Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 22.04.2024, RV/5100120/2023

Pauschaler Freibetrag für Körperbehinderte, die zur Fortbewegung ein eigenes Kraftfahrzeug benützen

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2021 zu Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid wird abgeändert. Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Mit der Erklärung zur Einkommensteuer 2021vom beantragte der Beschwerdeführer (in der Folge: "Bf.") unter anderem den pauschalen Freibetrag für ein auf ihn als körperbehinderte Person zugelassenes Kraftfahrzeug, wobei eine Mobilitätseinschränkung vorliege und ein Ausweis gem. § 29b StVO 1960 vorliege.

In der Folge erging das Ergänzungsersuchen vom , mit welchem der Bf. aufgefordert wurde, bis zum diverse Belege zu übersenden (ohne Bezugnahme auf den pauschalen Freibetrag oder damit zusammenhängende Belege).

Das Antwortschreiben des Bf. mit Belegen erfolgte mit , ebenfalls ohne Bezugnahme auf den pauschalen Freibetrag oder damit zusammenhängende Belege.

Dieser Freibetrag wurde mit dem nunmehr angefochtenen Einkommensteuerbescheid 2021 vom nicht zuerkannt, da laut den dem Finanzamt vorliegenden Unterlagen des Bundessozialamtes keine Unzumutbarkeit der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel bescheinigt sei.

Dagegen brachte der Bf. rechtzeitig die Beschwerde vom ein und legte einen ihn betreffenden Behindertenpass vom vor, aus welchem ein Grad der Behinderung von 50% sowie die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel hervorgeht.

Mit Ergänzungsersuchen vom forderte die belangte Behörde vom Bf. folgende Belege ab:

  1. Ausweis gemäß § 29b Straßenverkehrsordnung 1960

  2. Bescheid über die Befreiung von der Kraftfahrzeugsteuer gemäß § 2 Abs. 1 Z 12 Kraftfahrzeugsteuergesetz 1992

  3. Kopie des Zulassungsscheines

  4. Falls kein eigenes Fahrzeug, Kostenaufstellung und Taxirechnungen in Kopie

Dazu legte der Bf. am eine KFZ-Versicherungspolizze vom betreffend ein auf ihn an diesem Tag zugelassenes Auto vor.

Die Beschwerde wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom abgewiesen. Zur Begründung wurde angeführt, dass der Bf. trotz des Ergänzungsersuchens vom keinen Nachweis über ein auf ihn angemeldetes KFZ (mittels Zulassungsschein) vorgelegt habe.

Mit rechtzeitigem Vorlageantrag vom beantragte der Bf. die Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht.

Eine von der belangten Behörde am durchgeführte Abfragebetreffend im Jahr 2021 auf den Bf. zugelassene KFZ verlief negativ - es liege keine Zulassung eines Kraftfahrzeuges auf den Namen des Bf. für das Jahr 2021 vor.

Die Beschwerde wurde mit Vorlagebericht vom dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt. Die belangte Behörde gab darin folgende Stellungnahme ab:

"Die aktenführende Dienststelle des Finanzamt Österreich (kurz: Dst 08 des FAÖ) beantragt die Abweisung der Beschwerde, da auf Grundlage der freien Beweiswürdigung die Abfrage der Kfz Zulassungsdaten als eher glaubwürdig angesehen wird gegenüber den eingescannten Zulassungsdaten.

Die Dst 08 des FAÖ geht daher davon aus, dass der Bf. im strittigen Kalenderjahr 2021 über kein eigenes Kraftfahrzeug verfügt hat, weshalb der Freibetrag für Körperbehinderte, die zur Fortbewegung ein eigenes Kraftfahrzeug benutzen, nicht zusteht.

Selbst für den Fall, dass der Bf. nachgewiesen hätte, dass er ab über ein EIGENES Kraftfahrzeug verfügt hättee, wäre diesem der Freibetrag gem. § 3 der VO über außergewöhnliche Belastungen maximal für ein Monat (Dezember 2021) zugestanden."

Der Beschwerdeführer kontaktierte das Bundesfinanzgericht am und gab an, dass ab bis zum und ab für mindestens den Rest des Jahres 2021 jeweils ein in seinem Eigentum stehender PKW auf ihn zugelassen war (zunächst ***PKW_1*** mit dem Kennzeichen ***1*** und ab ein ***PKW_2*** mit dem Kennzeichen ***2***).

Das Bundesfinanzgericht nahm am selben Tag Einsicht in die Zulassungsdatenbank, konnte diese Angaben bestätigen und ersuchte mit Beschluss vom die belangte Behörde um Stellungnahme dazu.

Mit Stellungnahme vom bestätigte die belangte Behörde diese Angaben. Auf telefonische Anfrage des erkennenden Richters vom , ob damit nunmehr seitens der belangten Behörde eine Stattgabe der Beschwerde befürwortet werde, wurde dies angesichts der nunmehrigen Aktenlage seitens der belangten Behörde bejaht.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Der Beschwerdeführer ***Bf1***, welcher aufgrund eines Ausweises gemäß § 29b Straßenverkehrsordnung 1960 (Behindertenpass) eine 50%ige Behinderung und die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nachweisen kann, verfügte im Jahr 2021 vom bis zum und vom bis zum jeweils über ein eigenes KFZ.

Mit der Einkommensteuererklärung 2021 (Arbeitnehmerveranlagung) beantragte der Bf. gemäß § 3 der Verordnung über außergewöhnliche Belastungen den pauschalen Freibetrag für Körperbehinderte, die zur Fortbewegung ein eigenes Kraftfahrzeug benützen.

2. Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ist - soweit entscheidungsrelevant - unstrittig, ergibt sich aus dem Akteninhalt und stützt sich auf die Angaben des Bf. sowie auf die dem Gericht vorgelegten Unterlagen der belangten Behörde sowie vor allem auf die nunmehr durch das Bundesfinanzgericht durchgeführte Abfrage in der KFZ-Zulassungsdatenbank, welche im Gegensatz zu Abfragen, die von der belangten Behörde vor Vorlage der Beschwerdesache durchgeführt werden konnten, zumindest hinsichtlich den Bf. betreffend 2021 nunmehr den vollständigen Datensatz korrekt anzeigt.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Rechtslage

§ 3 Abs. 1 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen, StF: BGBl. Nr. 303/1996 idF BGBl. II Nr. 430/2010 lautet:

"§ 3.(1)Für Körperbehinderte, die zur Fortbewegung ein eigenes Kraftfahrzeug benützen, ist zur Abgeltung der Mehraufwendungen für besondere Behindertenvorrichtungen und für den Umstand, daß ein Massenbeförderungsmittel auf Grund der Behinderung nicht benützt werden kann, ein Freibetrag von 190 Euro monatlich zu berücksichtigen. Die Körperbehinderung ist durch eine Bescheinigung gemäß § 29b der Straßenverkehrsordnung 1960 oder einen Bescheid über die Befreiung von der Kraftfahrzeugsteuer gemäß § 2 Abs. 2 des Kraftfahrzeugsteuergesetzes 1952, gemäß § 2 Abs. 1 Z 12 des Kraftfahrzeugsteuergesetzes 1992 oder gemäß § 4 Abs. 3 Z 9 des Versicherungssteuergesetzes 1953 nachzuweisen."

§ 29b Abs. 1 Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO) idF BGBl. I Nr. 123/2015 lautet:

"Inhabern und Inhaberinnen eines Behindertenpasses nach dem Bundesbehindertengesetz, BGBl. Nr. 283/1990, die über die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" verfügen, ist als Nachweis über die Berechtigungen nach Abs. 2 bis 4 auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen ein Ausweis auszufolgen. Die näheren Bestimmungen über diesen Ausweis sind durch Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz zu treffen."

3.2. Zu Spruchpunkt I. (Stattgabe)

Da die Voraussetzungen für die Gewährung des Freibetrages aufgrund der vom Bf. behaupteten und aus der Zulassungsdatenbank ersichtlichen Zulassung von eigenen PKW auf den Bf. im beinahe ganzen Jahr 2021 (vom bis zum und vom bis zum ) und des Vorliegens eines entsprechenden Ausweises gemäß § 29b Straßenverkehrsordnung 1960 (50% Behinderungsgrad, Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel) vorliegen, war der Freibetrag für das ganze Jahr nunmehr zu gewähren, wie auch die belangte Behörde im Zuge des gerichtlichen Beschwerdeverfahrens nach Vorhalt der nunmehrigen Datenbankauskünfte mit Beschluss vom erklärt hat. Das Bestehen des genannten Anspruches des Bf. war somit nicht mehr strittig. Der dahin gerichteten Beschwerde war vollinhaltlich stattzugeben und der angefochtene Bescheid entsprechend abzuändern.

3.3. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Fall wurde in keiner Rechtsfrage entschieden, der grundsätzliche Bedeutung im Sinne des Artikel 133 Abs. 4 B-VG zukommt, da sich die Rechtsfolge direkt aus dem Gesetz ergibt. Sachverhaltsfragen waren zuletzt unstrittig und sind auch aufgrund der Einzelfallbezogenheit in Fällen wie dem Vorliegenden einer Revision nicht zugänglich. Die Revision ist daher unzulässig.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.5100120.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at