Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 09.04.2024, RV/7102776/2023

Familienbeihilfe für subsidiär Schutzberechtigte im Sinne des § 3 Abs 4 FLAG 1967

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. Susanne Zankl in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch ***Vertr***, ***Vertr-Adr***, über die Beschwerde vom , gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Familienbeihilfe 07.2017-01.2020 zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise stattgegeben.

Der angefochtene Bescheid wird Sinne der Beschwerdevorentscheidung vom abgeändert. Für den Zeitraum bis besteht für die beiden Kinder kein Anspruch auf Familienbeihilfe. Die Familienbeihilfe für die Kinder Kind 1, und Kind 2 steht ab zu.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang und entscheidungsrelevanter Sachverhalt

Die Beschwerdeführerin (Bf) und ihre beiden Kinder sind subsidiär Schutzberechtigte.
Mit der Mitteilung vom über den Bezug der Familienbeihilfe wurde der Bf für ihre beiden Kinder Familienbeihilfe für den Zeitraum 02/2020 bis 10/2022 gewährt.
Mit Antrag vom begehrte die Beschwerdeführerin (Bf) die Zuerkennung der Familienbeihilfe (FB) für ihre beiden Kinder Kind 2 und Kind 1 ab .
Mit Ergänzungsersuchen vom und wurde die Bf aufgefordert, eine Bestätigung vorzulegen, woraus ersichtlich wäre, über welche Zeiträume sie Leistungen aus der Grundversorgung erhalten hätte.
Mit Bescheid vom wurde der Antrag der Bf auf Zuerkennung der FB für ihre beiden Kindern ab 07/2017 für den Zeitraum 07/2017 bis 01/2020 abgewiesen, mit der Begründung, dass die Bf als subsidiär Schutzberechtigte nur dann Familienbeihilfe erhalten würde, wenn die Bf arbeiten und keine Leistung aus der Grundversorgung beziehen würde (§ 3 Abs 4 Familienlastenausgleichsgesetz 1967). Da trotz Aufforderung des Finanzamtes kein Nachweis über das Vorliegen der Voraussetzungen für den Bezug der FB erbracht worden wäre, wäre die Familienbeihilfe nicht gewährt worden.

Am brachte die Bf Beschwerde ein und führte aus, dass sie die Unterlagen coronabedingt nachreichen würde. Laut nunmehr vorgelegter Unterlagen vom (Bestätigung der Caritas Wien vom ) bezog die Bf bis Grundversorgung. Im Zeitraum vom - war die Bf geringfügig und vom - in Vollzeit beschäftigt.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wird der Beschwerde der Bf vom teilweise stattgegeben und abgeändert. Der Abweisungsbescheid vom betreffend FB wurde auf den Zeitraum - eingeschränkt und die FB für die beiden Kinder von bis 10/2022 gewährt.

Die Bf brachte am erneut Beschwerde ein und begehrte die Zuerkennung der FB für den Zeitraum 07/2017 bis einschließlich 07/2018 (Vorlageantrag).

II. Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich eindeutig aus der dem BFG vorliegenden Aktenlage.

III. Rechtsausführungen

§ 3 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG) igF lautet:

(1) Personen, die nicht österreichische Staatsbürger sind, haben nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie sich nach §§ 8 und 9 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005, oder nach § 54 des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 87/2012, rechtmäßig in Österreich aufhalten.

(2) Anspruch auf Familienbeihilfe besteht für Kinder, die nicht österreichische Staatsbürger sind, sofern sie sich nach §§ 8 und 9 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005, oder nach § 54 des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 87/2012, rechtmäßig in Österreich aufhalten.

(3) Abweichend von Abs. 1 haben Personen, denen Asyl nach Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100, gewährt wurde, Anspruch auf Familienbeihilfe. Anspruch besteht auch für Kinder, denen nach dem Asylgesetz 2005 Asyl gewährt wurde.

(4) Abweichend von Abs. 1 haben Personen, denen der Status des subsidiär Schutzberechtigten nach dem Asylgesetz 2005 zuerkannt wurde, Anspruch auf Familienbeihilfe, sofern sie keine Leistung aus der Grundversorgung erhalten und unselbständig oder selbständig erwerbstätig sind. Anspruch besteht auch für Kinder, denen der Status des subsidiär Schutzberechtigten nach dem Asylgesetz 2005 zuerkannt wurde.

IV. Erwägungen

§ 2 FLAG 1967 legt die allgemeinen und die besonderen Voraussetzungen fest, unter denen jemand Anspruch auf Familienbeihilfe hat. § 3 FLAG 1967 stellt ergänzend für Personen, die nicht österreichische Staatsbürger sind, weitere besondere Voraussetzungen auf (siehe dazu die obigen Ausführungen zu "Rechtsausführungen").

§ 3 Abs 4 FLAG 1967 betrifft subsidiär Schutzberechtigte als Anspruchsberechtigte (Abs 1) oder Anspruchsvermittelnde (Abs 2), allerdings hinsichtlich des Anspruches auf FB nur unter bestimmten weiteren Voraussetzungen. So haben subsidiär Schutzberechtigte unter anderem dann Anspruch auf FB, wenn sie in keiner Grundversorgung stehen und selbständig bzw. unselbständig erwerbstätig sind.

Die Bf und ihre beiden Kinder sind subsidiär Schutzberechtigte und bezogen bis die Grundversorgung. Ab ist die Bf entweder geringfügig oder in Vollzeit unselbständig beschäftigt. Die Voraussetzungen (neben einem gültigen Aufenthaltstitel und Mittelpunkt der Lebensinteressen in Österreich) für die Zuerkennung und den Bezug von FB für die beiden Kinder der Bf sind somit mit 08/2018 gegeben.

Mit der Mitteilung vom über den Bezug der FB wurde die Bf darüber informiert, dass ihr Anspruch auf FB überprüft wurde und die FB (Kinderabsetzbetrag) für die beiden Kinder mit gewährt werden konnte.
Für den Zeitraum bis sind die Voraussetzungen für den Bezug von FB nicht gegeben, da die Bf und ihre beiden Kinder die Grundversorgung bezogen und damit die Zuerkennung der FB gem. § 3 Abs 4 FLAG nicht zulässig ist.

Der Beschwerde war somit teilweise im Sinn der Beschwerdevorentscheidung stattzugeben. Ein Anspruch auf FB besteht ab .

V. Zulässigkeit der Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Fall ergab sich bereits aus dem Gesetzeswortlaut des § 3 Familienlastenausgleichsgesetz, dass die Beschwerde abzuweisen war.

Eine grundsätzlich bedeutsame Rechtsfrage war daher nicht zu lösen.

Salzburg, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7102776.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at