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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 26.03.2024, RV/7101305/2023

Pflichtveranlagungstatbestand gemäß § 41 Abs. 1 Z 3 EStG - bei Rückzahlung von Pflichtbeiträgen der Ärztekammer NÖ

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/7101305/2023-RS1
hier: Rückzahlung von Pflichtbeiträgen einer Turnusärztin
Folgerechtssätze
RV/7101305/2023-RS1
wie RV/0803-W/11-RS1
Werden dem Abgabepflichtigen Pflichtbeiträge, die ursprünglich von seinen nichtselbständigen Einkünften einbehalten wurden, in weiterer Folge wieder rückgezahlt, ist der Tatbestand einer Pflichtveranlagung gegeben, weshalb ein Antrag auf Durchführung einer Arbeitnehmerveranlagung auch nicht wieder zurückgenommen werden kann.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Johannes Böck in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Schmidt Graf Hauer Steuerberatungs KG, Bahnzeile 10, 2130 Mistelbach, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2020, St.Nr. ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Die Beschwerdeführerin (im Folgenden mit Bf. bezeichnet) mit ordentlichem Wohnsitz in ***1*** in Tschechien erzielte als Turnusärztin im LKH ***2*** Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit aus steuerpflichtigen Bezügen vom Amt der NÖ Landesregierung iHv EUR 33.385,13.

Infolge der teilweisen Rückerstattung von Pflichtbeiträgen der Ärztekammer NÖ wurde der rückerstattete Betrag iHv EUR 6.311,11 in einem gesonderten Lohnzettel als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit ausgewiesen, wodurch der Pflichtveranlagungstatbestand des § 41 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 gegeben und eine Verpflichtung zur Einreichung der Abgabenerklärung für das Jahr 2020 bestand.

Mit Antrag vom optierte die Bf. zur unbeschränkten Steuerpflicht gemäß § 1 Abs. 4 EStG 1988.

1. abweichende Veranlagung vom :

Mit Schreiben des Finanzamtes vom wurde die Bf. aufgefordert, aufgrund des Vorliegens zweier Lohnzettel und damit des Pflichtveranlagungstatbestandes gemäß § 41 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 die Arbeitnehmerveranlagung bis spätestens einzureichen (Pflichtveranlagung).

Da die Bf. dieser Aufforderung nicht nachkam, erließ das Finanzamt mit den Einkommensteuerbescheid 2020, in dem u.a. neben den steuerpflichtigen Bezügen des Amtes der NÖ Landesregierung iHv EUR 33.385,13 auch die rückerstatteten Beiträge der Ärztekammer NÖ iHv EUR 6.311,11 mitberücksichtigt wurden.

Begründend wurde ausgeführt, die Bf. habe trotz Erinnerung durch die Abgabenbehörde keine Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung übermittelt, obgleich sie dazu gemäß § 42 EStG 1988 verpflichtet sei. Werde der Verpflichtung zur Einreichung der Steuererklärung nicht nachgekommen, sei das Finanzamt zur Schätzung der Besteuerungsgrundlagen gemäß § 184 BAO berechtigt. Die Veranlagung der Bf. sei daher auf Basis der vorliegenden Informationen (Lohnzettel des Arbeitgebers, Kontrollmitteilungen, automatisch übermittelte Sonderausgaben) erfolgt.

Der Gesamtbetrag der Einkünfte wurde mit Einkommensteuerbescheid 2020 vom mit EUR 39.504,24 ermittelt und die Einkommensteuer iHv EUR 9.295,21 festgesetzt. Infolge der Anrechnung bereits entrichteter Lohnsteuern iHv EUR 6.802,03 resultierte eine Abgabennachforderung iHv EUR 2.493,00.

2. Beschwerde vom :

Mit Telefax-Eingabe vom (übermittelt am ) erhob die Bf. gegen den Einkommensteuerbescheid 2020 vom das Rechtsmittel der Beschwerde und machte geltend, dass keine Steuerpflicht bestehe, da ihre Einkünfte als Turnusärztin bereits von ihrem Arbeitgeber, der LGA, ordnungsgemäß versteuert worden seien.

Aufgrund einer falschen Einschätzung der Ärztekammer NÖ - und einer nicht rechtzeitigen Stellungnahme der Bf. - sei das Einkommen der Bf. in der höchsten Steuerklasse angenommen und festgestellt worden. Die Mehrzahlung an den Wohlfahrtsfonds sei daher in der Folge retourniert worden. Es werde daher ersucht, der Beschwerde stattzugeben.

3. Beschwerdevorentscheidung vom :

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde der Bf. gegen den Einkommensteuerbescheid 2020 vom als unbegründet abgewiesen und diese Abweisung wie folgt begründet:

Gemäß § 25 Abs. 1 Z 3 lit. d EStG 1988 seien Rückzahlungen von Pflichtbeiträgen, sofern diese ganz oder teilweise auf Grund des Vorliegens von Einkünften im Sinne der Z 1 einbehalten oder zurückgezahlt worden seien, Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.

Gemäß § 69 Abs. 5 EStG 1988 habe bei Auszahlung von Bezügen im Sinne des § 25 Abs. 1 Z 3 lit. d EStG die auszahlende Stelle bis 31. Jänner des folgenden Kalenderjahres einen Lohnzettel (§ 84) zur Berücksichtigung dieser Bezüge im Veranlagungsverfahren auszustellen und an das Finanzamt der Betriebsstätte zu übermitteln.

Nach den parlamentarischen Materialien zum Abgabenänderungsgesetz 1998 (AbgÄG 1998) sollten mit Einfügung des § 25 Abs. 1 Z 3 lit. d EStG 1988 iVm dem besonderen Lohnsteuerabzug nach § 69 Abs. 5 leg.cit. und dem zusätzlichen Pflichtveranlagungstatbestand in § 41 Abs. 1 Z 3 leg.cit. "bei der steuerlichen Erfassung der Rückzahlung von Sozialversicherungs-Pflichtbeiträgen" administrative Erleichterungen geschaffen werden (vgl. Zl. 2007/15/0206).

Unbestritten habe die Bf. im Jahre 2020 eine Rückzahlung von Pflichtbeiträgen erhalten, die aufgrund von Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit einbehalten worden seien. Damit stehe fest, dass die rückgezahlten Beträge in Hinblick auf die Bestimmung des § 25 Abs. 1 Z 3 lit. d EStG 1988 jedenfalls unter die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit fallen.

Der Einkommensteuer sei das Einkommen zu Grunde zu legen, das der Steuerpflichtige innerhalb eines Kalenderjahres bezogen habe. Gemäß § 2 Abs. 2 EStG 1988 sei das Einkommen der Gesamtbetrag der Einkünfte aus dem im § 2 Abs. 3 EStG 1988 aufgezählten Einkunftsarten nach Ausgleich mit Verlusten, die sich aus den einzelnen Einkunftsarten ergeben, und nach Abzug von Sonderausgaben und außergewöhnlichen Belastungen. Aus der somit errechneten Bemessungsgrundlage zur Steuer bemesse sich nach Abzug aller gemäß § 33 EStG 1988 für den Steuerpflichtigen jeweils zustehenden Absetzbeträge die Einkommensteuer. Unter Anrechnung bereits bezahlter (vorausbezahlter) Einkommensteuer ergebe sich das Ergebnis der tatsächlich zu entrichtenden Einkommensteuer (Abgaben/Gutschrift/Nachforderung).

Auf den gegenständlichen Fall bezogen bedeute dies, dass für das im Jahr 2020 ermittelte Einkommen eine Einkommensteuer von EUR 9.295,91 errechnet, von welcher dann die bereits unterjährig einbehaltene (anrechenbare) Lohnsteuer EUR 6.802,93 in Abzug zu bringen gewesen sei. Unter Anwendung der Rundungsbestimmung gemäß § 39 Abs. 3 EStG 1988 sei somit die Einkommensteuernachforderung iHv EUR 2.493,00 festzusetzen gewesen.

4. Vorlageantrag vom :

Mit Eingabe vom beantragte die Bf. die Vorlage der Beschwerde zur Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht.

Nach erfolgter Rücksprache bei der Ärztekammer NÖ, Mag. Wurian, Tel. 01 / 537 51 - 7000, werde aufgrund der im Anhang erfolgten Nachweise um Aufhebung des angefochtenen Bescheides ersucht.

Als Nachweis werden die Lohnzettel für den Zeitraum 01-05/2020, welche aufgrund einer falschen Abzugsmeldung durch die Ärztekammer NÖ falsche Beträge aufweisen. Es bestehe daher keine weitere selbständige Einkommensquelle. Der einzige Arbeitgeber der Bf. sei die LGA Niederösterreich gewesen, wo es sich um unselbständige Einkünfte handle.

Die Lohnzettel für den Zeitraum 06-12/2020 würden bereits die korrigierten Beträge ausweisen. Weiters werde eine handschriftliche Aufzeichnung von Mag. Wurian, Ärztekammer NÖ, mit dem Hinweis, wie die Beträge festzustellen wären, übermittelt.

Es sei der Bf. bewusst, dass eine Korrektur spätestens im Rahmen ihrer Arbeitnehmerveranlagung am Ende des laufenden Steuerjahres erfolgen werde. Es werde jedoch seitens der Bf. eine unmittelbare Korrektur und Rücknahme des inhaltlich nicht korrekten Steuerbescheides gebeten, um nicht ungerechtfertigter Weise für den Betrag iHv EUR 2.717,00 in Vorleistung treten zu müssen.

5. Telefax-Eingabe vom :

Nach der mit Telefax-Eingabe vom von der Ärztekammer NÖ habe die Bf. im beschwerdegegenständlichen Zeitraum 2020 die nachstehenden Beträge aus der Rückzahlung von Pflichtbeiträgen der Ärztekammer NÖ erhalten:


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Zeitraum:
GESAMT:
Jänner:
671,07
Februar:
671,07
März:
671,07
April:
2.147,95
Mai:
2.147,95
SUMME:
6.309,11

6. telefonische Auskunft vom :

Nach dem mit mit dem Finanzamt geführten Telefonat habe die Bf. ihren Hauptwohnsitz in Tschechien und habe in ***3***, ***4***, eine Wohnung gekauft, die sie nur gelegentlich nutze. Sie könne zwar jederzeit über diese Wohnung verfügen, da sie diese gekauft habe, tatsächlich nutze sie diese Wohnung aber nur dann, wenn sie in Wien ein Theater besuche oder in Wien ins Kaffeehaus gehe.

In diesem Telefonat sei der Bf. mitgeteilt worden, dass sie in Österreich aufgrund des fehlenden Wohnsitzes im Jahre 2020 nur beschränkt steuerpflichtig und daher grundsätzlich der Hinzurechnungsbetrag zu berücksichtigen gewesen wäre. Dies würde zu einer Steuernachforderung führen, weshalb die Option zur unbeschränkten Steuerpflicht nach § 1 Abs. 4 EStG 1988 zu prüfen wäre. Es werde daher um Bekanntgabe ersucht, ob diese Option zur unbeschränkten Steuerpflicht von der Bf. ausgeübt werden möchte.

In diesem Zusammenhang habe die Bf. angegeben, keinen Wohnsitz in Österreich zu haben, sie sei 2020 in Turnusausbildung gewesen und habe in Tschechien keine Einkünfte erzielt. Damit wäre die Option zur unbeschränkten Steuerpflicht nach § 1 Abs. 4 EStG 1988 möglich. Die Bf. werde darüber aufgeklärt, wie sie die Option nach § 1 Abs. 4 EStG 1988 wählen könne und dass dazu das Formular E9 (EU/EWR-Bescheinigung) bei der Tschechischen Behörde bestätigt werden müsse. Die Optionserklärung und das bestätigte Formular E9 würde dann das Finanzamt in Österreich benötigen, um die Option zur unbeschränkten Steuerpflicht berücksichtigen zu können.

Im Aktenvermerk des Finanzamtes werde in diesem Zusammenhang festgehalten, nach mehrfacher Erklärung scheine die Bf. die Aktenlage verstanden zu haben, sie möchte aber dennoch einen Steuerberater aufsuchen. Dazu werde eine Fristverlängerung bis Ende März 2023 vereinbart.

Die Bf. habe sich weiters erkundigt, ob die Einkünfte in Österreich für ihre Tätigkeit als Notarztfahrerin bekannt zu geben seien, wenn sie in Tschechien wohne und dort in einem Krankenhaus arbeite. Dies werde bestätigt, weil in Österreich weiterhin mit dem Wohnsitz eine unbeschränkte Steuerpflicht bestehe. Somit würden - im Falle der Bf. Behandlung der Bf. als unbeschränkt Steuerpflichtige - die Einkünfte aus Tschechien zumindest zum Progressionsvorbehalt berücksichtigt werden.

7. Option zur unbeschränkten Steuerpflicht gemäß § 1 Abs. 4 EStG 1988:

Nach der Mailboxnachricht vom ersuche die Bf. um Verlängerung der Frist zur Beantwortung des Ergänzungsersuchens bis einschließlich der Kalenderwoche 23, da sie so viele Dienste habe und noch nicht dazugekommen sei, die Unterlagen vorzulegen. Es würden ihr noch Unterlagen vom Finanzamt in ***1*** fehlen und sie verspreche, diese Unterlagen vorzulegen.

Mit E-Mail vom übermittelte der steuerliche Vertreter der Bf. in Österreich dem Finanzamt das ausgefüllte Formular E9, verbunden mit dem Antrag auf Einbeziehung in die unbeschränkte Steuerpflicht gemäß § 1 Abs. 4 EStG 1988.

Ergänzend wurde ausgeführt, die Bf. habe im Jahre 2020 ihren ständigen Wohnsitz in Tschechien, ***1***, ***Straße1***, gehabt und sei von dort aus täglich auch zur Arbeitsstätte in Österreich, dem LKH ***2*** in ***PLZ-Ort2***, ***Straße2***, gefahren. Ansonsten habe es keinen gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich gegeben.

Es werde daher ergänzend zu den Angaben in der Arbeitnehmerveranlagung 2020 ersucht, das große Pendlerpauschaleab 60 km und den Pendlereuro für die einfache Wegstrecke von 90 km (s. Beilage) zu gewähren.

Die Rückerstattung der Wohlfahrtfondsbeiträge von der Ärztekammer NÖ sei auf Antrag der Bf. erfolgt (der diesbezügliche Kontoauszug werde noch nachgereicht). Es handle sich dabei um Pflichtbeiträge an den Wohlfahrtsfonds (WFF) der Ärztekammer NÖ.

Mit Antrag vom wurden im Wege von FinanzOnline der Antrag auf unbeschränkte Steuerpflicht gemäß § 1 Abs. 4 EStG 1988 sowie das Formular E9 dem Finanzamt übermittelt.

8. Vorlagebericht des Finanzamtes vom :

Nach den weiteren Ausführungen in der Stellungnahme des Finanzamtes sei hinsichtlich des beantragten großen Pendlerpauschales und des beantragten Pendlereuros die Anzahl der monatlichen Fahrten noch nicht nachgewiesen bzw. glaubhaft gemacht worden. Dies wäre daher dem BFG durch Vorlage von Dienstplänen nachzuweisen.

Des Weiteren sei die Rechtsfrage strittig, ob die Einkünfte am Lohnzettel der Ärztekammer NÖ, Einkünfte iSd § 25 EStG 1988 darstellen und damit der Pflichtveranlagungstatbestand nach § 41 Abs 1 Z 3 EStG 1988 erfüllt sei. Vorweg sei in diesem Zusammenhang auf das BFG-Erkenntnis vom , GZ. RV/7103689/2015, in einem gleichgelagerten Fall verwiesen:

Die Bf. habe im Kalenderjahr 2020 keinen Wohnsitz und keinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland gehabt und sei damit gemäß § 1 Abs. 3 EStG 1988 nur beschränkt steuerpflichtig. Sie habe jedoch die Option zur unbeschränkten Steuerpflicht gemäß § 1 Abs. 4 EStG 1988 abgegeben und könne damit im betroffenen Veranlagungsjahr als unbeschränkt steuerpflichtige behandelt werden. Die Option sei zulässig, weil der Antrag ex lege bis zum Eintritt der Rechtskraft des Bescheides gestellt werden könne und der Bescheid in Folge des Rechtsmittelverfahrens bisher noch nicht in Rechtskraft erwachsen sei.

Hätte die Bf. jedoch keinen Antrag auf § 1 Abs. 4 EStG 1988 gestellt, so wäre bei der Veranlagung mit beschränkter Steuerpflicht der Hinzurechnungsbetrag gemäß § 102 Abs. 3 EStG 1988 anzuwenden gewesen.

Gemäß § 25 Abs. 1 Z 3 lit. d EStG 1988 zählen zu den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit Rückzahlungen von Pflichtbeiträgen, sofern diese ganz oder teilweise auf Grund des Vorliegens von Einkünften im Sinne der Z 1 einbehalten oder zurückgezahlt worden seien.

Wie aus den vorgelegten Monatslohnzetteln hervorgehe, seien sowohl die Zusatzleistung, als auch die Grundrente bei den Bruttobezügen abgezogen worden und haben damit das lohnsteuerpflichtige Einkommen vermindert. Das BFG habe bereits in seiner Entscheidung vom , GZ. RV/7103689/2015, festgestellt, dass die Beträge zum Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer NÖ als Pflichtbeiträge (zur Grundrente und zur Zusatzleistung) einzustufen seien. Dies sei auch von der steuerlichen Vertretung in der Mail vom so gesehen worden.

Nach § 69 Abs. 5 EStG 1988 habe die auszahlende Stelle bei Auszahlung von Bezügen im Sinne des § 25 Abs. 1 Z 3 lit. d leg.cit. (wie diese im gegenständlichen Fall vorliegen) bis 31. Jänner des folgenden Kalenderjahres einen Lohnzettel (§ 84) zur Berücksichtigung dieser Bezüge im Veranlagungsverfahren auszustellen und an das Finanzamt der Betriebsstätte zu übermitteln, wobei ein vorläufiger Lohnsteuerabzug zu unterbleiben habe. Dieser Verpflichtung sei die Ärztekammer NÖ mit der Übermittlung des Lohnzettels am nachgekommen.

Gemäß § 41 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 komme es zu einer Pflichtveranlagung, wenn im Kalenderjahr Bezüge gemäß § 69 Abs. 5 EStG 1988 zugeflossen seien, was im gegenständlichen Kalenderjahr 2020 bei der Bf. der Fall gewesen sei.

Erstattete Pflichtbeiträge würden als rückgängig gemachte Werbungskosten steuerpflichtige Einkünfte darstellen. Waren diese Pflichtbeiträge auf Grund des Vorliegens von Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit einzubehalten bzw. zu entrichten, seien die erstatteten Beiträge zur Gänze als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit zu erfassen. Da die rückgezahlten Pflichtbeiträge zur Gänze als Werbungskosten abzugsfähig gewesen seien, sei deren Erfassung schon aus steuersystematischen Gründen geboten (vgl. Lenneis in Jakom, EStG, 2022, § 25 Rz 13, Zl. RV/7103689/2015).

Im Rahmen der Rückerstattung von Pflichtbeiträgen werde zunächst bei deren Auszahlung durch den Arbeitgeber keine Steuer einbehalten. Folglich müsse die Lohnsteuer für das Veranlagungsjahr 2020 neu berechnet werden. Da die vom Dienstgeber ursprünglich einbehaltenen Pflichtbeiträge die jeweilige Bemessungsgrundlage für die Lohnsteuer gemindert haben, stelle die Rückzahlung wieder einen steuerpflichtigen Bezug dar, welcher im Rahmen einer sich aus § 41 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 ergebenden Pflichtveranlagung zu erfassen und zu versteuern sei (vgl. GZ. RV/0803-W/11).

Die festgesetzte Abgabennachzahlung resultiere daher aus der nachträglichen Besteuerung der im Veranlagungsjahr 2020 zurückgezahlten Pflichtbeiträge der Ärztekammer NÖ iHv 6.111,11 Euro und könne aufgrund der Pflichtveranlagung nach § 41 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 auch nicht zurückgezogen werden.

Zum Antrag auf Berücksichtigung des (großen) Pendlerpauschales ab 60 Kilometer iHv EUR 3.672,00 Euro sei angemerkt, dass ein Pendlerpauschale nach § 16 Abs. 1 Z 6 lit. d EStG 1988 nur dann zustehe, wenn die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zumindest hinsichtlich der halben Entfernung nicht zumutbar sei und nach lit. e leg.cit. mindestens elf Tage im Kalendermonat von der Wohnung zur Arbeitsstätte gefahren worden sei. Die Kriterien zur Festlegung der Entfernung und der Zumutbarkeit der Benützung eines Massenverkehrsmittels sei mit Verordnung festgelegt (Pendlerverordnung, BGBl II 2013/276).

Nach § 2 Abs. 1 Z 2 lit. b Pendlerverordnung sei die Benützung eines Massenbeförderungsmittels stets unzumutbar, wenn die Zeitdauer 120 Minuten überschreite. Von der Abgabenbehörde habe bei der Abfrage im Routenplaner von Google-Maps kein Massenbeförderungsmittel gefunden werden können, das eine Fahrzeit von unter drei Stunden aufweise.

Könne die Bf. vor dem Bundesfinanzgericht glaubhaft machen, dass sie mehr als 11 Fahrten im Monat von ihrem Wohnort zur Arbeitsstätte zurückgelegt habe, so würden nach Ansicht der belangten Behörde keine Bedenken bestehen, das Pendlerpauschale zu berücksichtigen.

Gemäß § 33 Abs. 5 Z 4 EStG 1988 stehe ein Pendlereuro in Höhe von jährlich zwei Euro pro Kilometer der einfachen Fahrtstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zu, wenn der Arbeitnehmer Anspruch auf ein Pendlerpauschale gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 habe. Die Berücksichtigung des Pendlereuros hänge somit von der Anerkennung des Pendlerpauschales ab.

Seitens der belangten Behörde werde daher beantragt, die Rückzahlung von Pflichtbeiträgen durch die Ärztekammer NÖ im Sinne der bisherigen BFG-Judikatur (vgl. GZ. RV/7103689/2015) zu erledigen und im Falle der Glaubhaftmachung der Fahrten zwischen Wohnung in ***1*** und Arbeitsstätte im LKH ***2*** unter Berücksichtigung des Pendlerpauschales und Pendlereuros abzuändern.

9. Eingabe vom :

Mit Eingabe vom übermittelte der steuerliche Vertreter der Bf. per Mail die Dienstpläne der Bf. für den beschwerdegegenständlichen Zeitraum in Kopie, aus denen sich die täglichen Dienstzeiten der Bf. an ihrer Arbeitsstätte im LKH ***2*** für das Jahr 2020 ergeben.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Den Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreites bildet die Frage, ob die Rückerstattung bereits einbehaltener Pflichtbeiträge der Ärztekammer NÖ bei Vorliegen von Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit als Turnusärztin in Ausbildung einen Pflichtveranlagungstatbestand gemäß § 41 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 begründet.

Darüber hinaus wurde seitens der Bf. unter Vorlage des ausgefüllten Formulars E9 zur unbeschränkten Steuerpflicht gemäß § 1 Abs. 4 EStG 1988 optiert, da die Bf. über keinen Wohnsitz im Inland verfügt.

1. Sachverhalt:

Die Bf. mit Wohnsitz in ***1***/Tschechien erzielte als Turnusärztin im LKH ***2*** Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Mangels eines Wohnsitzes im Inland und aufgrund eines fehlenden öffentlichen Verkehrsmittels pendelte die Bf. mit dem eigenen KFZ von ihrem Wohnsitz in ***1*** täglich zur Arbeitsstätte im LKH ***2*** und beantragte für diese Fahrten das große Pendlerpauschale (über 60 km) und die Gewährung des Pendlereuros für die einfache Fahrtstrecke von 90 km.

Die steuerpflichtigen Bezüge resultieren u.a. aus Bezügen des Amtes der NÖ Landesregierung iHv EUR 33.385,13 sowie aus der Rückerstattung von Pflichtbeiträgen iHv EUR 6.311,11, welche in einem gesonderten Lohnzettel der Ärztekammer NÖ ausgewiesen und bei der Ermittlung der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit einbehalten wurden. Die Mehrzahlungen an Pflichtbeiträgen an die Ärztekammer NÖ resultierten letztlich aus einer ursprünglich falschen Einschätzung des Einkommens der Bf. durch die Ärztekammer NÖ und wurden durch die Rückzahlung von Pflichtbeiträgen, welche in einem gesonderten Lohnzettel ausgewiesen wurden, wiederum nachträglich korrigiert.

2. Rechtliche Beurteilung:

2.1 Pflichtveranlagungstatbestand gemäß § 41 Abs. 1 Z 3 EStG 1988:

Sind gemäß § 41 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 im Einkommen lohnsteuerpflichtige Einkünfte enthalten, so ist der Steuerpflichtige zu veranlagen, wenn wer im Kalenderjahr Bezüge gemäß § 69 Abs. 2, 3, 5, 6, 7, 8 oder 9 zugeflossen sind.

Nach § 42 Abs. 2 EStG 1988 hat der beschränkt Steuerpflichtige eine Steuererklärung über die inländischen Einkünfte für das abgelaufene Kalenderjahr (Veranlagungszeitraum) abzugeben, wenn er vom Finanzamt dazu aufgefordert wird oder wenn die gesamten inländischen Einkünfte, die gemäß § 102 zur Einkommensteuer zu veranlagen sind, mehr als 2.000 Euro betragen.

Nach § 69 Abs. 5 EStG 1988 hat bei Auszahlung von Bezügen im Sinne des § 25 Abs. 1 Z 3 lit. d hat die auszahlende Stelle bis 31. Jänner des folgenden Kalenderjahres einen Lohnzettel (§ 84) zur Berücksichtigung dieser Bezüge im Veranlagungsverfahren auszustellen und an das Finanzamt der Betriebsstätte zu übermitteln. In diesem Lohnzettel sind ein Siebentel der ausgezahlten Bezüge als sonstiger Bezug gemäß § 67 Abs. 1 auszuweisen. Ein vorläufiger Lohnsteuerabzug hat zu unterbleiben.

Gemäß § 25 Abs. 1 Z 3 lit. d EStG 1988 sind Rückzahlungen von Pflichtbeiträgen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, sofern diese ganz oder teilweise auf Grund des Vorliegens von Einkünften im Sinne der Z 1 einbehalten oder zurückgezahlt wurden.

Mit der Zuordnung der Rückzahlung von Pflichtbeiträgen nach § 25 Abs. 1 Z 3 lit. d EStG 1988 zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit sollten (iVm dem besonderen Lohnabzug nach § 69 Abs. 5 EStG 1988 und dem zusätzlichen Pflichtveranlagungstatbestand in § 41 Abs. 1 Z 3 lit. d EStG 1988 "bei der steuerlichen Erfassung der Rückzahlung von SV-Pflichtbeiträgen" administrative Erleichterungen geschaffen werden (vgl. ; , Zl. 2007/15/0206; , 2008/13/0248 mit Hinweis auf die Gesetzesmaterialien 1471 BlgNR XX.GP).

Sofern Pflichtbeiträge (auch teilweise) aufgrund des Vorliegens von Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit einzubehalten bzw. zu entrichten waren, sind die erstatteten (rückgezahlten) Beiträge aufgrund des auszustellenden Lohnzettels im Rahmen der Veranlagung zur Gänze als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit zu erfassen (vgl. Fellner in Hofstätter/Reichel, EStG, § 25, Rz. 158, S. 44).

Erstattete Pflichtbeiträge stellen demnach als rückgängig gemachte Werbungskosten steuerpflichtige Einkünfte dar. Wenn diese Pflichtbeiträge (auch teilweise) auf Grund des Vorliegens von Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit einzubehalten bzw. zu entrichten waren, sind die erstatteten Beiträge zur Gänze als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit zu erfassen. Entscheidend ist, dass im Zeitpunkt der Zahlung von Pflichtbeiträgen auszugehen war. Da die rückgezahlten Pflichtbeiträge zur Gänze als Werbungskosten abgezogen werden konnten, ist deren Erfassung aus steuersystematischen Gründen geboten (vgl. Ebner in Jakom, EStG, § 25, Rz. 13).

Unter Pflichtbeiträgen iSd § 25 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 werden dabei jene Beiträge verstanden, die auf Grund einer Zwangsmitgliedschaft zu gesetzlichen Interessensvertretungen zu entrichten waren (vgl. Ebner in Jakom, EStG, § 25, Rz. 13).

Wird zu einem späteren Zeitpunkt festgestellt, dass die Beiträge nicht oder in geringerer Höhe zu leisten gewesen wären, ändert dies nichts am ursprünglichen Charakter von "Pflichtbeiträgen" (vgl. GZ. RV/0220-W/13).

§ 25 Abs. 1 Z 3 lit. d EStG 1988 schafft nur eine Fiktion in Bezug auf die Zuordnung rückgezahlter Pflichtbeiträge zu den nichtselbständigen Einkünften auf der Einnahmenseite, lässt aber den im Zeitpunkt ihrer Bezahlung bestehenden Veranlassungszusammenhang mit einer Einkunftsquelle unberührt (vgl. Zl. 2009/13/0189).

Da die vom Dienstgeber der Bf. ursprünglich einbehaltenen Pflichtbeiträge zum Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer NÖ die jeweilige Bemessungsgrundlage für die Lohnsteuer gemindert haben, stellen daher diese im Falle einer Rückzahlung - auch wenn die erstatteten Beträge gemeinsam mit dem Monatsbezug ausbezahlt worden wären - wieder steuerpflichtige Bezüge dar, welche im Rahmen einer sich aus § 41 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 ergebenden Pflichtveranlagung zu erfassen und zu versteuern sind. Diesfalls ist daher auch eine Zurücknahme des Antrages auf Arbeitnehmerveranlagung nicht zulässig (vgl. GZ. RV/0803-W/11).

So sich im vorliegenden Fall aus dem Beschwerdevorbringen ergibt, dass Mehrzahlungen an den Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer NÖ für das Jahr 2020 auf Antrag der Bf. retourniert wurden, waren die erstatteten (rückgezahlten) Beiträge aufgrund des auszustellenden Lohnzettels im Rahmen der Veranlagung für das Jahr 2020 zur Gänze als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit zu erfassen (vgl. Fellner in Hofstätter/Reichel, EStG, § 25, Rz. 158, S. 44).

Den Ausführungen im Vorlageantrag vom , es bestehe keine weitere Einkunftsquelle (was den weiteren Lohnzettel der Ärztekammer NÖ betrifft) ist entgegen zu halten, dass die Rückerstattung von zu Unrecht einbehaltenen Pflichtbeiträgen bloß im technischen bzw. abrechnungstechnischen Sinne zu einem (weiteren) Lohnzettel der Ärztekammer NÖ führt, der jedoch den Pflichtveranlagungstatbestand gemäß § 41 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 auslöst.

Die Beschwerde war daher in diesem Punkt als unbegründet abzuweisen.

2.2 Option zur unbeschränkten Steuerpflicht gemäß § 1 Abs. 4 EStG 1988:

Unbeschränkt steuerpflichtig sind gemäß § 1 Abs. 2 EStG 1988 jene natürlichen Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Die unbeschränkte Steuerpflicht erstreckt sich auf alle in- und ausländischen Einkünfte.

Beschränkt steuerpflichtig sind nach § 1 Abs. 3 EStG 1988 jene natürlichen Personen, die im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Die beschränkte Steuerpflicht erstreckt sich nur auf die im § 98 aufgezählten Einkünfte.

Gemäß § 1 Abs. 4 EStG 1988 idF BGBl I 26/2009, werden auf Antrag auch Staatsangehörige von Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder eines Staates, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum anzuwenden ist, als unbeschränkt steuerpflichtig behandelt, die im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, soweit sie inländische Einkünfte im Sinne des § 98 haben. Dies gilt nur, wenn ihre Einkünfte im Kalenderjahr mindestens zu 90% der österreichischen Einkommensteuer unterliegen oder wenn die nicht der österreichischen Einkommensteuer unterliegenden Einkünfte nicht mehr als 11 000 Euro betragen. Inländische Einkünfte, die nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung nur der Höhe nach beschränkt besteuert werden dürfen, gelten in diesem Zusammenhang als nicht der österreichischen Einkommensteuer unterliegend. Die Höhe der nicht der österreichischen Einkommensteuer unterliegenden Einkünfte ist durch eine Bescheinigung der zuständigen ausländischen Abgabenbehörde nachzuweisen. Der Antrag kann bis zum Eintritt der Rechtskraft des Bescheides gestellt werden.

Die Einkommensteuer ist nach § 102 Abs. 3 EStG 1988 bei beschränkt Steuerpflichtigen gemäß § 33 Abs. 1 mit der Maßgabe zu berechnen, dass dem Einkommen ein Betrag von 9 000 Euro hinzuzurechnen ist. Beim Steuerabzug vom Arbeitslohn angesetzte Absetzbeträge sind zu berücksichtigen.

Die Bestimmung des § 1 Abs. 4 EStG 1988 gewährt beschränkt steuerpflichtigen Staatsangehörigen eines EU-Mitgliedstaates bzw. des EWR ein Optionsrecht, als "unbeschränkt steuerpflichtig" behandelt zu werden. Durch die Ausübung dieser Option erfolgt keine fiktive Verlegung des Wohnsitzes (vgl. Zl. Ra 2021/15/0001).

Die Option nach § 1 Abs. 4 EStG 1988 ist von der Stellung eines Antrages abhängig, der bis zum Eintritt der Rechtskraft des Bescheides gestellt werden kann und bei dem Finanzamt einzubringen ist, das für den Vollzug der beschränkten Steuerpflicht zuständig wäre (vgl. Marschner in Jakom, EStG, § 1 Rz. 58). Der Antrag gemäß § 1 Abs. 4 EStG 1988 als unbeschränkt steuerpflichtig behandelt zu werden, ist kalenderjahresbezogen und daher jährlich neu zu stellen (vgl. Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG, § 1, Rz. 64).

Den Antrag, mit den beschränkt steuerpflichtigen Einkünften als unbeschränkt steuerpflichtig behandelt zu werden, können Steuerpflichtige iSd § 1 Abs. 4 erster Satz EStG 1988 dann stellen, "wenn ihre Einkünfte im Kalenderjahr mindestens zu 90% der österreichischen Einkommensteuer unterliegen oder wenn die nicht der österreichischen Einkommensteuer unterliegenden Einkünfte nicht mehr als 10.000 € betragen" (vgl. Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG, § 1, Rz. 61).

Der Antrag auf Option zur unbeschränkten Steuerpflicht gemäß § 1 Abs. 4 EStG 1988 ist mit dem Formular L1i oder als formloser Antrag beim Finanzamt Österreich einzubringen und dem Antrag eine Bestätigung über den Wohnsitz und die Einkünfte im Ausland (Formular E9) beizulegen (s. sinngemäß Rz. 11 LSt-Richtlinien 2002).

So sich im vorliegenden Fall aufgrund des eingereichten Formulars E9 ergibt, dass die Bf. in ***PLZ-Ort1***, ***Straße1***, ihren ordentlichen Wohnsitz hat und keinerlei Einkünfte erzielte, die in Tschechien als dem Ansässigkeitsstaat zu besteuern wären, war demnach im vorliegenden Fall eine Option zur unbeschränkten Steuerpflicht gemäß § 1 Abs. 4 EStG 1988 möglich.

2.3 Pendlerpauschale und Pendlereuro:

Ist nach § 16 Abs. 1 Z 6 lit. d EStG 1988 dem Arbeitnehmer die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zumindest hinsichtlich der halben Entfernung nicht zumutbar, beträgt das Pendlerpauschale abweichend von lit. c bei einer Entfernung von mehr als 60 km 3.672 Euro jährlich.

Gemäß § 33 Abs. 5 Z 4 EStG 1988 stehen bei Einkünften aus einem bestehenden Dienstverhältnis ein Pendlereuro in Höhe von jährlich zwei Euro pro Kilometer der einfachen Fahrtstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zu, wenn der Arbeitnehmer Anspruch auf ein Pendlerpauschale gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 hat. Für die Berücksichtigung des Pendlereuros gelten die Bestimmungen des § 16 Abs. 1 Z 6 lit. b und lit. e bis j entsprechend.

Nach § 1 Abs. 2 Pendlerverordnung, BGBl II 276/2013, sind der Ermittlung der Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte die Verhältnisse zu Grunde zu legen, die vorliegen, wenn die Arbeitsstätte in einem Zeitraum von 60 Minuten vor dem tatsächlichen Arbeitsbeginn bis zum tatsächlichen Arbeitsbeginn erreicht wird.

Bei flexiblen Arbeitszeitmodellen (beispielsweise gleitender Arbeitszeit), ist nach Abs. 4 leg.cit. der Ermittlung der Entfernung ein Arbeitsbeginn und ein Arbeitsende zu Grunde zu legen, das den überwiegenden tatsächlichen Arbeitszeiten im Kalenderjahr entspricht.

Nach § 2 Abs. 1 Pendlerverordnung ist die Zumutbarkeit bzw. Unzumutbarkeit der Benützung eines Massenbeförderungsmittels nach Z 1 und Z 2 zu beurteilen. Dabei sind die Verhältnisse gemäß § 1 zu Grunde zu legen. Die Umstände, die die Zumutbarkeit bzw. Unzumutbarkeit begründen, müssen jeweils überwiegend im Kalendermonat vorliegen.

Unzumutbarkeit der Benützung eines Massenbeförderungsmittels liegt nach § 2 Abs. 2 Z 1 lit. a EStG 1988 vor, wenn zumindest für die Hälfte der Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte oder zwischen Arbeitsstätte und Wohnung nach Maßgabe des § 1 kein Massenbeförderungsmittel zur Verfügung steht.

Nach § 2 Z 1 Z 2 lit. b Pendlerverordnung kommt Z 1 nicht zur Anwendung, ist bei mehr als 120 Minuten Zeitdauer die Benützung eines Massenbeförderungsmittels stets unzumutbar.

Beträgt die einfache Fahrtstrecke mehr als 2 km und ist dem Arbeitnehmer im Lohnzahlungszeitraum die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zumindest hinsichtlich der halben Fahrtstrecke nicht zumutbar, stehen anstelle der Pauschbeträge nach lit b - wiederum gestaffelt nach der Entfernung - höhere Pauschbeträge zu. Besteht Anspruch auf das Pendlerpauschale, steht allerdings auch der als Absetzbetrag gestaltete Pendlereuro gemäß § 33 Abs. 5 Z 4 EStG 1988 zu (vgl. Ebner in Jakom, EStG, § 16, II. Ausdrücklich angeführte Werbungskosten, Rz. 25).

Anspruch auf ein großes Pendlerpauschale zur Gänze steht dem Steuerpflichtigen insbesondere dann zu, wenn die Strecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte an mindestens 11 Tagen im Kalendermonat zurückgelegt wird.

Für die Ermittlung der Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte (§ 1) und für die Beurteilung, ob die Benützung eines Massenbeförderungsmittels unzumutbar ist (§ 2), ist für Verhältnisse innerhalb Österreich der vom BMF im Internet zur Verfügung gestellte Pendlerrechner zu verwenden.

So im vorliegenden Fall im beschwerdegegenständlichen Zeitraum der Wohnort im Ausland und der Arbeitsort im Inland liegen, ist der Pendlerrechner nicht einsetzbar.

Im vorliegenden Fall beträgt die kürzeste Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte über den Grenzübergang Drasenhofen lt. Google-Maps 93,5 km und die Fahrtdauer 1h 18 Minuten (60 + 18 Minuten), wobei es keine direkte Verbindung mit einem öffentlichen Verkehrsmittel gibt. Mangels einer direkten Verbindung würde die einfache Fahrtstrecke zwischen Wohnort und Arbeitsort über Wien mit einem öffentlichen Verkehrsmittel mehr als 3 Stunden betragen.

So aufgrund des täglichen Zurücklegens der Fahrtstrecke Wohnung und Arbeitsstätte lt. den vorgelegten Dienstplänen des Jahres 2020 demnach ein Anspruch auf das große Pendlerpauschale über 60 km besteht und aufgrund der vorgelegten Dienstpläne von der Bf. nachgewiesen wurde, dass die einfache Fahrtstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte an jeweils mehr als 11 Tagen pro Monat zurückgelegt wurde, wird daher neben dem großen Pendlerpauschale gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 iHv EUR 3.672 auch der Pendlereuro gemäß § 33 Abs. 5 Z 4 EStG 1988 iHv EUR 180,00 für die beantragte einfache Fahrtstrecke von 90 km gewährt.

3. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine Revision ist im vorliegenden Fall nicht zulässig, als es sich bei der Erfassung von rückerstatteten Pflichtbeiträgen als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit um Regelung handelt, die in § 25 Abs. 1 Z 3 lit. d EStG 1988 eindeutig gesetzlich geregelt ist.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Beilage: 1 Berechnungsblatt

Wien, am

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