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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 11.04.2024, RV/1100389/2019

Familienheimfahrten - kein eigener Hausstand im Heimatort

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin ***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, Steuernummer ***BF1StNr1*** über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Feldkirch vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2018 zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen. Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer (Bf) reichte am seine Einkommensteuererklärung (Arbeitnehmerveranlagung) 2018 elektronisch beim Finanzamt ein. Der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2018 erging am erklärungsgemäß. Im Zuge der Beschwerde vom gegen den Einkommensteuerbescheid 2018 wurde um Überprüfung des Bescheides hinsichtlich der sonstigen Bezüge ersucht. Die Beschwerde wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom mit der Begründung abgewiesen, dass vom Jahresbruttolohn in Höhe von € 47.614,77 (bestehend aus dem Jahreslohn lt Lohnzettel iHv € 45.830,- sowie vom Arbeitgeber übernommener Beiträge für die Sozialversicherung iHv € 1.784,77) die Sonderzahlung in Höhe von € 5.651,- in Abzug zu bringen sei und daher im Einkommensteuerbescheid "Einkünfte ohne inländischen Steuerabzug" in Höhe von € 41.963,77 ausgewiesen werden.

Mit Eingabe vom wurde um Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht ersucht, da der Beschwerdeführer in seiner Steuererklärung nicht berücksichtigt habe, dass er regelmäßig zum Zweck der Familienzusammenführung in seine Heimat Italien gefahren sei. Er beantrage daher die Berücksichtigung von Aufwendungen für Familienheimfahrten in Höhe von € 3.672,-.

Mit Ersuchen um Ergänzung vom forderte das Finanzamt den Bf auf, hinsichtlich der Ausgaben für Familienheimfahrten Fragen zum Familienwohnsitz bzw zu den geltend gemachten Fahrtkosten zu beantworten und entsprechende Nachweise vorzulegen. Im diesbezüglichen Antwortschreiben vom gab der Bf an, sein Familienwohnsitz befinde sich in C, dort wohne er mit seinen Eltern. Er sei nicht verheiratet und habe keine Kinder. Die einfache Strecke zwischen dem Arbeitsort und dem Familienwohnsitz betrage 290 km, er fahre mit dem Auto nach Italien. Dem Antwortschreiben legte der Bf Belege hinsichtlich der Fahrtkosten sowie eine Wohnsitz- und Familienstandsbescheinigung der Gemeinde C vom bei.

Im Vorlagebericht vom wurde seitens des Finanzamtes zusammengefasst ausgeführt, dass die Voraussetzungen für die Berücksichtigung von Familienheimfahrten und doppelter Haushaltsführung als Werbungskosten im gegenständlichen Fall nicht vorliegen. Der Bf führe in Italien keinen eigenen Haushalt und habe in Österreich seinen ersten Hausstand gegründet, Familienheimfahrten als Werbungskosten seien daher nicht zu berücksichtigen.

In einem sonstigen Anbringen vom , welches der Bf als "Wiederaufnahme des Verfahrens für das Jahr 2018" bezeichnete und seitens des Bundesfinanzgerichtes als ergänzendes Vorbringen im gegenständlichen Beschwerdeverfahren betreffend das Jahr 2018 berücksichtigt wird, brachte der Bf vor, dass es sich beim Familienwohnsitz der Eltern auch um seinen Familienwohnsitz handle. Die Fahrtenbelege würden beweisen, dass eine regelmäßige und oftmalige Rückkehr an den Familienwohnsitz in Italien erfolge. Das Verhältnis zur Ursprungsfamilie sei sehr innig, somit sei das Kriterium der engsten persönlichen Beziehungen in Bezug auf seine Eltern erfüllt. Der eigene Hausstand in F habe den alleinigen Grund, dass die Distanz zum Familienwohnort in Italien zu groß sei, um täglich dahin zurück zu kehren.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Der Bf ist seit dem bei der A AG als Casino Techniker beschäftigt und resultierten daraus im beschwerdegegenständlichen Jahr 2018 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Lt Auskunft aus dem Zentralen Melderegister zog er von Italien nach Österreich zu und meldete am seinen Hauptwohnsitz in F an; dieser befindet sich seither in F. Der Bf ist ledig, hat keine Kinder und bewohnte im beschwerdegegenständlichen Zeitraum die Wohnung mit der Adresse1. Die Eltern des Bf wohnen in C (Provinz C), Adresse2. Der Bf besucht diese regelmäßig in Italien, hat dort jedoch keinen eigenen Hausstand und keinen Wohnsitz angemeldet, sondern wohnt während des Aufenthalts bei seinen Eltern in C, Adresse2.

2. Beweiswürdigung

Die Feststellungen zum Sachverhalt beruhen auf dem Parteienvorbringen sowie unstrittigem Akteninhalt. Diese ergeben sich insbesondere aus dem Arbeitsvertrag mit der A AG, dem Auszug aus dem Zentralen Melderegister vom und der Wohnsitz- und Familienstandsbescheinigung der Gemeinde C vom .

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Gemäß § 16 Abs 1 EStG 1988 sind Werbungskosten Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen.

Nach § 20 Abs 1 Z 1 EStG 1988 dürfen bei den einzelnen Einkünften nicht abgezogen werden, die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge; gemäß § 20 Abs 1 Z 2 lit a EStG 1988 ebenfalls nicht abgezogen werden dürfen Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen.

Gemäß § 20 Abs 1 Z 2 lit e EStG 1988 sind auch Kosten der Fahrten zwischen dem Wohnsitz am Arbeitsort und dem Familienwohnsitz (Familienheimfahrten) nicht abzugsfähig, soweit sie den auf die Dauer der auswärtigen (Berufs-)Tätigkeit bezogenen in § 16 Abs 1 Z 6 lit c EStG 1988 höchsten angeführten Betrag (Pendlerpauschale) übersteigen.

Im gegenständlichen Beschwerdeverfahren werden Aufwendungen für Familienheimfahrten in Höhe von € 3.672,- als Werbungskosten geltend gemacht.

Aufwendungen für Familienheimfahrten eines Arbeitnehmers vom Wohnsitz am Arbeitsort zum Familienwohnsitz sind im Rahmen der durch § 20 Abs 1 Z 2 lit e EStG 1988 gesetzten Grenzen Werbungskosten, wenn die Voraussetzungen einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung vorliegen.

Die Aufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung sind dann als Werbungskosten abzugsfähig, wenn aus beruflichen Gründen zwei Wohnsitze geführt werden, und zwar einer am Familienwohnort (Familienwohnsitz) und einer am Beschäftigungsort (Berufswohnsitz) (Ebner in Jakom, EStG, 16. Aufl (2023), § 16 Rz 56).

Von einer beruflichen Veranlassung ist dem Grunde nach auszugehen, wenn der Familienwohnsitz des Steuerpflichtigen so weit von seinem Beschäftigungsort entfernt ist, dass ihm die tägliche Rückkehr nicht zugemutet werden kann und die Beibehaltung des Familienwohnsitzes außerhalb des Beschäftigungsortes nicht privat veranlasst ist, dh die Wohnsitzverlegung nicht zumutbar ist. Die solcherart nicht privat veranlassten Ausgaben für Fahrten vom Wohnsitz am Arbeitsplatz zur Familie ("Familienheimfahrten") sind als Werbungskosten im Sinne des § 16 Abs 1 EStG 1988 abzugsfähig. Unzumutbarkeit der täglichen Rückkehr ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn der Familienwohnsitz vom Beschäftigungsort mehr als 80 km entfernt ist.

Als Familienwohnsitz gilt jener Ort, an dem ein verheirateter Steuerpflichtiger mit seinem Ehegatten oder ein lediger Steuerpflichtiger mit seinem in eheähnlicher Gemeinschaft lebenden Partner (auch ohne Kind iSd § 106 Abs 1 EStG 1988) wohnt oder ein alleinstehender Steuerpflichtiger seine engsten persönlichen Beziehungen (zB Familie, Freundeskreis) UND einen eigenen Hausstand hat, der den Mittelpunkt der Lebensinteressen dieser Personen bildet.

Auch eine alleinstehende Person kann daher einen Familienwohnsitz an jenem Ort haben, zu dem sie ihre engsten persönlichen Beziehungen pflegt. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und des Bundesfinanzgerichtes ist für die Annahme eines Familienwohnsitzes allerdings Voraussetzung, dass dort ein eigener Hausstand geführt wird (vgl mwN; ; ; ; ).

Weiters ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (; , 2001/14/0178) den Aufwendungen für Heimfahrten für eine Übergangszeit auch bei einem alleinstehenden Arbeitnehmer mit einer Wohnung im Heimatort Rechnung zu tragen, weil diesem zuzubilligen ist, in gewissen Zeitabständen, etwa monatlich, in seiner Wohnung nach dem Rechten zu sehen. Fahrtkosten zum Besuch der Eltern stellen hingegen keine Werbungskosten dar, sondern sind der privaten Lebensführung zuzurechnen (vgl mit weiteren Nachweisen die Erkenntnisse des und vom , 93/13/0013).

Aufwendungen eines alleinstehenden Arbeitnehmers für Familienheimfahrten sind daher (selbst für eine Übergangszeit) nur dann steuerlich absetzbar, wenn ein eigener Hausstand im Heimatort vorliegt. Fahrtkosten zum Besuch der Eltern werden hingegen vom Abzugsverbot des § 20 Abs 1 Z 2 lit a EStG 1988 erfasst.

Im gegenständlichen Fall verlegte der Bf seinen (Haupt-)Wohnsitz im Jahr 2017 von Italien nach Österreich und begründete dort einen eigenen Hausstand. Im Heimatort C, Italien verfügte er über keinen eigenen Hausstand, sondern haben die Eltern des Bf ihren Wohnsitz, welche er regelmäßig besucht. Mangels eines eigenen Hausstandes am Heimatort liegt bereits dem Grunde nach keine doppelte Haushaltsführung vor. Darüber hinaus entstehen die Aufwendungen für Fahrten zum Heimatort aus privaten Gründen, nämlich insbesondere dem Besuch der Eltern, eine berufliche Veranlassung der Aufwendungen ist nicht ersichtlich.

Da eine beruflich veranlasste doppelte Haushaltsführung nicht vorliegt, sind die Voraussetzungen für die Berücksichtigung von Familienheimfahrten als Werbungskosten nicht erfüllt. Die geltend gemachten Fahrtkosten stellen daher Kosten der privaten Lebensführung dar und unterliegen dem Abzugsverbot des § 20 Abs 1 EStG 1988.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die rechtliche Würdigung des festgestellten Sachverhaltes entspricht der zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur Abzugsfähigkeit von Aufwendungen für doppelte Haushaltsführung und Familienheimfahrten. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung war darüber hinaus nicht zu lösen. Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist daher nicht zulässig.

Feldkirch, am

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Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at