Familienbonus Plus eines Grenzgängers für seine in Deutschland lebenden Kinder
Revision eingebracht (Amtsrevision). Revision beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2024/15/0046.
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch August Proßegger, Fichtenberg 3, 5122 Hochburg-Ach, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2020 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:
I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind der Berechnung am Ende von Punkt II. 6. zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Fortgesetztes Verfahren
Diesem Verfahren liegt das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom , RV/5100220/2022, zugrunde, in dem die ordentliche Revision für nicht zulässig erklärt wurde. Gegen dieses Erkenntnis wurde Amtsrevision erhoben. Der Verwaltungsgerichtshof hat die angefochtene Entscheidung betreffend Einkommensteuer 2020 in seinem Erkenntnis vom , VwGH Ra 2022/15/0079 wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Durch die Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses des Bundesfinanzgerichtes tritt die Rechtssache in die Lage zurück, in der sie sich vor Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses befunden hat (§ 42 Abs. 3 VwGG). Die Verwaltungsgerichte sind im fortgesetzten Verfahren verpflichtet, in der betreffenden Rechtssache mit den ihnen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes entsprechenden Rechtszustand herzustellen (§ 63 Abs. 1 VwGG).
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt zum BFG-Verfahren RV/5100220/2022
Der Beschwerdeführer (in Folge Bf.) beantragte den Familienbonus Plus für seine beiden in Deutschland bei ihrer Mutter lebenden Kinder, die in den Jahren 2014 und 2019 geboren sind.
Der Bf. lebte im Beschwerdejahr in Österreich und arbeitete als Grenzpendler in Deutschland.
Im Einkommensteuerbescheid vom berücksichtigte das Finanzamt zwar den Unterhaltsabsetzbetrag für beide Kinder für volle zwölf Monate, versagte aber den Familienbonus Plus.
2. Erkenntnis des
Das Bundesfinanzgericht gab der Beschwerde statt und sprach dem Bf. den Familienbonus Plus für seine beiden in Deutschland bei ihrer Mutter lebenden Kinder in voller Höhe zu. Es führte aus, der Verwaltungsgerichtshof habe in einem vergleichbaren Fall ausgesprochen, der Familienbonus Plus sei selbst dann zu gewähren, wenn kein Antrag auf Familienbeihilfe bzw. auf eine Ausgleichszahlung iSd § 4 Abs. 2 FLAG gestellt werde, aber alle inhaltlichen Voraussetzungen für einen Familienbeihilfen- bzw. Ausgleichsanspruch erfüllt seien. Als Grenzgänger unterliege der Bf. dem alleinigen Besteuerungsrecht Österreichs, weshalb diese Beschäftigung in verfassungskonformer Interpretation einer in Österreich ausgeübten Beschäftigung gleichzuhalten sei. Es wäre unsachlich dem Bf. den Familienbonus Plus vorzuenthalten, der die Einkommensteuer mindere.
3. Erkenntnis des
Das angefochtene Erkenntnis wurde gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Zusammenfassend hielt der Verwaltungsgerichtshof fest:
Die Ausführungen in der angefochtenen Entscheidung, wonach sich der Sachverhalt aus den dem Bundesfinanzgericht vorgelegten Akten, dem Vorbringen des Mitbeteiligten und der Amtspartei ergebe, genügen den an eine Begründung gestellten Anforderungen jedenfalls nicht. Der Verwaltungsgerichtshof könne die ihm obliegende Gesetzmäßigkeitsprüfung nur vornehmen, wenn die angefochtene Entscheidung die Beurteilung des Vorliegens einer Verletzung der als verletzt geltend gemachten Rechte der Revisionswerber bzw. einer Rechtswidrigkeit im Rahmen der Anfechtungserklärung auf der Grundlage der Begründung der Entscheidung auch ermögliche. Lasse die Begründung einer verwaltungsgerichtlichen Entscheidung eine solche Beurteilung gar nicht zu, dann führe ein solcher Begründungsmangel zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung zwangsläufig schon aus diesem Grund.
Das Finanzamt weise im Zulässigkeitsvorbringen der Revision zutreffend darauf hin, dass dem vom Bundesfinanzgericht für seinen Standpunkt ins Treffen geführten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Ra 2021/15/0067, ein Fall zugrunde gelegen sei, in dem alle inhaltlichen Voraussetzungen für einen Familienbeihilfen- bzw. Ausgleichsanspruch erfüllt gewesen seien und nur kein Antrag auf Familienbeihilfe bzw. auf eine Ausgleichszahlung iSd § 4 Abs. 2 FLAG 1967 gestellt worden sei.
Dass im gegenständlichen Revisionsfall alle gesetzlichen Voraussetzungen für einen Familienbeihilfen- bzw. Ausgleichsanspruch (§§ 2 ff FLAG 1967) erfüllt worden seien, habe das Bundesfinanzgericht nicht festgestellt. Feststellungen zur Frage, ob der Bf. alle Voraussetzungen für die Zuerkennung des Unterhaltsabsetzbetrages (§ 33 Abs. 4 Z 3 EStG 1988) erfülle, habe das Bundesfinanzgericht ebenfalls nicht getroffen.
4. Feststellungen des BFG im fortgesetzten Verfahren
Strittig ist gegenständlich, ob für die beiden in Deutschland lebenden Kinder des Bf. ** Kind 1**, **geb. 2019** und **Kind 2**, **geb. 2014** diesen jeweils der Familienbonus Plus zusteht oder nicht. Für die Beurteilung dieser Frage ist folgender Sachverhalt entscheidungsrelevant:
Der Bf. hat seinen Wohnsitz in Österreich und arbeitet in Deutschland. Der Bf. kehrt täglich zu seinem Wohnsitz in Österreich zurück. Aus dieser Tätigkeit als Grenzgänger bezog er im Veranlagungsjahr 2020 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.
An den Bf. wurde weder eine österreichische Familienbeihilfe, noch eine Ausgleichs- bzw. Differenzzahlung geleistet.
Der Bf. lebt von der Kindesmutter und seinen zwei Kindern getrennt. Die beiden Kinder leben bei der Kindesmutter in Deutschland.
Der Bf. ist seinen Unterhaltsverpflichtungen für beide Kinder (in Summe 6.240,00 €) voll nachgekommen. Der Bf. hat für alle Monate im Streitjahr Anspruch auf den Unterhaltsabsetzbetrag für ** Kind 1** und **Kind 2**. Dieser Anspruch ist unstrittig. Die Höhe des Unterhaltsabsetzbetrages wurde bereits im Einkommensteuerbescheid 2020 vom in Höhe von insgesamt 876,00 € gewährt. (In der für das Beschwerdejahr geltenden Fassung stand für das erste Kind ein Unterhaltsabsetzbetrag von 29,20 € und für das zweite Kind ein Unterhaltsabsetzbetrag von 43,80 € monatlich zu).
Die Kindesmutter **SF** hat im beschwerdegegenständlichen Zeitraum für ihre beiden Kinder in Deutschland Kindergeld bezogen.
Eine Beantragung des Familienbonus Plus durch die Kindesmutter ist aus der Aktenlage nicht ersichtlich.
Das Finanzamt hat die der Kindesmutter zunächst zugesprochene Ausgleichszahlung mit Bescheid vom zurückgefordert. Begründend wurde ausgeführt, da weder die Kindesmutter noch der Kindesvater in Österreich eine Erwerbstätigkeit ausübten und die Kindesmutter mit den Kindern auch keinen Wohnsitz in Österreich habe, bestehe kein Anspruch auf Differenzzahlung in Österreich.
5. Beweiswürdigung
Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ergibt sich aus den von der Abgabenbehörde vorgelegten Unterlagen und ist nicht strittig.
6. Rechtliche Erwägungen des BFG im fortgesetzten Verfahren
Auf Grund seines Wohnsitzes in Österreich unterliegt der Bf. gemäß § 1 Abs. 2 EStG 1988 grundsätzlich mit allen in- und ausländischen Einkünften in Österreich der Einkommensteuer. Zu diesen Einkünften gehören auch solche aus nichtselbständiger Arbeit.
Art. 15 Abs. 6 des Doppelbesteuerungsabkommens zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland normiert, dass Österreich für in Österreich wohnende Grenzgänger das Besteuerungsrecht für den Arbeitslohn aus deren Tätigkeit in Deutschland verbleibt.
Unstrittig sind die Voraussetzungen der Grenznähe und täglichen Rückkehr vom Arbeitsort zum Wohnsitz erfüllt. Der Bf. unterliegt mit seinen in Deutschland als Grenzgänger erzielten nichtselbständigen Einkünften daher der Einkommensteuer in Österreich und somit den österreichischen Rechtsvorschriften (vgl. ).
§ 33 Abs. 2 EStG 1988 in der für das Veranlagungsjahr 2020 anzuwendenden Fassung lautet:
Von dem sich nach Abs. 1 ergebenden Betrag sind Absetzbeträge in folgender Reihenfolge abzuziehen:
1. Der Familienbonus Plus gemäß Abs. 3a; der Familienbonus Plus ist insoweit nicht abzuziehen, als er jene Steuer übersteigt, die auf das gemäß Abs. 1 zu versteuernde Einkommen entfällt.
2. Die Absetzbeträge nach Abs. 4 bis 6.
§ 33 Abs. 3a EStG 1988 in der für das Veranlagungsjahr 2020 anzuwendenden Fassung lautet:
"Für ein Kind, für das Familienbeihilfe nach dem Familienlastenausgleichsgesetz 1967 gewährt wird und das sich ständig in einem Mitgliedstaat der EU oder Hoheitsgebiet einer anderen Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz aufhält, steht auf Antrag ein Familienbonus Plus nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen zu:
1. Der Familienbonus Plus beträgt
a) bis zum Ablauf des Monats, in dem das Kind das 18. Lebensjahr vollendet, für jeden Kalendermonat 125 Euro,
b) nach Ablauf des Monats, in dem das Kind das 18. Lebensjahr vollendet, für jeden Kalendermonat 41,68 Euro.
(Anm.: Z 2 aufgehoben durch Art. 2 Z 4, BGBl. I Nr. 135/2022)
3. Der Familienbonus Plus ist in der Veranlagung entsprechend der Antragstellung durch den Steuerpflichtigen wie folgt zu berücksichtigen:
a) Für ein Kind, für das im jeweiligen Monat kein Unterhaltsabsetzbetrag nach Abs. 4 Z 3 zusteht:
- Beim Familienbeihilfenberechtigten oder dessen (Ehe-)Partner der nach Z 1 oder Z 2 zustehende Betrag oder
- beim Familienbeihilfenberechtigten und dessen (Ehe-)Partner jeweils die Hälfte des nach Z 1 oder Z 2 zustehenden Betrages.
b) Für ein Kind, für das im jeweiligen Monat ein Unterhaltsabsetzbetrag nach Abs. 4 Z 3 zusteht:
- Beim Familienbeihilfenberechtigten oder vom Steuerpflichtigen, dem für das Kind der Unterhaltsabsetzbetrag zusteht, der nach Z 1 oder Z 2 zustehende Betrag oder
- beim Familienbeihilfenberechtigten und dem Steuerpflichtigen, dem für das Kind der Unterhaltsabsetzbetrag zusteht, jeweils die Hälfte des nach Z 1 oder Z 2 zustehenden Betrages.
Für einen Monat, für den kein Unterhaltsabsetzbetrag zusteht, steht dem Unterhaltsverpflichteten kein Familienbonus Plus zu."
§ 33 Abs. 4 Z 3 EStG 1988 in der für das Veranlagungsjahr 2020 anzuwendenden Fassung lautet:
"Steuerpflichtigen, die für ein Kind den gesetzlichen Unterhalt leisten, steht ein Unterhaltsabsetzbetrag von 29,20 Euro monatlich zu. Dabei gilt:
a) Der Unterhaltsabsetzbetrag steht zu, wenn das Kind nicht dem Haushalt des Steuerpflichtigen zugehört (§ 2 Abs. 5 Familienlastenausgleichsgesetz 1967) und weder ihm noch seinem von ihm nicht dauernd getrennt lebenden (Ehe-)Partner Familienbeihilfe für das Kind gewährt wird.
b) Leistet ein Steuerpflichtiger für mehr als ein nicht haushaltszugehöriges Kind den gesetzlichen Unterhalt, steht für das zweite Kind ein Absetzbetrag von 43,80 Euro und für jedes weitere Kind ein Absetzbetrag von jeweils 58,40 Euro monatlich zu.
c) Erfüllen mehrere Personen in Bezug auf ein Kind die Voraussetzungen für den Unterhaltsabsetzbetrag, steht der Absetzbetrag nur einmal zu.
d) Wird die Unterhaltsverpflichtung im Kalenderjahr nicht zur Gänze erfüllt, steht der Unterhaltsabsetzbetrag nur für jene Monate zu, für die rechnerisch die volle Unterhaltsleistung erfüllt wurde, wobei vorrangig die zeitlich am weitesten zurückliegende Unterhaltsverpflichtung getilgt wird.
e) Nachzahlungen von gesetzlichen Unterhaltsleistungen sind ausschließlich im Kalenderjahr der Zahlung zu berücksichtigen."
Unbestritten ist, dass dem Bf. für seine beiden in Deutschland lebenden Kinder jeweils der Unterhaltsabsetzbetrag zusteht. Aufgrund der zur Gänze geleisteten Unterhaltszahlungen anerkannte das Finanzamt im angefochtenen Einkommensteuerbescheid den Unterhaltsabsetzbetrag jeweils für volle zwölf Monate. Obwohl in der Begründung des Einkommensteuerbescheides auf den indexierten Unterhaltsabsetzbetrag verwiesen wurde, wurden tatsächlich korrekt die für Österreich geltenden (höheren) Beträge anerkannt:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
29,20 x 12 für das erste Kind | 350,40 € |
43,80 x 12 für das zweite Kind | 525,60 € |
für beide Kinder | 876,00 € |
Ungeachtet der Erkenntnisse des Bundesfinanzgerichtes vom , RV/5100069/2021, und des Verwaltungsgerichtshofes vom , Ra 2021/15/0067, verweist das Finanzamt darauf, dass für die beiden in Deutschland lebenden Kinder kein Anspruch auf Familienbeihilfe bzw. auf Ausgleichs- oder Differenzzahlung in Österreich bestehe, weil weder vom Bf. noch von der Kindesmutter in Österreich eine Beschäftigung ausgeübt wird.
Im vorhin zitierten Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof unter Rz 23 Folgendes ausgesprochen:
"Im Falle eines Anspruchs auf eine der Familienbeihilfe vergleichbare ausländische Beihilfe besteht gemäß § 4 FLAG kein Anspruch auf Familienbeihilfe (Abs. 1) oder nur ein verminderter Anspruch im Ausmaß einer Ausgleichszahlung (Unterschiedsbetrag zwischen der gleichartigen ausländischen Beihilfe und der höheren Familienbeihilfe, vgl. Abs. 2 bis 7). In solchen - in § 33 Abs. 3a EStG 1988 nicht ausdrücklich geregelten - Fällen, in denen also (teilweise) an Stelle der Familienbeihilfe eine gleichartige ausländische Beihilfe iSd § 4 FLAG gewährt wird, ist in gleicher Weise die in § 33 Abs. 3a erster Satz EStG 1988 normierte Voraussetzung der "Beihilfengewährung" erfüllt (vgl. Mayr/Gensluckner in Doralt et al, EStG22, § 33 Tz 34/2). Gemäß § 4 Abs. 6 FLAG gilt die Ausgleichszahlung als Familienbeihilfe. Aus der Sicht des Familienbonus plus kann es keinen Unterschied machen, ob sich noch eine (geringfügige) Ausgleichzahlung iSd § 4 Abs. 2 FLAG ergibt oder ob die Ausgleichzahlung wegen der Höhe der gleichartigen ausländischen Beihilfe bloß Null beträgt." ….. "Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes können, wenn die in Rede stehende Differenzzahlung iSd § 4 Abs. 2 ff FLAG "betragsmäßig Null" ist, Antragstellende auf Familienbonus Plus jedenfalls (subsidiär) auch in ihrem Einkommensteuerverfahren nachweisen, dass alle inhaltlichen Voraussetzungen für einen Familienbeihilfen- bzw. Ausgleichsanspruch erfüllt sind. Gemäß § 13 zweiter Satz FLAG ist im Familienbeihilfenverfahren ein Bescheid dann zu erlassen, wenn dem Beihilfenantrag nicht oder nicht vollinhaltlich stattzugeben ist."
In der dem zitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes zugrundeliegenden, in Revision gezogenen Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes , war sachverhaltsmäßig festgestellt worden, dass weder der in Österreich lebende, unterhaltsleistende Kindesvater, noch die in Deutschland mit dem Kind lebende Kindesmutter einer Beschäftigung in Österreich nachgingen.
Dem diesbezüglichen Einwand, dass im gegenständlichen Fall von keinem der Elternteile eine Beschäftigung in Österreich ausgeübt worden sei, wurde in der Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes nach Darstellung des Unionsrechtes - insbesondere der maßgeblichen Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 sowie der bezughabenden Rechtsprechung - und der Feststellung, dass ein Anspruch auf Gewährung der Familienbeihilfe für die Zuerkennung des Familienbonus Plus genüge, die Notwendigkeit einer verfassungskonformen Interpretation entgegengehalten:
"… Der in Österreich wohnende Bf. ist zwar in Deutschland beschäftigt. Als Grenzgänger unterliegt Bf. mit den aus dieser Tätigkeit resultierenden nichtselbständigen Einkünften nach obigen Ausführungen jedoch dem alleinigen Besteuerungsrecht Österreichs. Die Beschäftigung des Bf. als Grenzgänger ist deshalb in verfassungskonformer Interpretation einer in Österreich ausgeübten Beschäftigung gleichzuhalten.
Es wäre unsachlich, dem in Österreich wohnenden und Einkommensteuer zahlenden Bf. die diese Personensteuer mindernde Berücksichtigung des Familienbonus Plus für seinen jüngeren Sohn, für den er Unterhalt zahlt, bei Nichtbeanspruchung durch die Kindesmutter vorzuenthalten…."
Das Bundesfinanzgericht kam damit im Zuge der Prüfung der grundsätzlichen Familienbeihilfenberechtigung für den 2002 geborenen Sohn im Einkommensteuerverfahren unter Bedachtnahme auf diese dargelegten verfassungsrechtlichen Erwägungen zum Ergebnis, dass die Beschäftigung des Bf. als Grenzgänger im grenznahen Ausland einer ausgeübten Beschäftigung in Österreich gleichzuhalten sei und deswegen der Familienbonus zustehe.
Im dazu ergangenen Erkenntnis , wurde diese Interpretation nicht beanstandet.
Das Bundesfinanzgericht schließt sich daher im gegenständlichen Fall der Auslegung iSd Erkenntnisses des , an. Aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt sich, dass die Mutter der Kinder ** Kind 1** und **Kind 2** in Deutschland im Jahr 2020 durchgehend das deutsche Kindergeld bezogen hat. Beim deutschen Kindergeld handelt es sich um eine der österreichischen Familienbeihilfe gleichartige ausländische Beihilfe, welche ebenfalls die grundlegende Versorgung von Kindern bis zum 18. Geburtstag sicherstellen soll. Der Bf. (Kindesvater) hat im beschwerdegegenständlichen Jahr keine Familienbeihilfe bzw. Ausgleichszahlung gemäß § 4 Abs. 2 FLAG 1967 beantragt.
Daraus folgt im Sinne der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass die Tatbestandsvoraussetzungen des § 33 Abs. 3a erster Satz EStG 1988 insofern erfüllt sind, als die Anspruchsvoraussetzungen in Form der Beihilfengewährung im gegenständlichen Fall entgegen den Ausführungen des Finanzamts Österreich im bekämpften Bescheid gegeben sind. Dem Bf. steht daher gemäß § 33 Abs. 3a EStG 1988 der Familienbonus Plus für seine beiden in Deutschland lebenden Kinder zu (vgl. auch und ).
Dass die Mutter der beiden in Deutschland lebenden Kinder einen Antrag auf Berücksichtigung des Familienbonus Plus gestellt hätte, wurde vom Finanzamt nicht behauptet und ergibt sich auch nicht aus der Aktenlage. Dem Bf. steht der Unterhaltsabsetzbetrag für ** Kind 1** und **Kind 2** jeweils in voller Höhe zu.
Eine "Bindungswirkung" an den Rückforderungsbescheid der Abgabenbehörde betreffend der zunächst ausgesprochenen Ausgleichs- bzw. Differenzzahlung (der Kindesmutter) ist unter diesen Gegebenheiten nicht zu unterstellen und nicht maßgebend. Dass keiner der beiden Elternteile einer Beschäftigung in Österreich nachgeht steht einem Familienbeihilfenanspruch bzw. bzw. Anspruch auf Ausgleichs- oder Differenzzahlung dem Grunde nach - als Voraussetzung für die Anerkennung eines Familienbonus Plus - nicht entgegen.
Sohin steht dem Bf. der Familienbonus Plus für das Jahr 2020 für seine beiden Kinder in Höhe von jeweils 1.500,00 € zu.
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Berechnung der Einkommensteuer 2020 | Beträge in Euro |
Gesamtbetrag der Einkünfte lt. Bescheid vom | 42.080,36 |
Einkommen lt. Bescheid vom | 41.330,08 |
Steuer vor Abzug der Absetzbeträge | 10.288,63 |
Familienbonus Plus |
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Unterhaltsabsetzbetrag |
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Verkehrsabsetzbetrag |
|
Pendlereuro |
|
Steuer nach Abzug der Absetzbeträge |
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Steuer für sonstige Bezüge |
|
Rundung gem. § 39 Abs. 3 EStG 1988 |
|
Festgesetzte Einkommensteuer |
|
(bisher: bekämpfter Bescheid 9.400,00 €) |
7. Zur Unzulässigkeit der Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die strittige Rechtsfrage wird im Einklang mit dem Erkenntnis , gelöst. Die ordentliche Revision ist daher nicht zulässig.
Aus den dargelegten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.
Linz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 33 Abs. 3a EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 33 Abs. 4 Z 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Verweise | VwGH, Ra 2022/15/0079 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2024:RV.5100814.2023 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at