuer wurde mit 14.000,00 € und die Einkommensteuer mit 5.854,00 € festgesetzt.
Gegen diese Bescheide richten sich die von der ***RA*** GmbH eingebrachten, im Wesentlichen inhaltsgleichen Beschwerden vom . Darin wurde vorgebracht, dass der Beschwerdeführer österreichischer Staatsbürger und Geschäftsführer der bulgarischen Gesellschaft ***D*** sei. Es handle sich um eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, welche nach bulgarischem Recht in Bulgarien errichtet wurde. Der Beschwerdeführer sei nicht nur der Geschäftsführer, sondern auch Alleingesellschafter. Der Beschwerdeführer habe als Geschäftsführer der bulgarischen Firma einer bulgarischen Steuerberaterin namens ***R*** eine umfassende Vollmacht erteilt, womit diese mit der Durchführung aller erforderlichen bzw. notwendigen Verwaltungsarbeiten in Bulgarien bevollmächtigt wurde, sodass diese die dem Beschwerdeführer als Geschäftsführer der bulgarischen Gesellschaft zukommenden Pflichten und Rechte als Vertreterin wahrnehmen habe müssen. Die bulgarische Firma habe auch andere Mitarbeiter beschäftigt. Neben seiner Tätigkeit als Geschäftsführer der bulgarischen Firma sei der Beschwerdeführer in Österreich im Zeitraum von bis sowie vom bis und vom bis bei den österreichischen Transportunternehmen ***4*** sowie ***A*** GmbH einer unselbständigen Erwerbstätigkeit als LKW-Fahrer nachgegangen. Wenn die bulgarische Gesellschaft über keinen LKW-Fahrer verfügte, habe der Beschwerdeführer für die bulgarische Firma auch als LKW-Fahrer gearbeitet. Die bulgarische Steuerberaterin habe trotz mehrfacher Aufforderung unter anderem folgende Dokumente bisher nicht übermittelt:
Arbeitsverträge von allen bisher beschäftigten Mitarbeitern inkl. der des Beschwerdeführers
Gewinnsteuerbescheide (bulgarische KöSt) der Gesellschaft für die Jahre 2018, 2019 und 2020
Bulgarische Sozialversicherungsbestätigung hinsichtlich der beschäftigten Mitarbeiter der Gesellschaft
Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 2018, 2019 und 2020
Nachweis hinsichtlich der vom Beschwerdeführer entrichteten Steuer in Bulgarien als Geschäftsführer und Gesellschafter der bulgarischen Gesellschaft für die Jahre 2018, 2019 und 2020.
Seit mehreren Wochen sei die bulgarische Steuerberaterin der Gesellschaft nicht in der Lage, die entsprechenden Unterlagen zu übermitteln. Der Beschwerdeführer sei nun bemüht, eine andere Steuerberaterin vor Ort mit der Vertretung zu beauftragen. Da der Verdacht bestehe, dass die aktuelle Steuerberaterin ihre Befugnisse missbraucht und wahrscheinlich auch auf Kosten der Gesellschaft sich unrechtmäßig bereichert habe, sei der Beschwerdeführer bemüht, einen Anwalt vor Ort zu beauftragen, um die strafrechtliche Relevanz des Verhaltens der aktuellen bulgarischen Steuerberaterin zu überprüfen, zumal die aktuelle Steuerberaterin den Beschwerdeführer stets damit vertröste, dass sie die angeforderten Dokumente übermitteln werde, dies jedoch bis dato unterblieben sei. Am xx.11.2021 habe die Republik Österreich den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gegen den Beschwerdeführer beim Landesgericht ***2*** eingebracht, da der Beschwerdeführer selbständig erwerbstätig und zahlungsunfähig sei. In der am stattgefundenen Tagsatzung sei das Landesgericht ***2*** zur Schlussfolgerung gekommen, dass es sich beim Beschwerdeführer nicht um ein selbständiges Unternehmen bzw. einen Gewerbeinhaber handle, weshalb beabsichtigt sei, den Insolvenzantrag an das offenbar nicht unzuständige Bezirksgericht ***2*** überweisen zu wollen. Das Finanzamt gehe von Einkünften aus dem Gewerbebetrieb in Höhe von € 40.000,00 aus. Der Beschwerdeführer beziehe weder als Geschäftsführer der bulgarischen ***D*** noch als LKW-Fahrer bei der ***A*** GmbH etwaige Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Die von der bulgarischen Gesellschaft bezogenen Geschäftsführerbezüge bzw. die diesbezüglichen Nachweise würden möglichst bald vorgelegt, zumal die mangelnde Kooperation der Steuerberaterin der bulgarischen Gesellschaft die Vorlage der Gehaltsnachweise des Beschwerdeführers aus der bulgarischen Gesellschaft hinderte. Der Beschwerdeführer beziehe jedoch keinesfalls etwaige Einkünfte aus Gewebebetrieb, weshalb sich der Einkommensteuerbescheid vom als rechtswidrig erweise. Gleiches gelte für den Umsatzsteuerbescheid. Das Finanzamt geht von umsatzsteuerpflichtigen Lieferungen, sonstigen Leistungen von insgesamt € 70.000,00 aus. Wie bereits ausgeführt, sei der Beschwerdeführer im Jahr 2020 als Geschäftsführer der bulgarischen ***D*** und als LKW-Fahrer bei der ***A*** GmbH tätig gewesen. Bei beiden Arbeitsverhältnissen handle es sich um unselbständige Erwerbstätigkeit. Die Nachweise hinsichtlich der von der bulgarischen Gesellschaft entrichteten Mehrwertsteuer bzw. Umsatzsteuer würden möglichst bald vorgelegt, zumal die mangelnde Kooperation der Steuerberaterin der bulgarischen Gesellschaft die Vorlage der Steuerbescheide der bulgarischen Gesellschaft hinderten. Der Beschwerdeführer betreibe weder einen Gewerbebetrieb noch habe er im Jahr 2020 umsatzsteuerpflichtige Lieferungen bzw. sonstige Leistungen erbracht, weshalb sich auch der Umsatzsteuerbescheid als rechtswidrig erweise.
Mit Vorhalt vom wurde der Beschwerdeführer aufgefordert, bis (somit binnen einer Frist von mehr als zwei Monaten), als Nachweis, dass die Einkünfte der Fa. ***D***. für das Jahr 2020 in Bulgarien ordnungsgemäß versteuert wurden und in Österreich keine Einkünfte aus Gewerbebetrieb bzw. Umsätze vorliegen, die in der Beschwerde angekündigten Unterlagen nachzureichen: Umsatz- und Körperschaftsteuerbescheid 2020 der Fa. ***D***., Arbeitsverträge und bulgarische Sozialversicherungsbestätigung hinsichtlich der beschäftigten Mitarbeiter für das Jahr 2020 (inkl. Beschwerdeführer), Nachweis über die Höhe der Geschäftsführerbezüge 2020 und die dafür in Bulgarien entrichte Steuer (Einkommensteuerbescheid 2020 für den Beschwerdeführer). Weiters seien die Bilanz und Gewinnermittlung 2020, die bei der bulgarischen Steuerbehörde eingereichten Steuererklärungen 2020 und ein Nachweis über die entrichten Lohnabgaben für die Mitarbeiter der Fa. ***D***. vorzulegen.
Mit Beschwerdevorentscheidungen vom wies das Finanzamt die Beschwerden vom unter Hinweis auf den unbeantwortet gebliebenen Vorhalt vom ab.
Dagegen richten sich die von der ***RA*** GmbH eingebrachten Vorlageanträge vom , in denen kein weiteres Sachvorbringe erstattet, sondern mitgeteilt wurde, dass das Vollmachtsverhältnis zwischen der Rechtsvertreterin und dem Beschwerdeführer aufgelöst werde, und allfällige Schriftstücke in der gegenständlichen Rechtssache direkt dem Beschwerdeführer zuzustellen seien.
Am legte das Finanzamt die Beschwerden dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und beantragte eine Abweisung derselben. Aus Sicht des Finanzamtes betreibe der Beschwerdeführer ein Scheinunternehmen in Bulgarien. Laut Auskunft aus dem Zentralem Melderegister habe der Beschwerdeführer seinen Wohnsitz in ***2***, womit eine Geschäftsleitung in Österreich für das Unternehmen anzunehmen sei. Aufgrund der nach wie vor ausständigen Nachweise der steuerlichen Erfassung in Bulgarien und aufgrund der Ermittlungsergebnisse der Finanzpolizei sei davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer Umsätze und Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Österreich erziele.
Mit Beschluss des Bezirksgerichtes ***2*** vom xx.1.2024 wurde über das Vermögen des Beschwerdeführers das Schuldenregulierungsverfahren eröffnet. Das Finanzamt meldete in diesem Verfahren Abgabenforderungen in Höhe von 153.305,27 € (darunter die verfahrensgegenständliche Einkommensteuer 2020 von 5.854,00 € und die Umsatzsteuer 2020 von 14.000,00 €) an. Da der Zahlungsplan mit einer Quote von nur 0,99 % (zahlbar in drei Jahren) nicht angenommen worden war, wurde am xx.3.2024 das Abschöpfungsverfahren eingeleitet.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt samt Beweiswürdigung
Der Beschwerdeführer wurde am tt.mm.jjjj in der Türkei geboren, hat laut Zentralem Melderegister erstmals am in Österreich einen Hauptwohnsitzt angemeldet und besitzt die türkische sowie nunmehr auch die österreichische Staatsbürgerschaft.
Laut Versicherungsdatenauszug war er bei verschiedenen österreichischen Arbeitgebern als Arbeiter beschäftigt. Für das verfahrensgegenständliche Jahr 2020 wird nur für den Zeitraum bis eine Beschäftigung bei der ***A*** GmbH ausgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat nach seinen Angaben mit einem käuflich erworbenen, gebrauchten LKW, einem weiteren angemieteten LKW und zwei ebenfalls angemieteten Aufliegern Fahrten für die Firma ***H*** GmbH durchgeführt.
Vom Beschwerdeführer wurde in Bulgarien die Firma ***D***. mit Sitz in ***5*** und einem eingezahlten Kapital von 500 BGN Lewa gegründet, deren Geschäftsführer und Alleingesellschafter der Beschwerdeführer ist (Registerauszug zu ***6***).
Das Finanzamt vertritt die Ansicht, dass es sich dabei um ein Scheinunternehmen handelt, und die angeblich von diesem Unternehmen erzielten Umsätze und Erlöse vom Beschwerdeführer erwirtschaftet wurden.
Das Bundesfinanzgericht teilt diese Ansicht aus folgenden Gründen:
Vom Beschwerdeführer wurden trotz Aufforderung des Finanzamtes keinerlei Nachweise erbracht, dass die Gesellschaft in Bulgarien steuerlich erfasst ist und Einkünfte (angeforderte Gewinnsteuerbescheide der Gesellschaft für die Jahre 2018, 2019 und 2020) sowie Umsätze (angeforderte Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 2018, 2019 und 2020) erklärt hätte. Es wurden auch keinerlei bulgarische Sozialversicherungsbestätigungen hinsichtlich angeblich beschäftigter Mitarbeiter der Gesellschaft vorgelegt, ebenso wenig ein Nachweis hinsichtlich der vom Beschwerdeführer entrichteten Steuer in Bulgarien als Geschäftsführer und Gesellschafter der bulgarischen Gesellschaft für die Jahre 2018, 2019 und 2020. Ebenso wurden keine Arbeitsverträge von den angeblich beschäftigten Mitarbeitern einschließlich des Beschwerdeführers vorgelegt. Es entspricht der allgemeinen Lebenserfahrung, dass bei zweiseitig verbindlichen Verträgen beide Vertragsparteien über Ausfertigungen der Verträge verfügen. Der Beschwerdeführer hat keine Gründe genannt, warum er selbst über keine Ausfertigung betreffend den angeblich von ihm mit seinem Unternehmen abgeschlossenen Arbeitsvertrag verfüge. Es wurden auch keine nachvollziehbaren und überzeugenden Gründe genannt, warum die in Bulgarien bevollmächtige steuerliche Vertreterin die Herausgabe der angeführten Unterlagen verweigern soll. Insofern liegt eine unglaubwürdige Schutzbehauptung vor, um den wahren wirtschaftlichen Sachverhalt zu verschleiern.
Demgegenüber hat der von der Finanzpolizei einvernommene Zeuge angegeben, dass er als LKW-Fahrer aushilfsweise auch "für den Beschwerdeführer" tätig gewesen sei. Dieser habe ihm gesagt, dass er eine "Transportfirma in ***S***" (damaliger Hauptwohnsitz des Beschwerdeführers) habe. Verhängte Polizeistrafen habe der Beschwerdeführer bezahlt. Dass er für eine bulgarische Firma tätig geworden sei, hat der Zeuge dagegen nicht angegeben. Im Einklang damit steht auch die Aussage des Beschwerdeführers, dass der Zeuge nicht bei der bulgarischen Firma zur Sozialversicherung angemeldet gewesen sei.
2. Rechtliche Beurteilung
2.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)
2.1.1. Einkommensteuer 2020
Gemäß § 23 Zif. 1 EStG 1988 sind Einkünfte aus Gewerbebetrieb Einkünfte aus einer selbständigen, nachhaltigen Betätigung, die mit Gewinnabsicht unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt, wenn die Betätigung weder als Ausübung der Land- und Forstwirtschaft noch als selbständige Arbeit anzusehen ist.
Der Beschwerdeführer hat mit zwei LKW und zwei gemieteten Aufliegern Transporte für die Firma ***H*** GmbH durchgeführt.
Eine selbständige Tätigkeit liegt vor, wenn kein steuerrechtliches Dienstverhältnis iSd § 47 Abs. 2 EStG 1988 besteht. Da es sich bei der bulgarischen Firma nach den getroffenen Sachverhaltsfeststellungen um ein Scheinunternehmen gehandelt hat, scheidet ein Dienstverhältnis mit diesem Unternehmen von vornherein aus.
Der Beschwerdeführer hat das Unternehmerrisiko getragen. Dieses ist zu bejahen, wenn der Erfolg der Tätigkeit des Steuerpflichtigen weitgehend von der persönlichen Tüchtigkeit, vom Fleiß, sowie von den Zufälligkeiten des Wirtschaftslebens abhängt und der Steuerpflichtige für die mit seiner Tätigkeit verbundenen Aufwendungen selbst aufkommen muss (). Nicht ausgeschlossen ist das Unternehmerrisiko auch bei der Tätigkeit für nur einen einzigen Auftraggeber ().
Eine nachhaltige Tätigkeit liegt bereits dann vor, wenn mehrere aufeinander folgende gleichartige Handlungen unter Ausnutzung derselben Gelegenheit und derselben dauernden Verhältnisse ausgeführt werden (), was bei den vom Beschwerdeführer durchgeführten LKW-Transporten typischerweise der Fall ist.
Gewinnabsicht liegt vor, wenn Überschüsse über die mit einer Tätigkeit verbundenen Ausgaben angestrebt werden. Dabei ist vom äußeren Erscheinungsbild der Tätigkeit auszugehen und zu prüfen, ob sie in der Art, in der sie tatsächlich ausgeübt wird, geeignet ist, auf Dauer positive Erträge zu erwirtschaften (). Auch davon ist im gegenständlichen Fall auszugehen. Nach den Angaben des Beschwerdeführers verbleibt ihm von den Umsätzen etwa "die Hälfte übrig".
Eine Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr ist anzunehmen, wenn sich die Tätigkeit des Steuerpflichtigen prinzipiell auf eine unbestimmte Zahl von Personen erstreckt, mag der Steuerpflichtige auch zeitweise nur mit einer begrenzten Zahl von Personen oder gar nur mit einem einzelnen Auftraggeber in Verbindung treten (). Es genügt, wenn die Tätigkeit nur gegenüber einem einzigen Auftraggeber, jedoch längere Zeit hindurch entfaltet wird (). Auch diese Voraussetzung ist im vorliegenden Fall erfüllt.
Insgesamt gesehen ist das Finanzamt daher zutreffend von gewerblichen Einkünften des Beschwerdeführers ausgegangen.
Gemäß § 184 Abs. 1 BAO hat die Abgabenbehörde die Grundlagen für die Abgabenerhebung zu schätzen, wenn sie diese nicht ermitteln oder berechnen kann. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind.
Eine Schätzungsberechtigung besteht unter anderem dann, wenn der Abgabepflichtige seiner Verpflichtung zur Einreichung von Abgabenerklärungen nicht nachkommt (Ritz, BAO7, § 184 Tz 8 mit Judikaturnachweisen).
Da der Beschwerdeführer für das Jahr 2020 keine Einkommensteuererklärung eingereicht hat, obwohl er dazu gemäß § 133 Abs. 1 BAO iVm § 42 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 verpflichtet gewesen wäre, war das Finanzamt zur Schätzung berechtigt.
Ziel der Schätzung ist, den wahren Besteuerungsgrundlagen möglichst nahe zu kommen, somit diejenigen Besteuerungsgrundlagen zu ermitteln, welche die größte Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit für sich haben (Ritz, BAO7, § 184 Tz 3 mit Judikaturnachweisen).
Das Finanzamt hat sich bei der Schätzung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb an den Angaben des Beschwerdeführers bei seiner Einvernahme am orientiert. Die Richtigkeit der Höhe der Besteuerungsgrundlagen wurde im Beschwerdeverfahren auch nicht bestritten, sondern die - unzutreffende - Ansicht vertreten, die Einkünfte aus Gewerbebetrieb wären dem bulgarischen (Schein)unternehmen zuzurechnen. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
2.1.2. Umsatzsteuer 2020
Gemäß § 1 Abs. 1 UStG 1994 unterliegen der Umsatzsteuer die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt.
Gemäß § 2 Abs. 1 UStG 1994 ist Unternehmer, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt. Gewerblich oder beruflich ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt.
Der Beschwerdeführer hat mit zwei LKW und zwei gemieteten Aufliegern Fahrten für die Firma ***H*** GmbH durchgeführt. Damit wurde eine auf Dauer angelegte gewerbliche Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen ausgeübt. Die Tätigkeit war nicht nur auf die Erzielung von Einnahmen gerichtet, sondern auch mit der Absicht verbunden, Gewinne zu erzielen.
Der Beschwerdeführer war daher Unternehmer iSd § 2 Abs. 1 UStG 1994. Die von ihm für die ***H*** GmbH erbrachten Leistungen unterlagen der Umsatzsteuer.
Gemäß § 184 Abs. 1 BAO hat die Abgabenbehörde die Grundlagen für die Abgabenerhebung zu schätzen, wenn sie diese nicht ermitteln oder berechnen kann. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind.
Eine Schätzungsberechtigung besteht unter anderem dann, wenn der Abgabepflichtige seiner Verpflichtung zur Einreichung von Abgabenerklärungen nicht nachkommt (Ritz, BAO7, § 184 Tz 8 mit Judikaturnachweisen).
Da der Beschwerdeführer für das Jahr 2020 trotz Androhung einer Zwangsstrafe keine Umsatzsteuererklärung eingereicht hat, obwohl er dazu gemäß § 133 Abs. 1 BAO iVm § 21 Abs. 4 UStG 1994 verpflichtet gewesen wäre, war das Finanzamt zur Schätzung berechtigt.
Ziel der Schätzung ist, den wahren Besteuerungsgrundlagen möglichst nahe zu kommen, somit diejenigen Besteuerungsgrundlagen zu ermitteln, welche die größte Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit für sich haben (Ritz, BAO7, § 184 Tz 3 mit Judikaturnachweisen).
Das Finanzamt hat sich bei der Schätzung der Umsätze an den Angaben des Beschwerdeführers bei seiner Einvernahme am orientiert. Die Richtigkeit der Höhe der Besteuerungsgrundlagen wurde im Beschwerdeverfahren auch nicht bestritten, sondern die - unzutreffende - Ansicht vertreten, die Umsätze wären dem bulgarischen (Schein)unternehmen zuzurechnen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
2.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Der Verwaltungsgerichtshof ist als Rechtsinstanz tätig und zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Allgemeinen nicht berufen. Auch kann einer Rechtsfrage nur dann grundsätzliche Bedeutung zukommen, wenn sie über den konkreten Einzelfall hinaus Bedeutung besitzt. Eine im Einzelfall vorgenommene Beweiswürdigung wirft daher nach ständiger Rechtsprechung im Allgemeinen keine über den Einzelfall hinausgehende Rechtsfrage iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG auf (vgl. mwN). Eine ordentliche Revision ist daher im gegenständlichen Fall nicht zulässig.
Linz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 23 Z 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 184 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 2 Abs. 1 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2024:RV.5100059.2023 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at