Bescheidbeschwerde – Senat – Beschluss, BFG vom 09.04.2024, RV/7104494/2020

Fehlende Begründung einer Beschwerde führt zur Erlassung eines Mängelbehebungsauftrages gemäß § 85 Abs. 2 BAO

Beachte

VfGH-Beschwerde zur Zahl E 1954/2024 anhängig.

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Senatsvorsitzende Dr. Anna Radschek, die Richterin Mag. Sonja Stradner und die fachkundigen Laienrichter Manfred Fiala und Ing. KomzlR. Hans Eisenkölbl in der Beschwerdesache ***Bf***, ***Bf-Adr***, vertreten durch ***K***, betreffend Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Wien 8/16/17 (nunmehr Finanzamt Österreich) betreffend

1) Feststellung der Einkünfte gemäß § 188 BAO 2014 und 2015 (Bescheide jeweils vom ),

2) Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 BAO betreffend Umsatzsteuer 2014 und Umsatzsteuer 2014 und 2015 (alle Bescheide vom ),

3) Festsetzung der Umsatzsteuer für den Zeitraum 04/2015 bis 12/2015 (Bescheide pro Monat jeweils vom ),

4) Festsetzung der Umsatzsteuer für den Zeitraum 01/2016 bis 03/2016 (Bescheide pro Monat jeweils vom ),

5) Festsetzung der Umsatzsteuer 04/2016 (Bescheid vom ),

zu Steuernummer ***Bf-StNr***, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am in Anwesenheit des Schriftführers Arian Selimaj beschlossen:

I. Die Beschwerde gegen die unter Punkt 1) bis 5) angeführten Bescheide wird gemäß § 85 Abs. 2 BAO iVm § 278 Abs. 1 lit. b BAO als zurückgenommen erklärt.

II. Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Hinweis

Der Beschluss wirkt gegen alle Beteiligten, denen Einkünfte zugerechnet werden (§ 191 Abs. 3 BAO). Mit der Zustellung dieser Beschlussausfertigung an eine nach § 81 BAO vertretungsbefugte Person gilt die Zustellung an alle Beteiligten als vollzogen (§ 101 Abs. 3 und 4 BAO).

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Bei der Beschwerdeführerin (Bf.) ***Bf*** fand eine Außenprüfung statt, welche mit Bericht über das Ergebnis der Außenprüfung vom abgeschlossen wurde. Auf Grund der Feststellungen der Außenprüfung wurden die gegenständlich angefochtenen Bescheide erlassen:

- Feststellung der Einkünfte 2014 und 2015,

- Wiederaufnahme des Umsatzsteuerverfahrens 2014 und Umsatzsteuerbescheid 2014,

- Umsatzsteuerbescheid 2015,

- Umsatzsteuerfestsetzungsbescheide 04-12/2015,

- Umsatzsteuerfestsetzungsbescheide 01-04/2016.

Gegen diese Bescheide brachte die Bf., vertreten durch den Rechtsanwalt Dr. ***E***, fristgerecht Beschwerde vom ein. Dr. ***E*** ersuchte um künftige Zustellungen in diesem Beschwerdeverfahren zu seinen Handen.

Begründend führte der Vertreter lediglich aus, dass die oben angeführten Bescheide aus anwaltlicher Vorsicht vollinhaltlich wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften und wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes angefochten werden.

Die Bf. beantragte, die Umsatzsteuer 2014, 2015, 04-12/2015, 01-04/2016 sowie die einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften aus Personengesellschaften 2014 und 2015, wie in den Erklärungen bekannt gegeben und im Verfahren durch die Bilanzbuchhalterin richtiggestellt, zu veranlagen. Ebenso beantragte die Bf. eine Entscheidung durch den Senat und eine mündliche Beschwerdeverhandlung.

Das Finanzamt versendete am einen Mängelbehebungsauftrag, da der Beschwerde eine Begründung fehlte, vorerst irrtümlich an die ***Bf*** zu Handen ***Bf-Komplementär*** und danach nochmals aufgrund der Zustellvollmacht an den Vertreter RA Dr. ***E***.

Die Abgabenbehörde wurde am vom Sekretariat ehemals RA Dr. ***E*** informiert, dass Dr. ***E*** am verstorben ist.

Nach der dritten Zustellung des Mängelbehebungsauftrages zu Handen des nunmehr bekannt gegebenen Vertreters, Mag. ***S***, ersuchte die Bf. um Fristverlängerung bis .

Die Beschwerde gegen die Umsatzsteuerfestsetzungsbescheide 04-12/2015 wies das Finanzamt mit Beschwerdevorentscheidung (BVE) vom als nicht zulässig zurück. Mit Ergehen des Umsatzsteuerjahresbescheides 2015 seien die Umsatzsteuerfestsetzungs-bescheide gemäß § 21 Abs. 3 UStG 1994 aus dem Rechtsbestand ausgeschieden, die Entscheidungspflicht des Finanzamtes zu Umsatzsteuervoranmeldungen erlösche daher ab Ergehen des Jahresbescheides.

Die Beschwerde gegen die übrigen oa. Bescheide wurde mit Beschwerdevorentscheidungen (BVE) vom bzw. gemäß § 85 Abs. 2 BAO als zurückgenommen erklärt. Begründend wurde ausgeführt, dass dem Mängelbehebungsauftrag hinsichtlich der am eingebrachten Beschwerde trotz Fristverlängerung bis nicht entsprochen worden sei.

Dagegen brachte der nunmehr bevollmächtigte Vertreter der Bf., RA Mag. ***K***, fristgerecht Vorlageanträge ein und beantragte die Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht sowie eine mündliche Senatsverhandlung. Er ersuchte in dieser Beschwerdeangelegenheit um Zustellung zu seinen Handen.

In den Vorlageanträgen wurde begründend ausgeführt, dass seitens der Finanzbehörde Zustellmängel vorlägen und keine Säumigkeit der Bf. gegeben sei. Der Beschwerde würden keine Mängel zugrunde liegen, sodass eine Behebung der Mängel nicht notwendig gewesen sei. Die Beschwerde vom sei vollinhaltlich und richtig, auf deren Inhalt werde verwiesen.

Eine Behebung angeblicher Mängel hätte krankheitsbedingt nicht erfolgen können und sei daher entschuldbar. Der Geschäftsführer der Komplementär-GmbH sei zum verfahrensgegenständlichen Zeitpunkt und noch immer erkrankt, gehöre zur COVID-19- Risikogruppe, lebe in München und sei krankheitsbedingt ständig ortsabwesend. Die nunmehr zuständige Steuerberatung, Mag. ***S***, sei mit dem relevanten Zeitraum noch nicht befasst gewesen, es fehle daher an Informationen. Die aufgetragene Behebung angeblicher Mängel sei jedenfalls nicht schuldhaft versäumt worden, wobei erneut darauf hingewiesen werde, dass eine Behebung angeblicher Mängel nicht notwendig, da das Beschwerde-vorbringen ohnedies ausreichend gewesen sei.

Das Finanzamt legte den Akt am dem Bundesfinanzgericht vor, wobei der nunmehr zuständigen Gerichtsabteilung der Fall am zugewiesen wurde.

Zur mündlichen Verhandlung am wurden die Parteien mit Schreiben vom geladen. Seitens des bevollmächtigten Vertreters der Bf., RA Mag. ***K***, wurde mit Mail vom um Vertagung der Verhandlung aufgrund von Terminkollision ersucht. Als Nachweis wurden zwei Ladungen als Rechtsvertreter zu Verhandlungen in Graz vorgelegt.

In telefonischer Abstimmung wurde daraufhin von der Berichterstatterin am ein neuer Verhandlungstermin für mit dem Rechtsvertreter vereinbart und die Parteien geladen.

Mit Fax vom (Gründonnerstag) ersuchte der Rechtsvertreter der Bf. erneut um Vertagung und brachte vor, dass eine Akteneinsicht am beim Finanzamt Österreich zur Vorbereitung auf die Beschwerdeverhandlung gescheitert sei. Die Bf. ersuchte nunmehr das Gericht, um Anforderung der vollständigen Akten vom Finanzamt, um Akteneinsicht nehmen zu können. Die Verhandlung sei auf einen Zeitpunkt ab 14 Tage nach Akteneinsicht zu verlegen.

Die Verhandlung fand am statt. Der Vertreter der Bf., RA Mag. ***K***, nahm teil und brachte erneut vor, dass eine Akteneinsicht beim Finanzamt zwar durch den Bruder des Geschäftsführers, Herrn ***L***, stattgefunden habe, in die Unterlagen zum Betriebsprüfungsbericht jedoch keine Einsicht gewährt worden sei. Ergänzend führte er noch aus, dass die Gewinnverteilung in den Feststellungsbescheiden nicht korrekt entsprechend der Beteiligungshöhe erfolgt sei. Zum Verfahrensablauf selbst könnten keine Angaben gemacht werden, da er die Bf. damals nicht vertreten habe.

Der Vertreter des Finanzamtes verwies auf den Vorlagebericht vom und führte aus, dass sämtliche Schriftstücke ordnungsgemäß zugestellt worden seien, die Beschwerde keine Begründung beinhaltet habe und der Mängelbehebungsauftrag daher zu Recht ergangen sei. Zum Thema "Akteneinsicht" gab der Finanzamtsvertreter bekannt, dass er selbst Herrn ***L*** zweimal (für ca. zwei Stunden) alle im Finanzamt vorhandenen Dokumente, die dieser sehen wollte, am Computer aufgerufen und gezeigt habe. Davon habe Herr ***L*** auch Fotos gemacht. Eine weitere Akteneinsicht sei jederzeit möglich.

Im Anschluss an die Beratung des Senates verkündete die Vorsitzende obigen Beschluss samt Begründung.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Die Bf. betreibt seit April 2013 eine Kfz-Werkstätte am Standort ***Adresse*** und hat ein vom Kalenderjahr abweichendes Wirtschaftsjahr, beginnend mit 01.04. bis 31.03. des Folgejahres, für die Gewinnermittlung und Umsatzsteuer-veranlagung gewählt.

Die Umsatzsteuer 2014 wurde am erklärungsgemäß veranlagt, eine Erklärung zur Feststellung der Einkünfte gemäß § 188 BAO für das Jahr 2014 wurde nicht eingereicht.

Die Umsatzsteuererklärung 2015 wurde am eingebracht, eine Erklärung zur Feststellung der Einkünfte gemäß § 188 BAO für das Jahr 2015 fehlte.

Für das Jahr 2016 wurde weder eine Umsatzsteuererklärung von der Bf. eingereicht noch eine Umsatzsteuerveranlagung durch das Finanzamt vorgenommen. Es wurden lediglich die angefochtenen Umsatzsteuerfestsetzungen seitens des Finanzamtes vorgenommen.

Das Finanzamt hat nach einer Außenprüfung betreffend die Jahre 2013 bis 2016 Änderungen bei der Umsatzsteuer ua. hinsichtlich Erlösermittlung und Vorsteuerkürzung getroffen bzw. Einkünfte der Bf. im Schätzungswege festgesetzt und die im Spruch genannten angefochtenen Bescheide erlassen.

Der (damalige) Vertreter der Bf., RA Dr. ***E***, hat fristgerecht gegen die Bescheide "aus anwaltlicher Vorsicht aufgrund von Kanzleiüberlastung zur Fristwahrung" Beschwerde wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften und wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhoben. Beantragt wurde die erklärungsgemäße bzw. im Verfahren durch die Bilanzbuchhalterin Mag. (FH) ***F*** richtiggestellte Veranlagung. Eine Begründung findet sich im Schreiben nicht.

Da diese Beschwerde nicht den Erfordernissen des § 250 Abs. 1 BAO entsprach, wurde der Bf. (irrtümlich) und nicht dem Zustellbevollmächtigten RA Dr. ***E*** mit Mängelbehebungsauftrag vom aufgetragen, die angeführten Mängel (Fehlen einer Begründung) bis zum zu beheben, widrigenfalls die Eingabe als zurückgenommen zu erklären sei. Der Mängelbehebungsauftrag umfasste alle in der Beschwerde angeführten Bescheide.

Nach Bekanntgabe, dass dem bevollmächtigten Vertreter RA Dr. ***E*** zuzustellen gewesen wäre, stellte das Finanzamt den Mängelvorhalt diesem zu, mit dem Auftrag die Mängel bis zu beheben, widrigenfalls bei Versäumung dieser Frist die Beschwerde als zurückgenommen gelte. Die Zustellung erfolgte durch Hinterlegung am .

Mit Schreiben vom teilte das ehemaligen Sekretariat RA Dr. ***E*** dem Finanzamt mit, dass Dr. ***E*** am verstorben und dadurch das Vollmachtsverhältnis erloschen sei. Mag. ***S*** wurde als steuerliche Vertretung bekanntgegeben.

Der Mängelbehebungsauftrag wurde daraufhin Mag. ***S***, nunmehriger Zustellbevollmächtigter, am zugestellt und die Frist für die Mängelbehebung bis festgesetzt, andernfalls die Beschwerde als zurückgenommen zu erklären sei.

Am wurde von der Bf. ein Fristverlängerungsansuchen bis eingebracht und mitgeteilt, dass "Mag. ***S*** und sein Team unter Leitung von Frau Mag. ***J*** jetzt alles wahrnehmen werden".

Die Frist wurde daraufhin vom Finanzamt formlos amtswegig bis erstreckt. Diese Fristverlängerung wurde auch seitens der Bf. schriftlich bestätigt. Eine weitere Fristerstreckung beantragte die Bf. nicht.

Dem Mängelbehebungsauftrag wurde nicht Folge geleistet.

Das Finanzamt erließ nach Ablauf der Frist am bzw. die Beschwerdevorentscheidungen (BVE) betreffend die angefochtenen Bescheide und erklärte die Beschwerde gegen die im Spruch unter Punkt 1), 2), 4) und 5) angeführten Bescheide gemäß § 85 Abs. 2 BAO als zurückgenommen.

Die Beschwerde gegen die Festsetzung der Umsatzsteuer 04-12/2015 vom (Pkt. 3) wurde mit BVE vom gemäß § 260 BAO als nicht zulässig zurückgewiesen.

RA Mag. ***K*** brachte mit gleichzeitiger Vollmachtsbekanntgabe gegen die Beschwerdevorentscheidungen jeweils fristgerecht Vorlageanträge ein. Begründend brachte er einerseits Zustellmängel seitens des Finanzamtes und andererseits die Unzulässigkeit des Mängelbehebungsauftrages vor (siehe dazu bereits Punkt I.).

2. Beweiswürdigung

Der vorliegende Sachverhalt ergibt sich schlüssig aufgrund des vorgelegten Verwaltungsaktes, aus dem das Datum der jeweiligen Bescheiderstellungen sowie der Zustellung der einzelnen Mängelbehebungsaufträge ersichtlich ist.

Dass der Inhalt der verfahrensgegenständlichen Beschwerde vom die Durchführung eines Mängelbehebungsverfahrens zwingend erforderlich machte, steht für das Bundesfinanzgericht außer Zweifel. In der Beschwerde wurde lediglich auf die Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhalts verwiesen. Genauere Ausführungen und Begründungen fehlen. Auch die Wortwahl "In umseitiger Rechtssache erhebt die ***Bf*** durch den ausgewiesenen Rechtsvertreter Dr. ***E*** aus anwaltlicher Vorsicht aufgrund von Kanzleiüberlastung zur Fristwahrung Beschwerde." zeigt auf, dass eine inhaltliche Auseinandersetzung mit den aufgrund der Betriebsprüfung geänderten Bescheiden nicht stattgefunden hat.

Dass der (3.) Mängelbehebungsauftrag dem Zustellbevollmächtigten Mag. ***S*** am zugegangen ist, ergibt sich aus dem vorliegenden Rückschein (RSb) sowie dem Fristverlängerungsantrag der Bf. vom . Die verlängerte Frist bis wurde von der Bf. selbst vorgeschlagen, weshalb die Frage der Angemessenheit auch nicht in Streit steht. Ausgeführt wurde, dass Herr Mag. ***S*** und sein Team unter der Leitung von Frau Mag. ***J*** jetzt alles wahrnehmen werden. Eine weitere Fristverlängerung wurde nicht beantragt und auch nicht behauptet.

Aufgrund der glaubhaften Ausführungen des Finanzamtes ist davon auszugehen, dass die seitens der Bf. beantragte Akteneinsicht beim Finanzamt erfolgt ist und sich die Bf. auf die Verhandlung vorbereiten konnte. Dem Vorlagebericht vom , der auch der Bf. zuging und somit Vorhaltecharakter entfaltet, war zu entnehmen, dass in einem ersten Schritt die rechtmäßige Erlassung und ordnungsgemäße Zustellung des Mängelbehebungsauftrages (aufgrund der fehlenden Begründung in der Beschwerde) zu beurteilen war. Die an das BFG übermittelten Dokumente waren ebenfalls im Vorlagebericht angeführt, sodass bereits seit fast dreieinhalb Jahren eine entsprechende Akteneinsicht hätte erfolgen können.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. - Zurücknahmeerklärung

Gesetzliche Grundlage:

Nach § 85 Abs. 1 BAO sind Anbringen zur Geltendmachung von Rechten oder zur Erfüllung von Verpflichtungen (insbesondere Erklärungen, Anträge, Beantwortungen von Bedenkenvorhalten, Rechtsmittel) vorbehaltlich der Bestimmungen des Abs. 3 schriftlich einzureichen (Eingaben).

Eine Beschwerde gegen einen Bescheid einer Abgabenbehörde ist folglich ein Anbringen zur Geltendmachung von Rechten und damit eine Eingabe im Sinne des § 85 Abs. 1 BAO.

Gemäß § 85 Abs. 2 BAO berechtigen Mängel von Eingaben (Formgebrechen, inhaltliche Mängel, Fehlen einer Unterschrift) die Abgabenbehörde nicht zur Zurückweisung; inhaltliche Mängel liegen nur dann vor, wenn in einer Eingabe gesetzlich geforderte inhaltliche Angaben fehlen. Sie hat dem Einschreiter die Behebung dieser Mängel mit dem Hinweis aufzutragen, dass die Eingabe nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden angemessenen Frist als zurückgenommen gilt; werden die Mängel rechtzeitig behoben, gilt die Eingabe als ursprünglich richtig eingebracht.

§ 250 Abs. 1 BAO zufolge hat die Bescheidbeschwerde zu enthalten:

a. die Bezeichnung des Bescheides, gegen den sie sich richtet;

b. die Erklärung, in welchen Punkten der Bescheid angefochten wird;

c. die Erklärung, welche Änderungen beantragt werden;

d. eine Begründung.

Eine gesetzeskonforme Beschwerde hat sämtliche in § 250 Abs. 1 BAO genannten Merkmale kumulativ zu enthalten. Entspricht eine Beschwerde diesen inhaltlichen Erfordernissen nicht, hat die Abgabenbehörde daher ein Mängelbehebungsverfahren durchzuführen. Sie hat dem Einschreiter die betreffenden Mängel mit dem Hinweis aufzutragen, dass die als Beschwerde intendierte Eingabe nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden angemessenen Frist als zurückgenommen gilt. Werden die Mängel rechtzeitig behoben, gilt die Eingabe als ursprünglich richtig eingebracht (§ 85 Abs. 2 BAO).

Das Erlassen eines Mängelbehebungsauftrages liegt nicht im Ermessen der Abgabenbehörde. Entspricht eine Bescheidbeschwerde nicht den Vorgaben des § 250 Abs. 1 BAO, ist die Behörde verpflichtet, einen derartigen Auftrag zu erlassen. Ebenso gilt die Bescheidbeschwerde zwingend als zurückgenommen, wenn einem gesetzeskonform ergangenen Mängelbehebungsauftrag nicht ordnungsgemäß entsprochen wurde. Diese Rechtsfolge tritt ex lege ein, ohne dass es dazu eines Zurücknahmebescheides bedarf.

§ 263 Abs. 1 lit. b BAO verpflichtet die Abgabenbehörde allerdings eine Beschwerde in einer (deklarativ wirkenden) Beschwerdevorentscheidung als zurückgenommen zu erklären, sofern Mängel trotz eines gesetzkonform ergangenen Mängelbehebungsauftrages nicht, nicht fristgerecht oder unzureichend behoben wurden (; , 92/16/0116).

Ziel des Mängelbehebungsverfahrens ist es, Gegenstand und Umfang einer Beschwerde und damit die Grenze der Entscheidungspflicht zu klären, über die in der Beschwerdeerledigung abzusprechen ist.

Das bedeutet für den vorliegenden Beschwerdefall:

Unstrittig wies die Beschwerde der Bf. inhaltliche Mängel dahingehend auf, dass sie keine Begründung im Sinne des § 250 Abs. 1 lit. d BAO enthielt.

Die Angabe gemäß § 250 Abs. 1 lit. d BAO (Begründung) soll die Behörde in die Lage versetzen, klar zu erkennen, aus welchen Gründen der Bf. die Beschwerde für gerechtfertigt bzw. für Erfolg versprechend hält (; , 2007/15/0247; , 2008/15/0331; dazu auch Ritz, BAO7, § 250 Rz 14ff). Die Begründung soll aufzeigen, was der Bf. anstrebt und womit er seinen Standpunkt vertreten zu können glaubt.

In der "aus anwaltlicher Vorsicht" vorliegenden Beschwerde wurde der Abgabenbehörde jedoch ohne nähere Erläuterung Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhalts vorgeworfen. Weder ist der Beschwerde zu entnehmen, welche Änderungen aufgrund der Betriebsprüfung im Speziellen angefochten werden, noch aus welchem Grund die seitens des Finanzamtes festgestellten Erlösermittlungen und Vorsteuerkürzungen erfolgreich bekämpft werden können. Es wurde lediglich darauf hingewiesen, dass die Bescheide wie in den Erklärungen bekanntgegeben und im Verfahren durch die Bilanzbuchhalterin richtiggestellt, zu veranlagen seien. Welche Richtigstellungen durch die Bilanzbuchhalterin genau gemeint sind und somit abweichend von der eingebrachten Umsatzsteuererklärung berücksichtigt werden sollen, lässt sich aus der Beschwerde nicht erschließen.

Ist aber schon der bloße Verweis auf die Erklärung, ohne Erläuterung der eingetragenen Ziffern, an sich nicht ausreichend und stellt keine Begründung iSd § 250 Abs. 1 lit. d BAO dar (), so kann ein Abgehen von der Erklärung aufgrund von nicht näher definierten Richtigstellungen einer Bilanzbuchhalterin erst recht keine taugliche Begründung liefern. Erklärungen für die Feststellung der Einkünfte von Personengesellschaften waren erst gar nicht abgegeben worden und ist ein Verweis auf diese daher jedenfalls als Begründung unbrauchbar.

Da die Beschwerde nicht die inhaltlichen Erfordernisse gemäß § 250 Abs. 1 BAO erfüllte, hat die belangte Behörde zu Recht die Bf. zur Behebung der Mängel aufgefordert und gleichzeitig ausdrücklich auf die Rechtsfolgen einer nicht fristgerechten Behebung der Mängel hingewiesen.

Der Mängelbehebungsauftrag wurde letztlich ordnungsgemäß an den Zustellbevollmächtigten Mag. ***S*** am zugestellt, die eingeräumte Frist sogar bis antragsgemäß verlängert. Die Bf. kam dem Auftrag zur Mängelbehebung innerhalb der gesetzten Frist nicht nach. Die Beschwerde gilt somit ex lege mit Ablauf der gesetzten Frist als zurückgenommen.

Die Entscheidung der belangten Behörde, die Beschwerde vom betreffend Feststellung der Einkünfte 2014 und 2015, Umsatzsteuer 2014 und 2015, Umsatzsteuerfestsetzung 01-04/2016 mit BVE vom bzw. betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Umsatzsteuer 2014 mit BVE vom als zurückgenommen zu erklären, erfolgte somit gesetzeskonform.

Hinsichtlich der Beschwerde gegen die Umsatzsteuerfestsetzungsbescheide für den Zeitraum 04/2015 bis 12/2015 hat das Finanzamt die Sachlage insoweit verkannt, als es die Beschwerde wegen des Ergehens des Umsatzsteuerjahresbescheides 2015 gemäß § 260 BAO mittels BVE zurückgewiesen hat. Aufgrund des abweichenden Wirtschaftsjahres zum Bilanzstichtag 31.03. umfasst der Umsatzsteuerjahresbescheid 2015 jedoch den Zeitraum 04/2014 bis 03/2015 und hat daher auf die Umsatzsteuerfestsetzungsbescheide 04-12/2015 keinen Einfluss. Ein Umsatzsteuerbescheid 2016 wurde noch nicht erlassen.

Da sich die Beschwerde jedoch auch gegen die Umsatzsteuerfestsetzungsbescheide 04/2015 bis 12/2015 bezieht und zuvor festgestellt wurde, dass der Mängelbehebungsauftrag aufgrund der fehlenden Begründung zu Recht ergangen ist, gilt auch für die Umsatzsteuerfestsetzungs-bescheide oben Gesagtes. Der Mängelbehebungsauftrag umfasste die bekämpften Umsatzsteuerfestsetzungsbescheide 04-12/2105 und wurde ordnungsgemäß an den Zustellbevollmächtigten Mag. ***S*** zugestellt. Die Mängel wurden innerhalb der gewährten Frist NICHT behoben, wonach die Beschwerde als zurückgenommen zu erklären ist.

Durch die rechtzeitige Einbringung der Vorlageanträge gilt die Bescheidbeschwerde wiederum als unerledigt (§ 264 Abs. 3 BAO). Der Ausspruch, dass die Beschwerde als zurückgenommen gilt, erfolgt im verwaltungsgerichtlichen Verfahren gemäß § 278 Abs. 1 lit b BAO mit Beschluss.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Zur Vertagungsbitte

Die Bf. hat sowohl in der Beschwerde als auch in den Vorlageanträgen die Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht (Senat) nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 274 Abs. 1 Z 1 BAO beantragt.

Wie im Verfahrensgang (unter I.) geschildert, wurde aufgrund einer Vertagungsbitte die anberaumte Verhandlung bereits ein Mal verschoben und als zweiter Termin der anberaumt. Dieser Tag wurde in Absprache mit dem Rechtsvertreter unter Rücksichtnahme auf seine beruflichen Termine gewählt. Trotz Abstimmung am langte am (Gründonnerstag) eine erneute Vertagungsbitte seitens des Rechtsvertreters per Fax ein. Begründet wurde diese mit einer gescheiterten Akteneinsicht beim Finanzamt am und somit einer mangelhaften Beschwerdevorbereitung.

Dem Vorlagebericht vom , der auch der Bf. zuging und somit Vorhaltecharakter entfaltet, war zu entnehmen, dass in einem ersten Schritt die rechtmäßige Erlassung und ordnungsgemäße Zustellung des Mängelbehebungsauftrages (aufgrund der fehlenden Begründung in der Beschwerde) zu beurteilen war. Die an das BFG übermittelten Dokumente waren ebenfalls im Vorlagebericht angeführt, sodass bereits seit fast dreieinhalb Jahren eine entsprechende Akteneinsicht durch die Bf. erfolgen hätte können. Selbst zwischen der ersten Ladung (vom ) zur mündlichen Verhandlung bis zum anberaumten Termin am lag ein gutes Monat Zeit, um zumindest die dem Gericht vorgelegten Unterlagen beim Finanzamt einzusehen. Die laut Bf. gescheiterte Akteneinsicht hätte auch bereits bei der telefonischen Abstimmung mit dem Rechtsvertreter am bekannt sein müssen, wurde aber nicht ins Treffen geführt. Es lagen somit keine ausreichenden Gründe vor, die Verhandlung ein weiteres Mal zu vertagen. Eine konkrete Unmöglichkeit bzw. Unzumutbarkeit der Teilnahme an der mündlichen Verhandlung wurde nicht behauptet.

Die Verhandlung fand am im Beisein des Vertreters der Bf., RA Mag. ***K***, statt und endete mit der mündlichen Verkündung des Beschlusses.

Zu Spruchpunkt II. - Zulässigkeit einer Revision

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da sich die Rechtsfolge im streitgegenständlichen Fall unmittelbar aus dem Gesetz (§ 85 Abs. 2 BAO) ergibt und auf diese Rechtsfolge auch im Mängelbehebungsauftrag hingewiesen wurde, liegt im konkreten Fall keine Rechtsfrage vor, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die ordentliche Revision ist daher nicht zulässig.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 85 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 21 Abs. 3 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
§ 85 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 263 Abs. 1 lit. b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 250 Abs. 1 lit. d BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 250 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7104494.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at