Rückforderung Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag mangels gemeinsamen Haushalt
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Rückforderung von EUR 321,50 an Familienbeihilfe und EUR 58,40 an Kinderabsetzbetrag (insgesamt EUR 379,90) gemäß § 26 Abs. 1 FLAG 1967 in Verbindung mit § 33 Abs. 3 EStG 1988 für den Monat August 2022 (***Ordnungsbegriff***) betreffend den Sohn ***Sohn*** (***SVNr_Sohn***) zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Mit Bescheid vom , zugestellt durch Hinterlegung am und durch den Adressaten übernommen am , forderte die belangte Behörde vom nunmehrigen Beschwerdeführer (in der Folge: "Bf.") Familienbeihilfe sowie bezughabenden Kinderabsetzbetrag, wie im Spruch angeführt, nach § 26 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 in Verbindung mit § 33 Abs. 3 Einkommensteuergesetz 1988zurück. Die (ungekürzte) Bescheidbegründung dazu lautete:
"Zu ***Sohn***:
Laut bestätigter Unterlage Ihres Sohnes ***Kind**, ist ***Kind** bereits seit bei seiner Mutter haushaltszugehörig."
Mit Eingabe via FinanzOnline vom erhob der Bf. dagegen rechtzeitig Beschwerde und begründete diese wie folgt:
"Der Rückforderungsbescheid wurde auf Grundlage falscher Angaben gestellt. Mein Sohn ***Sohn*** ist nicht, wie in der Begründung angeführt, seit bei seiner Mutter haushaltszugehörig. Dieses Datum wurde von Frau ***Mutter*** falsch angegeben. Richtig ist hingegen, dass ***Sohn*** seinen Wohnsitz am zu seiner Mutter verlegt hat.(siehe Melderegister) Seine persönlichen Sachen hat er übrigens erst im November 2022 und im Mai 2023 abgeholt."
Der Beschwerdeführer stellte weiters mit Eingabe vom einen Antrag auf Akteneinsicht betreffend das Schreiben seines Sohnes ***Sohn***, welches in der Begründung des angefochtenen Bescheides angeführt worden war und - mangels anderer angeführter Begründungselemente - offenbar maßgeblich für die nunmehr bekämpfte Rückforderung war.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom , am zugestellt durch Hinterlegung und vom Adressaten übernommen am , wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und dies wie folgt begründet:
"Gem. § 2 Abs. 2 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 hat Anspruch auf Familienbeihilfe für ein in Abs. 1 genanntes Kind die Person, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist.
Gem. § 2 Abs. 5 FLAG gehört ein Kind dann zum Haushalt einer Person, wenn es bei einheitlicher Wirtschaftsführung eine Wohnung mit dieser Person teilt.
Es liegt in der Absicht des Gesetzgebers, die Familienbeihilfe dem Haushalt zuzuleiten, in dem das Kind lebt.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft Voraussetzung für die Haushaltszugehörigkeit eines Kindes, wobei es unmaßgeblich ist, wer die Mittel für die Führung des Haushaltes zur Verfügung stellt, sondern es kommt vielmehr darauf an, dass über diese Mittel im Rahmen einer einheitlichen Wirtschaftsführung verfügt wird.
Ebenfalls nicht von Bedeutung sind das Erziehungsrecht und die polizeilichen Meldebestätigungen.
Sie stellen lediglich ein widerlegbares Indiz für das Bestehen einer Wohngemeinschaft dar, sind jedoch nicht geeignet, einen vollen Beweis über die tatsächlichen Verhältnisse zu liefern, ebenso wie das Unterbleiben einer ZMR-Meldung (Zentrales Melderegister) kein unwiderlegbares Indiz dafür ist, dass das Kind nicht beim Anspruchswerber wohnt.
Für ein Kind, das im Haushalt eines Elternteiles betreut wird, kann daher beim anderen Elternteil kein Anspruch auf die Familienbeihilfe aus dem Titel der überwiegenden Kostentragung vorliegen, unabhängig davon, ob und wie viel an Unterhalt geleistet wird.
Welchem Haushalt ein Kind tatsächlich angehört ist eine Frage der Beweiswürdigung.
Auf Grund des gesamten Sachverhaltes und der vorliegenden Beweismittel im gegenständlichen Fall, war von der Behörde eine Haushaltszugehörigkeit bei der Kindesmutter im August 2022 anzunehmen.
Es war sodann spruchgemäß zu entscheiden.
Anmerkung zu Ihrem Gesuch um Akteneinsicht (Ihr Schreiben vom ):
Gemäß § 77 BAO ist der Abgabenpflichtige Partei im Abgabenverfahren.
Gemäß § 77 Abs. 1 BAO ist Abgabepflichtiger, wer nach den Abgabenvorschriften als Abgabenschuldner in Betracht kommt. Gemäß § 2 lit. a BAO gelten die Bestimmungen der BAO (soweit sie hierauf nicht unmittelbar anwendbar sind und nichts anderes bestimmt ist) sinngemäß in Angelegenheiten der Familienbeihilfe. Für das Familienbeihilfenverfahren lässt sich in sinngemäßer Anwendung ableiten, dass der/die nach dem FLAG Anspruchsberechtigte als Partei anzusehen ist.
Hinsichtlich der Familienbeihilfenakten kann dem Antragsteller (in eigenem Namen) daher die Akteneinsicht nur in Akten(-teile) gewährt werden, die in seiner Sache als Anspruchsberechtigter angelegt worden sind - nicht in Akten(-teile) anderer Akten (z.B. Kindesmutter)."
Mit Eingabe vom erhob der Beschwerdeführer fristwahrend einen Vorlageantrag und brachte vor, dass sich die Beschwerde "gegen die ungerechtfertigte Beantragung der Familienbeihilfe durch die Mutter meines o.a. Sohnes gerichtet" habe:
"***Sohn*** war im August 2022 nicht haushaltszugehörig bei seiner Mutter ***Mutter***, wie diese offenbar fälschlicherweise angegeben hatte. Richtig ist vielmehr, dass ***Sohn*** am mitten in der Nacht nur mit einem Rucksack als Gepäck und dem ihm von mir zur Verfügung gestellten Laptop zur unbewohnten Wohnung seiner Mutter in ***1*** gefahren war, dies offenbar nur mit der Absicht, um sich von einer Auseinandersetzung mit meiner Ehefrau emotional zu erholen. Ich war in dieser Woche wegen einer Verletzung im Krankenhaus und konnte nicht in den Konflikt eingreifen, sondern nur seine Abreise über die Videoüberwachungskamera verfolgen.
Die Wohnung der Mutter stand zu diesem Zeitpunkt leer, da sie für mehrere Monate zur Selbstfindung im Ausland auf dem Jakobsweg unterwegs war. ***Kind** dürfte noch einen Schlüssel zu ihrer Wohnung besessen haben. Mit den von mir beigestellten Mitteln (Geld, Laptop, Kleidung, Handy) machte er also vorerst nur einen Erholungsurlaub fern von Verpflichtungen in ***1***.
Von einem Verbleib im Haushalt der Mutter bzw. Wechsel der Haushaltszugehörigkeit war zum damaligen Zeitpunkt überhaupt keine Rede. Am kam es sodann auch zu einem klärenden Gespräch zwischen meinem Sohn, meiner Ehefrau und mir in ***3***. Bei diesem Gespräch wurde vereinbart, dass ***Kind** nach seinem Urlaub wieder nach ***3*** zurückkehrt und dass wir mit ihm ein eigenes Studentenzimmer suchen werden, um so die Ursache der Auseinandersetzung zu beseitigen.
***Kind** Mutter ***Mutter***, die seit Jahrzehnten keiner nennenswerten Erwerbsstätigkeit mehr nachgeht, sondern stattdessen die Alimente und die Kinderbeihilfe für ihre drei Kinder auch für sich verwenden konnte, wollte sich offenbar nur ihren seit der Übersiedelung des Sohnes nach ***3*** im Jahr 2020 bestehenden Geldunterhaltsverpflichtungen entledigen und die Kinderbeihilfe wieder beziehen, zumal seit längerer Zeit auch die Unterhaltszahlungen des Vaters von ***Kind** Halbgeschwistern wegefallen waren. Aus diesem Grund setzte sie ***Kind** weiter unter Druck und es gelang ihr, ihn vom Ausland aus zu veranlassen, den Hauptwohnsitz wieder bei ihrer Wohnung anzumelden. Obwohl eine ZMR-Meldung ohnehin nicht maßgebend für die Haushaltszugehörigkeit ist, wollte sie damit bereits im Vorfeld nur vermeintliche Fakten schaffen, um die Familienbeihilfe für sich zu sichern.
Als ***Kind** dem Druck seiner Mutter schließlich nachgegeben hatte, vereinbarten wir, dass er wieder nach ***1*** zurückziehen solle. Am räumten wir gemeinsam sein Zimmer aus und ich brachte ihn und seine Sachen noch am selben Abend nach ***1***.
Bis zu diesem Zeitpunkt der Übersiedelung beanspruchte er sein Jugendzimmer in meinem Haus in vollem Umfang, sodass es für uns in keiner Weise benutzbar war. Er hatte schließlich seit seiner Abreise sämtliche persönlichen Sachen, nahezu die gesamte Kleidung, seine gesamte Sport- und Freizeitausrüstung, den Computer, seine Stereoanlage, den Fernseher etc. in unserer Wohnung belassen. Seiner Mutter, die noch immer am Jakobsweg auf Selbstfindung unterwegs war, entstanden in dieser Zeit keinerlei Kosten, außer jene für den minimalen Strom- und Wasser-Mehrverbrauch durch seine Anwesenheit. Er musste sich mit den ursprünglich von mir beigestellten Mitteln selbst verpflegen und selbst seine Wäsche waschen. Die Kosten für seine Handyrechnung übernahm hingegen nach wie vor ich.
Der Aufenthalt in der Wohnung seiner Mutter bis zu seiner Übersiedlung am ist somit nur als Urlaub zu werten, da er seinen Lebensmittelpunkt nach wie vor in ***3*** hatte, zumal er auch sein gesamtes Hab und Gut in unserer Wohnung belassen hatte.
Außerdem war seine Mutter in dieser Zeit durchgehend abwesend und leistete daher weder aktiv einen Beitrag zu seiner Lebensführung noch übernahm sie nennenswerte Lebenshaltungskosten. Es kann daher auch keine Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft vorgelegen haben. Grundvoraussetzung für eine Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft ist schließlich ein gemeinsames Wohnen und Wirtschaften. Davon konnte keine Rede sein, da seine Mutter im Ausland war. Ich hingegen unterstützte ihn wo es ging, wie zum Beispiel bei der Wohnungssuche und in schulischen Belangen.
Eine Haushaltszugehörigkeit zum Haushalt seiner Mutter ***Mutter*** ist daher bis zur Übersiedelung am jedenfalls zu verneinen, insbesondere auch die Haushaltzugehörigkeit bei seiner Mutter für den August 2022, da von Anfang an nur eine Auszeit geplant war und die Mutter bereits vor seiner Ankunft abgereist war.
Beweise:
1.) Der oben geschildete Sachverhalt wird von meiner Ehefrau ***2***, geb. ***4*** vollinhaltlich bestätigt, insbesondere dass ***Sohn*** mit seiner Übersiedlung am nach ***1*** aus unserer Wohnung ausgezogen ist und somit bis dahin unseremgemeinsamen Haushalt zugehörig war (siehe Bestätigung)
2.)Handy-Daten vom Zeitpunkt der Übersiedlung (Google-Zeitachse)
Im Falle, dass die Haushaltszugehörigkeit zum Haushalt der Mutter zur Übersiedlung im November nicht anerkannt wird, stelle ich hiermit einen Antrag auf Gewährung der Familienbeihilfe von August 2022 bis einschließlich Oktober 2022 und Rückerstattung der bereits geleisteten Zahlungen."
Als Beilagen zum Vorlageantrag legte der Beschwerdeführer folgende Unterlagen vor:
Bestätigung von ***2*** vom :
"Ich, ***2***, geboren am ***4*** bestätige hiermit, dass ***Sohn*** erst am zu seiner Mutter nach ***1*** übersiedelt ist.
Zuvor, Ende Juli 2023 war er während eines Krankenhausaufenthaltes meines Mannes nach einem Streit mitten in der Nacht nach ***1*** abgereist, offenbar um sich von unserer Auseinandersetzung zu erholen. Er hatte dabei als Reisegepäck lediglich einen Rucksack mit dem Nötigsten mitgenommen.
Bei einem klärenden Gespräch im August 2022 in ***3*** hat uns ***Kind** mitgeteilt, dass seine Mutter wenige Tage vor seiner Ankunft in ***1*** ins Ausland verreist war und erst nach drei Monaten wieder zurückkehren werde, da sie mit einer Freundin den Jakobsweg gehen würde.
Bei diesem Gespräch haben wir mit ***Kind** vereinbart, dass mein Mann für ihn ein Studentenzimmer in ***3*** mieten werde, um ihn in seiner Entwicklung zur Selbstständigkeit zu unterstützen. Von September bis Oktober haben die beiden gemeinsam ein entsprechendes Zimmer gesucht, wohin er dann von unserer Wohnung übersiedeln könne. Als die Mutter wieder zurückgekehrt war, gelang es ihr jedoch, ***Kind** dazu zu bewegen, wieder zu ihr zurückzuziehen."
Von Google Maps abgerufene "Zeitachse" betreffend eine Fahrt von von ***Wohnung Bf.** nach ***Wohnung_Mutter*** am , tituliert mit "Nachweis Übersiedelung ***Sohn***"
Anmerkung des erkennenden Richters: Google beschreibt die Google Maps Zeitachse wie folgt: "Die Google Maps-Zeitachse ist eine persönliche Karte, die auf Ihrem Standortverlauf beruht und mit der Sie jederzeit nachvollziehen können, welche Orte Sie besucht, welche Routen Sie zurückgelegt und welche Reisen Sie unternommen haben. Sie können Ihre Zeitachse jederzeit bearbeiten und Ihren Standortverlauf daraus löschen."
Die belangte Behörde legte die Beschwerde am dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor. Die Stellungnahme im Vorlagebericht lautete:
"Gemäß § 2 Abs. 1 FLAG 1967 hat Anspruch auf Familienbeihilfe für ein im Abs. 1 genanntes Kind die Person, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist.
Der Begriff der Haushaltszugehörigkeit eines Kindes wird von Merkmalen verschiedenster Art geprägt. Die Haushaltszugehörigkeit leitet sich aus dem Zusammenwirken örtlicher Gegebenheiten sowie materieller und immaterieller Faktoren ab.
Das FLAG 1967 geht davon aus, dass ein Kind nur einem Haushalt angehören kann (vgl. ). Die gleichzeitige Zugehörigkeit zu zwei Haushalten in einem Monat hat der Gesetzgeber im FLAG 1967 nicht vorgesehen.
Die Bedingungen einer Haushaltszugehörigkeit sind in § 2 Abs. 5 FLAG 1967 näher umschrieben; demgemäß kommt es ausschließlich auf die einheitliche Wirtschaftsführung mit dem Kind im Rahmen einer Wohngemeinschaft (Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft) an (vgl. ; ; ).
Unter Wohngemeinschaft versteht man das Zusammenleben mehrerer Personen in einer Wohnung, wobei allgemeine Räume wie Badezimmer, Küche oder Wohnzimmer gemeinsam benutzt werden, d.h. in welchem Haushalt das Kind gewöhnlich seinen Alltag verbringt, die Mitteln des Haushalts benutzt und wo es üblicherweise nächtigt und von wo aus es die Schule (Kindergarten etc.) besucht.
Eine Wirtschaftsgemeinschaft liegt dann vor, wenn zum überwiegenden Teil die laufenden Ausgaben für das Kind getragen werden, wobei es nicht nur auf die Ausgaben für die Nahrung, sondern darüber hinaus vor allem auch auf jene für die sonstigen Dinge des täglichen Bedarfs sowie für Bekleidung ankommt.
Ein Kind gilt somit dort und dann als haushaltszugehörig, wenn es in einem bestimmten Haushalt wohnt, und dort betreut und versorgt wird. Es ist dabei nicht erforderlich, dass das Kind ständig in diesem Haushalt anwesend ist. Der Begriff der Haushaltszugehörigkeit verlangt jedoch sowohl einen Haushalt, der von der "Betreuungsperson" und dem Kind gemeinsam regelmäßig genutzt wird, als auch, dass die "Betreuungsperson" die Verantwortung für das materielle Wohl (Wirtschaftsführung und -tragung) des haushaltszugehörigen Kindes trägt.
Die Beantwortung der Frage, mit welcher Person ein Kind die Wohnung teilt, hängt auch davon ab, in wessen Wohnung das Kind regelmäßig nächtigt.
Nicht von Bedeutung sind hingegen das Erziehungsrecht (vgl. 336/70), ebenso polizeiliche Meldebestätigungen (sie stellen lediglich ein widerlegbares Indiz für das Bestehen einer Wohngemeinschaft dar, sind jedoch nicht geeignet, einen vollen Beweis über die tatsächlichen Verhältnisse zu liefern; vgl. 17/188/80).
Welchem Haushalt ein Kind tatsächlich angehört ist eine Frage der Beweiswürdigung.
Das Kind ***Kind** hat mit schriftlich bestätigt, dass es seit im gemeinsamen Haushalt mit der Kindesmutter wohnhaft sei. Auch aus dem Vorlageantrag des Bf. geht hervor, dass das Kind am nach einem Streit zur Wohnung der Kindesmutter gefahren sei und sich ab diesem Zeitpunkt dort aufgehalten habe. Das Kind ***Kind** lagerte zwar bis seine persönlichen Gegenstände in seinem Zimmer im Haus des Bf., lebte und nächtigte aber seit seinem Auszug im Haus der Kindesmutter.
Aufgrund der vorliegenden Beweismittel beantragt die Behörde die Abweisung der Beschwerde, da von einer Haushaltzugehörigkeit bei der Kindesmutter ab 08/2022 auszugehen ist."
Dazu legte die belangte Behörde dem Bundesfinanzgericht folgende Dokumente vor:
Schreiben von ***Sohn*** vom , gerichtet an die belangte Behörde, eingebracht von ***Mutter*** via FinanzOnline am :
"Ich, ***Sohn*** (***SVNr.***) betätige hiermit, dass ich seit zu meiner Mutter gezogen bin (***Adresse_Mutter***) und seither mit ihr im gemeinsamen Haushalt lebe. Ich habe seither nicht mehr bei meinem Vater im Haushalt gelebt, nicht dort geschlafen, gegessen oder meine Zeit dort selbständig verbracht. Ich habe zwar noch Sachen, die ich nicht täglich benötige bei meinem Vater gehabt, aber nicht mehr in einem Haushalt bei ihm gelebt. Ich habe auch keinen eigenen Hausschlüssel mehr gehabt, da mein Vater das Schloss ausgewechselt hat."
Arbeitsauftrag vom (behördenintern)
Mitteilung über den Bezug (Gewährung) von Familienbeihilfe vom betreffend den Bf. und den Zeitraum April 2020 - Juli 2022, wonach nur bis Juli 2022 Anspruch auf Familienbeihilfe bestehe und daher die Auszahlung eingestellt werde.
Antrag des Beschwerdeführers auf Akteneinsicht vom betreffend den Rückforderungsbescheid ***5*** vom mit dem Ersuchen, die "bestätigte Unterlage It. Rückforderungsbescheid meines Sohnes ***Sohn*** zukommen" zu lassen.
Auskunft des Fachbereichs vom betreffend Akteneinsicht, wonach das Schreiben von ***Kind** nicht an den Bf. übermittelt werden möge
Mit Beschluss des Bundesfinanzgerichts vom wurde dem Beschwerdeführer wie beantragt Akteneinsicht durch Übersendung einer Kopie der Eingabe vom gewährt und Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum eingeräumt, insbesondere zum Vorlagebericht vom . Der Bf. hat diese Möglichkeit bis dato nicht wahrgenommen.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Der Sohn des Beschwerdeführers, ***Sohn*** (geboren am ***6***), wohnt seit dem nicht mehr mit dem Beschwerdeführer in einem gemeinsamen Haushalt. An diesem Tag war der Sohn aus dem Haushalt des Beschwerdeführers aufgrund eines Streits mit der nunmehrigen Gattin des Beschwerdeführers nur mit einem Rucksack mit dem Nötigsten ausgezogen. Der Sohn zog nach ***1*** in die Wohnung seiner Mutter ***Mutter***, welche sich zu dieser Zeit gerade mit einer Freundin auf dem Jakobsweg befand und rund 3 Monate später in die Wohnung zurückkehrte. Der Sohn wohnte seit dem in der Wohnung seiner Mutter und hat seitdem die Wohnung des Vaters nur am und im Mai 2023 zwecks Räumung seiner Sachen betreten. Der Sohn des Beschwerdeführers hat im beschwerdegegenständlichen Zeitraum somit nicht mehr im Haushalt des Beschwerdeführers (Bf.) gelebt, gegessen oder genächtigt, sondern lediglich persönliche Sachen dort gelagert.
Seit diesem Zeitpunkt hat der Beschwerdeführer auch nicht (mehr) den überwiegenden Unterhalt für den Sohn ***Kind** getragen.
Dem Beschwerdeführer wurden von der belangten Behörde für den Zeitraum August 2022 für ***Kind** Familienbeihilfe in der Höhe von EUR 321,50 sowie ein Kinderabsetzbetrag in der Höhe von EUR 58,40 (insgesamt EUR 379,90) ausbezahlt und in der Folge mit dem angefochtenen Bescheid gemäß § 26 Abs. 1 FLAG 1967 in Verbindung mit § 33 Abs. 3 EStG 1988 wieder zurückgefordert.
2. Beweiswürdigung
Der festgestellte Sachverhalt ist - soweit entscheidungsrelevant und soweit im Folgenden nicht eigens darauf eingegangen wird - unstrittig und ergibt sich aus dem Akteninhalt sowie dem Parteienvorbringen.
Nach dem in § 167 Abs. 2 BAO verankerten Grundsatz der freien Beweiswürdigung hat sich die Abgabenbehörde und in der Folge das Bundesfinanzgericht - ohne an formale Regeln gebunden zu sein, aber unter Wahrung aller Verfahrensgrundsätze (ordnungsgemäß und vollständig durchgeführtes Ermittlungsverfahren) - Klarheit über den maßgebenden Sachverhalt zu verschaffen. Dabei ist unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Die dazu vorzunehmende Beweiswürdigung muss den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut entsprechen. Von mehreren Möglichkeiten ist jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit oder gar die Gewissheit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten absolut oder mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt (; ; ; siehe auch Ritz, BAO7, § 167 Tz 8 ff).
Die vom Bf. angeführten polizeilichen Meldebestätigungen (ZMR - Zentrales Melderegister) stellen lediglich ein widerlegbares Indiz für das Bestehen einer Wohngemeinschaft und den betroffenen Zeitraum dar, sind jedoch nicht geeignet, einen vollen Beweis über die tatsächlichen Verhältnisse zu liefern, ebenso wie das Unterbleiben einer ZMR-Meldung kein unwiderlegbares Indiz dafür ist, dass das Kind an einer bestimmten Stelle wohnt.
Eine Meldebestätigung aus dem Zentralen Melderegister, wonach der Sohn erst am aus der Wohnung seines Vaters, dem Beschwerdeführer, ausgezogen sei, hat lediglich Indizwirkung, leistet aber keinen unwiderlegbaren Beweis. Es ist aufgrund der vom Beschwerdeführer und vom Sohn des Beschwerdeführers geschilderten Vorkommnisse - schon anhand der diesbezüglich noch übereinstimmenden Angaben - anzunehmen, dass der Sohn seit dem emotionalen Auszug vom "mitten in der Nacht" nicht mehr im gemeinsamen Haushalt mit dem Beschwerdeführer gelebt hat und dies fortan auch nicht mehr plante. Die Annahme, der Sohn hätte trotz des offenbar heftigen Streits mit der Gattin des Beschwerdeführers, die offenbar im selben Haushalt wohnte, in der Folge bis Ende August wieder bei seinem Vater und dessen Gattin in einer Wohngemeinschaft gewohnt und sei (ohne dass im Verfahren dafür ein konkreter Anlass genannt worden wäre) erst Ende Oktober 2022 ausgezogen, ist lebensfremd und daher jedenfalls nicht als der wahrscheinlichere Geschehensablauf anzusehen. Von einem, wie es der Beschwerdeführer nennt, "Erholungsurlaub" seines Sohnes für die Zeit bis zum kann keine Rede sein. Vielmehr ist die nur temporäre Abwesenheit der Kindesmutter von ihrer Wohnung als solcher "Urlaub" anzusehen, da sie anschließend unstrittig von ihrem ca. 3-monatigen Auslandsaufenthalt wieder in ihre Wohnung zurückkehrte und diese bis dato mit ihrem Sohn bewohnt. Es wird daher in einer Gesamtbetrachtung der Umstände davon ausgegangen, dass der Sohn des Beschwerdeführers mit aus dem gemeinsamen Haushalt mit dem Beschwerdeführer dauerhaft ausgezogen ist und seitdem im Haus seiner Mutter lebte und nächtigte, welche dadurch den Naturalunterhalt leistete, indem sie ihrem Sohn die Wohnung zur Verfügung stellte.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)
3.1.1. Rechtslage
Gemäß § 2 Abs. 2 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 in der Fassung BGBl. I Nr. 220/2021 hat Anspruch auf Familienbeihilfe für ein in Abs. 1 genanntes Kind die Person, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Flaushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist.
Nach § 2 Abs. 5 FLAG 1967 idF. BGBl. I Nr. 220/2021 gehört ein Kind dann zum Flaushalt einer Person, wenn es bei einheitlicher Wirtschaftsführung eine Wohnung mit dieser Person teilt. Es liegt in der Absicht des Gesetzgebers, die Familienbeihilfe dem Haushalt zuzuleiten, in dem das Kind lebt.
Gemäß § 26 Abs. 1 FLAG 1967 idF BGBl. I Nr. 104/2019 hat, wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen. Auf einen gutgläubigen Verbrauch oder Ähnliches kommt es bei dieser objektiven und verschuldensunabhängigen Rückzahlungsverpflichtung nicht an: § 26 Abs. 1 FLAG normiert eine objektive Erstattungspflicht desjenigen, der die Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat. Diese Verpflichtung zur Rückerstattung ist von subjektiven Momenten unabhängig. Entscheidend ist somit lediglich, ob der Empfänger die Beträge zu Unrecht erhalten hat. Ob und gegebenenfalls wie der Bezieher die erhaltenen Beträge verwendet hat, ist unerheblich. Nach der ständigen Rechtsprechung steht es der Rückforderung auch nicht entgegen, wenn der unrechtmäßige Bezug ausschließlich durch eine unrichtige Auszahlung durch das Finanzamt verursacht worden ist ().
Nach § 33 Abs. 3 EStG (Einkommensteuergesetz) 1988 idF BGBl. I Nr. 194/2022 steht Steuerpflichtigen, denen auf Grund des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 Familienbeihilfe gewährt wird, im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein Kinderabsetzbetrag von monatlich 58,40 Euro für jedes Kind zu. Wurden Kinderabsetzbeträge zu Unrecht bezogen, ist § 26 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 anzuwenden.
3.1.2. Erwägungen
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft Voraussetzung für die Haushaltszugehörigkeit eines Kindes.
Für ein Kind, das im Haushalt eines Elternteiles betreut wird, kann daher beim anderen Elternteil kein Anspruch auf die Familienbeihilfe aus dem Titel der überwiegenden Kostentragung vorliegen, unabhängig davon, ob und wie viel an Unterhalt geleistet wird.
Im konkreten Fall liegt im beschwerdegegenständlichen Zeitraum (August 2022) schon deshalb kein gemeinsamer Haushalt des Kindes ***Sohn*** mit dem Beschwerdeführer im Sinne des § 2 Abs. 2 FLAG 1967 in Verbindung mit § 2 Abs. 5 FLAG 1967 vor, da es bereits am vom Haushalt des Bf. ausgezogen war und im August 2022 auch nicht mehr beim Bf. eingezogen ist.
Im Übrigen wird auf die zutreffenden Ausführungen der belangten Behörde und darauf verwiesen, dass ein temporärer Aufenthalt der Mutter an anderen Orten (wie im konkreten Fall der Jakobsweg) nicht gegen einen gemeinsamen Haushalt mit dem Kind spricht (vgl. ; ). Ein bestehender gemeinsamer Haushalt wird etwa durch gewisse durch Lebensumstände bedingte, auf nicht allzu lange Zeit berechnete Unterbrechungen des Zusammenlebens (wie etwa Krankenhaus- und Erholungsaufenthalte) nicht beseitigt (; , 2011/16/0195).
Beachtet man diesen Zweck von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag, ist der angefochtene Bescheid nicht mit Rechtswidrigkeit (Art. 132 Abs. 1 Z 1 B-VG) behaftet, wenn das Finanzamt auf Grund des Wechsels des Aufenthalts des Sohnes im Rückforderungszeitraum vom Vater zu der Mutter gezahlte Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag ab Beendigung des gemeinsamen Wohnens zurückfordert. Naturalunterhalt hat ab dahin die Mutter und nicht mehr der Vater geleistet. Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag sollen daher der Mutter, deren Haushalt der Sohn seither angehört, zukommen ().
Die dennoch an den Bf. erfolgte Auszahlung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag für den August 2022 erfolgte daher zu Unrecht, weshalb dieser Betrag gemäß § 26 Abs. 1 FLAG 1967 in Verbindung mit § 33 Abs. 3 EStG 1988 von der belangten Behörde zurückzufordern war, was mit dem angefochtenen Bescheid auch geschehen ist. Die Rückforderung gemäß § 26 Abs. 1 bis 3 FLAG 1967 ist keine Ermessensentscheidung. Gleiches gilt für die Rückforderung des Kinderabsetzbetrages.
Auch die Höhe der zurückgeforderten Beträge hat sich als korrekt erwiesen.
Wie der Bezieher die erhaltenen Beträge verwendet hat, ist dabei nicht von Bedeutung (; , 2009/15/0089; , 2007/15/0162; , 2008/15/0323; , 2006/15/0113; , 2005/15/0080; , 904/62); ebenso, ob der Bezieher diese im guten Glauben entgegengenommen hat (; , RV/7100264/2016; ). Der gutgläubige Verbrauch der Beträge ist rechtlich ohne Bedeutung, weil der Rückforderungsanspruch nach § 26 Abs. 1 FLAG 1967 nur auf die objektive Unrechtmäßigkeit des Bezuges der Familienbeihilfe abstellt (Wanke in Lenneis/Wanke (Hrsg), FLAG2 (2020) § 26 Rz 14 mit Verweis auf ; , 97/15/0111; , 98/13/0042; , 2007/13/0120).
Die gegenständliche Beschwerde zeigt keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf und war daher gemäß § 279 BAO als unbegründet abzuweisen.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im gegenständlichen Fall wurde der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gefolgt und in keiner Rechtsfrage entschieden, der grundsätzliche Bedeutung im Sinne des Artikel 133 Abs. 4 B-VG zukommt. Einzelfallbezogene Sachverhaltsfragen sind einer Revision nicht zugänglich. Die Revision ist daher unzulässig, weshalb gemäß § 25a Abs. 1 VwGG spruchgemäß zu entscheiden war.
Linz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer FLAG |
betroffene Normen | § 26 Abs. 1 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 33 Abs. 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2024:RV.5100061.2024 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at