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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 16.04.2024, RV/6100385/2022

Lohnsteuerabzugs- und Dienstgeberbeitragspflicht für Entgelte von dritter Seite nach dem zweiten AbgabenÄndG 2014

Beachte

Revision eingebracht.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes für Großbetriebe vom betreffend Dienstgeberbeitrag 06.2016 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Mit Selbstanzeige vom teilte die BF GmbH (vormals BF1 AG, BF1 GmbH bzw. BF2 GmbH, in der Folge: die BF) dem FA mit, dass dem Geschäftsführer der BF, GF (in der Folge: der GF) von der GM GmbH (in der Folge: die Großmuttergesellschaft), die in weiterer Folge ab dem Jahr 2011 über die M GmbH (in der Folge: die Muttergesellschaft) 90 % der Anteile an der BF erwarb, für die strategische Entwicklung und die damit im Zusammenhang stehenden Vorarbeiten und die Umstellung der Produktion des Zellstoffwerkes ein Anteil an der BF in Aussicht gestellt worden sei. Am habe der GF im Zuge einer Stammkapitalerhöhung der Muttergesellschaft Anteile zum Nominale erworben, wobei der Wert dieser Anteile nach der Berechnung der BF nach dem Wiener Verfahren 1996 deutlich höher gewesen sei.

Dabei nahm die steuerliche Vertretung für die Berechnung des Ertragswertes im Wesentlichen die tatsächlichen Ergebnisse laut GuV und setzte bei der Berechnung des Vermögenswertes für die vorhandenen Grundstücke den dreifachen Einheitswert an woraus sich ein Vorteil aus dem Dienstverhältnis (Wert der Anteile) für den Geschäftsführer i.H.v. 5.123.520,00 € ergab.

Als Arbeitslohn seien sowohl Bezüge und Vorteile des Arbeitgebers, als auch solche, die ihm von dritter Seite nur mittelbar zukommen würden, zu qualifizieren. Der GF habe hinsichtlich der ESt 2016 eine Selbstanzeige eingebracht und die auf diesen geldwerten Vorteil entfallende Lohnsteuer bereits entrichtet, auf die BF entfielen jedoch der nicht entrichtete Dienstgeberbeitrag für Juni 2016 i.H.v. 230.251,05 € sowie der nicht entrichtete Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag für Juni 2016 i.H.v. 21.094,10 €. Diese Beträge wurden von der BF an das FA abgeführt.

In der Folge wurde im Jahr 2021 eine Prüfung der lohnabhängigen Abgaben durch den Prüfdienst Lohnabgaben und Beiträge durchgeführt, der (auch) das Jahr 2016 umfasste und mit Sammelbescheid vom zu einer (weiteren) Nachforderung von Dienstgeberbeiträgen für das Jahr 2016 i.H.v. 147.531,60 € und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag i.H.v. 13.769,62 € führte. Grund für diese Nachforderung war nach dem Bericht des FAG, dass in der auf Basis des Gutachtens der steuerlichen Vertretung durchgeführten Unternehmensbewertung nach dem Wiener Verfahren 1996 die Grundstücke der BF nicht mit dem dreifachen verbleibenden Einheitswert berücksichtigt worden seien, sondern zu Verkehrswerten, abgeleitet aus tatsächlichen Verkäufen aus Vorjahren. Zudem sei die Vermögenswertsituation der Gesellschaft zum Stichtag berücksichtigt worden. Für die Ermittlung des Ertragswertes seien die Jahre 2014-2016 herangezogen und die außerordentlichen Erträge aus der Veräußerung von Anlagevermögen abgezogen worden. Dies führe zu einer Erhöhung des ursprünglich angesetzten Vorteils aus dem Dienstverhältnis i.H.v. 5.116.690,00 € auf 8.393.071,00 €.

Gegen diesen Bescheid erhob die BF selbst am fristgerecht Beschwerde und führte dazu im Wesentlichen an, dass bei der gegenständlichen Konstruktion das Entgelt von dritter Seite nicht dem Dienstgeberbeitrag und dem Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag unterliege und beantragte den Dienstgeberbeitrag und den Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag für 2016 ohne den vom FAG angesetzten Vorteil aus dem Dienstverhältnis i.H.v. 8.393.071,00 € festzusetzen.

Mit Aufhebungsbescheid gemäß § 299 BAO vom hob das FAG den Bescheid über die Festsetzung des Dienstgeberbeitrags sowie die Festsetzung des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag für das Jahr 2016 vom auf und erließ anstelle der aufgehobenen Bescheide nunmehr am gleichen Tag Bescheide betreffend die Festsetzung des Dienstgeberbeitrags und des Zuschlages des Dienstgeberbeitrags für die Monate März 2016 sowie Juni 2016.

Gegen die erlassenen Bescheide über die Festsetzung des Dienstgeberbeitrags und des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag für Juni 2016 erhob die BF fristgerecht Beschwerde und beantragte nunmehr die Bescheide betreffend den Dienstgeberbeitrag und den Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag vom Juni 2016 entsprechend dem Beschwerdeantrag vom abzuändern.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das FA die Beschwerde als unbegründet ab und führte aus, dass die in Aussicht gestellte Beteiligung zu einer mit der Arbeitgeberin vereinbarten und zugesagten Gesamtentlohnung für die Tätigkeit als Geschäftsführer zu sehen sei, womit die verbilligt eingeräumte Beteiligung als zusätzliche Abgeltung für die als Geschäftsführer erbrachte Arbeitsleistung anzusehen sei. Es handle sich bei der BF um einen Arbeitgeber innerhalb eines Konzerns. In wirtschaftlicher Betrachtungsweise sei der Konzern als Gesamtes als Arbeitgeber zu sehen, wobei die Erfüllung der Zusage der Einräumung einer Beteiligung unabhängig davon zu betrachten seien, ob diese nun direkt oder nur mittelbar erfolgt sei.

In der mündlichen Verhandlung vom führten die Parteien des Verfahrens ergänzend Folgendes aus:

Der Vertreter der BF wies darauf hin, dass nach seiner Sicht keine Veranlassung der Vergütung des Geschäftsführers der BF durch den Arbeitgeber erfolgt sei und auch keine Kostentragung durch die BF vereinbart worden sei. In rechtlicher Hinsicht führte der Vertreter der BF aus, aufgrund der Änderung des § 78 Abs. 1 EStG 1988 ergebe sich aus den EB des zweiten Abgaben ÄndG 2014, ebenso wie aus der Wirkungsanalyse zu diesem Gesetz keine Begründung dafür, dass ein derartiges Entgelt von dritter Seite dem Dienstgeberbeitrag und dem Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag unterliege. Auch eine BFG Entscheidung aus dem Jahr 2019 bestätige diese Ansicht der BF.

Die vom FA zur Begründung dieser Verknüpfung von Lohnsteuerabzug und DB Pflicht herangezogene Bestimmung des § 43 Abs. 2 FLAG 1967 stelle lediglich eine Verfahrensvorschrift dar, die schon deswegen notwendig sei, da das FLAG nur rudimentäre verfahrensrechtliche Vorschriften enthalte. Die Sicht des FA, die die Verpflichtung zum Lohnsteuerabzug und die Dienstgeberbeitragspflicht verknüpfe, stelle eine Erweiterung der Steuerpflicht bzw. eine neue Steuerpflicht dar, die dem Gesetz und den Gesetzesmaterialien nicht entnommen werden könne.

Zudem gebe es viele Beispiele für Fälle, in denen Lohnsteuerpflicht aber keine Dienstgeberbeitragspflicht bzw. Dienstgeberbeitragspflicht und keine Lohnsteuerpflicht vorliege.

Es sei dem FA zwar zuzugestehen, dass mit der angebotenen Beteiligung Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit im Sinne des § 25 Abs. 1 EStG 1988 vorliegen würden, jedoch würden keine Arbeitslöhne im Sinne des FLAG vorliegen. Zudem liege nach der Judikatur des VwGH eine Dienstgeberbeitragspflicht lediglich dann vor, wenn der Arbeitgeber dieses Entgelt veranlasst habe, die vom FA zitierten Verweise des VwGH auf § 43 Abs. 2 FLAG 1967 bezögen sich lediglich auf Entscheidungen vor dem Zweiten Abgaben ÄndG 2014.

Die Vertreterin der belangten Behörde führte aus, dass die angebotene Beteiligung eindeutig ihre Wurzel im Dienstverhältnis des Geschäftsführers der BF habe, ein Verweis auf die EB in Bezug auf § 78 Abs. 1 EStG in der Fassung des Zweiten Abgabenänderungsgesetzes 2014 nicht notwendig sei, da sich bereits aus dem Gesetzestext klar ergebe, wie vorzugehen sei.

§ 41 Abs. 3 FLAG 1967 umfasse Arbeitslöhne unabhängig von der Einkommensteuerpflicht, § 43 Abs. 2 FLAG 1967 sei keine ausschließlich verfahrensrechtliche Vorschrift, der dort angeführte Verweis auf die Anwendung der Bestimmungen über den Steuerabzug vom Arbeitslohn betreffe den gesamten fünften Teil des EStG 1988.

Die VwGH Judikatur stelle immer wieder den Konnex zwischen § 78 Abs. 1, § 82 EStG 1988 und § 43 Abs. 2 FLAG 1967 her. Was die vom Vertreter der BF angeführte Judikatur betreffe, nach der kein Dienstgeberbeitrag bei Entgelten von dritter Seite vorzuschreiben sei, so betreffe dies ausschließlich Entscheidungen vor dem Zweiten Abgaben ÄndG 2014, bei denen keine Lohnsteuer vorgeschrieben worden sei. Es läge auch eine BFG Entscheidung vor, die bei vergleichbaren Sachverhalten vor und nach dieser Gesetzesnovelle sehr wohl für das Jahr 2015 für Entgelte von dritter Seite Lohnsteuer und DB sowie DZ vorgeschrieben worden sei.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Seit war der GF damals als Vorstand der AG leitend in der BF tätig. Im Zuge des im Jahr 2011 beabsichtigten Erwerbs der Aktien durch die Großmuttergesellschaft wurde dem GF und einem weiteren Vorstand mit Absichtserklärung vom ein Anteil von gesamt 12% "an der BF oder dem jeweiligen Akquisitionsvehikel nach freier Wahl der [Großmuttergesellschaft]" angeboten. Dabei bestand für das Management eine fünfjährige "lock up period".

Die BF hatte damals große wirtschaftliche Probleme, es bestand die Gefahr einer drohenden Insolvenz. Zur Fortführung der Geschäftstätigkeit waren umfangreiche Finanzierungsdarlehen und operative Änderungen erforderlich.

Mit Hauptversammlungsbeschluss vom wurde die BF von einer AG in eine GmbH umgewandelt.

Mit Anteilskaufvertrag vom erwarb die Muttergesellschaft 90 % der Anteile der BF.

Mit Generalversammlungsbeschluss von wurde die Firma der BF wiederum geändert.

Mit Geschäftsführerdienstvertrag vom schloss der GF mit der BF einen Geschäftsführungsvertrag in dem auch das Entgelt und sonstige Gehaltsbestandteile (Firmenwagen, Dienstwohnung) festgelegt wurden. Bonuszahlungen, aus welchem Grund immer wurden in diesem Geschäftsführungsvertrag nicht festgelegt. Unterfertigt wurde dieser Vertrag von der Großmuttergesellschaft und dem GF. Die handelnden Organe der Großmuttergesellschaft waren auch die verantwortlichen Organe der Muttergesellschaft.

Am hat der GF im Zuge einer Stammkapitalerhöhung der Muttergesellschaft die Anteile im Nominale der Muttergesellschaft i.H.v. 6.830,00 € erworben, die sich aus einer Stammkapitalerhöhung dieser Gesellschaft von 70.000,00 € auf 6.830,00 € ergeben haben. Der GF erhielt damit einen Anteil von 8,89% an der Muttergesellschaft.

Dies entsprach (durchgerechnet) einem Anteil i.H.v. 8% an der BF in Erfüllung der dem GF im Jahr 2011 zugesagten Beteiligungsmöglichkeit, da die Muttergesellschaft 90% an der BF hielt.

Der Wert dieses Anteiles im Nominale von 6.830,00 € belief sich im Juni 2016 auf einen Betrag von 8.393.071,00 €

2. Beweiswürdigung

Der oben dargestellte Sachverhalt ergibt sich für das BFG zweifelsfrei aus den von der BF im Rahmen der Selbstanzeige im Jahr 2018 bzw. im Zuge des Beschwerdeverfahrens vorgelegten Unterlagen und Ausführungen zu den Aufgaben und der Tätigkeit des GF sowie der Strukturänderungen bei der BF, insbesondere aus der zwischen der Großmuttergesellschaft und dem GF abgeschlossenen Absichtserklärung vom , dem Geschäftsführerdienstvertrag vom und der Übernahms- und Beitrittserklärung vom , mit der der GF die Kapitalerhöhung der Muttergesellschaft der BF i.H.v. 6.830,00 € übernahm.

Dies deckt sich mit den Auszügen und Urkunden aus dem Firmenbuch, weswegen das BFG keine Bedenken hat den Sachverhalt in diesen Punkten zu folgen.

Der dem GF zugesagte Anteil an der BF i.H.v. 8% ergibt sich aus den Ausführungen der BF im Beschwerdeverfahren und findet in der tatsächlichen Durchführung zwischen fremden Vertragsparteien Deckung.

Der vom BFG als erwiesen angenommene Wert des Anteiles des GF im Juni 2016 im Nominale von 6.830,00 € ergibt sich aus den Berechnungen des FA, die schlüssig und nachvollziehbar sind und von der BF nicht bestritten wurden.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Gemäß § 25 Abs. 1 lit. a EStG 1988 zählen Bezüge und Vorteile aus einem bestehenden oder früheren Dienstverhältnis zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit.

Die Einkünfte müssen ihre Wurzel im Dienstverhältnis haben (VwGH 99/15/0257, vom ). Arbeitslohn liegt dann nicht vor, wenn eine Zuwendung wegen sonstiger, nicht auf dem Dienstverhältnis beruhender Beziehungen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber bewirkt wird. … Voraussetzung hiezu ist allerdings, dass zu gleichen Bedingungen, unabhängig davon, ob ein Dienstverhältnis besteht, auch mit Dritten ein derartiges Vertragsverhältnis zu Stande kommt (VwGH 2011/15/0158 vom unter Verweis auf VwGH 2002/15/0188, vom ).

Unter dieser Voraussetzung gehört auch ein so genanntes Entgelt von dritter Seite, … zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit (vgl. z.B. Doralt, EStG12, § 25 Tz 12 und 14).… Dass die Optionen nicht durch den Arbeitgeber, sondern durch die Konzernobergesellschaft, also durch einen Dritten, eingeräumt worden sind, ist dabei nicht maßgeblich (vgl. z.B. das Urteil des BFH vom , I R 100/98, BStBl 2001 II, 510, mwN, sowie Doralt, EStG8, § 15 Tz 43/1, und Peyerl, FJ Nr. 10/2009, 343). (VwGH 2006/13/0136 vom )

Wendet man diese Ausführungen des VwGH auf den gegenständlichen Sachverhalt an, so ist es unbeachtlich, ob dem GF der Vorteil von der BF, der Muttergesellschaft oder der Großmuttergesellschaft zugewendet wurde. Die Ausführungen der BF, wonach dem GF die Beteiligung an ihr für "die strategische Entwicklung des Standortes … und die damit im Zusammenhang stehenden Vorarbeiten und die Umstellung der Zellstofffabrik" zugesagt wurden, erfüllen aus der Sicht des BFG die oben genannten Bedingungen, wonach diese Einkünfte ihre Wurzel im Dienstverhältnis (als Geschäftsführer der BF) hatten und einem (außenstehenden) Dritten so nicht gewährt worden wären. Es liegen somit aus Sicht des BFG Entgelte von dritter Seite im Rahmen der Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit gemäß § 25 Abs. 1 lit. a EStG 1988 vor. Dies wurde im gegenständlichen Beschwerdeverfahren von der BF auch nicht in Abrede gestellt.

Gemäß § 41 Abs. 1 FLAG 1967 haben den Dienstgeberbeitrag alle Dienstgeber zu leisten, die im Bundesgebiet Dienstnehmer beschäftigen.

Gemäß § 41 Abs. 3 FLAG 1967 ist der Beitrag des Dienstgebers von der Summe der Arbeitslöhne zu berechnen, die jeweils in einem Kalendermonat an die im Abs. 1 genannten Dienstnehmer gewährt worden sind, gleichgültig, ob die Arbeitslöhne beim Empfänger der Einkommensteuer unterliegen oder nicht (Beitragsgrundlage).

Arbeitslöhne stellen Bezüge gemäß § 25 Abs. 1 lit. a und b EStG 1988 sowie Gehälter und sonstige Vergütungen jeder Art im Sinn des § 22 Z. 2 EStG 1988 dar. (VwGH 2007/14/0028 vom )

Das BFG kann aufgrund dieser Ausführungen des VwGH der vom Vertreter der BF ausgeführten Trennung zwischen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit im Sinne § 25 Abs. 1 lit. a und b EStG 1988 und Arbeitslöhnen im Sinne des § 41 Abs. 3 FLAG 1967 nicht folgen. Liegen - wie im gegenständlichen Fall - Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit nach § 25 Abs. 1 lit. a EStG 1988 vor, so ist auch von Arbeitslöhnen im Sinn des § 41 Abs. 3 FLAG 1967 auszugehen.

Der Vertreter der BF hat zur Begründung, dass Lohnsteuerpflicht und Dienstgeberbeitragspflicht nicht notwendig zusammenfallen müssen, auch auf § 53 Abs. 3 FLAG 1967 verwiesen, wonach § 41 im Rahmen der Koordinierung der sozialen Sicherheit im europäischen Wirtschaftsraum mit der Maßgabe anzuwenden ist, dass ein Dienstnehmer im Bundesgebiet als beschäftigt gilt, wenn er österreichischen Rechtsvorschriften über Soziale Sicherheit unterliegt. Wenn diesen Ausführungen des Vertreters der BF auch grundsätzlich zuzustimmen ist, so ist aus diesem Vorbringen nach Sicht des BFG nicht ableitbar, dass die im gegenständlichen Verfahren strittigen Entgelte von dritter Seite für den Geschäftsführer, die keinerlei internationalen Bezug haben, nicht dem § 41 FLAG 1967 unterliegen würden.

Gemäß § 78 Abs. 1 EStG 1988 hat der Arbeitgeber die Lohnsteuer des Arbeitnehmers bei jeder Lohnzahlung einzubehalten. Als Lohnzahlungen gelten auch Vorschuss- oder Abschlagszahlungen, sonstige vorläufige Zahlungen auf erst später fällig werdenden Arbeitslohn, Bezüge aus einer gesetzlichen Krankenversorgung sowie im Rahmen des Dienstverhältnisses von einem Dritten geleistete Vergütungen, wenn der Arbeitgeber weiß oder wissen muss, dass derartige Vergütungen geleistet werden.

Aufgrund des vorliegenden Sachverhaltes, bei dem die im Rahmen des Dienstverhältnisses von einem Dritten geleistete Vergütungen dem Arbeitgeber jedenfalls seit 2011 bekannt waren, und lediglich der genaue Zeitpunkt noch nicht festgestanden ist, liegt das dem Verständnis des BFG jedenfalls eine Vergütung vor, die ihre Wurzel in der Geschäftsführertätigkeit des GF hatte, die von dritter Seite geleistet wurde, von der der Arbeitgeber aber mit Sicherheit wusste.

Gemäß § 82 EStG 1988 haftet der Arbeitgeber dem Bund für die Einbehaltung und Abfuhr der vom Arbeitslohn einzubehaltenden Lohnsteuer. …

Dabei besteht ein Haftungsausschluss für den Arbeitgeber, wenn der Arbeitnehmer bereits nach § 41 Abs. 1 bzw. § 41 Abs. 2 EStG 1988 veranlagt wurde. (Jakom/Lenneis, EStG 2021 § 82, Rz. 2 mwN)

Somit liegt für eine derartige begünstigte Überlassung einer Beteiligung Entgelt von dritter Seite vor, für das der Arbeitgeber Lohnsteuer einzubehalten gehabt hätte. Die Einbehaltung von Lohnsteuer wurde lediglich durch die bereits zuvor durch den GF im Rahmen der Selbstanzeige entrichtete Einkommensteuer (richtigerweise) unterlassen.

Gemäß § 43 Abs. 2 FLAG 1967 finden die Bestimmungen über den Steuerabzug vom Arbeitslohn (Lohnsteuer) [auf den Dienstgeberbeitrag] sinngemäß Anwendung.

Der VwGH hat in mehreren Entscheidungen zur Rechtslage vor dem Zweiten Abgaben ÄndG 2014 zur Frage der Dienstgeberbeitragspflicht von Entgelten von dritter Seite nicht ausschließlich auf das Vorliegen von Arbeitslöhnen im Sinn des § 41 Abs. 3 FLAG 1967 Bezug genommen, sondern hat eine Dienstgeberbeitragspflicht mit der Lohnsteuerhaftung des Dienstgebers im jeweiligen Fall verknüpft (Z.B. VwGH 2007/14/0028 vom ) und diesem Regelfall mit dem Verweis auf § 43 Abs. 2 FLAG begründet. (Z.B. VwGH 96/15/0215 vom , VwGH 2008/13/0106 vom , VwGH 2008/15/0152 vom ) Den Ausführungen des Vertreters der BF, wonach § 43 Abs. 2 FLAG 1967 lediglich verfahrensrechtlich Bedeutung habe, kann das BFG im Lichte dieser eindeutigen Ausführungen des VwGH nicht folgen. Das BFG teilt im Lichte dieser Judikatur vielmehr die Ausführungen der Amtsbeauftragten in der mündlichen Verhandlung, wonach der VwGH § 43 Abs. 2 FLAG 1967 als eine Regelung sieht, die die sinngemäße Anwendung des fünften Teiles des EStG 1988 für den Bereich der Dienstgeberbeitragspflicht normiert und somit Lohnsteuerabzug bzw. Lohnsteuerhaftung des Dienstgebers (eine) Voraussetzung für die Diensteberbeitragspflicht sind. Aus Sicht des BFG ist es dabei - wie oben ausgeführt -unerheblich, ob der Lohnsteuerabzug tatsächlich durchgeführt wurde oder dieser aufgrund einer Einkommensteuerveranlagung des Dienstnehmers unterblieb.

Aus Sicht des BFG steht diese Ansicht in einer Linie mit allen oben zitierten Entscheidungen des VwGH zur Verknüpfung von Lohnsteuerabzugspflicht bzw. Lohnsteuerhaftung und Dienstgeberbeitragspflicht vor dem 2. Abgaben ÄndG 2014. In diesen Zeiträumen wurde ein Lohnsteuerabzug bzw. eine Lohnsteuerhaftung nur für Entgelte von dritter Seite ausgesprochen, die auf Veranlassung des Arbeitgebers von dritter Seite geleistet wurden bzw. bei denen sich die Leistung des Dritten an den Arbeitnehmer als "Verkürzung des Zahlungsweges" oder die Tilgung einer Schuld des Arbeitgebers gegenüber dem Arbeitnehmer durch einen Dritten dargestellt hat. Da in den zitierten Entscheidungen der Lohnsteuerabzug und die Lohnsteuerhaftung aufgrund der zu entscheidenden Sachverhalte verneint wurde, führten alle diese Entscheidungen dazu, dass auch die Verpflichtung zur Entrichtung des Dienstgeberbeitrags verneint wurde.

Aus diesen Entscheidungen kann daher entgegen den Ausführungen des Vertreters der BF nicht abgeleitet werden, dass ein Lohnsteuerabzug bzw. eine Lohnsteuerhaftung für Entgelte von dritter Seite nach § 82 EStG 1988 auch nach dem Inkrafttreten des 2. Abgaben ÄndG 2014 nur auf jene Fälle anzuwenden sei, bei denen eine entsprechende Veranlassung bzw. eine Kostentragung durch den Arbeitgeber erfolgt ist. Vielmehr lässt sich aus den zitierten Entscheidungen eine grundlegende Verknüpfung zwischen der Verpflichtung des Arbeitgebers zum Abzug der Lohnsteuer nach § 78 Abs. 1 EStG 1988 und der Lohnsteuerhaftung nach § 82 EStG 1988 sowie der Dienstgeberbeitragspflicht ableiten, die auch durch die Änderungen der gesetzlichen Bestimmungen im § 78 Abs. 1 EStG 1988 durch das 2. Abgaben ÄndG 2014 nicht geändert, allerdings sowohl hinsichtlich der Lohnsteuerabzugspflicht als auch hinsichtlich der Dienstgeberbeitragspflicht erweitert wurde. Es liegt somit keine [vom FA "kreierte"] neue Steuerpflicht für den Dienstgeberbeitrag vor.

Dass der Lohnsteuerabzug im gegenständlichen Fall nicht erfolgt ist, hat - wie dies auch in der Selbstanzeige dargestellt wurde - lediglich damit zu tun, dass der GF bereits im Zuge der Selbstanzeige eine Veranlagung auch diese Einkünfte durchführen ließ.

Nach dem Verständnis des BFG ist bei dieser Ausgangslage die das gegenständliche Verfahren betreffende Dienstgeberbeitragspflicht für die streitgegenständlichen Entgelte bereits entschieden. Bei den hier zu beurteilenden Entgelten von dritter Seite handelt es sich um Einkünfte aus nichtselbstständiger Tätigkeit im Sinn des § 25 Abs. 1 lit. a EStG 1988, die Arbeitslöhne im Sinne des § 41 Abs. 3 FLAG 1967 darstellen. Diese Einkünfte aus nichtselbstständiger Tätigkeit unterliegen (grundsätzlich) dem Lohnsteuerabzug nach § 78 Abs. 1 EStG 1988 in der im Jahr 2016 geltenden Fassung und damit der Lohnsteuerhaftung nach § 82 EStG 1988. Sie sind damit unter Bezugnahme auf § 43 Abs. 2 FLAG 1967 auch von der Dienstgeberbeitragspflicht umfasst.

Gemäß § 122 Abs. 8 WirtschaftskammerG können die Landeskammern zur Bedeckung ihrer Aufwendungen festlegen, dass die Kammermitglieder eine weitere Umlage zu entrichten haben. Diese ist beim einzelnen Kammermitglied von der Summe der in seiner Unternehmung (seinen Unternehmungen) nach § 2 anfallenden Arbeitslöhne zu berechnen, wobei als Bemessungsgrundlage die Beitragsgrundlage nach § 41 Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967, gilt (Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag). … Die Umlage ist in einem Hundertsatz dieser Bemessungsgrundlagen zu berechnen. Der Hundertsatz ist vom Wirtschaftsparlament der Landeskammer festzusetzen; er darf 0,29 vH der Beitragsgrundlage nicht übersteigen. … Die Bestimmungen der §§ 42a und 43 Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967, finden auf die Umlage sinngemäß Anwendung.

Da Bemessungsgrundlage für diese Umlage die Beitragsgrundlage nach § 41 FLAG 1967 ist und § 43 FLAG 1967 sinngemäß auf den Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag anzuwenden ist, unterliegen die verfahrensgegenständlichen Entgelte von dritter Seite auch dem Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag.

Die gegenständlichen Beschwerden waren daher als unbegründet abzuweisen.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die oben dargestellte rechtliche Beurteilung für die verfahrensgegenständlichen Entgelte von dritter Seite ergibt sich hinsichtlich des Lohnsteuerabzuges nach § 78 Abs. 1 EStG 1988 und der Haftung für Lohnsteuer nach § 82 EStG 1988, die Frage des Vorliegens von Arbeitslöhnen nach § 41 Abs. 3 FLAG 1967 aus den eindeutigen Gesetzestexten zu in der im Jahr 2016 geltenden Fassung.

Die Begründung der Dienstgeberbeitragspflicht für diese Entgelte von dritter Seite ergibt sich aus der oben zitierten Judikatur des VwGH, die Lohnsteuerabzugs- bzw. Haftungspflicht mit der Dienstgeberbeitragspflicht verknüpft und dabei neben § 41 Abs. 3 auf § 43 Abs. 2 FLAG 1967 verweist.

Die Begründung zur Entrichtung des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag nach § 122 Abs. 8 WirtschaftskammerG bei Vorliegen einer Dienstgeberbeitrags Pflicht ergibt sich aus dem eindeutigen Gesetzestext.

Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt nicht vor.

Salzburg, am

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Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.6100385.2022

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