Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 08.04.2024, RV/4100567/2022

Hauptwohnsitzbefreiung - 2/3 Eigennutzung

Beachte

Revision beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2024/15/0041.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Maga. Ulrike Nussbaumer LL.M. M.B.L. in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr*** vertreten durch Tschurtschenthaler, Walder, Fister Rechtsanwälte GmbH, Dr. Arthur Lemisch Platz 7, 9020 Klagenfurt, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer 2020 (Steuernummer ***BF1StNr1***) zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Zwischen den Parteien ist die Frage strittig, ob die Voraussetzungen für die sog. "Hauptwohnsitzbefreiung" im Zusammenhang mit dem Verkauf einer Liegenschaft Ende 2019 gegeben sind und somit eine Ausnahme von der Besteuerung von privaten Grundstücksveräußerungen zu bejahen ist.

Mit Eingabe vom erklärte die Beschwerdeführerin (in der Folge kurz: Bf.) Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit aus einer inländischen Pension sowie auch solche ohne Lohnsteuerabzug, für die Österreich das Besteuerungsrecht zusteht.

Am wurde die Bf. aufgefordert, im Zusammenhang mit dem Verkauf der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft die Gesamtnutzfläche des Wohngebäudes und der vermieteten Wohnung/en anzugeben, den letztgültigen Mietvertrag beizuschließen und bekanntzugeben, inwiefern die Voraussetzungen für die Hauptwohnsitzbefreiung erfüllt werden. Binnen offener Frist führte die steuerlich vertretene Bf. am zur Frage der Nutzung wörtlich aus, wie folgt: "Die Gesamtnutzfläche in der X-Straße hat 326,7 m² betragen, davon waren 107,0 m² im OG vermietet. Die von Frau ***Bf1*** bis zu ihrer Übersiedelung in die Strasse genutzte Fläche inklusive Hobbyraum, Bügelzimmer, Trockenraum etc. hat 219,7 m² betragen. Dies ergibt einen Eigennutzungsanteil von 67,25 % (somit über 2/3 Eigennutzung)." Gleichzeitig wurde der letztgültige Mietvertrag das Obergeschoss der strittigen Liegenschaft betreffend vorgelegt.

Hierauf reagierte die belangte Behörde mit E-Mail vom und ersuchte um Aufklärung dahingehend, wie die Divergenz zwischen der Nutzfläche gemäß Kaufvertrag vom mit rund 215 m² und den in der Vorhaltsbeantwortung behaupteten 326,7 m² erklärbar sei. In einem wurde die Bf. aufgefordert, den Bauplan beizulegen und die Angaben entsprechend zu belegen.

Mit E-Mail vom wird dazu vom steuerlichen Vertreter ausgeführt, wie folgt:

"…. Die von mir angeführte Nutzfläche des Gebäudes setzt sich wie folgt zusammen:

EG 107,2 m²

OG 107,0 m²

UG 90,0 m² (ohne Öllager/Heizung)

verglaste Terrasse 22,5 m²

insgesamt326,7 m²

Vom UG wurde von Frau ***Bf1*** die Dusche mit WC, der 1. Lagerraum als Bügelzimmer, der Hobbyraum als Fitnessraum und der 2. Lagerraum als Wäsche und Trockenraum, sowie Aktenlager verwendet. Diese Räume sind auch beheizt, detto der mit Technik bezeichnete Vorraum zum Hobbyraum und Wäsche-/Trockenraum.

Die im Kaufvertrag angeführte Fläche von rund 215 m² ist das EG mit 107,2 m² und das OG mit 107 m² = 214,2 m². […]".

In einem wurden nachfolgende Pläne vorgelegt:

[...]

Mit Bescheid vom wurde die Bf. zur Einkommensteuer 2020 veranlagt; an Steuer für Einkünfte aus Grundstücksveräußerungen wurden ihr darin Euro xxxxxx vorgeschrieben. Inhaltlich führt die belangte Behörde aus, dass die Hauptwohnsitzbefreiung nur dann schlagend werde, wenn mindestens 2/3 der Wohnfläche vom Besitzer selbst genutzt würden. Diese Voraussetzung sei nicht erfüllt, weshalb der Gewinn aus der Veräußerung der Liegenschaft im Sinn des § 30 Abs. 4 Z. 2 EStG mit 14 % des Veräußerungserlöses angesetzt worden sei (86 % der Anschaffungskosten).

In der dagegen am erhobenen Beschwerde moniert die Bf. einzig die Steuerfestsetzung im Zusammenhang mit der Veräußerung der Liegenschaft und begründet diese - soweit für die weitere rechtliche Beurteilung von Relevanz - wie folgt: Das Gebäude bestehe aus drei Stockwerken; das Obergeschoss sei vermietet, das Erdgeschoss und die Souterrainwohnung seien von der Bf. genutzt worden. Das Erdgeschoss verfüge über zwei Zimmereinheiten mit Wohnzimmer, Küche, Schlafräumlichkeiten etc. Die Souterrainwohnung bestehe aus einem Hobbyraum, dem Wäsche-/Nähraum, Gästeraum, Bad/WC und einem kleinen "Fliesenkammerl" (zur Aufbewahrung der Restfliesen) und einem Vorraum. Beide Wohngeschosse seien ab dem Vorraum nur der Eigentümerin zugänglich und versperrt gewesen. Die Bezeichnung auf den Grundrissplänen als Kellergeschoss sei insofern irreführend als es sich um eine effektive Souterrainwohnung bzw. einem Wohnkeller gehandelt habe. Dass sich in dieser Etage der Technikraum und der Öltank befanden, sei kein Grund, diese beiden Räume aus dem Nutzungsregime der Eigentümerin auszunehmen. Das Untergeschoss sei ausschließlich von der Bf. genutzt worden, da die Räumlichkeiten immer wieder von Gästen bzw. dem Enkel bewohnt worden waren. Der angefochtene Bescheid erweise sich somit als rechtswidrig, die Hauptwohnsitzbefreiung im Sinne des § 30 Abs. 2 Z. 1 EStG sei zu bejahen. Des Weiteren wurde ein Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung gestellt

Mit weiterer Eingabe vom wurde eine mit datierende und von der Bf. eigenhändig unterfertigte eidesstattliche Erklärung vorgelegt, in der ua ausgeführt wird, wie folgt: "Ich bewohnte und nutze in der X-Straße das Erdgeschoß (ca. 109 m²) und das Untergeschoß (ca. 100 m², der Technikraum von ca. 10 m²) abgezogen." Weiters wurden zwei schriftliche Zeugenaussagen vorgelegt, in denen es - soweit für das Verfahren von Relevanz - heißt: "[…] Ich helfe seit 2011 Frau ***Bf1***, wenn sie abwesend oder krank ist (X-Straße). Ich musste zweimal die Woche das Untergeschoss aufsperren, um das Kondenswasser im Technikraum zu entleeren. […]" (schriftliche ZV A vom ), bzw. "[…] Im Näh-und Waschraum waren der Wäschestrick, Wäschekorb und eine Kommode […]" (schriftliche ZV B vom ).

Am wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und ausgeführt, dass die "verglaste Terrasse" - da diese nur eine Überdachung und nicht einen umbauten Raum darstelle - nicht zum Wohnraum hinzugerechnet werden könne; auch Tankraum, Technikraum sowie Stiegenhaus hätten bei der Nutzflächenberechnung außer Betracht zu bleiben. Rücksichtlich der - vom ersten steuerlichen Vertreter im Zuge der Vorhaltsbeantwortung vom bekannt gegebenen - Flächenmaße betrage die Gesamtnutzfläche somit 304,2 m² (Erdgeschoss 107,2 m², Obergeschoss 107 m² Keller 90 m²). Zwei Drittel dieser Fläche ergäben 202,8 m². Da das Erd- und Kellergeschoss der alleinigen Nutzung der Bf. zur Verfügung gestanden seien, sohin 197,2 m², werde die vom Gesetz geforderte 2/3 Nutzung nicht erreicht.

Dagegen richtet sich der mit datierende Antrag auf Vorlage der Beschwerde an das Verwaltungsgericht, verbunden mit dem Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung und Entscheidung durch den gesamten Senat. Meritorisch wird darin ausgeführt, dass die einzige Allgemeinfläche das Stiegenhaus darstelle. Das Stiegenhaus sei in jedem Stockwerk deckungsgleich und damit kein Faktor, der Flächenverhältnisse verschieben könne. Dies sei offensichtlich auch unstrittig. Strittig sei jedenfalls, dass ein Tank-und Technikraum eine Allgemeinfläche darstellen würde. Die Mieterin habe nämlich den Tank-und Technikraum nie benützt, im Sinne von betreten und sie hat sich weder um die Betankung noch um die Servicierung der Heizungsanlage gekümmert. Damit sei diese Fläche zu 100 % der Eigentümerin zuzurechnen. Die Mieterin habe nur die Wärme genutzt, die von der Vermieterin produziert wurde und nicht die Anlage. Selbst wenn diese Fläche allen Nutzern zuzurechnen sei, sei diese auch allen Bewohnern im Nutzungsausmaß (Fläche) 1/3 zu 2/3 zuzurechnen oder von diesen Flächen abzuziehen. Jedenfalls könne sich durch eine Ölheizung im Haus nicht ein Wohn-Nutzungsverhältnis zwischen Vermieter und Mieter verschieben. Dies entspräche weder mathematischer noch rechtlicher noch allgemeiner Logik. Darüber hinaus seien die vorliegenden Pläne keine amtlichen Pläne, sondern vom Immobilienbüro Mandl erstellte. Die Originalpläne seien dem Bauamt vorliegend. Seit der Errichtung seien Zwischenwände im Keller entfernt und im Obergeschoss zusätzlich Wände eingezogen worden. Dadurch wäre bei einer sachlichen Betrachtung geboten gewesen, diese Netto-Nutzfläche nach den amtlichen Plänen unter Berücksichtigung der Realmaße zu ermitteln. Auch das Bauamt habe der Bf. die Auskunft erteilt, dass das Netto-Nutzflächenausmaß des Obergeschosses rund 105, des Erdgeschosses 110 und es Kellergeschosses 120 m betrage. Der Tank-und Technikraum habe keine 15 m². Eine entsprechende Stellungnahme des steuerlichen Vertreters zum Thema der Nutzfläche - im Zusammenhang mit den Netto-Nutzflächen, der Terrasse und dem Tank-/Technikraum sei "mangels konkretem Kenntnisstand des Vertreters nicht zu beurteilen bzw. nicht den Tatsachen entsprechend".

Die belangte Behörde legte die Beschwerde unter Aufrechterhaltung ihres Rechtsstandpunktes am dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.

Der Rechtsfreund der Bf. nahm am Einsicht in den Gerichtsakt.

Am wurden die Parteien zu einem Erörterungstermin am geladen und in einem aufgefordert, sämtliche Tatsachen und Beweismittel, soweit diese nicht aktenkundig sind, spätestens im Erörterungstermin vorzubringen bzw. vorzulegen; selbiges gelte für das Stellen von Beweisanträgen. Mit selbem Datum wurde das Magistrat der Stadt Klagenfurt ersucht, den Bauakt die strittige Liegenschaft betreffend vorzulegen, welchem Ersuchen am nachgekommen wurde. Weiters wurde das mit dem Verkauf in Verbindung stehende Immobilienbüro sowie der Käufer mit verfahrensleitenden Verfügungen vom aufgefordert diverse Unterlagen vorzulegen; auch diesen Aufforderungen wurde entsprochen.

Im Zuge des am beim Bundesfinanzgericht durchgeführten Erörterungstermins wurde sowohl das Faktum des Verkaufs als auch das fehlende Wohnungseigentum an der Liegenschaft zwischen den Parteien außer Streit gestellt. Mit der Bf. wurden insbesondere die Nutzung der Kellerräumlichkeiten sowie deren Ausmaße eingehend erörtert. Schließlich wurden die Anträge auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung und Entscheidung durch den gesamten Senat zurückgezogen.

II. Sachverhalt

Die Bf. hat mit Kaufvertrag vom die in ihrem Alleineigentum stehende Liegenschaft vorgetragen in der EZ xxx KG xxxxx im unverbürgten Gesamtflächenausmaß von 1003 m2 mit dem darauf befindlichen Wohngebäude und der Grundstücksadresse Adresse1 um Euro xxxxxx an CC veräußert; als Übergabe- bzw. Übernahmezeitpunkt wurde als spätest möglicher Termin der festgelegt, wobei die Bf. die Liegenschaft jedenfalls vor diesem Zeitpunkt geräumt von eigenen Fahrnissen an den Käufer übergeben hatte. Sie unterhielt an der vorbezeichneten Adresse - nachdem sie das Anwesen mit Kaufvertrag vom käuflich erwarb - seit Juli 1983 durchgehend bis zu ihrem Auszug im Jahr 2019 ihren Hauptwohnsitz.

Das auf dieser Liegenschaft befindliche Wohnhaus bestand aus zwei Wohneinheiten, an denen kein Wohnungseigentum begründet wurde und die zum Veräußerungszeitpunkt, bzw. in den letzten fünf Jahren vor Aufgabe des Hauptwohnsitzes durch die Bf. wie folgt genutzt wurden:

  1. Das Erdgeschoß wurde ab Ende 2014 von der Bf. selbst bewohnt, da sie als Folge einer gesundheitlichen Beeinträchtigung von der Wohnung im Ober- ins Erdgeschoss wechselte.

  2. Das Obergeschoss war bis 2017 an einen fremden Dritten vermietet, stand dann bis März 2019 leer und wurde mit Vereinbarung vom per erneut an eine nicht familienangehörige bzw. verwandte Person gegen Entgelt in Bestand gegeben.

Darüber hinaus verfügt das Gebäude über ein Kellergeschoss, bestehend aus zwei Lager- und einem Hobbyraum, einem Technik-, sowie einen Öltankraum; weiters waren dort eine Nasszelle (mit Dusche und WC), ein Vorraum und ein Stiegenhaus vorhanden. Sowohl der Vorraum als auch das Stiegenhaus waren in allen 3 Geschossen in etwa gleich groß. Im Tankraum, der mangels Türen nicht begehbar ist, befand sich der Öltank, der den im danebenliegenden Technikraum eingebauten Heizkessel, der die Wärme für das gesamte Objekt erzeugte, mit Brennstoff versorgte.

Es können jedoch weder die jeweiligen Nutzflächen der einzelnen Geschosse (somit Keller-, Erd- bzw. Obergeschoss), noch die Nutzungsart (Wohnzwecke oder sonstige Zwecke) des - im von der Bf. selbst vorgelegten Plan der Fa. DD GmbH "Grundriss Kellergeschoss" bezeichneten - "1. Lagers", "2. Lagers", "Hobbyraums" sowie Öltank- und Technikraums festgestellt bzw. festgestellt werden, ob diese bewohnbar ausgestaltet und ausschließlich der Bf. zur Nutzung zur Verfügung standen.

III. Beweiswürdigung

Der vorstehende Sachverhalt basiert auf nachfolgender Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum Verkauf (samt den damit im Zusammenhang stehenden Feststellungen) gehen unzweifelhaft aus der im Akt inneliegenden Kopie des Kaufvertrages hervor. Dass die Liegenschaft vor dem an den Käufer übergeben wurde hat die Bf. einerseits selbst in ihrer Erklärung an Eides statt vom ausgeführt und deckt sich andererseits mit den Eintragungen im Zentralen Melderegister des Bundesministeriums für Inneres (demnach wurde der verfahrensgegenständliche Hauptwohnsitz am abgemeldet). Die Feststellung, wonach die Bf. seit Juli 1983 durchgehende bis zu ihrem Auszug 2019 am strittigen Anwesen den Hauptwohnsitz unterhielt, steht zwischen den Parteien außer Streit (vgl. Protokoll über den ET vom , S. 1). Der Kauf im Jahr 1983 geht aus dem im Bauakt des Magistrats der Stadt Klagenfurt, GZXX, enthaltenen Grundbuchsauszug vom und dem Historischen Grundbuchsauszug diese Liegenschaft betreffend hervor.

Dass das Haus über eine von der Bf. genutzte Wohnung im Erd-, sowie eine in Bestand gegebene im Obergeschoss verfügt und daran kein Wohnungseigentum begründet wurde, ist unstrittig und resultiert auch aus den vorliegenden Plänen. Die jeweilige Nutzung (bzw. Leerstehung) beschrieb die Bf. im Zuge des Erörterungstermins und blieb von der belangten Behörde unbestritten. Gleiches gilt für die Raumeinteilung im Kellergeschoss.

Strittig blieb zwischen den Parteien jedoch bis zuletzt die Frage der Nutzflächen der einzelnen Geschosse und die Nutzungsart des Kellergeschosses, insbesondere der Lager- und des Hobby-, sowie des Technikraums. Würde es nach der Bf. gehen, so lägen - zumindest nach den weitläufigen Ausführungen in der Beschwerde - 3 Wohneinheiten vor, was die begehrte Befreiung - nach der ein Eigenheim maximal 2 Wohneinheiten aufweisen darf - bereits dem Grunde nach ausschlösse. Doch auch bei Bejahung lediglich zweier Wohnungen ist für sie nichts gewonnen: Das Beweisverfahren wird bekanntlich vom Grundsatz der freien Beweiswürdigung beherrscht (§ 167 BAO). Der Grundsatz der freien Beweiswürdigung bedeutet, dass alle Beweismittel grundsätzlich gleichwertig sind und es keine Beweisregeln (keine gesetzliche Randordnung, keine formalen Regeln) gibt. Ausschlaggebend ist der innere Wahrheitsgehalt der Ergebnisse der Beweisaufnahmen. Nach ständiger Rechtsprechung genügt es, von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit oder gar die Gewissheit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten absolut oder mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt (Ritz, BAO- Kommentar, Tz.2 zu § 166, Tz. 6 und 8 zu § 167 mwN). Im Zusammenhang mit Begünstigungsbestimmungen - wie hier der Hauptwohnsitzbefreiung - tritt nach der Judikatur des VwGH der Grundsatz der strikten Amtswegigkeit der Sachverhaltsermittlung in den Hintergrund (; , 99/13/0070; , 2003/13/0117). Der eine Begünstigung in Anspruch Nehmende hat selbst einwandfrei und unter Ausschluss jeden Zweifels das Vorliegen all jener Umstände darzulegen, auf die die abgabenrechtliche Begünstigung gestützt werden kann. Die Bf. hatte daher die Voraussetzungen für das Vorliegen der Hauptwohnsitzbefreiung aus eigenem zweifelsfrei darzulegen und von sich aus entsprechend aussagekräftige Beweismittel vorzulegen. All diese Prämissen vorausgeschickt ist sohin vorerst zum Vorbringen der Bf. im Vorlageantrag, wonach die Realmaße amtswegig zu ermitteln seien festzuhalten, dass dies der hier maßgeblichen Rechtsprechung widerspricht. Es wäre nämlich an der Bf. gelegen, sowohl die Nutzflächen bzw. die Nutzungsart unter Beweis zu stellen; sie ist jedoch in diesen - für die Frage der begehrten Befreiung aber essentiellen - Punkten ihrer Beweispflicht nicht nachgekommen, im Gegenteil: Sie hat ihre Verantwortung dazu mehrfach geändert. In der Vorhaltsbeantwortung vom wird die Nutzfläche des EG noch mit 107,2 m², des OG mit 107,0 m², des UG (gemeint Kellergeschoss) mit 90,0 m² (ohne Öllager/Heizung) und der verglasten Terrasse mit 22,5 m2 unter gleichzeitiger Vorlage der entsprechenden Pläne der DD GmbH bekannt gegeben. In der eidesstattlichen Erklärung der Bf. vom hingegen ist plötzlich im Zusammenhang mit den Flächen die Rede von ca. 109 m² im EG und ca. 100 m² im UG (rücksichtlich eines Abzuges von 10 m² für den Technikraum). Nachdem die belangte Behörde in der BVE vom ua darauf hinwies, dass die Terrasse - mangels umbauten Wohnraums, was in der Folge unwidersprochen blieb - außer Acht zu bleiben habe, wird im Vorlageantrag vom plötzlich - ohne entsprechende Beweismittel vorzulegen - die Netto-Nutzfläche im Obergeschoss mit 105, im Erdgeschoss mit 110 und im Kellergeschoss mit 120 m angegeben. Im Rahmen des Erörterungstermins konnte die Bf. dann nach entsprechendem gerichtlichen Vorhalt und auf Nachfrage die konkreten Ausmaße der Kellerräumlichkeiten vorerst nicht mehr angeben, nach Unterbrechung und Beratung mit ihrem Rechtsfreund hingegen bestand sie darauf, diese nun genau zu wissen und führte aus, dass das Obergeschoss eine Nutzfläche von 105 m², das Erdgeschoss eine solche von 108 m² und das Kellergeschoss eine von 103 m² habe. Unter Beweiswürdigungsaspekten ist aufgrund der derart gehäuft geänderten Angaben zur Frage der Nutzflächen der einzelnen Geschosse auszuführen, dass die Bf. entgegen der zuvor zitierten höchstgerichtlichen Judikatur weder einwandfrei noch unter Ausschluss jeden Zweifels die maßgeblichen Flächen der Größe nach unter Beweis gestellt hat. Dies gilt im Übrigen auch für die Frage der Größe des Tank- und Technikraums: In der eidesstattlichen Erklärung der Bf. vom wird für diesen eine Fläche von 10 m² in Abzug gebracht; im Vorlageantrag vom wird plötzlich die - ohnedies unbewiesene - Behauptung aufgestellt, dass diese Räumlichkeiten "keine 15 Quadratmeter" hätten. Im Rahmen des Erörterungstermins führt die Bf. dann jedoch aus, dass der Öl-und Technikraum 23-24 m² groß sei, wobei der (kleinere) Raum in dem sich der Öltank befände ein Flächenausmaß von 4 m² (bzw. wenig später geändert auf 5 m²) aufweisen würde, was einer Größe des Technikraumes von ca. 19 bzw. 20 m² gleichkäme. Die Angaben der Bf. selbst zur Größe des Technikraums alleine divergieren sohin im Verfahren um mehr als 10 m², weshalb von einer erfolgreichen Beweisführung in diesem Punkt nicht die Rede sein kann. Doch auch die Ausführungen zur Nutzung der Räumlichkeiten im Kellergeschoss überzeugen über weite Strecken nicht: So gab die Bf. erstmals im Rahmen des gerichtlichen Termins am an, sie hätte im Technikraum im Winter die Wäsche aufgehängt und Putzmittel gelagert, da es dort warm gewesen sei. Im auf dem Lageplan als "2. Lager" bezeichneten Raum habe sich - so die Bf. im Zuge des Erörterungstermins - ihre gesamte Buchhaltung, das Bügelbrett und die Nähmaschine befunden. Diese Angaben stehen jedoch mit der Vorhaltsbeantwortung vom insoferne im Widerspruch, als dort zur Nutzung des "2. Lagers" zu lesen ist, dass dieses als Aktenlager, Wäsche- und Trockenraum und das "1. Lager" unter anderem auch zum Bügeln verwendet worden sei; dass auch der Technikraum als zum Trocknen der Wäsche oder zur Aufbewahrung der Putzsachen verwendet worden sei, ergibt sich daraus gerade nicht. Auch in der schriftlichen Zeugenaussage B vom wird im Zusammenhang mit dem "Näh- und Waschraum" ausgeführt, dass sich dort auch ein "Wäschestrick, Wäschekorb und eine Kommode" befunden hätten; auch sie bringt den Technikraum nicht mit dem Wäschetrocknen bzw. dem Lagern von Putzmitteln in Verbindung. Rücksichtlich dieser Beweisergebnisse liegt für das erkennende Gericht sohin der Schluss nahe, dass im Technikraum in Wahrheit keine Wäsche zum Trocknen aufgehängt oder Putzutensilien abgestellt wurden, sondern es sich dabei um eine Schutzbehauptung der Bf. rücksichtlich der wohl verbesserten Kenntnis der Rechtslage handeln muss. Dies umso mehr, als der weitere Zeuge A in seiner schriftlichen Aussage vom darlegte, dass er im Falle der Abwesenheit oder Krankheit der Bf. zweimal pro Woche das Untergeschoss aufsperren musste, "um das Kondenswasser im Technikraum zu entleeren". Schenkt man diesen Angaben glauben, so war der Technikraum infolge der dort offenbar vorherrschenden erhöhter Luftfeuchtigkeit wohl zur Wäschetrocknung ungeeignet. Folglich ist auch zur Frage der Nutzungsart (Wohnzwecke oder sonstige Zwecke) der einzelnen Räumlichkeiten im Kellergeschoss festzuhalten, dass die Bf. der sie in diesem Punkt treffenden Beweispflicht in keinster Weise nachgekommen ist. Zur Frage der bewohnbaren Ausstattung der dortigen Räume fehlt zur Gänze prüfbares Vorbringen.

IV. Rechtliche Beurteilung

1.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Gem § 30 Abs 1 EStG 1988 sind private Grundstücksveräußerungen Veräußerungsgeschäfte von Grundstücken, soweit sie keinem Betriebsvermögen angehören. Von der Besteuerung ausgenommen sind nach Abs 2 Z 1 lit b leg. cit. die Einkünfte aus der Veräußerung von Eigenheimen oder Eigentumswohnungen samt Grund und Boden, wenn sie dem Veräußerer innerhalb der letzten zehn Jahre vor der Veräußerung mindestens fünf Jahre durchgehend als Hauptwohnsitz gedient haben und der Hauptwohnsitz aufgegeben wird.

Die Definition der Begriffe "Eigenheim" und "Eigentumswohnung" richtet sich nach § 18 Abs 1 Z 3 lit b EStG 1988. Während der Nutzung als Hauptwohnsitz darf das Eigenheim bzw die Eigentumswohnung die Eigenschaft als solche/s nicht verlieren (Kanduth-Kristen in Jakom, EStG16 2023, § 30 Rz 27). Ein Eigenheim ist gem § 18 Abs 1 Z 3 lit b EStG 1988 ein Wohnhaus mit nicht mehr als zwei Wohnungen, wenn mindestens zwei Drittel der Gesamtnutzfläche des Gebäudes Wohnzwecken dienen. Das Eigenheim kann demnach ein Einfamilienhaus oder ein Haus mit höchstens zwei Wohnungen sein. Sind mehr als zwei Wohnungen vorhanden, so liegt jedenfalls kein Eigenheim vor, unabhängig davon, wie sich die tatsächlichen Nutzungsverhältnisse gestalten (Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG21 § 30).

Strittig ist zwischen den Parteien, ob zumindest zwei Drittel der Gesamtnutzfläche Wohnzwecken dienten, wobei die Bf. ihrer diesbezüglichen Beweispflicht - vgl. dazu die Ausführungen unter dem Vorpunkt - nicht nachgekommen ist. Sohin sind die nicht bewohnbaren Räume, die nicht tatsächlich für Zwecke der Einkünfteerzielung genutzt werden (in unserem Fall eben das Kellergeschoss) und Gebäudeteile, die gemeinschaftlichen Zwecken dienen (das Stiegenhaus) aus der Verhältnisrechnung auszuscheiden.

Selbst wenn man jedoch davon ausgehen möchte - wofür es aufgrund des Beweisverfahrens jedoch, wie unter Punkt III. dargelegt, keinerlei Veranlassung gibt -, dass neben dem 1. und 2. Lager, dem Hobbyraum auch das WC/Dusche im Keller ausschließlich der Nutzfläche der Bf. zuzurechnen wären, wäre für sie nichts gewonnen, da nach der ständigen Judikatur der Technikraum in jedem Fall von der Verhältnisrechnung auszunehmen ist: Er dient unstrittig der Beheizung auch des Obergeschosses und somit gemeinschaftlichen Zwecken.

Zum - ohnedies unsubstantiell erhobenen - Einwand der Unrichtigkeit der Abgabenberechnung der Höhe nach ist festzuhalten, dass eine solche für das Gericht nicht erkennbar ist: Rücksichtlich des Anschaffungszeitpunktes (nämlich 1983), fällt die Liegenschaft unter das sog. "Altvermögen", war sohin per nicht mehr steuerverfangen. Somit stellt gemäß § 30 Abs. 4 Z 2 EStG 1998 der Unterschiedsbetrag zwischen dem Veräußerungserlös und den mit 86% des Veräußerungserlöses anzusetzenden Anschaffungskosten die Bemessungsgrundlage für den besonderen Steuersatz dar. Der Veräußerungserlös lag bei Euro xxxxxx, 86% davon sind Euro xxxxxxx, der Unterschiedsbetrag beträgt sohin Euro xxxxx. Die von der belangten Behörde berechnete Steuer iHv Euro xxxxxx entspricht dem 30%igen Steuersatz für Einkünfte aus Grundstücksveräußerungen und ist sohin der Höhe nach richtig berechnet.

Insgesamt ist sohin festzuhalten, dass die Voraussetzungen für die sog. Hauptwohnsitzbefreiung nicht vorliegen und folglich der Beschwerde der Erfolg zu versagen war.

1.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Eine derartige Rechtsfrage liegt gegenständlich nicht vor. Schließlich ist zum Nachweis der Nutzungsflächen und -verhältnisse allgemein darauf zu verweisen, dass eine in freier Beweiswürdigung getroffene Feststellung des Bundesfinanzgerichts der Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof grundsätzlich nicht zugänglich ist; ob sohin die Beweiswürdigung im Zusammenhang mit den Nutzflächen in dem Sinne materiell richtig ist, dass die Ergebnisse mit der objektiven Wahrheit übereinstimmen, entzieht sich der Prüfung durch den Verwaltungsgerichtshof (vgl. ); eine im Einzelfall vorgenommene, nicht als grob fehlerhaft erkennbare Beweiswürdigung wirft im Allgemeinen keine über den Einzelfall hinausgehende Rechtsfrage iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG auf (), weshalb insgesamt die ordentliche Revision für nicht zulässig zu erklären war.

Klagenfurt am Wörthersee, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Schlagworte
Technikraum
Beweispflicht
Allgemeinflächen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.4100567.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at