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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 08.03.2024, RV/7101174/2023

Kontokorrentkredit: Liquide Mittel bei nicht ausgeschöpftem Kreditrahmen

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***R.*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Prosenz & Partner, Wirtschaftsprüfungs- und SteuerberatungsgesmbH, Döblinger Hauptstraße 37, 1190 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Haftung gemäß § 9 BAO zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben und die Haftung zur Umsatzsteuer 02/2020 auf € 14.035,80 eingeschränkt. Daraus ergibt sich eine Haftungsinanspruchnahme für folgende Abgabenschuldigkeiten in Höhe von € 25.468,76 anstatt bisher € 27.848,10:


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Abgabenart
Zeitraum
Fälligkeitstag
Betrag [Euro]
Lohnsteuer
03/20
4.839,99
Dienstgeberbeitrag
03/20
1.402,01
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag
03/20
136,61
Umsatzsteuer
02/20
14.035,80
Umsatzsteuer
01/20
5.054,35
Summe:
25.468,76

Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Mit Bescheid des Finanzamtes Österreich vom wurde der nunmehrige Beschwerdeführer (in der Folge kurz Bf. genannt) als Haftungspflichtiger gemäß § 9 i.V.m. §§ 80 ff. Bundesabgabenordnung für die aushaftenden Abgabenschuldigkeiten der Firma ***F1***, Firmenbuchnummer: ***xxxx***, im Ausmaß von € 27.848,10 in Anspruch genommen und aufgefordert, diesen Betrag innerhalb eines Monats ab Zustellung dieses Bescheides zu entrichten.

Der Haftungsbetrag setzt sich wie folgt zusammen:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Abgabenart
Zeitraum
Fälligkeitstag
Betrag [Euro]
Lohnsteuer
03/20
5.961,83
Dienstgeberbeitrag
03/20
1.726,98
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag
03/20
168,27
Umsatzsteuer
02/20
20.219,95
Umsatzsteuer
01/20
6.225,88
Abzügl. Konkursquote v. 18.817103%
-6.454,81
Summe:
27.848,10

Zur Begründung wurde ausgeführt:

"Die Geltendmachung der Haftung (§ 224 iVm § 9 Bundesabgabenordnung) gründet sich auf folgende Umstände:

Gemäß § 80 Abs. 1 Bundesabgabenordnung (BAO) haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln die sie verwalten, entrichtet werden.

Gemäß § 9 Abs. 1 BAO haften die in den §§ 80ff bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für diese Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der ihnen auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

Voraussetzungen für die Haftungsinanspruchnahme nach § 9 BAO sind:

1. Uneinbringlichkeit der Abgabenschulden beim Primärschuldner (***F1***)
2. Schuldhafte Pflichtverletzung des Vertreters
3. Kausalität der Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit
4. Ermessen

1. Uneinbringlichkeit der Abgabenschulden beim Primärschuldner

Mit Beschluss des ***Gerichtes X*** vom ***Datum1***, AZ ***1***, wurde über das Vermögen der ***F1*** ein Konkursverfahren eröffnet und mit Beschluss vom ***Datum2*** nach Verteilung einer Konkursquote von 18,817103% an die Konkursgläubiger wieder aufgehoben. Weiters wurde die Gesellschaft am ***Datum3*** wegen Vermögenslosigkeit gem. § 40 FBG im Firmenbuch gelöscht.

Die Uneinbringlichkeit der Abgabenschulden beim Primärschuldner ist somit ausreichend dokumentiert.

2. Schuldhafte Pflichtverletzung des Vertreters

Laut Firmenbuchauszug waren Sie seit ***Datum4*** als Vertreter der ***F1*** bestellt.

Aufgrund dieser Funktion als zur Vertretung der ***F1*** nach außen berufenes Organ oblag Ihnen die Wahrnehmung der abgabenrechtlichen Verpflichtung der Vertretenen.

Zu den abgabenrechtlichen Verpflichtungen gehören u.a. die Meldung und fristgerechte Entrichtung der fälligen Abgabenschuldigkeiten.

Die in der obigen Aufgliederung angeführten Abgabenbeträge in Höhe von Euro 27.848,10 wurden während Ihrer Vertretungsperiode fällig und nicht entrichtet.

Gemäß § 9 BAO haften Vertreter mit ihrem persönlichen Einkommen und Vermögen für unentrichtet gebliebene Abgaben des Vertretenen, wenn sie an der Nichtentrichtung dieser Abgaben ein Verschulden trifft. Leichte Fahrlässigkeit gilt bereits als Verschulden.

Mit Vorhalt vom wurden Sie ersucht, bis den Nachweis zu erbringen, dass Sie an der Nichtentrichtung der Abgabenschuldigkeiten beim Primärschuldner kein Verschulden trifft, insbesondere dass die Finanzamtsschuldigkeiten gegenüber sämtlichen anderen in diesem Zeitraum angefallenen und aushaftenden Verbindlichkeiten nicht benachteiligt wurden. Mangels Zustellmöglichkeit wurde dieser Vorhalt ab beim zuständigen Postamt zur Abholung hinterlegt. Dieser Vorhalt wurde von Ihnen jedoch nicht behoben und daher wieder an das Finanzamt rückübermittelt.

Somit wurde der geforderte Nachweis bis dato nicht erbracht.

Im Falle der Nichterbringung dieses Nachweises muss das Finanzamt nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes davon ausgehen, dass Sie die Ihnen obliegende Verpflichtung, die fällig gewordenen Abgaben aus den verwalteten Mitteln zu entrichten, schuldhaft verletzt haben. Unter diesen Umständen haften Sie für die uneinbringlichen Abgabenschuldigkeiten im vollen Ausmaß (zB 2005/15/0114).

3. Kausalität der Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit

Hat der Vertreter (Geschäftsführer) schuldhaft seine Pflicht für die Abgabenentrichtung aus den Mitteln der Gesellschaft zu sorgen, verletzt, so darf die Abgabenbehörde davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit ursächlich war (vgl. 99/13/0032).

4. Ermessen

Die im Rahmen des § 224 BAO zu treffende Ermessensentscheidung iSd § 20 BAO ist innerhalb der vom Gesetzgeber gezogenen Grenzen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommender Umstände zu treffen. Wesentliches Ermessenskriterium ist die Vermeidung eines endgültigen Abgabenausfalles.

Die Geltendmachung der Haftung stellt im vorliegenden Fall die letzte Möglichkeit zur Durchsetzung des Abgabenanspruches dar, zumal der haftungsgegenständliche Rückstand bei der Primärschuldnerin aus oben genannten Gründen nicht mehr einbringlich gemacht werden kann."

In der dagegen mit Schriftsatz vom eingebrachten Beschwerde wurde ausgeführt, dass infolge der wirtschaftlichen Schwierigkeiten und der Beratung in diesem Zusammenhang der Bf. den Eintritt der Zahlungsunfähigkeit im April 2020 erkannt und mit seine Zahlungen eingestellt habe. Als Nachweis dazu würden die Bankauszüge aus April 2020 diesem Schreiben beigelegt.

Die Situation im März 2020 sei anders zu beurteilen, da seien soweit wie möglich noch laufend Zahlungen geleistet worden, sodass die Haftung für die U 1/2020 nicht zu beeinspruchen sei.

Diese betrage:

U 1/2020 € 6.225,88, abzüglich Quote 18,817103% ergebe sich ein Haftungsbetrag i.H. von € 5.054,35.

Der Bf. stelle den Antrag, die Haftung für € 22.793,75 aufzuheben.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies die belangte Behörde die Beschwerde als unbegründet ab und führte aus:

"Unstrittig ist die Uneinbringlichkeit der Abgabenschulden bei der Primärschuldnerin, da dasKonkursverfahren mit Beschluss des ***Gerichtes X*** vom ***Datum2*** zu AZ ***1*** nachVerteilungeiner Konkursquote iHv 18,817103 % an die Konkursgläubiger aufgehoben wurde. Der Beschwerdeführer warseit ***Datum4*** Vertreter gemäß §§ 80ff BAO und somit zur Wahrnehmung der abgabenrechtlichenVerpflichtungen der Primärschuldner verpflichtet. Die haftungsgegenständlichen Abgaben wurdenwährend seiner Vertretungsperiode fällig und nicht entrichtet.

Die Beschwerde vom , eingebracht am , richtet sich gegen die Haftung fürdie Lohnabgaben 3/2020 und Umsatzsteuer 2/2020. Infolge der wirtschaftlichen Schwierigkeitenund der Beratung in diesem Zusammenhang habe der Beschwerdeführer den Eintritt derZahlungsunfähigkeit im April 2020 erkannt und mit seine Zahlungen eingestellt. AlsNachweis dazu lege er die Bankauszüge aus April 2020 der Beschwerde bei. Die Haftung für dieUmsatzsteuer 1/2020 werde nicht beeinsprucht.

Da die Bankauszüge der Beschwerde nicht angeschlossen waren, erfolgte ein Vorhalteverfahren.

Mit Antwortschreiben vom , eingelangt am wurden Kontoauszüge vorgelegt.

Daraus ist ersichtlich, dass am eine Zahlung getätigt wurde und mehrere Gutschrifteneingingen.

Rechtlich folgt:

Gemäß § 9 Abs. 1 BAO haften die in den §§ 80 ff BAO bezeichneten Vertreter neben den durch sievertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolgeschuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

Nach § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen allePflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen. Zu diesen Pflichten gehöreninsbesondere die Abgabenentrichtung aus den vom Vertreter verwalteten Mitteln, die Führunggesetzmäßiger Aufzeichnungen sowie die Erfüllung der Offenlegungs- und Wahrheitspflicht.

Unbestritten ist, dass dem Bf. in der Zeit vom ***Datum4*** bis zur Löschung als Geschäftsführer derPrimärschuldnerin die Erfüllung der abgabenrechtlichen Pflichten der Gesellschaft oblag.

Insbesondere ist im Rahmen dieser Verpflichtung für die rechtzeitige und vollständige Entrichtungder Abgaben Sorge zu tragen.

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist es Aufgabe des Vertreters(Geschäftsführer, Vorstand), darzutun, weshalb er den auferlegten Pflichten nicht entsprochen hat,insbesondere nicht Sorge tragen konnte, dass die Gesellschaft die angefallenen Abgaben entrichtethat, widrigenfalls von der Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung angenommenwerden darf.

Dem Beschwerdevorbringen, die Primärschuldnerin hätte mit jegliche Zahlungeneingestellt, weswegen eine Haftung für die am fälligen Abgaben nicht auszusprechensei, ist Folgendes entgegenzuhalten:

Für die Gläubigergleichbehandlung ist nicht ausschlaggebend, dass keinerlei Zahlungen mehrgeleistet wurden, sondern, ob Mittel vorhanden gewesen sind, die zur (zumindest anteiligen)Zahlung der Abgaben aufgewendet werden hätten können. Nach der Rechtsprechung besteht eineAusschüttungspflicht (siehe unten). Die vorgelegten Auszüge beurkunden überdies einerseits, dassam eine Zahlung geleistet wurde, andererseits, dass mehrere Gutschriften am Kontoeinlangten. Der Nachweis einer Gläubigergleichbehandlung wäre daher zu erbringen gewesen. Eswurde kein Vorbringen erstattet, dass keinerlei liquide Mittel vorhanden waren.

Gemäß § 9 BAO haftet der Vertreter in dem Umfang, in dem eine Kausalität zwischen derschuldhaften Pflichtverletzung des Vertreters und dem Entgang von Abgaben besteht. DerNachweis, welcher Betrag bei Gleichbehandlung sämtlicher Gläubiger - bezogen auf die jeweiligenFälligkeiten der haftungsgegenständlichen Abgaben einerseits und das Vorhandensein liquiderMittel andererseits - an die Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre, obliegt dem Vertreter(vgl. 2006/15/0073).

Der Verwaltungsgerichtshof vertritt in ständiger Rechtsprechung zur Vertreterhaftung die"Mitteltheorie" (vgl. 2011/16/0116). Dabei wird auf die zur Verfügungstehenden Mittel zur Begleichung der Verbindlichkeiten abgestellt. Der Vertreter hat dieVerpflichtung, verfügbare Mittel nicht zurückzuhalten, sondern sogleich anteilig auf die Gläubigerzu verteilen oder zumindest den Anteil des Abgabengläubigers zu bezahlen. Insofern besteht daherbei der Mitteltheorie eine Ausschüttungspflicht. Der Vertreter muss also nachweisen, entweder überkeine oder nicht ausreichende Mittel verfügt zu haben. Sollten aber - wenn auch nicht genügend -Mittel vorhanden sein, hat er zumindest die Verpflichtung, diese anteilig auf die jeweiligen Abgabenzu liquidieren.

Sofern die Primärschuldnerin zu den jeweiligen Fälligkeiten der haftungsgegenständlichen Abgabennicht mehr über ausreichende liquide Mittel zur (vollen) Bezahlung aller Verbindlichkeiten verfügte,ist für die Befreiung von der Haftung der Nachweis zu erbringen, dass innerhalb desBeurteilungszeitraums (zur Zeitraumbetrachtung siehe z.B. RV/2322-W/05;, RV/1907-W/07; , RV/1409-L/07; 2012/08/0227) dieAbgabenbehörde nicht schlechter behandelt wurde als andere Gläubiger. Der Nachweis gilt alserbracht, wenn im periodenübergreifenden Beurteilungszeitraum das Verhältnis aller Zahlungen aufdie insgesamt fälligen Verbindlichkeiten ("allgemeine Zahlungsquote") dem Verhältnis derZahlungen auf die insgesamt fälligen Zahlungsverbindlichkeiten des Finanzamtes ("Finanzamtszahlungsquote") entsprochen hat.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes lastet auf dem Vertreter auch dieVerpflichtung zur Errechnung einer entsprechenden Quote und des Betrages, der bei anteilsmäßigerBefriedigung der Forderungen der Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre (vgl. VwGH, 2012/16/0001).

In die rechnerische Darstellung des Nachweises (Verhältnisrechnung) ist einzubeziehen:

• die gesamte Einnahmensituation ( 99/15/0253),

• die gesamte Liquiditätssituation ( 2009/16/0108),

• die freiwillig geleisteten Zahlungen ( 2006/15/0010),

• die im Wege der Exekution entrichteten Beträge ( 2006/15/0010),

• die Zahlungen, die zur Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebes erforderlich sind (etwa

sog. Zug-um-Zug-Geschäfte: 2011/16/0064),

• die von der Gesellschaft getätigten "systemerhaltenden" Ausgaben (zB Barzahlung neuerMaterialien: 2001/14/0176).

Die Behörde ist nicht verpflichtet, die Beachtung des Gleichbehandlungsgebots von Amts wegen zuprüfen, also zum Beispiel anhand eines vorgelegten Konvoluts an Buchhaltungsunterlagen odersonstigen Unterlagen von sich aus ermitteln zu müssen, ob der Gleichbehandlungsgrundsatz beider Verfügung über die Gesellschaftsmittel eingehalten wurde (vgl. RV/0867-L/05). Die Abgabenbehörde ist auch nicht gehalten, im Wege einer Schätzung auf das Ausmaß derUngleichbehandlung zu schließen, wenn dazu kein konkretes Vorbringen erstattet wird (VwGH, 2005/13/0124).

Hinsichtlich der haftungsgegenständlichen Lohnsteuer 03/2020 ist Folgendes auszuführen:

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH) kommt bei derLohnsteuer der Gleichbehandlungsgrundsatz nicht zum Tragen. Der VwGH hat in seinem Erkenntnisvom , 2009/15/0013, ausgesprochen, dass ungeachtet wirtschaftlicher Schwierigkeitenvon einer schuldhaften Pflichtverletzung des Geschäftsführers auszugehen ist, wenn die Lohnsteuernicht einbehalten und zur Gänze an das Finanzamt abgeführt wird (siehe dazu auch VwGH, 2001/15/0187, wonach das allfällige Fehlen liquider Mittel das Unterlassen der Abfuhrvon Lohnsteuer nicht entschuldigen kann).

Daraus folgt, dass - bei pflichtgemäßem Handeln - die haftungsgegenständlichen Abgaben währendder Geschäftsführertätigkeit des Beschwerdeführers zu entrichten gewesen wären und diese Pflichtvom Beschwerdeführer schuldhaft nicht erfüllt wurde. Die Haftung für nicht abgeführteLohnabgaben war in voller Höhe auszusprechen.

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass zum Nachweis der Gläubigergleichbehandlung sowohl dieAnfertigung einer Gegenüberstellung der Forderungen und Zahlungen zu den jeweiligenFälligkeitszeiträumen als auch eine entsprechende rechnerische Darstellung des Nachweises, wiebereits oben angeführt, erforderlich gewesen wäre. Aus den vorgelegten Unterlagen ist dieGläubigergleichbehandlung nicht ersichtlich und eine rechnerische Darstellung fehlt. DerBeschwerdeführer hat die ihn treffende qualifizierte Behauptungs- und Konkretisierungspflicht nichterfüllt bzw. den Gleichbehandlungsnachweis nicht erbracht. Die uneinbringliche Abgabe kann ihmdaher zur Gänze vorgeschrieben werden (vgl. 96/15/0049). Es steht somit fest,dass Sie der Verpflichtung, als gesetzlicher Vertreter der Gesellschaft, für die Entrichtung der dieGesellschaft treffenden Abgaben zu sorgen, zumindest leicht fahrlässig und damit schuldhaft imSinne des § 9 BAO nicht nachgekommen sind.

Die im Rahmen des § 224 BAO zutreffende Ermessensentscheidung im Sinne des § 20 BAO istinnerhalb der vom Gesetz gezogenen Grenzen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unterBerücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen. Die Zweckmäßigkeit derGeltendmachung der Haftung liegt vor allem darin, dass nur durch diese Maßnahme überhaupt einezumindest teilweise Einbringlichkeit der betreffenden Abgabe gegeben ist, und nur so demöffentlichen Interesse an der Abgabenerhebung nachgekommen werden kann.

Die Löschung der Firma ***F1***, FN ***xxxx*** wegen Vermögenslosigkeit gemäß § 40 FBG erfolgte am ***Datum3***. Der Rückstand ist daher beim Primärschuldner uneinbringlich. DieGeltendmachung der Haftung stellt im vorliegenden Fall die letzte Möglichkeit zur Durchsetzungdes Abgabenanspruches dar. Aus dem auf die Hereinbringung der Abgabenschuld beim Haftendengerichteten Besicherungszweck der Haftungsnorm folgt, dass die Geltendmachung der Haftung inder Regel ermessenskonform ist, wenn die betreffende Abgabe beim Primärschuldneruneinbringlich ist. Letzteres steht hier fest. In Ausübung des freien Ermessens war daher demöffentlichen Interesse an der Einbringung der Abgaben gegenüber dem Interesse derBeschwerdeführerin, nicht zur Haftung herangezogen zu werden, der Vorzug zu geben.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden."

Dagegen brachte der Bf. mit Schreiben vom einen Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht ein.

Die Beschwerdevorentscheidung (Anm. BFG gemeint wohl der Vorlageantrag) richte sich gegen die Festsetzung der Haftung für Umsatzsteuer 2/2020.

Infolge der wirtschaftlichen Schwierigkeiten und der Beratung in diesem Zusammenhang habe der Bf. den Eintritt der Zahlungsunfähigkeit im April 2020 erkannt und mit seine Zahlungen bis auf 4 Zahlungen (siehe weiter unten) eingestellt. Er lege den Gläubigergleichbehandlungsnachweis wie folgt vor (siehe auch beiliegende Berechnung):

Aufstellung der anerkannten Verbindlichkeiten It. Anmeldeverzeichnis: € 712.854,10 (Verweis auf Beilage)

davon fällig zum : € 92.805,13

Zahlungen ab (siehe bereits bei der Beschwerde übermitteltes Bankkonto):

fällige Verbindlichkeiten € 5.053,02

Zug um Zug Leistungen € 8.400,00 für Insolvenzvorbereitung

fällige Verbindlichkeiten zum insgesamt: € 97.858,15

davon bezahlt: € 5.053,02 = 5,16 % = Gläubigerungleichbehandlung


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Umsatzsteuer 2/20, fällig
€ 20.219,95
abzüglich Quotenzahlung 18,817103 %
€-3.804.81
Haftungsbetrag
€ 16.415,14
davon Gläubigerungleichbehandlung 5,16 %
€ 847,62

Der Bf. stelle den Antrag, die Haftung um € 15.567,54 einzuschränken, sodass die Haftung € 12.280,56 betrage.

*****

Mit ergingen an den Bf. folgende Fragen:

"In welcher Höhe bestand am Firmenkonto bei der Bank Austria (UniCredit) der Kreditrahmen? Entsprechende Vereinbarung bitte vorlegen.

War die Kreditlinie durch eine Mantelzession besichert? Wenn ja: Wurde Vorsorge dahingehend getroffen, dass Abgabenschulden zumindest aliquot entrichtet werden (vgl. )?

Weiters wird um Übermittlung einer kompletten Kontoauszugsdetailliste für April 2014 (Anm: Richtig wohl April 2020) ersucht."

******

Antwortschreiben vom :

"Zu Ihren Fragen:

- Der Kreditrahmen hat € 250.000 betragen, siehe Unterlagen in der Beilage

- Mantelzessionsvereinbarung siehe Beilage

- Kontoauszugdetail, siehe Beilage

Sachverhalt

Infolge der wirtschaftlichen Schwierigkeiten und der Beratung in diesem Zusammenhang hat ***Bf1*** den Eintritt der Zahlungsunfähigkeit von ***F1*** im April 2020 erkannt und mit die Zahlungen eingestellt.

Der Kontostand am hat € 204.477,73 betragen (siehe Kontoauszüge in der Beilage).

Zum damaligen Zeitpunkt waren € 97.858,15 fällig und haben die weiteren Verbindlichkeiten knapp 400 T€ betragen (siehe Aufstellung und Anmeldeverzeichnis in der Beilage).

Auf der Grundlage dieser wirtschaftlichen Rahmenbedingungen ist in Abstimmung mit den involvierten Beratern die Erkenntnis gereift, dass die Insolvenz unausweichlich ist.

Infolge dieser Entscheidung hat er die Zahlungen faktisch eingestellt und Insolvenzeröffnung beantragt. Die Insolvenz wurde dann auch tatsächlich auf Eigenantrag am ***Datum1*** eröffnet.

Wir halten fest, dass zum die verfügbaren Mittel (Kreditrahmen € 250.000, Stand am Konto € 204.477,73, somit € 45.522,27) nicht ausgereicht haben, die fälligen Verbindlichkeiten € 97.858,15 zu decken.

Ab hat der Geschäftsführer trotz der erkannten Zahlungsunfähigkeit folgende

Zahlungen geleistet:

[...]

fällige Verbindlichkeiten 5.053,02

Rechtliche Erörterung

Die frei verfügbaren Mittel (€ 45.522,27) haben zum 15.4. nicht ausgereicht, alle fälligen Verbindlichkeiten (€ 97.858,15) zu bezahlen. Im Wissen um nicht fällige Verbindlichkeiten in der Größenordnung von zusätzlich knapp 400 T€ ist der Entschluss gefallen, Insolvenz anzumelden.

ab wurden Zahlungen geleistet:

Zug um Zug Zahlungen zur Vorbereitung der Insolvenzanmeldung € 8.400,00

Zahlung fälliger Verbindlichkeiten € 5.053,02

Aus diesen Überlegungen leiten wir ab:

Betreffend Lohnsteuer kommt der Gleichbehandlungsgrundsatz nicht zum Tragen. Die Haftung betreffend Lohnsteuer 3/2020 abzüglich Quote iHv € 5.961,83 ist daher anzuerkennen.

Betreffend die Abgaben DB und DZ 3/2020 (€ 1.895,25) und Umsatzsteuer 2/2020 (€ 20.219,95) ist der Gläubigergleichbehandlungsnachweis zu erbringen:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Fällige Verbindlichkeiten zum
€ 97.858,15
Zahlungen fälliger Verbindlichkeiten nach
€ 5.053,02

das sind 5,16%

Die Gläubigerungleichbehandlung beträgt 5,16 %.

Die fälligen Finanzamtsverbindlichkeiten haben betragen € 22.115,20
Haftung 5,16 % € 1.141,14

Zusammenfassend halten wir fest, dass wir folgende Haftungsbeträge anerkennen:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Umsatzsteuer 1/2020
6.225,88
Lohnsteuer 3/2020
5.961,83
Gläubigerungleichbehandlung
1.141,14
13.328,85
abzüglich Quote 18,817103 %
2.508,10
gesamt
10.820,75

Der Bf. bietet daher an, die Haftung von € 10.820,75 anzuerkennen.

Mit Beschluss vom teilte das BFG dem Bf. unter Hinweis auf die ständige Rechtsprechung des VwGH folgende Bedenken zur Gleichbehandlungsberechnung des Bf. mit:

"In Ihrer Berechnung zur Gläubigergleichbehandlung stellen Sie die fälligen Verbindlichkeiten laut Anmeldeverzeichnis (Tag der Konkurseröffnung war der ***Datum1***) den Zahlungen ab gegenüber.

Judikatur des VwGH zur Gleichbehandlung:

Liquide Mittel:

"Bei der Frage der Gleichbehandlung der Gläubiger kommt es darauf an, ob der Abgabengläubiger im Hinblick auf die vorhandenen liquiden Mittel des Abgabenschuldners dadurch benachteiligt wurde, dass die erfolgten Zahlungen an den Abgabengläubiger geringer ausgefallen sind, als sie bei Verwendung der liquiden Mittel und anteiliger Befriedigung des Abgabengläubigers ausgefallen wären (vgl. )."

Dispositionskredit:

"Reichten die liquiden Mittel nicht zur Begleichung sämtlicher Schulden aus und haftet der Vertreter nur deswegen, weil er die Abgabenforderungen nicht wenigstens anteilig befriedigt und den Abgabengläubiger somit benachteiligt hat, dann erstreckt sich die Haftung des Vertreters auch nur auf den Betrag, um den der Abgabengläubiger bei gleichmäßiger Befriedigung aller Forderungen mehr erlangt hätte, als er infolge des pflichtwidrigen Verhaltens des Vertreters tatsächlich erhalten hat. Der Nachweis, welcher Betrag bei Gleichbehandlung sämtlicher Gläubiger - bezogen auf die jeweiligen Fälligkeitszeitpunkte einerseits und das Vorhandensein liquider Mittel andererseits - an die Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre, obliegt allerdings dem Vertreter.

Entscheidend ist also allein, ob dem Beschwerdeführer im Haftungszeitraum Mittel für eine zumindest anteilige Begleichung aller Verbindlichkeiten zur Verfügung standen. Dazu hat er in der Berufung vorgebracht, dass der Kreditrahmen von S 6 Mio auf S 12 Mio ausgeweitet worden sei. Die vorgelegten Kontoauszüge der Gesellschaft bei der Z-Bank aus der Zeit zwischen und lassen eine Ausschöpfung dieses Kreditrahmens nicht erkennen. Den Kontoauszügen ist eine Vielzahl von Gutschriften zu entnehmen, deren Höhe den hier geforderten Abgabenbetrag um ein Vielfaches übersteigt; die Zahlungen entsprechen teilweise den nach den Behauptungen des Beschwerdeführers von der Bank genehmigten Verbindlichkeiten (Verbindlichkeiten für Warenlieferungen, Löhne, Wechsel), lassen sich zum Teil nicht ohne weiteres zuordnen (insbesondere Daueraufträge) und zum Teil eindeutig nicht zuordnen (z.B. Fernmeldegebühren). Aus diesen Kontoauszügen ist jedenfalls nicht erklärbar, wieso der Beschwerdeführer seiner Verpflichtung zu einer mindestens anteiligen Begleichung der gegenständlichen Abgabenforderungen nicht nachgekommen ist." ().

Zug-um-Zug Geschäfte:

"Eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes kann sich nicht nur bei der Tilgung bereits bestehender Verbindlichkeiten, sondern auch bei sogenannten Zug-um-Zug-Geschäften ergeben. Für die Frage, ob andere andrängende Gläubiger gegenüber dem Bund als Abgabengläubiger begünstigt worden sind, ist nicht bedeutsam, ob oder inwieweit vom Abgabepflichtigen geleistete Zahlungen nach den Bestimmungen der Insolvenzordnung rechtsunwirksam oder anfechtbar gewesen wären ()."

Berechnungszeitraum:

Die bisherige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (; ; ), womit dieser klarstellte, dass eine Betrachtung der Gläubigergleichbehandlung zum jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt zu erfolgen hatte, wurde mit dem Erkenntnis vom , Ra 2020/13/0067, aufgegeben:

"Dabei kommt es für den Nachweis der Gläubigergleichbehandlung nicht nur auf die liquiden Mittel zum Fälligkeitstag an, die den an diesem einen Tag jeweilig fälligen Verbindlichkeiten gegenüberzustellen sind, weil eine derartige Betrachtung für nur einen einzigen Tag im Monat ohne Berücksichtigung der vorhandenen liquiden Mittel für die Zeiträume nach der Fälligkeit der Abgaben keinen Nachweis über eine Gläubigergleichbehandlung geben kann."

Daraus ergibt sich, dass der von Ihnen vorgelegte Gleichbehandlungsnachweis nicht judikaturkonform und daher zu berichtigen ist.

In der Vorhaltsbeantwortung vom wird vorgebracht, dass ein Kreditrahmen in Höhe von € 250.000,00 bestanden habe. Per wären am Konto € 204.477,73 ausgehaftet, offener Kreditrahmen daher € 45.522,27 (Anm: Bei diesem Betrag handelt es sich nach der zitierten Judikatur um liquide Mittel).

Nach dem Fälligkeitstag der Abgaben DB und DZ 3/2020 sowie der USt 2/2020 () bis zur Konkurseröffnung erfolgten am Bankkonto Gutschriften in Höhe von € 66.931,68 sowie Lastschriften in Höhe von € 17.487,30. Bei diesem Saldo von € 49.444,38 handelt es sich um zusätzliche liquide Mittel, über die der Bf. im Rahmen des Kreditrahmens hätte zusätzlich verfügen können.

Bis zur Konkurseröffnung standen somit zur Entrichtung der fälligen Verbindlichkeiten in Höhe von € 92.805,13 liquide Mittel in Höhe von € 94.966,65 (€ 45.522,27 + € 49.444,38) zur Verfügung und hätten somit die Verbindlichkeiten vollständig getilgt werden können."

In der Stellungnahme des Bf. vom wird ausgeführt:

"Vielen Dank nochmals für unser konstruktives Telefonat!

Wie bereits beschrieben kann ich Ihren Argumentationen betreffend liquider Mittel durchaus folgen. Jedoch ergibt sich aus meinem damaligen wie auch heutigem Rechtsverständnis eine Situation, in der - der Argumentation folgend, dass sich ein Kontokorrentrahmen als liquides Mittel versteht - ich als Geschäftsführer in jedem Fall einen Rechtsverstoß begehe.

Ein Kontokorrentrahmen ist ein Schuldverhältnis, das - wenn ich es im Insolvenzfall nutze - vorsätzlich zu dem Zeitpunkt eine weitere Schuldenlast (Erhöhung der Verbindlichkeit gegenüber der Bank) aufbaut, von der ich weiß, dass ich sie nicht mehr bedienen kann.

Für mich ist es an dieser Stelle nicht nachvollziehbar, wie das zitierte Urteil aus 2001 mit dieser Situation umgeht, da es auf der Grundlage jedenfalls einen Rechtsverstoß durch den Geschäftsführer mit sich bringt - sei es durch die Erhöhung der Verbindlichkeit gegenüber der Bank oder durch die nicht Nutzung eines freien Rahmens zur Bezahlung anderer Verbindlichkeiten.

Ich hatte während des Verfahrens vor 3 Jahren Rechtsberatung durch ausgewiesene Experten gesucht, um hier die richtigen Schritte zu setzen, exemplarisch Dr. Prosenz. Keinem war eine derartige Betrachtung bekannt. Auch nach nochmaliger aktueller Klärung und zusätzlicher Konsultierung eines auf Insolvenzrecht spezialisierten Anwalts war diese Betrachtung nicht bekannt und stieß das oben angeführte Urteil auf Verwunderung, da es in der Form rechtlich in jedem Fall zu einer Rechtsverletzung führt. Wie gesagt, ich bin kein Rechtsexperte und muss mich hier auf die Expertise von Experten verlassen - selbst denen war das Urteil nicht bekannt und verständlich.

Ich denke, dass ich im Rahmen, der nachvollziehbar auch persönlichen Ausnahmesituation, gegeben der Umstände nach rechtlich hehren Vorsätzen und Prinzipien gehandelt habe und würde Sie bitten, dies in Ihrer Beurteilung der Causa auch zu berücksichtigen bzw. aus der Betrachtung möglicherweise auch den von uns gemachten Vorschlag positiv aufzugreifen."

Mit wurde der Bf. nochmals aufgefordert, das Kassabuch der GmbH für den haftungsrelevanten Zeitraum vorzulegen.

Eine Ablichtung des Kassabuches bis März 2023 wurde am übermittelt und weiters ausgeführt, dass nicht dokumentiert sei, was mit der Kasse bei Insolvenzeröffnung passiert sei. Es sei jedoch dokumentiert, dass es nach dem keinen Bankübertrag in die Kasse mehr gegeben habe, der Kassastand sei bis zur Insolvenzeröffnung nicht mehr erhöht worden. Der nicht mehr "klärbare" Betrag betrage daher den Kassaschlussaldo zum iHv € 318,43.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Gemäß § 9 Abs. 1 BAO haften die in den §§ 80 ff BAO bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

Nach § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Gemäß § 7 Abs. 2 BAO erstrecken sich persönliche Haftungen auch auf Nebenansprüche.

Ein Haftungsbescheid ist ein Sammelbescheid.

Der Spruch des Haftungsbescheides ist die Geltendmachung der Haftung für einen bestimmten Abgabenbetrag einer bestimmten Abgabe. Es entspricht der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, dass Abgaben- (oder Haftungs-)bescheide auch im Wege von Sammelbescheiden erlassen werden können. Der angefochtene Haftungsbescheid enthält eine Vielzahl einzelner Bescheide, die jeweils ihr eigenes Schicksal haben und jeder für sich bekämpfbar ist. Der hier gegenständliche Vorlageantrag richtet sich ausschließlich gegen die Haftungsinanspruchnahme für die Umsatzsteuervorauszahlung 2/2020, auch der gleichzeitig gestellte Aussetzungsantrag gemäß § 212a BAO wurde nur für diese Abgabenschuldigkeit eingebracht. Aus dem Charakter des Haftungsbescheides als Sammelbescheid ist daher insoweit von einer Teilrechtskraft der Beschwerdevorentscheidung in Bezug auf die Lohnabgaben 3/2020 und die Umsatzsteuer 1/2020 auszugehen.

Haftungsvoraussetzungen:

Voraussetzung für die Haftung sind eine Abgabenforderung gegen den Vertretenen, die Stellung des Bf. als Vertreter, die Uneinbringlichkeit der Abgabenforderung, eine Pflichtverletzung des Vertreters, dessen Verschulden an der Pflichtverletzung und die Ursächlichkeit der Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit.

I.) Vorliegen einer Abgabenforderung gegen den Vertretenen:

Die Umsatzsteuervorauszahlung 2/2020 wurde von der Gesellschaft in Höhe von € 20.219,95 gemeldet, jedoch nicht entrichtet. Der Bestand der Forderung ist sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach unbestritten.

Im Haftungsbescheid hat das Finanzamt eine Konkursquote in Höhe von 18,817103% berücksichtigt und die Haftung für die Umsatzsteuervorauszahlung 2/2020 in Höhe von € 16.415,14 geltend gemacht.

Die tatsächliche Konkursquote betrug zwar gemäß korrigiertem Verteilungsentwurf vom 17,925978%, es ist jedoch dem BFG verwehrt dies zu berichtigen, da diese Berichtigung eine rechtswidrige erstmalige Heranziehung zur Haftung für einen weiteren Haftungsbetrag wäre.

II.) Uneinbringlichkeit der haftungsgegenständlichen Abgabenschuldigkeiten bei der Primärschuldnerin:

Mit Beschluss des ***Gerichtes X*** vom ***Datum1*** wurde über das Vermögen der GmbH ein Konkurs eröffnet, der mit Beschluss des Gerichtes vom ***Datum5*** nach erfolgter Schlussverteilung aufgehoben wurde. In der Folge wurde die Gesellschaft am ***Datum3*** gemäß § 40 FBG infolge Vermögenslosigkeit gelöscht.

Die streitgegenständliche Abgabe ist daher bei der GmbH uneinbringlich.

III.) Stellung des Bf. als Vertreter

Laut Firmenbuchauszug vertrat der Bf. die Gesellschaft ab ***Datum4*** als alleiniger handelsrechtlicher Geschäftsführer und übte diese Funktion bis zur Konkurseröffnung aus. Der Bf. zählt somit zum Kreis der im § 80 Abs. 1 BAO genannten gesetzlichen Vertreter juristischer Personen, welche - bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen - gemäß § 9 BAO zur Haftung herangezogen werden können.

III. ) Schuldhafte Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten:

Gemäß § 1298 ABGB obliegt dem, der vorgibt, dass er an der Erfüllung seiner gesetzlichen Verpflichtungen ohne sein Verschulden verhindert war, der Beweis.

Daraus ist abzuleiten, dass der wirksam bestellte Vertreter einer juristischen Person, der die Abgaben der juristischen Person nicht entrichtet hat, für diese Abgaben haftet, wenn sie bei der juristischen Person nicht eingebracht werden können und er nicht beweist, dass die Abgaben ohne sein Verschulden nicht entrichtet werden konnten.

In der Regel wird nämlich nur der Geschäftsführer jenen ausreichenden Einblick in die Gebarung der Gesellschaft haben, der ihm entsprechende Behauptungen und Nachweise ermöglicht. Außerdem trifft den Haftenden die gleiche Offenlegungs- und Wahrheitspflicht wie den Abgabepflichtigen, sodass er für die Möglichkeit des Nachweises seines pflichtgemäßen Verhaltens vorzusorgen hat.

Demzufolge hat nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes der Vertreter darzutun, aus welchen Gründen ihm die Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten unmöglich gewesen sei, widrigenfalls die Abgabenbehörde eine schuldhafte Verletzung im Sinne des § 9 Abs. 1 BAO annehmen darf. Hat der Vertreter schuldhaft seine Pflicht verletzt, für die Abgabenentrichtung aus den Mitteln der Gesellschaft zu sorgen, so darf die Abgabenbehörde davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit ursächlich war (vgl. , mwN).

Weitere Judikatur des VwGH:

:

"Reichten die liquiden Mittel nicht zur Begleichung sämtlicher Schulden aus und haftet der Vertreter nur deswegen, weil er die Abgabenforderungen nicht wenigstens anteilig befriedigt und den Abgabengläubiger somit benachteiligt hat, dann erstreckt sich die Haftung des Vertreters auch nur auf den Betrag, um den der Abgabengläubiger bei gleichmäßiger Befriedigung aller Forderungen mehr erlangt hätte, als er infolge des pflichtwidrigen Verhaltens des Vertreters tatsächlich erhalten hat. Der Nachweis, welchen Betrag bei Gleichbehandlung sämtlicher Gläubiger - bezogen auf die jeweiligen Fälligkeitszeitpunkte einerseits und das Vorhandensein liquider Mittel andererseits - an die Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre, obliegt allerdings dem Vertreter.

Entscheidend ist also allein, ob dem Beschwerdeführer im Haftungszeitraum Mittel für eine zumindest anteilige Begleichung aller Verbindlichkeiten zur Verfügung standen. Dazu hat er in der Berufung vorgebracht, dass der Kreditrahmen von S 6 Mio auf S 12 Mio ausgeweitet worden sei. Die vorgelegten Kontoauszüge der Gesellschaft bei der Z-Bank aus der Zeit zwischen und lassen eine Ausschöpfung dieses Kreditrahmens nicht erkennen. Den Kontoauszügen ist eine Vielzahl von Gutschriften zu entnehmen, deren Höhe den hier geforderten Abgabenbetrag um ein Vielfaches übersteigt; die Zahlungen entsprechen teilweise den nach den Behauptungen des Beschwerdeführers von der Bank genehmigten Verbindlichkeiten (Verbindlichkeiten für Warenlieferungen, Löhne, Wechsel), lassen sich zum Teil nicht ohne weiteres zuordnen (insbesondere Daueraufträge) und zum Teil eindeutig nicht zuordnen (z.B. Fernmeldegebühren). Aus diesen Kontoauszügen ist jedenfalls nicht erklärbar, wieso der Beschwerdeführer seiner Verpflichtung zu einer mindestens anteiligen Begleichung der gegenständlichen Abgabenforderungen nicht nachgekommen ist."

:

"Der Beschwerdeführer behauptet, er habe durch Einstellung der Zahlungen an alle Gläubiger ab dem Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der GmbH am sichergestellt, dass alle Zahlungseingängeam Kontokorrentkonto belassen worden seien, wodurch es dem Masseverwalter möglich gewesen sei, alle Gläubiger, darunter auch den Bund als Abgabengläubiger, gleichmäßig mit der Konkursquote zu befriedigen. Bereits am habe das Kontokorrentkonto einen positiven Stand ausgewiesen, womit sein Bestreben, alle andrängenden Gläubiger gleichmäßig zu befriedigen, dokumentiert werde.

Mit diesen Ausführungen zeigt der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Vielmehr gibt er damit zu, dass er - wie von der belangten Behörde festgestellt - andrängende Gläubiger, darunter auch den Bund als Abgabengläubiger insofern benachteiligt hat, als er mit den Zahlungseingängen am Kontokorrentkonto von insgesamt rund 3 Mio S die Forderung der Hausbank zu Lasten anderer Forderungen zur Gänze befriedigt hat. Wenn der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang vorbringt, er hätte dem Bund als andrängenden Gläubiger ohnedies nicht mehr als die Konkursquote von 8,21 % zukommen lassen können, übersieht er, dass durch die gänzliche Befriedigung der Forderung der Hausbank der Bund gemeinsam mit anderen andrängenden Gläubigern bedeutend schlechter gestellt worden ist als die Hausbank.

Der belangten Behörde kann daher nicht entgegengetreten werden, wenn sie im Verhalten des Beschwerdeführers (Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes aller andrängenden Gläubiger, vgl die in Ritz, BAO2, Tz 9 ff zu § 9, zitierte hg Rechtsprechung) eine schuldhafte Verletzung der ihm auferlegten Pflichten erblickt und ihn als Haftenden für Abgabenschulden der GmbH herangezogen hat.

Mit der Behauptung, die belangte Behörde habe es unterlassen zu prüfen, ob ab dem keine Zahlungen an andere andrängende Gläubiger mehr geleistet worden seien, wird keine Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgezeigt. Denn die belangte Behörde ist im Einklang mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers davon ausgegangen, dass ab diesem Tag alle Zahlungseingängeam Kontokorrentkonto belassen worden sind. Damit stand für die belangte Behörde jedoch die Schlechterstellung aller andrängenden Gläubiger, darunter auch des Bundes als Abgabengläubiger, fest. Vom Nichtvorhandensein liquider Mittel ab dem kann bei Zahlungseingängen von insgesamt rund 3 Mio S am Kontokorrentkonto bis zum ebenso wenig eine Rede sein, wie davon, dass der Beschwerdeführer nachgewiesen hätte, welcher Betrag bei Gleichbehandlung sämtlicher andrängender Gläubiger an den Bund als Abgabengläubiger zu entrichten gewesen wäre."

:

"Eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes kann sich nicht nur bei der Tilgung bereits bestehender Verbindlichkeiten, sondern auch bei sogenannten Zug-um-Zug-Geschäften ergeben. Für die Frage, ob andere andrängende Gläubiger gegenüber dem Bund als Abgabengläubiger begünstigt worden sind, ist nicht bedeutsam, ob oder inwieweit vom Abgabepflichtigen geleistete Zahlungen nach den Bestimmungen der Insolvenzordnung rechtsunwirksam oder anfechtbar gewesen wären."

:

"Dabei kommt es für den Nachweis der Gläubigergleichbehandlung nicht nur auf die liquiden Mittel zum Fälligkeitstag an, die den an diesem einen Tag jeweilig fälligen Verbindlichkeiten gegenüberzustellen sind, weil eine derartige Betrachtung für nur einen einzigen Tag im Monat ohne Berücksichtigung der vorhandenen liquiden Mittel für die Zeiträume nach der Fälligkeit der Abgaben keinen Nachweis über eine Gläubigergleichbehandlung geben kann."

"Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes darf der Vertreter bei der Entrichtung von Schulden Abgabenschulden nicht schlechter behandeln als andere Schulden; er hat die Schulden im gleichen Verhältnis zu befriedigen (Gleichbehandlungsgrundsatz). Eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes kann sich nicht nur bei der Tilgung bereits bestehender Verbindlichkeiten, sondern auch bei sogenanntenZug-um-Zug-Geschäften ergeben. Für die Frage, ob andere andrängende Gläubiger gegenüber dem Bund als Abgabengläubiger begünstigt worden sind, ist nicht bedeutsam, ob oder inwieweit vom Abgabepflichtigen geleistete Zahlungen nach den Bestimmungen der Insolvenzordnung rechtsunwirksam oder anfechtbar gewesen wären (vgl. etwa die in Ritz, Kommentar zur BAO5, unter Rz 11 ff zu § 9 BAO wiedergegebene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes)."

Im vorliegenden Fall bestand ein Kontokorrentkredit, dessen Rahmen im Zeitraum der Fälligkeit der Umsatzsteuervorauszahlung 02/2020 () bis zur Konkurseröffnung (***Datum1***) nicht ausgeschöpft war.

Wird ein Kontokorrentkredit mit einer Bank abgeschlossen, dient dieser dazu, um über liquide Mittel zu verfügen. Dabei geht der Kreditnehmer davon aus, dass er den in Anspruch genommenen Kredit auch tilgen kann. Insoweit ein solcher Kreditrahmen nicht ausgeschöpft wurde, handelt es sich - in Übereinstimmung mit der ständigen Rechtsprechung - hierbei um liquide Mittel. Der Kreditnehmer ist allerdings nicht zur Ausschöpfung des Kreditrahmens verpflichtet, wenn er weiß oder wissen muss, dass er diese Schuld nicht mehr begleichen kann. Ein solcher Fall liegt insbesondere dann vor, wenn die Einbringung eines Konkursantrages durch den Geschäftsführer unmittelbar bevorsteht. Der Geschäftsführer würde Gläubiger zu Lasten der Bank befriedigen. Allerdings darf der Bf. - auch wenn ein Insolvenzantrag unmittelbar bevorsteht - mit den Zahlungseingängen durch Zahlungen der Kunden am Kontokorrentkonto die Forderung der Hausbank nicht zu Lasten anderer Forderungen befriedigen.

Somit stellen Zahlungseingänge am Kontokorrentkonto stets liquide Mittel dar, die auch bei drohender Insolvenz gleichmäßig auf alle Gläubiger zu verteilen sind. Hier handelt es sich um keine Kreditaufnahme, sondern um eine Befolgung der dem Geschäftsführer obliegenden Verpflichtung zur Gleichbehandlung sämtlicher Gläubiger.

Im Hinblick auf diese Überlegungen war die vom Bf. vorgelegte Liquiditätsrechnung wie folgt zu berichtigen bzw. zu überarbeiten.

Kontokorrentkonto:

Der Saldo betrug am xx.4.2022 € 204.477,73, lt Bf. nicht fällig

Entwicklung des Kontokorrentkontos ab xx.04.2020 bis xx.04.2020 (Tag vor Konkurseröffnung):


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Datum
Gutschriften
Lastschriften
xx.04.2020
6.539,23
3.600,00
xx.04.2020
---
4.800,00
xx.04.2020
5.185,62
5.053,02
xx.04.2020
---
4.019,90
xx.04.2020
11.457,60
14,38
xx.04.2020
43.749,23
---
Summe:
66.931,68
17.487,30

Da gemäß der zitierten Rechtsprechung des VwGH der Gleichbehandlungsgrundsatz auch bei den Zug-um-Zug-Geschäften zu berücksichtigen ist, waren auch die Zahlungen vom xx. und xx.4.2020 im Zusammenhang mit der Insolvenzberatung und Insolvenzvorbereitung in die Berechnung einzubeziehen.

Liquide Mittel:

Zu den aus dem Kontokorrentkreditkonto sich ergebenden liquiden Mittel ist noch der Betrag in Höhe von € 259,31 (vom Bf. irrtümlich mit € 318,42 beziffert) hinzuzurechnen. Bei diesem Betrag handelt es sich um den Kassabestand zum laut vorgelegtem Kassabericht Nr. 3. Der Verbleib dieses Betrages konnte durch den Bf. nicht aufgeklärt werden. Die liquiden Mittel im haftungsgegenständlichen Zeitraum xx.4.2020 bis zur Konkurseröffnung betrugen daher insgesamt € 67.190,99.

Fällige Forderungen:

[...]

Zwischenergebnis:

Den liquiden Mitteln im Zeitraum bis zur Konkurseröffnung Höhe von € 67.190,99 standen fällige Verbindlichkeiten in Höhe von € 75.350,13 gegenüber. Die Verbindlichkeiten beinhalten auch die haftungsgegenständliche Lohnsteuer 03/2020.

Für aushaftende Abfuhrabgaben wie die Lohnsteuer gelten Ausnahmen vom Gleichheitsgrundsatz gelten (; , 2000/15/0168), da nach § 78 Abs. 3 EStG der Arbeitgeber, wenn die zur Verfügung stehenden Mittel nicht zur Zahlung des vollen vereinbarten Arbeitslohnes ausreichen, die Lohnsteuer von dem tatsächlich zur Auszahlung gelangenden niedrigeren Betrag zu berechnen und einzubehalten hat.

Wird Lohnsteuer nicht einbehalten und an das Finanzamt abgeführt, so ist nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH ungeachtet der wirtschaftlichen Schwierigkeiten der GmbH von einer schuldhaften Pflichtverletzung des Geschäftsführers auszugehen. Nach der durch das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , 91/13/0037, 0038, ausdrücklich aufrecht erhaltenen ständigen Rechtsprechung des VwGH fällt es nämlich einem Vertreter im Sinne der §§ 80ff BAO als Verschulden zur Last, wenn er Löhne auszahlt, aber die darauf entfallende Lohnsteuer nicht an das Finanzamt entrichtet.

Die Haftung für die Lohnsteuer 03/2020 wurde ohnedies anerkannt.

Da die Lohnsteuer jedenfalls aus den liquiden Mitteln zu entrichten gewesen wäre, sind diese ebenso wie die Forderungen entsprechend zu berichtigen:

Liquide Mittel: € 67.190,99 - € 5.961,83 (Lohnsteuer) = € 61.229,16
Fällige Verbindlichkeiten: € 75.359,13 abzgl. € 5.961,83 = € 69.397,30

Berechnung des Quotenschadens:

Vorhandene liquide Mittel: fällige Gesamtverbindlichkeiten x 100 = Quote

€ 61.229,16 : 69.397,30 x 100 = 88,23%

Entrichtungen am Abgabenkonto sind im Zeitraum bis zur Konkurseröffnung nicht erfolgt, daher beträgt der Quotenschaden betreffend die nunmehr streitgegenständliche Umsatzsteuer 02/2020 in Höhe von ursprünglich € 20.219,95 88,23%, somit € 17.840,61.

Von diesem Betrag ist die auf die Umsatzsteuer 02/2020 entfallende Konkursquote in Höhe von 18,817103%, somit € 3.804,81 in Abzug zu bringen.

Die Quotenberechnung für die Umsatzsteuervorauszahlung 02/2020 ergibt daher den Betrag in Höhe von € 14.035,80.

V.) Ursächlichkeit der Pflichtverletzung für die Einbringlichkeit

Infolge der schuldhaften Pflichtverletzung durch den Bf. konnte die Abgabenbehörde nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () auch davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung Ursache für die Uneinbringlichkeit der haftungsgegenständlichen Abgaben war.

VI.) Ermessen

Nach Lehre und Rechtsprechung ist die Heranziehung zur Haftung in das Ermessen der Abgabenbehörde gestellt, wobei die Ermessensentscheidung im Sinne des § 20 BAO innerhalb der vom Gesetz gezogenen Grenzen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen ist. Dem Gesetzesbegriff "Billigkeit" ist dabei die Bedeutung "berechtigte Interessen der Partei", dem Gesetzesbegriff "Zweckmäßigkeit" die Bedeutung "öffentliches Anliegen an der Einbringung der Abgaben" beizumessen. Von einer ermessenswidrigen Inanspruchnahme wird vor allem dann gesprochen, wenn die Abgabenschuld vom Hauptschuldner ohne Gefährdung und ohne Schwierigkeit rasch eingebracht werden kann. Ein solcher Fall liegt hier im Hinblick auf die bereits erfolgte Löschung der GmbH im Firmenbuch nicht vor.

Weiters hat der Bf. in der gegenständlichen Beschwerde ohnehin keine Einwendungen zum Ermessen vorgebracht.

1.1. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine solche lag in diesem Verfahren nicht vor.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 9 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§§ 80 ff BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 80 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 7 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 9 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise



ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7101174.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at