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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 18.03.2024, RV/5100106/2024

Leistungen des gesetzlichen Unterhalts für ein Kind sind bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 33 Abs. 4 Z 3 EStG 1988 durch den Unterhaltsabsetzbetrag abgegolten.

Beachte

VfGH-Beschwerde zur Zahl E 1630/2024 anhängig.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Dr. Günter Tews, Volksfeststraße 32, 4020 Linz, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer 2022 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer (Bf.) hat am seine Einkommensteuererklärung für 2022 beim Finanzamt Österreich eingereicht. Ergänzend wurde beantragt, die Hälfte der von ihm an seinen Sohn ***1***, geb. ***xxxx*** bezahlten Unterhaltsleistungen für die Zeit von bis , monatlich 1.185 € gesamt daher 14.220 € davon 50%, sohin 7.110 € als Abzugsposten anzuerkennen. Er sei der Auffassung, dass mit dem Familienbonus Plus und dem Unterhaltsabsetzbetrag eine ausreichende steuerliche Entlastung nicht gegeben sei. Der VfGH habe in seinen Entscheidungen die Vorgabe aufgestellt, dass 50% der Unterhaltszahlungen steuerfrei gestellt werden müssen, wobei ein Abschlag von 20% vorzunehmen sei, da Unterhalt auch von den steuerbegünstigten Sonderzahlungen zu leisten sei. Der OGH sei in zahlreichen Entscheidungen ab von diesen Vorgaben abgewichen und habe die Judikatur zur Anrechnung der Familienbeihilfe auf den Unterhalt aufgegeben und judiziere seither, dass mit dem Familienbonus Plus und dem Unterhaltsabsetzbetrag eine ausreichende steuerliche Entlastung gegeben sei.

Im Einkommensteuerbescheid 2022 vom berücksichtigte das Finanzamt ua den Unterhaltsabsetzbetrag iHv 146 € und den Familienbonus Plus iHv 135,45 € für die Monate August bis Dezember 2022. Die Nichtberücksichtigung der begehrten 50% der Unterhaltskosten wurde folgendermaßen begründet:
"Da für das Kind ***1*** im Jahr 2022 nur für die Monate August bis Dezember ein Anspruch für die Familienbeihilfe durch die Kindesmutter bestanden hat, können sowohl der beantragte Familienbonus Plus als auch der Unterhaltsabsetzbetrag nur für diese Zeiträume gewährt werden. Hinsichtlich des beantragten vollen Familienbonus Plus, ist in § 33 Abs. 3a Z 3 lit ac EStG gesetzlich geregelt, dass wenn für das Kind ein Unterhaltsabsetzbetrag beantragt wird und beide Anspruchsberechtigte insgesamt den Familienbonus in einer Höhe beanspruchen die über das zustehende Maß gemäß Z1 oder Z2 hinausgeht, dieser bei Beiden nur zu jeweils 50% zu berücksichtigen ist. Hinsichtlich Ihrer Ausführungen zur Beantragung der Berücksichtigung der halben Unterhaltskosten als "Abzugspost" wird festgehalten, dass dies für Kinder, die sich dauerhaft in Österreich oder dem EU/EWR-Raum oder der Schweiz aufhalten gesetzlich nicht vorgesehen ist. Es besteht nur die Möglichkeit den Unterhaltsabsetzbetrag gemäß § 33 Abs. 4 Z 3 EStG in Anspruch zu nehmen. Ihr Anbringen war daher abzuweisen."

In der rechtzeitig am eingebrachten Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2022 wurde ausgeführt, dass der Einkommenssteuerbescheid insoweit angefochten werde, als dem Bf. für die Leistung seines gesetzlichen Unterhalts von derzeit 1.185 € aufgrund der noch geltenden gesetzlichen Regelung nur der Unterhaltsabsetzbetrag und der Familienbonus Plus für ein Kind nach dem vollendeten 18. Lebensjahr zugestanden und eine darüber hinausgehende steuerliche Absetzbarkeit des Unterhalts versagt werde.
Als Beschwerdegrund werde die unrichtige rechtliche Beurteilung aufgrund eines verfassungswidrigen Gesetzes geltend gemacht: Die Justiz verweigere die Umsetzung der VfGH Erkenntnisse VfGH 2002/06/19, G 7/02 und VfGH 2001/06/27, B 1285/00. Ob diese bei minderjährigen Kindern verfassungskonform sei, könne gegenständlich dahingestellt bleiben, weil das Rechtsproblem bei volljährigen unterhaltsberechtigten Kindern (wie im gegenständlichen Fall) wesentlich offensichtlicher sei.
Der Bf. ersuchte von einer Beschwerdevorentscheidung abzusehen und beantragte die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht.

Die Beschwerde wurde durch das Finanzamt mit Vorlagebericht vom dem Bundesfinanzgericht zu Entscheidung vorgelegt.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Der Bf. ist Vater des am ***xxxx*** geborenen Sohnes ***1***. Für seinen nicht haushaltszugehörigen Sohn leistete der Bf. im streitgegenständlichen Jahr insgesamt 14.220 € Unterhalt.

In der am eingebrachten Einkommensteuerklärung 2022 begehrte der Bf. die Hälfte der von ihm bezahlten Unterhaltsleistungen von gesamt 14.220 €, sohin 7.110 € anzuerkennen und in Abzug zu bringen. Der Einkommensteuererklärung 2022 war ein Beiblatt und eine Unterhaltsvereinbarung beigelegt.

2. Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ist unstrittig und ergibt sich aus den von der Abgabenbehörde vorgelegten Unterlagen und Ausdrucken.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Strittig ist gegenständlich die Berücksichtigung von Unterhaltsaufwendungen.

Gemäß § 33 Abs. 4 Z 3 EStG 1988 steht der Unterhaltsabsetzbetrag iHv monatlich 29,20 € zu, wenn das Kind nicht dem Haushalt des Steuerpflichtigen zugehört (§ 2 Abs. 5 Familienlastenausgleichsgesetz 1967) und weder ihm noch seinem von ihm nicht dauernd getrennt lebenden (Ehe-)Partner Familienbeihilfe für das Kind gewährt wird.

Gemäß § 33 Abs. 3a EStG 1988 steht für das Veranlagungsjahr 2022 für ein Kind, für das Familienbeihilfe nach dem Familienlastenausgleichsgesetz 1967 gewährt wird und das sich ständig in einem Mitgliedstaat der EU oder Hoheitsgebiet einer anderen Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz aufhält, und das 18. Lebensjahr vollendet hat, auf Antrag ein Familienbonus Plus iHv 54,18 € pro Monat zu. Im Einleitungssatz des § 33 Abs. 3a EStG 1988 wird normiert, dass der Familienbonus Plus nur "auf Antrag" zusteht. Im Rahmen der Einkommensteuererklärung für das Jahr 2022 hat der Bf. den ganzen Familienbonus plus beantragt.

Da für ***1***, geb. am ***xxxx*** im Jahr 2022 nur für die Monate August bis Dezember ein Anspruch für die Familienbeihilfe durch die Kindesmutter bestanden hat, können sowohl der beantragte Unterhaltsabsetzbetrag als auch der Familienbonus Plus nur für diese Zeiträume gewährt werden. Hinsichtlich des beantragten vollen Familienbonus Plus, ist in § 33 Abs. 3a Z 3 lit ac EStG gesetzlich geregelt, dass wenn für das Kind ein Unterhaltsabsetzbetrag beantragt wird und beide Anspruchsberechtigte insgesamt den Familienbonus in einer Höhe beanspruchen die über das zustehende Maß gemäß Z1 oder Z2 hinausgeht, dieser bei Beiden nur zu jeweils 50% zu berücksichtigen ist.

Im Einkommensteuerbescheid berücksichtigte das Finanzamt den Unterhaltsabsetzbetrag iHv 146 € und den Familienbonus Plus iHv 135,45 € für die Monate August bis Dezember 2022.

§ 34 Abs. 7 EStG 1988 lautet:
Für Unterhaltsleistungen gilt folgendes:
1. Unterhaltsleistungen für ein Kind sind durch die Familienbeihilfe, den Familienbonus Plus gemäß § 33 Abs. 3a, den Kindermehrbetrag gemäß § 33 Abs. 7 sowie gegebenenfalls den Kinderabsetzbetrag gemäß § 33 Abs. 3 abgegolten, und zwar auch dann, wenn nicht der Steuerpflichtige selbst, sondern sein mit ihm im gemeinsamen Haushalt lebender (Ehe)Partner (§ 106 Abs. 3) Anspruch auf diese Beträge hat.
2. Leistungen des gesetzlichen Unterhalts für ein Kind sind bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 33 Abs. 4 Z 3 durch den Unterhaltsabsetzbetrag abgegolten.

Der Bf. hat in seiner Beschwerde zugestanden, dass die Begründung und die Zuerkennung des Unterhaltsabsetzbetrages sowie des Familienbonus Plus der geltenden Rechtslage entspricht, die allerdings seiner Auffassung nach verfassungswidrig ist. Der Unterhaltsabsetzbetrag sowie der Familienbonus Plus wurden im höchstmöglichen und den gesetzlichen Bestimmungen entsprechendem Ausmaß berücksichtigt.

Im Mittelpunkt seiner Beschwerdeausführungen steht die unrichtige rechtliche Beurteilung aufgrund eines verfassungswidrigen Gesetzes: Die Justiz verweigere die Umsetzung der VfGH Erkenntnisse VfGH 2002/06/19, G 7/02 und VfGH 2001/06/27, B 1285/00. Ob diese bei minderjährigen Kindern verfassungskonform sei, könne gegenständlich dahingestellt bleiben, weil das Rechtsproblem bei volljährigen unterhaltsberechtigten Kindern (wie im gegenständlichen Fall) wesentlich offensichtlicher sei.

In seiner Beschwerde beantragt der Bf. das Bundesfinanzgericht wolle der Beschwerde Folge geben, den angefochtenen Bescheid dahingehend abändern, dass dem Bf. die Absetzbarkeit des halben Unterhalts für die Monate August bis Dezember 2022 von 2.370 € mit einem abgesenkten Grenzsteuersatz von 40% zugestanden werde (siehe VfGH 2002/06/19, G 7/02 und VfGH 2001/06/27, B 1285/00.), sohin eine Steuergutschrift für den bezahlten Unterhalt von 2.489,60 € abzüglich 135,45 € Familienbonus Plus, abzüglich Unterhaltsabsetzbetrag von 146 € ein Ergebnis von zusätzlich 666,55 € an Gutschrift ergebe.

Zur eingewendeten Verfassungswidrigkeit § 33 Abs. 4 Z 3 EStG (Unterhaltsabsetzbetrag) sowie des § 33 Abs. 3a EStG (Familienbonus Plus) hält das Bundesfinanzgericht fest, dass die gesamte staatliche Verwaltung gemäß Art. 18 B-VG nur auf Grund der Gesetze ausgeübt werden darf. So lange eine Bestimmung dem Rechtsbestand angehört, ist sie jedenfalls anzuwenden.

Einen Antrag auf Aufhebung der § 33 Abs. 3a, § 33 Abs. 4 Z 3 und § 34 Abs. 7 Z 2 EStG 1988 sowie auf Aufhebung der Wortfolge "den Familienbonus Plus gemäß § 33 Abs. 3a" des § 34 Abs. 7 Z 1 EStG 1988 hat der Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom , G 347/2021, zurückgewiesen und unter anderem ausgeführt, dass in dem dort gegenständlichen Fall eine Kürzung des Unterhaltes nicht (mehr) vorzunehmen sei, "weil auf Grund des neu eingeführten Familienbonus Plus die verfassungsrechtlich gebotene steuerliche Entlastung der Unterhaltsleistung nunmehr unmittelbar im Weg der steuergesetzlichen Vorschriften durch den Familienbonus Plus und den Unterhaltsabsetzbetrag herbeigeführt werde. Diese substantielle Steuerentlastung durch den Familienbonus Plus bedinge eine Entkoppelung von Unterhalts- und Steuerrecht."

Daraus ist für das Bundesfinanzgericht erkennbar, dass der Verfassungsgerichtshof die Regelungen in Zusammenhang mit dem § 33 Abs. 4 Z 3 EStG sowie § 33 Abs. 3a EStG wohl nicht als verfassungswidrig einstuft.

Durch welche Maßnahmen der Gesetzgeber das verfassungsrechtlich gebotene Ergebnis erzielt, liegt in seinem Ermessen. Er kann den Tarif entsprechend gestalten, Frei- oder Absetzbeträge vorsehen und direkte Leistungen gewähren und diese oder andere Maßnahmen nebeneinander einsetzen.

Die Feststellung der Verfassungswidrigkeit eines Gesetzes liegt in der ausschließlichen Kompetenz des Verfassungsgerichtshofes. Die Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit einer gesetzlichen Bestimmung steht nicht dem Bundesfinanzgericht zu, sondern ist dem Verfassungsgerichtshof vorbehalten. Der Weg zum Verfassungsgerichtshof steht dem Bf. offen.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die ordentliche Revision war nicht zuzulassen, da die gegenständliche Entscheidung im Einklang mit den anzuwenden Rechtsvorschriften steht.

Aus den dargelegten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
VfGH, G 347/2021
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.5100106.2024

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at