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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 15.04.2024, RV/5100050/2024

Halluxoperation auf der Sonderklasse eines Privatkrankenhauses - keine außergewöhnliche Belastung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. Gabriele Grossgut-Palotás in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2022 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Die Beschwerdeführerin beantragte in ihrer Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2022, Kosten für eine Operation in einer Privatklinik als außergewöhnliche Belastungen anzuerkennen. Eine Anerkennung der Krankheitskosten erfolgte mangels Vorliegens triftiger medizinischer Gründe nicht (Bescheid vom ).

In der am dagegen erhobenen Beschwerde legte die Beschwerdeführerin den Befundbericht vom vor und begründete ihr Beschwerdebegehren damit, dass es sich bei der Operation in der Privatklinik ***1*** in Linz um einen wichtigen medizinischen Eingriff gehandelt habe, dessen Notwendigkeit unbedingt erforderlich gewesen sei, um ihre großen Schmerzen zu beenden und die Mobilität weiterhin zu gewährleisten.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab; auf die Bescheidbegründung wird verwiesen.

Im Vorlageantrag vom wies die Beschwerdeführerin darauf hin, dass ihr Vertrauen in ein öffentliches Krankenhaus nicht mehr gegeben sei; eine Operation an ihrem rechten Vorfuß am im Landeskrankenhaus in K habe nur kurzfristig eine Linderung der Schmerzen bewirkt und eine Einschränkung ihrer Mobilität verhindert; gleichzeitig legte sie den damaligen Arztbericht vom vor.

Mit Vorlagebericht vom legte das Finanzamt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Die Beschwerdeführerin hat sich während eines Aufenthaltes zwischen dem bis auf der Sonderklasse des ***1***krankenhauses in Linz einer Hallux-Operation unterzogen. Die Kosten dafür beliefen sich auf 5.580 € (Rechnung vom ).

2. Beweiswürdigung

Die Tatsache der Hallux-Operation und die Höhe der Kosten sind durch die vorgelegte Rechnung belegt.

Zum Beweis dafür, dass triftige medizinische Gründe für die Behandlung auf der Sonderklasse vorliegen, hat die Beschwerdeführerin den Befundbericht des behandelnden Arztes vom vorgelegt, dessen Inhalt untenstehend wiedergegeben wird.

"Die oben angeführte Patientin war im November 2021 zum ersten Mal in meiner Ordination vorstellig. Bei ihr wurde bereits im Jahr 2006 eine Chevron Osteotomie (distale Osteotomie am Metatarsale I) aufgrund einer Hallux valgus Fehlstellung durchgeführt, zusätzlich wurde eine Weil Osteotomie am Metatarsale IV durchgeführt.

Klinisch bestand bei der Patientin eine ausgeprägte Hypermobilität in TMT I mit Rezidiv Hallux vulgus Fehlstellung, sowie eine ausgeprägte Transfermetatarsalgie.

Der Patientin wurde auswärts lediglich eine Weil Osteotomie zur Behebung der Transfermetatarsalgie angeboten, die aus medizinischer Sicht sicherlich keine wirkliche Besserung der Beschwerdesymptomatik gebracht hätte.

Aufgrund der ausgeprägten Hypermobilität in TMT I stellte sich bei der obgenannten Patientin die Indikation zur Durchführung einer Lapidusarthrodese, um den 1. Strahl zu plantarisieren und zu stabilisieren. Zusätzlich erfolgte die Durchführung einer Akinosteotomie, sowie die Durchführung einer Weil Osteotomie am 2. Und 3. Strahl.

Postoperativ zeigt sich ein sehr zufriedenstellendes Ergebnis, welches auch die Indikation zur gewählten Operation bestätigt.

Da bei den Vorbegutachtungen lediglich die Weil Osteotomie durchgeführt worden wäre, und somit ein nicht wirklich zufriedenstellendes Ergebnis zu erwarten gewesen wäre, hat sich die Patientin entschieden, die operative Therapie an der Klinik ***1*** durchführen zu lassen."

In einer nachgereichten Ergänzung vom räumte die Beschwerdeführerin ein, es sei richtig, dass die Operation 2006 komplikationsfrei verlaufen sei; nach einigen Jahren seien die Schmerzen wieder zurückgekommen, die sie mit Physio-Therapie und orthopädischen Schuhen kompensiert habe; als die Schmerzen unerträglich geworden seien, habe sie sich aufgrund der sehr langen Wartezeiten bei den öffentlichen Krankenhäusern halt für eine Privatklinik entschlossen.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Rechtslage

Gemäß § 34 Abs. 1 EStG 1988 sind bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muss folgende Voraussetzungen erfüllen: Sie muss außergewöhnlich sein (Abs. 2). Sie muss zwangsläufig erwachsen (Abs. 3). Sie muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4). Die Belastung darf weder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben sein.

Die Belastung ist außergewöhnlich, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse erwächst (Abs. 2).

Die Belastung erwächst dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann (Abs. 3).

Die Belastung beeinträchtigt wesentlich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, soweit sie einen vom Steuerpflichtigen von seinem Einkommen (§ 2 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 5) vor Abzug der außergewöhnlichen Belastungen zu berechnenden Selbstbehalt übersteigt (Abs. 4 1. Satz).

Rechtliche Erwägungen

Strittig ist, ob die geltend gemachten Kosten auf einer Sonderklasse für eine Hallux-Operation als außergewöhnliche Belastungen abzugsfähig sind.

Die Erhaltung der Gesundheit gilt immer als zwangsläufig iSd § 34 Abs. 3 EStG 1988 (vgl. Doralt/Peyerl EStG, 2019, § 34 Rz 42). Aufwendungen, die durch eine Krankheit des Steuerpflichtigen verursacht werden, sind außergewöhnlich. Sie erwachsen aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig.

Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. ; ; vgl. auch Jakom/ Peyerl EStG, 2019, § 34 Rz 90, Stichwort "Krankheitskosten") können Aufwendungen, die einem Steuerpflichtigen für die eigene medizinische Betreuung erwachsen, auch dann zwangsläufig iSd § 34 Abs. 3 EStG 1988 anfallen, wenn sie die durch die gesetzliche Krankenversicherung gedeckten Kosten übersteigen, sofern diese höheren Aufwendungen aus triftigen medizinischen Gründen getätigt werden (LStR, § 34 Rz 902).

Diese Rechtsprechung ist auf Sonderklassegebühren uneingeschränkt anzuwenden, da durch den Entschluss eines Steuerpflichtigen, sich nicht in der allgemeinen Gebührenklasse eines Krankenhauses behandeln zu lassen, wesentlich höhere Kosten entstehen, welche eben nur in medizinisch begründeten Ausnahmefällen als zwangsläufig entstanden angesehen werden können. Bloße Wünsche und Vorstellungen der Betroffenen über eine bestimmte medizinische Betreuung sowie allgemein gehaltene Befürchtungen bezüglich der vom Träger der gesetzlichen Krankenversicherung übernommenen medizinischen Betreuung stellen noch keine triftigen medizinischen Gründe für Aufwendungen dar, welche die durch die gesetzliche Krankenversicherung gedeckten Kosten übersteigen. Die triftigen medizinischen Gründe müssen vielmehr in feststehenden oder sich konkret abzeichnenden ernsthaften gesundheitlichen Nachteilen bestehen, welche ohne die mit höheren Kosten verbundene medizinische Betreuung eintreten würden (Jakom/ Peyerl EStG, 2019, § 34 Rz 90, Stichwort "Krankheitskosten", S 1752; und die dort zitierte Judikatur).

Die triftigen medizinischen Gründe für die Behandlung auf der Sonderklasse sind nachzuweisen. Es liegt ein Befundbericht hinsichtlich der Krankheit (ausgeprägte Hypermobilität in TMT I mit Rezidiv Hallux vulgus Fehlstellung, sowie eine ausgeprägte Transfermetatarsalgie) der Beschwerdeführerin vor. Eine Hallux-Operation war daher aus medizinischen Gründen erforderlich. Eine solche Operation wird als Standardoperation in zahlreichen öffentlichen Krankenhäusern durchgeführt und von der gesetzlichen Krankenversicherung bezahlt. So ist es auch 2006 geschehen, wo die Operation komplikationsfrei erfolgt ist und die Beschwerdeführerin danach auch beschwerdefrei war.

In seinem Befundbericht vom geht jener Arzt, der 2022 die Operation in der Privatklinik durchgeführt hat, von einer wahrscheinlichen Operationstechnik in einem öffentlichen Krankenhaus aus, die seiner Ansicht nach zu keinem zufriedenstellenden Ergebnis geführt hätte ("Da bei den Vorbegutachtungen lediglich die Weil Osteotomie durchgeführt worden wäre, und somit ein nicht wirklich zufriedenstellendes Ergebnis zu erwarten gewesen wäre, hat sich die Patientin entschieden, die operative Therapie an der Klinik ***1*** durchführen zu lassen."), wo hingegen, die von ihm gewählte Vorgangsweise postoperativ ein sehr zufriedenstellendes Ergebnis erzielt habe; somit sei die Indikation zur gewählten Operation bestätigt.

Nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes ist es weder erwiesen, dass die Operation in einer Privatklinik ein auf längere Sicht (nach der Operation im öffentlichen Krankenhaus war die Beschwerdeführerin einige Zeit beschwerdefrei) mehr zufriedenstellendes Ergebnis erbracht hätte, als die Operation in einem öffentlichen Krankenhaus.

Die Behandlung auf einer Sonderklasse ist nur aus triftigen medizinischen Gründen als zwangsläufig iSd § 34 Abs. 3 EStG 1988 zu werten. Vom Vorliegen triftiger medizinischer Gründe ist nur dann auszugehen, wenn ernsthafte gesundheitliche Nachteile feststehen oder sich konkret abzeichnen.

Solche drohenden gesundheitlichen Nachteile durch die Operation in einem öffentlichen Krankenhaus ist dem vorgelegten Befundbericht nicht zu entnehmen. Es kann nicht allgemein von einer schlechteren medizinischen Behandlung in öffentlichen Krankenhäusern ausgegangen werden.

Ausschlaggebend waren - nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes - letztendlich die sehr langen Wartezeiten bei den öffentlichen Krankenhäusern und der immer stärker werdenden Schmerzen, dass sich die Beschwerdeführerin für eine Privatklinik entschieden hat.

Für die geltend gemachten Operationskosten liegt eine Zwangsläufigkeit iSd § 34 Abs. 3 EStG 1988 nicht vor und damit ist eine Abzugsfähigkeit als außergewöhnliche Belastungen nicht gegeben.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Fall wird über geltend gemachte Krankheitskosten als außergewöhnliche Belastungen abgesprochen. Zum § 34 EStG 1988 liegt eine einheitliche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor. Zudem hing die Entscheidung im Wesentlichen von im Streitfall ausschließlich einzelfallbezogenen Sachverhaltsfragen ab. Eine Revision ist demnach nicht zulässig.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.5100050.2024

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at