Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 12.04.2024, RV/3100382/2016

Ordnungsstrafe wegen beleidigender Schreibweise gem. § 112 Abs. 3 BAO

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Senatsvorsitzenden Mag. ***1***, die Richterin Dr.in ***2*** sowie die fachkundigen Laienrichterinnen ***3*** MSc. und Dr.in ***4*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr*** über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***FA*** vom betreffend eine Ordnungsstrafe über 500 €, Steuernummer ***BF1StNr1***, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am in Anwesenheit der Schriftführerin ***5*** zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Mit Ausfertigungsdatum wurden von der Abgabenbehörde bezüglich eines Fahrzeuges der Marke Opel Astra mit konkret genanntem polnischem Kennzeichen Bescheide betreffend Normverbrauchsabgabe 2/2013 samt Verspätungszuschlag, betreffend Kraftfahrzeugsteuer für die Jahre 2013, 2014 und 2015 samt Verspätungszuschlag für die Jahre 2013 und 2014 sowie betreffend Umsatzsteuer 2/2013 samt Verspätungszuschlag mit dem Beschwerdeführer als Bescheidaddressat erlassen.

Gegen diese Bescheide wurde vom Abgabepflichtigen mit jeweils gesonderten Schreiben vom mit jeweils wortgleichem Inhalt Beschwerde erhoben.

Aufgrund der Ausführungen des Abgabepflichtigen in diesen gesonderten, gleichlautenden Beschwerden erließ die Abgabenbehörde mit Ausfertigungsdatum 18. Jänner einen Bescheid über die Festsetzung einer Ordnungsstrafe gemäß § 112 BAO in Höhe von 500 € (OS 1).

Mit selben Ausfertigungsdatum () erließ die Abgabenbehörde einen Bescheid betreffend die Festsetzung einer Zwangsstrafe (über 1.000 €) sowie eine abweisende Beschwerdevorentscheidung bezüglich der Beschwerden gegen die Bescheide vom betreffend betreffend Normverbrauchsabgabe 2/2013 samt Verspätungszuschlag, betreffend Kraftfahrzeugsteuer für die Jahre 2013, 2014 und 2015 samt Verspätungszuschlag für die Jahre 2013 und 2014 sowie betreffend Umsatzsteuer 2/2013 samt Verspätungszuschlag.

Gegen den Ordnungsstrafenbescheid und Zwangsstrafenbescheid vom wurde mit Eingabe des Beschwerdeführers vom Beschwerde erhoben (und nach Ergehen einer abweisenden Beschwerdevorentscheidung (Ausfertigungsdatum ) mit Eingabe vom ein Vorlageantrag eingebracht.

Mit einer weiteren Eingabe vom wurde bezüglich der Beschwerde gegen die Bescheide betreffend betreffend Normverbrauchsabgabe 2/2013 samt Verspätungszuschlag, betreffend Kraftfahrzeugsteuer für die Jahre 2013, 2014 und 2015 samt Verspätungszuschlag für die Jahre 2013 und 2014 sowie betreffend Umsatzsteuer 2/2013 samt Verspätungszuschlag vom Beschwerdeführer ein Vorlagenantrag erhoben.

Aufgrund der Ausführungen des Abgabepflichtigen in den Beschwerden vom gegen den Ordnungstrafenbescheid sowie den Zwangsstrafenbescheid erließ die Abgabenbehörde mit Ausfertigungsdatum einen weiteren Bescheid über die Festsetzung einer Ordnungsstrafe in Höhe von 500 € (OS 3).

Ebenso erlies die Abgabenbehörde aufgrund der Äußerungen des Beschwerdeführers in dem Vorlageantrag bezüglich der Beschwerden gegen die Bescheide betreffend Normverbrauchsabgabe 2/2013 samt Verspätungszuschlag, betreffend Kraftfahrzeugsteuer für die Jahre 2013, 2014 und 2015 samt Verspätungszuschlag für die Jahre 2013 und 2014 sowie betreffend Umsatzsteuer 2/2013 samt Verspätungszuschlag, mit Ausfertigungsdatum den streitgegenständlich angefochtenen Bescheid über die Festsetzung einer Ordnungsstrafe in Höhe von 500 € (OS 2).

Gegen diese beiden Ordnungsstrafenbescheide vom erhob der Abgabepflichtige jeweils mit Eingabe vom Beschwerde und stellte nach Ergehen einer Beschwerdevorentscheidung (Ausfertigungsdatum ) mit Eingabe vom einen Vorlageantrag.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

In dem der Ordnungsstrafe zugrundeliegenden Vorlageantrag vom bezüglich der Beschwerde gegen die Bescheide betreffendNormverbrauchsabgabe 2/2013 samt Verspätungszuschlag, betreffend Kraftfahrzeugsteuer für die Jahre 2013, 2014 und 2015 samt Verspätungszuschlag für die Jahre 2013 und 2014 sowie betreffend Umsatzsteuer 2/2013 samt Verspätungszuschlag vom wurde Nachstehendes ausgeführt:

"Mit Beschwerdevorentscheidung vom , eingelangt am , wurden meine Beschwerden gegen vorgenannte Bescheide des ***FA*** als unbegründet abgewiesen.

Ich beantrage nunmehr meine Beschwerden zur Entscheidung dem Bundesfinanzgericht vorzulegen.

Hinsichtlich der Begründung meines Begehrens und der beantragten Änderungen verweise ich auf meine Beschwerden vom , bzw. möchte diese ergänzen wie folgt:

Das Finanzamt ***6*** versucht mit neuen tatsachenwidrigen Behauptungen in ihrer Beschwerdevorentscheidung eine abgabenrechtliche Pflicht meinerseits zu konstruieren und mich durch üble Nachrede zu diskreditieren.

Auf Seite 2 1. Absatz behauptet das ***FA***: "Hinsichtlich der Kraftfahrzeugsteuer für die Jahre 2013 und 2014, der Normverbrauchsabgabe sowie der Umsatzsteuer für den Erwerb neuer Fahrzeuge wurde gleichzeitig ein Verspätungszuschlag in Höhe von 10% festgesetzt, wozu die belangte Behörde ausführte, dass die Festsetzung der Verspätungszuschläge in höchstmöglicher Höhe in Anbetracht der langen Versäumnis, des unleidlichen Verhaltens, welches der Beschwerdeführer im gegenständlichen wie auch in früheren Verfahren gegenüber der belangten Behörde an den Tag gelegt habe, sowie der Tatsache, dass er scheinbar auch sonst wenig von verwaltungsrechtlichen Pflichten halte, gerechtfertigt sei, zumal die Gesamtumstände nahelegen würden, dass sich der Beschwerdeführer bewusst seiner abgabenrechtlichen Pflichten zu entziehen versucht habe."

Diese haltlosen Behauptungen des ***FA*** werden selbstverständlich nicht konkretisiert und sind auch strafrechtlich bedenklich, da sie nicht nur eine üble Nachrede darstellen, sondern auch den Verdacht einer Verleumdung begründen. Die Behörde versucht widerrechtlich mit falschen Behauptungen mir einen Vermögensschaden zuzufügen. Den Wahrheitsbeweis für ihre Vorwürfe bleibt die Behörde schuldig.

Nachdem ich schon einmal Opfer einer Ordnungsstrafe durch eine leitende Mitarbeiterin des ***FA*** bezüglich der Rechtmäßigkeit von Familienbeihilfe wurde, sind diese neuerlichen Vorwürfe nicht nur falsch sondern auch ein weiterer Beweis, das die Behörde versucht mit Ordnungsstrafen einzuschüchtern und zu drohen. Dabei wird die Ordnungsstrafe ohne Skrupel amtsmissbräuchlich verwendet.

Auf Seite 2 2. Absatz unterstellt mir die Behörde Aussagen, die ich niemals gemacht habe und behauptet: "Er habe dieses auch nicht am Tag der Auslieferung ins Inland eingebracht und seither überwiegend oder ausschließlich im Inland verwendet."

Ich habe das gegenständliche Fahrzeug zu keinem Zeitpunkt überwiegend oder ausschließlich im Inland verwendet.Offenbar dienen wissentlich falsche Unterstellungen der Behörde zur Begründung von Steuerbescheiden.

Im folgenden entscheidungswesentlichen Sachverhalt wird von der Behörde tatsachenwidrig festgestellt:

"Die Zulassung eines Leasingfahrzeuges auf den Leasinggeber ist eine in Polen verbreitete Rechtssitte, wenn nicht sogar Pflicht."

Anstatt rechtliche Vermutungen anzustellen, sollte sich die Behörde besser genau über polnisches Steuerrecht informieren.

Auf Seite 3 Abs. 1 werden von der Behörde wieder falsche Behauptungen aufgestellt. Zunächst stellt die Behörde noch richtig fest, dass die Gesellschaft "***7*** mit Sitz an der Adresse "***8***, Polen" Verwender des gegenständlichen Fahrzeuges ist. Weiters behauptet die Behörde: "Die Gattin des Beschwerdeführers, Frau Mag. ***9*** ist Gesellschafterin und Vorstandsvorsitzende dieser Gesellschaft. Bei gemeinsamen Unternehmungen des Beschwerdeführers und seiner Gattin, wie z.B. einer gemeinsamen Hundezucht wird neben der Anschrift des Beschwerdeführers auch oben genannte Adresse in Wroclaw (Breslau) angegeben. Es handelt sich dabei um die polnische Privatadresse von Frau Mag. ***9***. Es ist nicht bekannt, welche Geschäftstätigkeit die Gesellschaft "***7***" ausübt. Im sozialen Netzwerk "LinkedIn" ist Frau Mag. ***9*** als Eigentümerin der Gesellschaft bezeichnet. Als Gebiet der Geschäftstätigkeit wird dort Österreich angegeben, als Branche "Personalberatung & -Vermittlung". Mit Ausnahme von gleichlautenden Einträgen in diversen offenbar automatisiert erstellten Registern und Listen kann im Internet aber nichts über diese Gesellschaft gefunden werden. Es handelt sich wohl um eine "Briefkastenfirma".

Meine Gattin ist weder alleinige Gesellschafterin der ***7*** noch hat sie mit mir eine gemeinsame Unternehmung, wie z.B. eine gemeinsame Hundezucht. Im Übrigen ist eine Hundezucht auch kein Unternehmen. Die Behörde kann natürlich jederzeit wie auch in Österreich im Firmenbuch, im polnischen Handelsregister alle Informationen über Gesellschaften erhalten. Die Angaben im sozialen Netzwerk "LinkedIn" sind falsch und stammen nicht von meiner Ehegattin. Die Vermutung der Behörde, dass es sich wohl um eine "Briefkastenfirma" handelt, ist eine Unterstellung und entbehrt jedem Wahrheitsgehalt.

Auf Seite 3 Abs. 2 führt die Behörde weiter aus:

"Da der Abgabenpflichtige trotz entsprechender Aufforderung keine Fahrzeugdokumente vorlegte, wurden die Bemessungsgrundlagen für die Berechnung der NoVA und Kraftfahrzeugsteuer nach amtswegigen Recherchen geschätzt."

Offenbar will das ***FA*** nicht begreifen, dass ich mit dem gegenständlichen Fahrzeug überhaupt nichts zu tun habe und deshalb auch keine Fahrzeugpapiere zur Verfügung habe.

Die Aufforderung, irgendwelche Fahrzeugpapiere eines polnischen Fahrzeuges, bei dem ich weder Eigentümer, Besitzer, Fahrzeughalter oder Leasingnehmer bin, stellt eine rechtswidrige Aufforderung dar.

Die Behörde verlangt doch tatsächlich von mir, dass ich Fahrzeugpapiere des gegenständlichen Fahrzeuges bei Gelegenheit rechtswidrig entwende. Dies ist aber eine Aufforderung zu einer Straftat. Auch das ***FA*** kann mich nicht zu kriminellen Handlungen zwingen und schon gar nicht mit der Festsetzung einer Zwangsstrafe.

Die Feststellung der Behörde, dass bei einer "Gesamtbetrachtung" es keinesfalls "abenteuerlich" ist anzunehmen, dass der Beschwerdeführer für die 10 Parkraumübertretungen und 2 Verwaltungsübertretungen verantwortlich ist, bleibt die Behörde jeden Beweis schuldig. Dafür hätte wohl die MA II, Stadtmagistrat ***6*** eine entsprechende Lenkererhebung machen müssen.

Erst Ende 2015 hat der zuständige Sachbearbeiter beim Stadtmagistrat ***6***, Verkehrs- und Sicherheitsstrafen, Herr ***10***, eine Lenkererhebung durchgeführt und festgestellt, dass die Firma ***7*** als juristische Auskunftsperson vom Zulassungsbesitzer, ***11*** bekanntgegeben wurde.

Die Behörde behauptet weiter tatsachenwidrig: "Überdies wurde bei allen Amtshandlungen, bei welchen das Fahrzeug gelenkt wurde, immer nur der Beschwerdeführer, jedoch nie eine andere Person als Lenker festgestellt."

Für diese vorsätzlich falsche Behauptung bleibt die Behörde bis heute jeden Beweis schuldig.

In Wahrheit gibt es eine einzige Amtshandlung bei der der "Steuerpflichtige" am als Lenker des gegenständlichen Fahrzeuges wegen eines Verstoßes gegen § 30Abs. 1 Z. 4 IG-L auf der A12, der Inntal Autobahn, bei Vomp von Beamten derAutobahnpolizei angehalten und angezeigt wurde. Im Übrigen war bei dieser Amtshandlungmeine Ehegattin, Frau Mag. ***9*** anwesend, die auch die Fahrzeugdokumente desgegenständlichen Fahrzeuges der Polizei vorzeigen konnte.

Dies führt zu der abenteuerlichen Feststellung der Behörde: "Insgesamt ergibt sich somitklar und deutlich, dass der Beschwerdeführer das gegenständliche Fahrzeug während desrelevanten Zeitraums im Inland verwendete."

Die rechtlichen Begründungen der Bescheide sind so schwach, dass man nun auf Drohungenund Einschüchterung bei der Behörde setzt. Ich habe seit Jahren nicht nur mit rechtlichenSchikanen der Behörde zu kämpfen, sondern hat man bereits mit kriminellen Handlungendie wirtschaftliche Existenz meiner Familie zerstört. Meine Pension wird daher vom ***FA*** auf das Existenzminimum exekutiert und damit meinen Kindern, 6 und8 Jahre alt, jedes Monat dringend benötigtes Geld auf rechtlich korrumpierte Art und Weiseentzogen.

Die Behörde stellt bei ihrer rechtlichen Erörterung fest:

" Wie lange ein KFZ mit ausländischen Kennzeichen ohne österreichische Zulassung verwendetwerden darf, richtet sich danach, ob es über einen dauernden Standort im Inland oder imAusland verfügt ( 2009/16/0107). Hat das KFZ keinen dauernden Standortim Bundesgebiet, ist das Lenken bis zu einer Höchstdauer von einem Jahr erlaubt (% 79 KFG1967). Diese einjährige Frist wird durch jeden Austritt aus dem Bundesgebiet unterbrochenund beginnt bei jedem Eintritt in das Bundesgebiet neu zu laufen."

Nachdem das KFZ seinen dauernden Standort in Polen hat, unterliegt das Fahren mit diesemFahrzeug nicht dem österreichischen Steuerrecht.

Eine gesetzliche Vermutung, dass das Fahrzeug von einer Person mit Hauptwohnsitz imInland verwendet wird, stellt eine völlig willkürliche rechtliche Feststellung dar.

Auf Seite 5 Abs. 4 kommt die Behörde dann zum folgenden rechtlichen Schluss:

"Mangels anderer Anhaltspunkte ist von einer erstmaligen Einbringung der gegenständlichenFahrzeuge ins Inland am Tag der Auslieferung (=Erstzulassung: ) auszugehen, dadas Fahrzeug offenbar einzig für den Zweck der Privatnutzung im Inland angeschafft wurde(über welche rechtliche Konstruktion dies auch immer geschehen sein mag). Die einmonatigeFrist des § 82 Abs. 8 KFG 1967 lief somit im März 2013 ab und erfüllte die Verwendung desgegenständlichen KFZ ab diesem Zeitpunkt den Steuertatbestand der widerrechtlichenVerwendung gemäß § 1 Abs. 1 Z 3 KfzStG. Einen Gegenbeweis im Sinne des § 82 Abs. 8 KG1967 erbrachte der Beschwerdeführer nicht."

Diese Begründung der Behörde kann wohl außer der Behörde selbst wohl niemandnachvollziehen. Man muss schon ausreichend Phantasie besitzen, um zu verstehen, welchenGegenbeweis der Beschwerdeführer erbringen sollte. Damit wäre ich wohl für jedesausländische Fahrzeug in Österreich steuerpflichtig, wenn ich keinen Gegenbeweis antretenkann, dass ich das Fahrzeug nicht verwende.

Die weiteren rechtlichen Ausführungen der Behörde haben mit der Begründung derBescheide nicht viel zu tun, sondern sind eine Wiedergabe des österreichischenSteuerrechtes.

Die Ausführungen zum Bescheid über die Festsetzung einer Zwangsstrafe zeigen offenbar,dass die Behörde keinerlei Skrupel kennt, mit strafrechtlich relevanten Verhalten denBeschwerdeführer zu zwingen, Fahrzeugdaten zu dem gegenständlichen Fahrzeug für dieBehörde rechtswidrig zu besorgen.

§ 143 BAO ist eine gesetzliche Regelung für Abgabenpflichtige in Österreich und giltselbstverständlich nicht für andere Staaten.

Die Vorlage eines ausländischen Zulassungsscheines von einem fremden Auto kann nicht vonmir durch Zwangsstrafen erzwungen werden, nachdem ich keinen rechtlichen Zugang zudiesen Fahrzeugpapieren habe. Der Aufforderung zu einer Straftat werde ich niemals Folgeleisten.

Die Festsetzung einer Zwangsstrafe ist rechtswidrig, wenn die verlangte Leistung unmöglichoder unzumutbar wäre (VwGh , 93/13/0025).

Die weiteren Ausführungen der Behörde über die Festsetzung einer Zwangsstrafe sind einuntauglicher Versuch vom eigenen Unvermögen und Fehlverhalten abzulenken.

Die Behörde, die in diesem gesamten Verfahren wissentlich mit Unwahrheiten und falschenVerdächtigungen versucht eine Abgabenpflicht zu konstruieren, wirft den Beschwerdeführervor, dass seine Angaben unwahr sind. Dies macht aber die Behörde nicht glaubwürdiger,obwohl dieses Verhalten der Behörde offenbar systemimmanent ist. Eine Behörde, die mitsolchen Methoden arbeitet ist aber moralisch und rechtlich korrumpiert.

Der Vorhalt der Behörde betreffend eines Verspätungszuschlages im höchtsmöglichenAusmaß von 10%, zeigt wohl die fehlende rechtsstaatliche Gesinnung der Behörde, wenn sie feststellt, dass das Verhalten des Beschwerdeführers ohne Weiteres als Neigung zurMissachtungabgabenrechtlicher Pflichten nach höchstrechtlicher Judikatur auszulegen ist.

Offenbar ist jede nicht konforme Rechtsauffassung für die Behörde eine Neigung zurMissachtung abgabenrechtlicher Pflichten. Mit dieser Auslegung hat sich wohl derRechtsstaat in Österreich verabschiedet.

…"

Die Begründung des streitgegenständlichen, wegen den Ausführungen in dem voranstehenden Vorlageantrag erlassenen Ordnungsstrafenbescheides lautet wie folgt:

"Sie haben dem ***FA*** am u.a. einen Vorlageantrag überbracht.

Darin bedienten Sie sich u.a. folgender Formulierungen:

"Das ***FA*** versucht mit neuen tatsachenwidrigen Behauptungen in ihrer Beschwerdevorentscheidung eine abgabenrechtliche Pflicht meinerseits zu konstruieren und mich durch üble Nachrede zu diskreditieren."

"Diese haltlosen Behauptungen des ***FA*** werden selbstverständlich nicht konkretisiert und sind auch strafrechtlich bedenklich, da sie nicht nur eine üble Nachrede darstellen, sondern auch den Verdacht einer Verleumdung begründen. Die Behörde versucht widerrechtlich mit falschen Behauptungen mir einen Vermögensschaden zuzufügen. [. ..] Nachdem ich schon einmal Opfer einer Ordnungsstrafe durch eine leitende Mitarbeiterin des ***FA*** bezüglich der Rechtmäßigkeit von Familienbeihilfe wurde, sind diese neuerlichen Vorwürfe nicht nur falsch, sondern auch ein weiterer Beweis, dass die Behörde versucht mit Ordnungsstrafen einzuschüchtern und zu drohen. Dabei wird die Ordnungsstrafe ohne Skrupel amtsmissbräuchlich verwendet."

"Offenbar dienen wissentlich falsche Unterstellungen der Behörde zur Begründung von Steuerbescheiden."

"Die Behörde verlangt doch tatsächlich von mir, dass ich Fahrzeugpapiere des gegenständlichen Fahrzeuges bei Gelegenheit rechtswidrig entwende. Dies ist aber eine Aufforderung zu einer Straftat. Auch das ***FA*** kann mich nicht zu kriminellen Handlungen zwingen und schon gar nicht mit der Festsetzung einer Zwangsstrafe."

"Für diese vorsätzlich falsche Behauptung bleibt die Behörde bis heute jeden Beweis schuldig."

"Die rechtlichen Begründungen der Bescheide sind so schwach, dass man nun auf Drohungen und Einschüchterung bei der Behörde setzt. Ich habe seit Jahren nicht nur mit rechtlichen Schikanen der Behörde zu kämpfen, sondern hat man bereits mit kriminellen Handlungen die wirtschaftliche Existenz meiner Familie zerstört. Meine Pension wird daher vom ***FA*** auf das Existenzminimum exekutiert und damit meinen Kindern, 6 und 8 Jahre alt, jedes Monat dringend benötigtes Geld auf rechtlich korrumpierte Art und Weise entzogen."

"Eine gesetzliche Vermutung, dass das Fahrzeug von einer Person mit Hauptwohnsitz im Inland verwendet wird, stellt eine völlig willkürliche rechtliche Feststellung dar."

"Die Ausführungen zum Bescheid über die Festsetzung einer Zwangsstrafe zeigen offenbar, dass die Behörde keinerlei Skrupel kennt, mit strafrechtlich relevantem Verhalten den Beschwerdeführer zu zwingen, Fahrzeugdaten zu dem gegenständlichen Fahrzeug für die Behörde rechtswidrig zu besorgen."

"Die Behörde, die in diesem gesamten Verfahren wissentlich mit Unwahrheiten und falschen Verdächtigungen versucht eine Abgabenpflicht zu konstruieren, wirft de[m] Beschwerdeführer vor, dass seine Angaben unwahr sind. Dies macht aber die Behörde nicht glaubwürdiger,obwohl dieses Verhalten der Behörde offenbar systemimmanent ist. Eine Behörde, die mit solchen Methoden arbeitet ist aber moralisch und rechtlich korrumpiert. Der Vorhalt der Behörde betreffend eines Verspätungszuschlages im höchstmöglichen Ausmaß von 10% zeigt wohl die fehlende rechtsstaatliche Gesinnung der Behörde, wenn sie feststellt, dass das Verhalten des Beschwerdeführers ohne Weiteres als Neigung zur Missachtung abgabenrechtlicher Pflichten nach höchstrechtlicher [sic] Judikatur auszulegen ist.

Offenbar ist jede nicht konforme Rechtsauffassung für die Behörde eine Neigung zur Missachtung abgabenrechtlicher Pflichten. Mit dieser Auslegung hat sich wohl der Rechtsstaat in Österreich verabschiedet."

Mit diesen Ausführungen bezichtigen Sie das ***FA*** bzw. seine Organwalter der Verletzung von Amtspflichten, der Verleumdung, der üblen Nachrede, der Aufforderung bzw. Anstiftung zu gerichtlich strafbaren Handlungen sowie des Amtsmissbrauchs. Indem Sie der Behörde pauschal Willkür, die Missachtung rechtsstaatlicher Grundsätze und vorsätzliche Schikane unterstellen, unterschreiten Sie jegliche Mindestanforderungen des Anstandes im Verkehr mit der Behörde. Wendungen wie "ohne Skrupel" bzw. "moralisch und rechtlich korrumpiert" sind keiner Beweisführung zugänglich und stellen rein subjektive, einzig und allein abwertende Werturteile dar.

Gemäß § 112 Abs. 1 BAO hat das Organ einer Abgabenbehörde, das eine Amtshandlung leitet, für die Aufrechterhaltung der Ordnung und für die Wahrung des Anstandes zu sorgen.

Nach Abs. 2 dieser Bestimmung sind Personen, die die Amtshandlung stören oder durch ungeziemendes Benehmen den Anstand verletzen, zu ermahnen; bleibt die Ermahnung erfolglos, so kann ihnen nach vorausgegangener Androhung das Wort entzogen, ihre Entfernung verfügt und ihnen die Bestellung eines Bevollmächtigten aufgetragen oder gegen sie eine Ordnungsstrafe bis zu € 700 verhängt werden.

§112 Abs. 3 BAO bestimmt, dass die Abgabenbehörde die gleiche Ordnungsstrafe gegen Personen verhängen kann, die sich in schriftlichen Eingaben einer beleidigenden Schreibweise bedienen. Die Verhängung einer Ordnungsstrafe wegen beleidigender Schreibweise in einer Eingabe an die Abgabenbehörde im Sinne des § 112 Abs. 3 BAO setzt nach eingangs zitiertem Gesetzeswortlaut weder eine vorherige Abmahnung noch Androhung voraus. Bei Vorliegen einer schriftlichen Eingabe, deren Inhalt als beleidigend anzusehen ist, kann die Abgabenbehörde daher eine Ordnungsstrafe bis zur gesetzlich vorgesehenen Höchstgrenze von € 700 zulässigerweise sofort bescheidmäßig verhängen. Zuständig hierfür ist jene Abgabenbehörde, die die Angelegenheit, in der die mit beleidigender Schreibweise versehene Eingabe eingebracht wurde, zu erledigen hat. Erfolgt die beleidigende Schreibweise in einer Beschwerde oder einem Vorlageantrag, so ist für die Verhängung der Ordnungsstrafe außer der Abgabenbehörde zweiter Instanz auch die Abgabenbehörde erster Instanz zuständig (zur Berufung: -U08, 89/14/0144; Ritz, Kommentar zur BAO2 § 112 Rz 4 - es ist kein Grund ersichtlich, diese Judikatur nicht auch auf das neueBeschwerdeverfahren anzuwenden).

Aus der Wortfolge "die gleiche Ordnungsstrafe kann verhängt werden" im § 112 Abs. 3 BAO ergibt sich, dass die Verhängung einer Ordnungsstrafe wegen beleidigender Schreibweise dem Grunde und auch der Höhe nach im behördlichen Ermessen liegt ( 89/14/0144; Ritz, Kommentar zur BAO2 § 112 Rz 6). Nach § 20 BAO haben sich Ermessens- entscheidungen stets in jenen Grenzen zu halten, die das Gesetz dem Ermessen zieht. Innerhalb dieser Grenzen sind Ermessensentscheidungen nach "Billigkeit" und "Zweckmäßigkeit" unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen.

Unter Billigkeit versteht die ständige Rechtsprechung regelmäßig die Angemessenheit in Bezug auf berechtigte Interessen der Partei, unter Zweckmäßigkeit das öffentliche Interesse.

Darüber hinaus ergeben sich die für die Ermessensübung maßgeblichen Kriterien jedoch primär aus der das Ermessen einräumenden Bestimmung selbst (Ritz, Kommentar zur BAO2 § 20 Rz 5 bis 8). Jede Ermessensübung setzt daher unabdingbar eine Auseinandersetzung mit dem Zweck der konkreten (Ermessens)Norm voraus. Die Bestimmung über die Ordnungsstrafe dient nach ständiger höchstgerichtlicher Rechtsprechung zur dem § 112 Abs. 3 BAO inhaltsgleichen Bestimmung des § 34 AVG und zum § 112 Abs. 3 BAO nicht der Einnahmen- erzielung durch die Behörde, sondern vielmehr der Wahrung des Anstandes im Verkehr mit (Abgaben)Behörden durch eine sachliche und unpersönliche Ausdrucksweise (; 87/11/0271; 89/14/0144). Weiters ist Normzweck, eine Verfahrensentschärfung herbeizuführen und dadurch für die Zukunft die Möglichkeit einer sachlichen Auseinandersetzung zwischen Partei und Behörde zu schaffen. Der Tatbestand des § 112 Abs. 3 BAO fordert für die Verhängung einer Ordnungsstrafe nur eine beleidigende Schreibweise in einer schriftlichen Eingabe an die Abgabebehörde. Es genügt daher, wenn die vom Einbringer eines Schriftsatzes gewählte Ausdrucksweise objektiv betrachtet beleidigend ist. Beleidigungsabsicht des Einschreiters ist für die Tatbestandsverwirklichung somit nicht gefordert und daher weder zu prüfen noch nachzuweisen ( 1762 bis 1764/73; 95/15/0125; ).

Was das im Einzelfall zu verhängende Ausmaß der Ordnungsstrafe betrifft, so hat maßgebend dafür im Wesentlichen die Überlegung zu sein, welche Strafhöhe innerhalb des gesetzlichen Rahmens voraussichtlich eine Änderung des Fehlverhaltens der Partei erwarten lässt ( 89/14/0144).

Beim Tatbestandsmerkmal "beleidigende Schreibweise" im Sinne des § 112 Abs. 3 BAO handelt es sich um einen auslegungsbedürftigen, unbestimmten Gesetzesbegriff. Aus Anlass höchstgerichtlich ergangener Erkenntnisse wurden mit diesem Gesetzesbegriff bzw. dem Begriff "Beleidigung" insbesondere Ausdrucksweisen verbunden, die kränkend, verletzend, demütigend, entwürdigend, erniedrigend, herabsetzend, schimpflich, verunglimpfend, schmähend, verspottend, verhöhnend oder der Lächerlichkeit aussetzend wirken, die den Vorwurf eines verächtlichen, schändlichen, schmachvollen, sittlich verwerflichen Handels zum Ausdruck bringen sollen, die jeweils also Behauptungen darstellen, die einer Beweisführung unzugänglich sind (; 97/17/0187), und für daher ein Wahrheitsbeweis nicht in Frage kommen kann. Weiters erachtet die Rechtsprechung eine Schreibweise auch dann als beleidigend, wenn sie ein unsachliches Vorbringen solcher Art enthält, dass dies ein ungeziemendes Verhalten gegenüber der Behörde darstellt. Schließlich ist das Tatbestandserfordernis der beleidigenden Schreibweise der höchstgerichtlichen Rechtsprechung folgend auch immer dann verwirklicht, wenn ein Parteivorbringen unpassende Vergleiche, Anspielungen und dgl. beinhaltet, durch die das Verhandlungsklima zwischen Partei und Behörde belastet und eine sachliche Auseinandersetzung erschwert wird ( 95/15/0125). Für die Verwirklichung des Tatbestandes nach § 112 Abs. 3 BAO ist es im Übrigen unmaßgeblich, ob sich die beleidigenden Formulierungen gegen die Abgabenbehörde an sich, gegen konkrete Behördenorgane oder gegen eine bestimmte Amtshandlung richten ( 95/15/0125; 89/14/0144).

Beleidigend ist eine Schreibweise, wenn sie eine niedrige Gesinnung und eine nach der Sittenordnung verpönte Vorgangsweise unterstellt; wie etwa allgemein gehaltene Vorwürfe wie Manipulation, Unterstellung einer Schädigungsabsicht (s. Ritz, Kommentar3 zur BAO, § 112 Tz 2). Gleiches hat in diesem Zusammenhang für den Vorwurf des Amtsmissbrauches, der üblen Nachrede, der Verleumdung sowie der Aufforderung bzw. Anstiftung zu gerichtlich strafbaren Handlungen zu gelten, handelt es sich dabei um den Vorwurf der Erfüllung eines Straftatbestandes. Wenn in den Eingaben ein Beamter konkret des Amtsmissbrauchs beschuldigt wird um der Partei Schaden zuzufügen; bzw. ihm unterstellt wird, dass er sich nicht an Gesetze halte, dann liegt zweifelsfrei eine beleidigende Schreibweise vor. Dies gilt selbstredend auch, wenn die Vorgangsweise eines Finanzbeamten an einen Amtsmissbrauch grenzend und als kriminell bezeichnet wird.

Der Beschwerdeführer versucht in einer vom gegenständlichen Vorlageantrag nicht umfassten Beschwerde gegen einen früheren Ordnungsstrafenbescheid, seine Ausdrucksweise unter Berufung auf die unterschiedlichen Standpunkte der Behörde und des Beschwerdeführers sowie die EMRK rechtzufertigen. Dabei übersieht er aber, dass sich die Kritik einer Partei gegenüber der Behörde sich stets in den Grenzen der Sachlichkeit zu halten hat. Erfüllt daher eine schriftliche Eingabe die vorstehenden Voraussetzungen nicht, dann ist die Verhängung einer Ordnungsstrafe selbst dann zulässig und rechtmäßig, wenn der in der Behördeneingabe zum Ausdruck gebrachten Kritik inhaltliche Berechtigung zukommen sollte.

Im Hinblick auf die gehäuften Angriffe des Beschwerdeführers gegen die Behörde und ihre Organwalter (vgl. Familienbeihilfe-Bezugsakt zu RV/0304-1/11, Niederschrift und Aktenvermerk vom , Aktenvermerk vom , Ordnungsstrafenbescheid vom ) erachtet die Abgabenbehörde die Verhängung einer Ordnungsstrafe jedenfalls als zweckmäßig. Die Erforderlichkeit einer solchen Maßnahme ergibt sich vorliegend aber nicht nur unter dem Gesichtspunkt der Ahndung der beschriebenen beleidigenden Ausdrucksweisen des Berufungswerbers, sondern insbesondere auch deshalb, weil der Einschreiter zu einer angepassten Ausdrucksweise im Behördenverkehr angeleitet und nicht zuletzt auch das durch die beschriebenen Formulierungen zwischen Erstbehörde und Einschreiter getrübte Verhandlungsklima jedenfalls für die Zukunft entschärft werden soll. Dass eine solche Entschärfung im vorliegenden Fall dringend geboten ist, zeigt das erneut nicht den üblichen Anstandserfordernissen gegenüber Behörden entsprechende Vorbringen des Beschwerde-führers im gegenständlichen Vorlageantrag und den am selben Tag eingebrachten Beschwerden gegen Zwangs- und Ordnungsstrafenbescheide.

Als Billigkeitsgrund brachte der Beschwerdeführer seine angespannte finanzielle Situation vor und ist diese der Abgabenbehörde wohlbekannt. Mit der Festsetzung einer Ordnungsstrafe mit neuerlich € 500, obwohl gegenüber dem Beschwerdeführer bereits zwei Ordnungsstrafen in Höhe von € 300 und € 500 festgesetzt wurden, nimmt die Abgabenbehörde Rücksicht auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers. Gleichzeitig wird der Beschwerdeführer aber ermahnt, sich hinkünftig in seiner Ausdrucksweise zu mäßigen, widrigenfalls die Abgabenbehörde bei zukünftigen Festsetzungen von Ordnungsstrafen von der gesetzlichen Höchststrafe Gebrauch machen wird."

2. Beweiswürdigung

Die streitverfangenen Äußerungen in dem dem Ordnungsstrafenbescheid zugrundeliegenden Vorlageantrag, aufgrund welcher die Abgabenbehörde den streitgegenständlichen Ordnungsstrafenbescheid erlassen hat, ergeben sich aus den oben wiedergegenbenen Ausführungen im Vorlageantrag, wobei die von der Abgabenbehörde als ordnungswidrig erachteten Textpassagen im streitgegenständlich angefochtenen Bescheid angeführt wurden.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I.

Gemäß § 112 Abs. 1 BAO hat das Organ einer Abgabenbehörde, das eine Amtshandlung leitet, für die Aufrechterhaltung der Ordnung und für die Wahrung des Anstandes zu sorgen.

Personen, die die Amtshandlung stören oder durch ungeziemendes Benehmen den Anstand verletzen, sind zu ermahnen; bleibt die Ermahnung erfolglos, so kann ihnen nach vorausgegangener Androhung das Wort entzogen, ihre Entfernung verfügt und ihnen die Bestellung eines Bevollmächtigten aufgetragen oder gegen sie eine Ordnungsstrafe bis 700 Euro verhängt werden (§ 112 Abs. 2 BAO).

Die gleiche Ordnungsstrafe kann die Abgabenbehörde gegen Personen verhängen, die sich in schriftlichen Eingaben einer beleidigenden Schreibweise bedienen (§ 112 Abs. 3 BAO).

Während die Verhängung einer Ordnungsstrafe gegen Personen, die eine Amtshandlung stören oder durch ungeziemendes Benehmen den Anstand verletzen, eine erfolglose Mahnung und die Androhung der Ordnungsstrafe voraussetzt, setzt die Verhängung einer Ordnungsstrafe bei beleidigender Schreibweise in einer Eingabe hingegen keine vorherige Androhung voraus (Ritz, BAO7, § 112 Tz 1, mit Hinweis auf 2163, 2164/65, Slg 7029A).

Die Bestimmung über die Ordnungsstrafe dient nach ständiger höchstgerichtlicher Rechtsprechung zu der dem § 112 Abs. 3 BAO inhaltsgleichen Bestimmung des § 34 AVG (Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz) der Wahrung des Anstandes im Verkehr mit (Abgaben)Behörden durch eine sachliche und unpersönliche Ausdrucksweise (; ).

Versucht man, dem Inhalt des Begriffes "Beleidigung" näherzukommen, so müssen mit ihm Ausdrucksweisen verbunden werden, die kränkend, verletzend, demütigend, entwürdigend, erniedrigend, herabsetzend, schimpflich, verunglimpfend, schmähend, verspottend, verhöhnend, der Lächerlichkeit aussetzend wirken sollen, die den Vorwurf eines verächtlichen, schändlichen, schmachvollen, sittlich verwerflichen Handelns zum Ausdruck bringen sollen, kurzum Behauptungen sind, die einer Beweisführung nicht zugänglich sind ().

Eine beleidigende Schreibweise liegt bereits vor, wenn eine Eingabe ein unsachliches Vorbringen enthält, das in einer Art gehalten ist, die ein unziemendes Verhalten gegenüber der Behörde darstellt (). Dabei ist es ohne Belang, ob sich die beleidigende Schreibweise gegen die Behörde, gegen das Verwaltungsorgan oder gegen eine einzige Amtshandlung richtete (; ; 95/15/0125).

Eine beleidigende Schreibweise liegt sohin jedenfalls dann vor, wenn die Eingabe anstandsverletzende Ausdrücke und Wendungen enthält, die geeignet sind, das Ansehen der Behörde herabzusetzen, während eine in entsprechender Form vorgebrachte sachliche Kritik allein keine beleidigende Schreibweise darstellt. Eine beleidigende Schreibweise kann also auch vorliegen, wenn das hinter den gewählten Worten stehende Anliegen berechtigt ist. Beleidigend ist eine Ausdrucksweise nämlich auch dann, wenn sie den Boden sachlicher Kritik verlässt und demjenigen eine niedrige Gesinnung und eine nach der Sittenordnung verpönte Vorgangsweise unterstellt, dem eine solche Methode vorgeworfen wird (konkret in , die Wortfolge "quasi als Raubrittermethode" ebenso wie der Ausdruck "staatliche Wegelagerei").

Unter einer beleidigenden Schreibweise ist nicht nur eine solche zu verstehen, die geeignet ist, ein Behördenorgan in seiner Ehre herabzusetzen; vielmehr ist als beleidigende Schreibweise auch schon eine solche anzusehen, die das Verhandlungsklima zwischen Behörde und Einschreiter durch unsachliche Ausdrücke, unpassende Vergleiche, Anspielungen etc dergestalt belastet, dass eine sachliche Auseinandersetzung mit dem Vorbringen erschwert, wenn nicht gar verhindert wird ().

§ 112 BAO ermächtigt die Behörde somit, das Amtsansehen zu wahren und dann einzugreifen, wenn der der Behörde gegenüber gebotene Anstand - beschadet einer im Einzelfall sachlich gebotenen Kritik - verletzt worden ist. Es steht jedem Staatsbürger frei, der in einer Handlung eines Organes einer Behörde eine Überschreitung oder missbräuchliche Verwendung der Amtsbefugnisse erblickt, dies in der gesetzlich vorgesehenen Form geltend zu machen. Keinesfalls besteht aber ein Rechtsanspruch darauf, das Ansehen der Behörde durch allgemeine Anschuldigungen enthaltene Eingaben herabzuwürdigen.

Die Vorschriften des § 112 BAO dienen nicht dem Schutz der in einer Eingabe kritisierten Personen oder behördlichen Vorgangsweise, sondern haben die Aufgabe - wie bereits ausgeführt, die Wahrung des Anstandes im Verkehr mit Behörden zu gewährleisten. Nicht die Kritik, sondern die Art ihres Vorbringens ist Gegenstand des Schutzes.

Beleidigend ist eine Schreibweise also dann, wenn sich die Kritik an der Behörde bzw. an einem Behördenorgan nicht auf die Sache beschränkt, nicht in einer den Mindestanforderungen des Anstandes entsprechenden Form vorgebracht wird oder Behauptungen enthält, die einer Beweisführung nicht zugänglich sind. Bereits die Erfüllung eines dieser Kriterien reicht aus, um eine Schreibweise als "beleidigend" zu qualifizieren (Ritz, a.a.O., § 112 Tz 2 mit Hinweis auf ; und ). ).

Bei der Lösung der Rechtsfrage, ob eine schriftliche Äußerung den Anstand verletzt, ist zu berücksichtigen, dass die Behörden in einer demokratischen Gesellschaft Äußerungen der Kritik, des Unmutes und des Vorwurfes ohne übertriebene Empfindlichkeit hinnehmen müssen. Allgemein gehaltene Vorwürfe wie Manipulationen oder eine Schädigungsabsicht unterstellen jedoch eine niedrige Gesinnung und eine verpönte Vorgehensweise ().

Da es sich bei der Beurteilung, ob eine schriftliche Äußerung beleidigende Ausdrücke enthält bzw. den Anstand verletzt, um eine Rechtsfrage handelt, ist ein Wahrheitsbeweis im Ordnungsstrafenverfahren nicht möglich, weil die Form des Vorbringens kein Gegenstand einer solchen Beweisführung (Wahrheitsbeweis) ist.

Soweit der Beschwerdeführer in der Beschwerde vom bzw. in der mündlichen Verhandlung auf das Recht auf freie Meinungsäußerung verweist und dazu Art. 13 StGG sowie Art. 10 EMRK ins Treffen führt, ist anzumerken, dass das Recht auf freie Meinungsäußerung nur "innerhalb der gesetzlichen Schranken" gewährleistet ist. Eine solche Schranke bildet aber § 34 Abs. 3 AVG () ebenso wie § 112 BAO.

Wenn der Beschwerdeführer schließlich mit seinen Ausführungen in der Beschwerde vom gegen den Ordnungsstrafenbescheid sowie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat offenkundig vermeint, er habe die gesetzlichen Schranken der Meinungsfreiheit nicht überschritten, indem er versucht, darzustellen, warum seine inkriminierten Äußerungen aufgrund konkret geschilderter Verfahrensschritte der Abgabenbehörde gerechtfertigt seien, ist ihm zu erwidern, dass auch Kritik nicht eine in den Bereich der Schmähung behördlichen Vorgehens bzw. von Organen der Behörde abgleitende Schreibweise rechtfertigen kann (). Auch die Überzeugung einer Partei, ihre Kritik sei berechtigt, kann eine beleidigende Schreibweise nicht entschuldigen (vgl. ). Eine Kritik ist nämlich nur dann "sachbeschränkt", wenn die Notwendigkeit dieses Vorbringens zum Zweck der entsprechenden Rechtsverfolgung angenommen werden kann (). Wird der Tatbestand des § 112 Abs. 3 BAO erfüllt, würde auch ein gelungener Beweis der Kritik den Schreiber nicht mehr rechtfertigen (; VwGH 1990/07/02; VwGH 90/19/0299).

Die Schreibweise des Beschwerdeführers in der der Ordnungsstrafe zugrunde liegenden Eingabe entspricht zweifelsfrei keineswegs den Mindestanforderungen des Anstandes, wie bereits von der Abgabenbehörde in der Beschwerdevorentscheidung ausführlich dargelegt und schließt sich das Bundesfinanzgericht diesen Ausführungen vollinhaltlich an.

Die vom Beschwerdeführer von der Abgabenbehörde im angefochtenen Bescheid angeführten Textpassagen im Vorlageantrag verlassen den Boden der Sachlichkeit und der konstruktiven Kritik und verunglimpfen die Abgabenbehörde als solche und unterstellen sogar gesetzwidriges sowie strafbares Verhalten. Dass diese Schreibweise des Beschwerdeführers in der der Ordnungsstrafe zugrundeliegenden Eingabe den Mindestanforderungen des Anstandes nicht entspricht, bedarf keiner weiteren Erörterung mehr.

Im Hinblick darauf, dass sich der Beschwerdeführer in einer Vielzahl von Äußerungen wiederholt und massiv einer beleidigenden Ausdrucksweise bedient hat, war die Verhängung einer Ordnungsstrafe jedenfalls geboten und erfolgte diese sohin dem Grunde nach jedenfalls zu Recht.

Die Verhängung von Ordnungsstrafen wegen beleidigender Schreibweise liegt nicht nur dem Grunde, sondern auch der Höhe nach im Ermessen der Behörde (Ritz, a.a.O., § 112 Tz 6 sowie ).

Nach § 20 BAO haben sich Ermessensentscheidungen in den Grenzen zu halten, die das Gesetz dem Ermessen zieht. Innerhalb dieser Grenzen sind Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen. Unter Billigkeit versteht die ständige Rechtsprechung die Angemessenheit in Bezug auf berechtigte Interessen der Partei, unter Zweckmäßigkeit das öffentliche Interesse. Darüber hinaus ergeben sich die für die Ermessensübung maßgebenden Kriterien jedoch primär aus der das Ermessen einräumenden Bestimmung selbst (Ritz, BAO 6, § 20, Tz 5 bis 8).

Die Bestimmung über die Ordnungsstrafe dient nach ständiger höchstgerichtlicher Rechtsprechung zur dem § 112 Abs. 3 BAO inhaltsgleichen Bestimmung des § 34 AVG (Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz) und zum § 112 Abs. 3 BAO dazu, eine Person zur Besserung ihres Verhaltens im Abgabenverfahren und der Wahrung des Anstandes im Verkehr mit (Abgaben)Behörden durch eine sachliche und unpersönliche Ausdrucksweise zu bewegen (; ).

Maßgebend für das Ausmaß einer Ordnungsstrafe ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes u.a. die Überlegung, welche Strafhöhe innerhalb des gesetzlichen Rahmens eine Änderung des Fehlverhaltens jener Person erwarten lässt, die sich der beleidigenden Schreibweise bedient ().

Im Hinblick darauf, dass sich der Beschwerdeführer in der streitgegenständlichen Eingabe in einer Vielzahl von Äußerungen wiederholt und massiv einer beleidigenden bedient hat und sich die Erforderlichkeit der Verhängung einer Ordnungsstrafe sich nicht nur unter dem Gesichtspunkt der Ahndung der beschriebenen beleidigenden Ausdrucksweise, sondern insbesondere auch deshalb ergibt, weil der Beschwerdeführer zu einer angepassten Ausdrucksweise im Behördenverkehr angeleitet werden soll, war die Verhängung der Ordnungsstrafe auch der Höhe nach durchaus gerechtfertigt, zumal gegenüber dem Beschwerdeführer bereits am eine rechtskräftige (vgl. dazu Ausführungen im angefochtenen Bescheid) und am eine weitere Ordnungsstrafe (vgl. ) verhängt wurde.

Die mit 500 € bemessene Ordnungsstrafe erscheint bei dem gegebenen Sachverhalt und der Zielsetzung, den Beschwerdeführer zu einer anständigen Begegnung im Verkehr mit den Abgabenbehörden anzuleiten, sohin jedenfalls als angemessen.

Insgesamt gesehen war daher die Festsetzung der gegenständlichen Ordnungsstrafe dem Grunde und der Höhe nach gerechtfertigt und somit spruchgemäß zu entscheiden.

Zu den Schreiben mit der Überschrift "Beweiszeugen", welches vom Beschwerdeführer im Rahmen der mündlichen Verhandlung dem Senat vorgelegt wurde, wurden sieben Organe der Abgabenbehörde sowie fünf Richter und Richterinnen des Bundesfinanzgerichtes, Außenstelle ***6***, namentlich angeführt, mit dem Beifügen "als Zeuge" bzw. "als Zeugin", ohne weitere Ausführungen.

Dazu ist darauf hinzuweisen, dass die Beachtlichkeit eines Beweisantrages nach § 183 Abs. 3 BAO die ordnungsgemäße (konkrete und präzise) Angabe des Beweisthemas, das mit dem Beweismittel unter Beweis gestellt werden soll, voraussetzt. Beweisanträgen, die nicht ausreichend erkennen lassen, welche konkrete Tatsachenbehauptung im Einzelnen durch das angebotene Beweismittel erwiesen werden soll, braucht das Bundesfinanzgericht gem. § 183 Abs. 3 BAO ebenso nicht zu entsprechen wie solchen Beweisanträgen, die auch eine abstrakte Tauglichkeit des Beweismittels zur Beweisführung über das Beweisthema nicht einsichtig machen (zB ; ; uva.).

Darüberhianus ist zu berücksichtigen, dass sich der streitgegenständlich relevante Sachverhalt, nämlich die konkreten Äußerungen des Beschwerdeführers, den Beschwerdeschriften zu entnehmen und somit unstrittig feststehen, weshalb es dafür sohin ohnedies keines weiteren Beweises bedarf.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Fall liegt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor. Die Rechtsfolgen ergeben sich aus dem Gesetz und sind durch die im Erkenntnis zitierte Rechtsprechung gedeckt.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 112 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 112 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 20 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 112 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 34 AVG, Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51/1991
§ 112 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Art. 13 StGG, Staatsgrundgesetz, RGBl. Nr. 142/1867
Art. 10 EMRK, Europäische Menschenrechtskonvention, BGBl. Nr. 210/1958
§ 34 Abs. 3 AVG, Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51/1991
§ 183 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise













VwGH, 90/19/0299


ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.3100382.2016

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at