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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 23.04.2024, RV/7300020/2024

Abweisung eines Zahlungserleichterungsansuchens im Finanzstrafverfahren wegen zu niedrig angebotener Raten

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag.Dr. Wolfgang Pagitsch in der Finanzstrafsache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über dessen Beschwerde vom gegen den Bescheid über die Abweisung eines Zahlungserleichterungsansuchens des Amtes für Betrugsbekämpfung als Finanzstrafbehörde vom , Strafkontonummer ***Zahl1***, Amtsbeauftragter Ing. Florian Marc-Christian Seger BA zu Recht erkannt:

I.) Der Beschwerde wird gem. § 161 Abs. 1 FinStrG als unbegründet abgewiesen.

II.) Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer hat in seinen Arbeitnehmerveranlagungen 2014 bis 2021 mittels Scheinrechnungen Steuerberatungskosten fingiert. Aus diesem Grund wurde er mit Strafverfügung vom mehrerer vorsätzlicher Finanzvergehen für schuldig befunden und über ihn eine Geldstrafe von € 3.100,00 (Ersatzfreiheitsstrafe 15 Tage) verhängt.

Mit Schriftsatz vom ersuchte der Beschwerdeführer um Hilfestellung bei der Bezahlung der Geldstrafe, da er diese nicht entrichten könne. Konkret ersuche er den Betrag um 50% zu reduzieren und könne er nur monatliche Raten iHv € 30,00 leisten.

Mit Bescheid vom wies die belangte Behörde das Zahlungserleichterungsansuchen vom ab, da die angebotenen Raten im Verhältnis zur Höhe des Rückstandes zu niedrig seien und deshalb die Einbringlichkeit gefährdet erscheine.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer mit Schreiben vom Beschwerde und wiederholte sein Begehren die Geldstrafe um 50% zu reduzieren. Zudem legte er seine wirtschaftliche Situation dar, welche eine monatliche Ratenzahlung iHv € 50,00 ermöglichen würde.

Mit Vorlagebericht vom legte die belangte Behörde die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.

Über die Beschwerde wurde erwogen

Festgestellter Sachverhalt

Der verheiratete Beschwerdeführer ist 81 Jahre alt und verfügt über ein monatliches Nettoeinkommen aus Pensionen iHv rund € 2.800,00. Nach Abzug von monatlichen Fixkosten für Haus, Versicherungen, Haushaltshilfe, Kreditrückzahlung und Massagen für ihn und seiner Ehegattin iHv € 2.060,00 verbleiben den Beschwerdeführer monatlich € 740,00. Die Massagen sind aus medizinischen Gründen notwendig, da der Beschwerdeführer und seine Ehegattin krank sind.

Der Beschwerdeführer wohnt im Haus seiner Ehegattin. Diese bezieht eine monatliche Pension iHv € 520,00, welche überwiegend für Arztkosten verwendet wird. Zudem verfügen der Beschwerdeführer und seine Ehegattin einen Nebenwohnsitz in der ***Adr1***.

Der Beschwerdeführer hat kein nennenswertes Vermögen und Schulden iHv € 3.300,00. Zudem haftet bei der ***Bank1*** ein Kredit iHv € 30.000,00 aus, welchen der Beschwerdeführer gemeinsam mit seiner Ehegattin aufgenommen hat.

Der Rückstand am Strafkonto ***Zahl1*** beträgt € 3.360,00 einschließlich der Kosten, jener am Abgabenkonto € 11.556,86.

Beweiswürdigung

Die Feststellungen bezüglich der wirtschaftlichen und persönlichen Lage des Beschwerdeführers ergeben sich aus seinen eigenen Angaben, insbesondere aus der Beschwerde vom und dem Erhebungsblatt über die wirtschaftlichen Verhältnisse vom . Bei widersprechenden Angaben wurden diese zugunsten des Beschwerdeführers ausgelegt. Der Nebenwohnsitz ist dem Zentralen Melderegister zu entnehmen.

Rechtliche Erwägungen

Zu Spruchpunkt I.)

Gem. § 172 Abs. 1 FinStrG iVm § 185 Abs. 5 FinStrG obliegt die Einhebung, Sicherung und Einbringung von Geldstrafen und auferlegten Verfahrenskosten den Finanzstrafbehörden. Hiebei gelten, soweit das FinStrG nicht anderes bestimmt, die Bundesabgabenordnung und die Abgabenexekutionsordnung sinngemäß. Die Gewährung von Zahlungserleichterungen für die Entrichtung von Geldstrafen und Verfahrenskosten nach dem FinStrG richtet sich daher grundsätzlich nach § 212 BAO (vgl. ).

Gem. § 212 Abs. 1 BAO kann auf Ansuchen des Abgabepflichtigen die Abgabenbehörde für Abgaben, hinsichtlich derer ihm gegenüber auf Grund eines Rückstandsausweises (§ 229) Einbringungsmaßnahmen für den Fall des bereits erfolgten oder späteren Eintrittes aller Voraussetzungen hiezu in Betracht kommen, den Zeitpunkt der Entrichtung der Abgaben hinausschieben (Stundung) oder die Entrichtung in Raten bewilligen, wenn die sofortige oder die sofortige volle Entrichtung der Abgaben für den Abgabepflichtigen mit erheblichen Härten verbunden wäre und die Einbringlichkeit der Abgaben durch den Aufschub nicht gefährdet wird. Eine Gefährdung der Einbringlichkeit ist nicht anzunehmen, wenn der Abgabepflichtige glaubhaft macht, dass er durch die Gewährung der Zahlungserleichterung in die Lage versetzt wird, die vom Zahlungserleichterungsansuchen umfassten Abgabenschuldigkeiten innerhalb einer angemessenen Frist entrichten zu können (…).

Zur Anwendung des § 212 Abs. 1 BAO auf Zahlungserleichterungen im Finanzstrafverfahren ist allerdings zu berücksichtigen, dass die mögliche Uneinbringlichkeit der Geldstrafe ohnehin unter der zusätzlichen Sanktion des Vollzuges der gerade für diesen Fall ausgesprochenen Ersatzfreiheitsstrafe steht, sodass dem Aspekt der Gefährdung der Einbringlichkeit der Geldstrafe, im Unterschied zu anderen, ebenfalls auf ein Finanzstrafverfahren zurückgehenden Abgaben (wie zB Verfahrenskosten oder Nebengebühren iSd § 3 Abs. 2 lit. d BAO), keine eigenständige Bedeutung zukommt (vgl. ; ).

Während die sich aus einer sofortigen vollen Entrichtung für den Zahlungsverpflichteten ergebende erhebliche Härte bei Abgaben iSd § 3 BAO regelmäßig bei einer (nicht verschuldeten) wirtschaftlichen Notlage oder bei einer entsprechenden finanziellen Bedrängnis des zur Zahlung Verpflichteten gegeben sein wird (vgl. Ritz/Koran, BAO7, § 212, Rz 7 mwN), ist bei einer nach dem FinStrG auferlegten Geldstrafe eine erhebliche Härte nur insoweit gegeben, als die mit der sofortigen Entrichtung verbundene Härte über die mit jeder Bestrafung zwangsläufig verbundene und gewollte Härte hinausgeht (). Maßgeblich für die Entscheidung über Zahlungserleichterungen zur Entrichtung einer Geldstrafe ist somit die sachgerechte Verwirklichung des Strafzweckes. Aber auch im Ruin der wirtschaftlichen Existenz eines Bestraften kann keine sinnvolle Erreichung des mit der Bestrafung verfolgten Zwecks erblickt werden (vgl. ). Wesentlich entschärft wird dieses Spannungsfeld zwischen dem Gebot zur Leistung ausreichend hoher Geldstrafraten und der dadurch gegebenen Belastung der wirtschaftlichen Existenz des Bestraften durch den Umstand, dass diesem gem. § 179 Abs. 3 FinStrG die Möglichkeit eingeräumt ist, anstelle einer Ersatzfreiheitsstrafe gemeinnützige Leistungen zu erbringen.

Würde die sofortige Entrichtung der Geldstrafe eine über den Strafzweck hinausgehende erhebliche Härte darstellen oder sogar die wirtschaftliche Existenz des Bestraften gefährden, können Zahlungserleichterungen gewährt werden, solange dadurch das über den Finanzstraftäter verhängte Sanktionsübel nicht wesentlich abgeschwächt wird. Würde die Gewährung von Zahlungserleichterungen hinsichtlich einer Geldstrafe in einer vom Bestraften leistbaren Höhe jedoch nicht mit der für Strafzwecke erforderlichen Raschheit zur Entrichtung derselben führen, ist - bezogen auf den Strafzweck - bereits eine tatsächliche Uneinbringlichkeit der Geldstrafe zu konstatieren und das Sanktionsübel in Form der Ersatzfreiheitsstrafe bzw. in Form der Erbringung gemeinnütziger Leistungen zu vollziehen.

Die Bewilligung einer Zahlungserleichterung stellt eine Begünstigung dar. Bei Begünstigungstatbeständen tritt die Amtswegigkeit der Sachverhaltsermittlung gegenüber der Offenlegungspflicht des Begünstigungswerbers in den Hintergrund. Der eine Begünstigung in Anspruch Nehmende hat also selbst einwandfrei und unter Ausschluss jeden Zweifels das Vorliegen all jener Umstände darzulegen, auf die die abgabenrechtliche Begünstigung gestützt werden kann. Der Begünstigungswerber hat daher die Voraussetzungen einer Zahlungserleichterung aus eigenem Antrieb überzeugend darzulegen und glaubhaft zu machen.

Dem festgestellten Sachverhalt ist zu entnehmen, dass die wirtschaftliche Situation des Beschwerdeführers angespannt ist, er aber immerhin über ein monatliches Nettoeinkommen von € 2.800,00 verfügt und ihm nach Abzug von Fixkosten rund € 750,00 verbleiben. Die vom Beschwerdeführer beantragten monatlichen Raten von nunmehr € 50,00 bedeuten bei einem ausstehenden Betrag von € 3.050,00, dass eine vollständige Tilgung ohne Berücksichtigung von noch anfallenden Zinsen erst in ca. 5 Jahren erfolgen würde.

Selbst unter der Annahme das die Angaben des Beschwerdeführers zu seiner wirtschaftlichen Lage stimmen - Nachweise wurden vom Beschwerdeführer nicht beigelegt - kann eine monatliche Ratenzahlung in Höhe von € 50,00 in Anbetracht der angegebenen Einkommens- und Vermögenssituation im Rahmen dieser nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit zu treffenden Ermessensentscheidung als nicht ausreichend angesehen werden, um eine Abstattung der noch aushaftenden Geldstrafe in angemessener Zeit sicherzustellen und die sachgerechte Verwirklichung des Strafzweckes zu erfüllen. Vielmehr würde dies den Pönalcharakter der Strafe unterlaufen, zumal die wirtschaftliche Situation des Beschwerdeführers zwar angespannt ist, ihm aber immerhin nach Abzug der Fixkosten € 750,00 monatlich verbleiben, er im Haus seiner Ehegattin wohnt, er sich mit seiner Ehegattin einen Nebenwohnsitz leisten kann und der Unrechtsgehalt der Finanzvergehen nicht unbeträchtlich war, hat der Beschwerdeführer doch mittels Scheinrechnungen Steuerberatungskosten fingiert.

Der Zweck der rechtskräftig erfolgten Bestrafung besteht nämlich zu wesentlichen Teilen in einem dem Bestraften bewusst und gewollt zugefügten, spürbaren, durchaus auch mit einer entsprechenden Härte verbundenen, finanziellen Übel, das ihn (und allenfalls auch Dritte) künftig von der Begehung weiterer strafbarer Handlungen nach dem FinStrG abhalten soll. Dies wäre insbesondere dann nicht mehr (ausreichend) erfüllt, wenn dem Bestraften eine "bequeme" Ratenzahlung einer Geldstrafe - gleichsam in Art der Kaufpreisabstattung für einen Bedarfsgegenstand - bewilligt (vgl. mwN) oder eine überlange, uU sogar angesichts der Zeitdauer unrealistisch anmutende Zahlungsfrist (vgl. ) gewährt werden würde, da dann die gewährte Zahlungserleichterung letztlich auf eine nachträgliche Korrektur des ohnehin regelmäßig auch unter entsprechender Berücksichtigung der jeweils aktuellen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit (vgl. § 23 Abs. 3 FinStrG) bemessenen Strafausspruches und damit auf eine Reduzierung des gewollten Strafübels hinausliefe (vgl. ).

Gem. § 160 Abs. 2 FinStrG konnte von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden, da sich die Beschwerde nicht gegen ein Erkenntnis richtet und keine Partei die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt hat.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zum Begehren auf Herabsetzung der Geldstrafe um 50% im Antrag vom und in der Beschwerde vom wird angemerkt, dass das Bundesfinanzgericht unter Verweis auf § 187 Abs. 1 FinStrG für ein (teilweises) Nachsehen der Geldstrafe nicht zuständig ist und der belangten Behörde die Beurteilung obliegt, ob diese Anbringen auch als Gnadenansuchen zu werten sind. Bejahendenfalls hat sie die weiteren Schritte zu setzen.

Zu Spruchpunkt II.)

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das gegenständliche Erkenntnis weicht von der oben zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht ab und hat die Beurteilung der Voraussetzungen für die Gewährung einer Zahlungserleichterung im Einzelfall und keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zum Gegenstand, sodass eine ordentliche Revision nicht zuzulassen war.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 212 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 172 Abs. 1 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7300020.2024

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at