Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 25.03.2024, RV/7102610/2023

Familienbeihilfe - Rückforderung, wenn Österreich primär und Polen subsidiär zuständig ist und unabhängig davon polnische Familienleistungen bezogen werden

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Wolfgang Pavlik über die Beschwerde des Bf., Adresse, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Rückforderung der für Kind 1 für den Zeitraum März bis Dezember 2022 bezogenen Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge (Differenz-/Ausgleichszahlung) und für Kind 2 für den Zeitraum Juni bis Dezember 2022 bezogene Familienbeihilfe (Differenz-/Ausgleichszahlung), zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird im Sinne der Beschwerdevorentscheidung des Finanzamts abgeändert.

Der Rückforderungszeitraum umfasst Juni 2022 bis Dezember 2022 und die Rückforderung beträgt gesamt EUR 1.486,50.

Hinsichtlich der Monate März 2022 bis Mai 2022 erfolgt keine Rückforderung.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer (Bf) bezog für seine Kinder Kind 1, geb. am 2020, und Kind 2, geb. am 2009, die Differenz(Ausgleichs)zahlung zur Familienbeihilfe.

Laut dem mit dem Datenblatt vom übermittelten Mitteilungen der ausländischen Behörde vom - gerichtet an KM - wurde die Zuerkennung der Erziehungsleistung "500+" für beide Kinder für den Zeitraum von bis bestätigt.

Mit Bescheid vom forderte das Finanzamt (FA) vom Bf für Kind 1 den Kinderabsetzbetrag für die Monate Juni 2022 und Juli 2022 und von September 2022 bis Dezember 2022 sowie die Differenz(Ausgleichs)zahlung von März 2022 bis Dezember 2022 und für Kind 2 die Differenz(Ausgleichs)zahlung iHv EUR 2.006,22, zurück. Der Rückforderungsbetrag betrug insgesamt EUR 2.356,62.

Die Rückforderung wurde damit begründet, dass der Betrag der österreichischen Ausgleichszahlung auf Grund der Änderung der anzurechnenden ausländischen Familienleistung neu berechnet worden sei.

Da für beide Kinder die Erziehungsleistung "500+" ab Juni 2022 bezogen werde und für das Kind Kind 1 die Leistung RKO für den Zeitraum März bis Dezember 2022 bezogen worden sei, sei wie im Spruch zu entscheiden gewesen.

Der Bf brachte gegen den Rückforderungsbescheid am folgende Beschwerde ein:

"Ihre Begründung ist unverständlich und nicht nachvollziehbar. Sie erhielten eine Bestätigung der ausländischen Behörde vom über Zuerkennung 500,-- PLN für beide Kinder für den Zeitraum von bis und sie haben dies bei der Berechnung nicht berücksichtigt?

Für den Zeitraum Jänner - Juni 2023 wurden nur 205,23 überwiesen. Es scheint mehr als notwendig berücksichtigt zu sein.

Laut FB-Bestätigung vom für das Jahr 2022 hat Ihre Berechnung ("ohne Berücksichtigung der im Ausland zuerkannter Leistung) € 2.741,38 für beide Kinder betragen. Die Rückforderung betrug 2.356 It Bescheid vom .

Nach der Beschwerde also nach der Berücksichtigung der zuerkannten im Ausland Leistung also bei den abzugsfähigen Positionen hat sich It FB-Bestätigung von ein zuerkannter Betrag von 3.611,50 ergeben (2.741,38+870,12)

500,-- PLN pro Kind und pro Monat stehen tatsächlich zu und wurden tatsächlich ausbezahlt. Das sind 12.000,- PLN im Jahr für beide Kinder = € 2.666,66 umgerechnet mit Kurs v. 4,50. Laut Arbeiterkammerrechner stehen € 6.986,40 für beide Kinder in Österreich zu, abzüglich 2.666,66 sollte Ausgleichszahlung in Höhe von ca 4.320,- zuerkannt bzw. ausbezahlt werden. Es sind nach der Korrektur aber nur It. Bestätigung über den Bezug von Familienbeihilfe v. 3.611,50 zuerkannt. An dieser Stelle ergibt sich eine Frage: worin besteht die Differenz zwischen 4.320,- und 3611,50 also 709,-?

Das hier immer noch etwas nicht stimmt ist offensichtlich. Weder Ihre Berechnung noch die Begründung sind nachvollziehbar. Daher bitte ich Sie um Aufhebung des o.g. Bescheides und nochmalige Neuberechnung des Anspruches und Auszahlung des restlichen Fehlbetrages in Höhe von ca € 709,--?

Das FA gab der Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung(BVE) vom teilweise statt und änderte den Bescheid ab.

"Begründung:
Lt. den mit dem Datenblatt vom übermittelten Mitteilungen der ausländischen
Behörde vom - gerichtet an Frau KM - wurde die Zuerkennung derErziehungsleistung 500+ für beide Kinder für den Zeitraum von bis bestätigt.
Jene Leistungen waren bei der ursprünglichen Berechnung der ziffernmässigen Höhe der
Ausgleichszahlung nicht berücksichtigt worden.
Der zusätzlich für das Kind
Kind 1 für den Zeitraum von März 2022 bis Dezember 2022angesetzte Betrag von 500,- PLN monatlich wurde nunmehr berichtigt, sodass auch für dasKind Kind 1 der Betrag von 500,- PLN monatlich ab Juni 2022 zum Abzug gelangt.
Der bisherige Rückforderungsbetrag in der Höhe von € 2.356,62 verringert sich um € 870,12, sodass sich der nunmehrige Rückforderungsbetrag mit € 1.486,50 errechnet (Abzug von
500,- PLN monatlich je Kind für den Rückforderungszeitraum von Juni 2022 bis inkl.Dezember 2022)."

Der Bf stellte am folgenden Vorlageantrag:

"Ihre Begründung ist unverständlich und nicht nachvollziehbar. Sie erhielten eine Bestätigung der ausländischen Behörde vom über Zuerkennung 500,-- PLN für beide Kinder für den Zeitraum von bis und sie haben dies bei der Berechnung nicht berücksichtigt?
Für den Zeitraum Jänner - Juni 2023 wurden nur 205,23 überwiesen. Es scheint mehr als notwendig berücksichtigt zu sein.
Laut FB-Bestätigung vom für das Jahr 2022 hat Ihre Berechnung ("ohne Berücksichtigung der im Ausland zuerkannter Leistung) € 2.741,38 für beide Kinder betragen. Die Rückforderung betrug
2.356,- It Bescheid vom .
Nach der Beschwerde also nach der Berücksichtigung der zuerkannten im Ausland Leistung also
bei den abzugsfähigen Positionen hat sich It FB-Bestätigung von ein zuerkannter Betragvon 3.611,50 ergeben (2.741,38+870,12). 500,-- PLN pro Kind und pro Monat stehen tatsächlich zu und wurden tatsächlich ausbezahlt. Das sind12.000,- PLN im Jahr für beide Kinder = € 2.666,66 umgerechnet mit Kurs v. 4,50.
Laut Arbeiterkammerrechner stehen € 6.986,40 für beide Kinder in Österreich zu, abzüglich 2.666,66
sollte Ausgleichszahlung in Höhe von ca 4.320,- zuerkannt bzw. ausbezahlt werden. Es sind nach derKorrektur aber nur It. Bestätigung über den Bezug von Familienbeihilfe v. 3.611,50zuerkannt. An dieser Stelle ergibt sich eine Frage: worin besteht die Differenz zwischen 4.320,- und3.611,50 also 709,-?
Das hier immer noch etwas nicht stimmt ist offensichtlich. Weder Ihre Berechnung noch die
Begründung sind nachvollziehbar. Daher bitte ich Sie um Aufhebung des o.g. Bescheides undnochmalige Neuberechnung des Anspruches und Auszahlung des restlichen Fehlbetrages in Höhevon ca € 709,--."

Mit Schreibenvom forderte das BFG die belangte Behörde auf, eine Stellungnahme zu u.a. folgenden Ausführungen abzugeben:

"Der Beschwerdeführer (Bf) legte vor der Abgabenbehörde Unterlagen (Urkunde vom und Urkunde vom ) vor, wonach die polnische Behörde (nach der Eigenübersetzung durch den Bf), den Anspruch der Kindesmutter auf Familienbeihilfe für Kind 1 und Kind 2 im Zeitraum vom bis verweigere. Die Begründung dieser Bescheide wurde nicht übersetzt.

Dies würde auch den Rückforderungszeitraum bis 12/2022 betreffen.

Dem Finanzamt wird aufgetragen, diese Unterlagen zu überprüfen (dabei wird auch eine Übersetzung erforderlich sein) und festzustellen, ob bzw. welche Auswirkungen dies auf die Auszahlung der PLN 500 pro Kind und Monat, welche nach dem Vorbringen des Bf. zustehen und ausbezahlt wurden, bzw. die Auszahlung der Leistung RKO hat.

Bemerkt wird, dass nach Ermittlungen des BFG die ursprünglich per April 2016 in Polen eingeführte Familienleistung 500+ (PLN 500/ca. 115 Euro), die für jedes Kind bis zum 18. Altersjahr ausbezahlt wird, seit dem einkommensunabhängig ausgerichtet ist und per diese Leistung nun auch bei Anwendung der Prioritätsregelung von Art. 68 VO (EG) 883/2004 ungekürzt ausbezahlt werden kann; dies auch dann, wenn Polen (nur) subsidiär für die Ausrichtung der Familienleistung zuständig ist und (nur) den Differenzbetrag schuldet.
….

In Streit steht die Richtigkeit der Berechnung des Rückforderungsbetrages. … Es wird daher aufgetragen, dem BFG eine schlüssige Berechnung vorzulegen.

Insbesondere kann nicht nachvollzogen werden:

In welcher Höhe wurden für die beiden Kinder ursprünglich Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge im Streitzeitraum ausbezahlt?

In welcher Höhe und zu welchem Kurs wurden beim Rückforderungsbescheid polnische Leistungen berücksichtigt?

Laut Vermerk im AIS-Fabian seien für Kind 1 bei der RF für 03-05/2022 PLN 500 abzuziehen und von 06-12/2022 PLN 1.000.
Wurde dies bei der Rückforderung so umgesetzt?

Wieso wurden Kinderabsetzbeträge nur für Kind 1 (außer für 08/2022) rückgefordert und für Kind 2 nicht?

Welche polnische Leistungen (dem Grunde und der Höhe nach) wurden für Kind 1 und Kind 2 im Streitzeitraum tatsächlich bezogen?

Wie hoch ist die Leistung RKO, die für Kind 1 für den Zeitraum 3-12/2022 laut Rückforderungsbescheid bezogen wurde?

Die BVE-Stattgabe betrifft offenbar nur das Kind Kind 1?
Welche Beträge wurden bei ihr zu Unrecht rückgefordert?
Wieso verringert sich der Rückforderungsbetrag laut BVE um EUR 870,12?
Um eine nachvollziehbare Berechnung wird gebeten."

Das FA gab mit Schreiben vom folgende Stellungnahme ab:

"Die Rückforderung in ursprünglicher Höhe erfolgte unserer Meinung nach in richtiger Höhe und ist daher beizubehalten.

Anbei eine weitere Bestätigung über den Bezug polnischer Leistungen."

Des weiteren wurde ausgeführt:

(Frage BFG: In welcher Höhe wurden für die beiden Kinder ursprünglich Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge im Streitzeitraum ausbezahlt?)

Kind 2: FB € 148,60 +09/2022 Schulstartgeld € 100,--

KG € 58,40

Kind 1: FB € 121,10 +08/2022 Sonderfamilienbeihilfe

KG € 58,40 für beide je € 180,--

06/2022 lag urspünglich noch in der Indexierung und war weniger an Auszahlung, wurde aber durch die Nachzahlung am kompensiert.

(Laut Arbeiterkammerrechner stehen € 6.986,40 für beide Kinder in Österreich zu)

Das ist nicht richtig:

Anbei das BGBl, welches die Beträge für 2022 aufschlüsselt. Außerdem wurde ein Kind mit Behinderung dazugerechnet - laut Akt gibt es jedoch kein behindertes Kind.

(Frage BFG: In welcher Höhe und zu welchem Kurs wurden beim Rückforderungsbescheid polnische Leistungen berücksichtigt?)

Kind 2: je 500 Zloty


Tabelle in neuem Fenster öffnen
12/2022
FB
Differenzzahlung
106,19
11/2022
FB
Differenzzahlung
103,13
10/2022
FB
Differenzzahlung
105,75
09/2022
FB
Differenzzahlung
105,54
08/2022
FB
Differenzzahlung
106,60
07/2022
FB
Differenzzahlung
109,16
06/2022
FB
Differenzzahlung
106,88

Kind 1:

Dadurch, dass 06-12/2022 je 1000 Zloty rückgefordert wurden, blieb von der österreichischen FB nichts mehr über. Lediglich 08/2022 blieb noch was von der FB 0,213201X1000 = 213,20


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Kind 1, geb. 2020
Rückforderung
09/2022
12/2022
FB
Differenzzahlung
121,10
484,40
erledigt
09:24
Kind 1, geb. 2020
Rückforderung
09/2022
12/2022
KG
Differenzzahlung
58,40
233,60
erledigt
09:24
Kind 1, geb. 2020
Rückforderung
08/2022
08/2022
FB
Differenzzahlung
213,20
213,20
erledigt
09:24
Kind 1, geb. 2020
Rückforderung
07/2022
07/2022
KG
Differenzzahlung
58,40
58,40
erledigt
09:24
Kind 1, geb. 2020
Rückforderung
06/2022
07/2022
FB
Differenzzahlung
121,10
242,20
erledigt
09:24
Kind 1, geb. 2020
Rückforderung
06/2022
06/2022
KG
Differenzzahlung
58,40
58,40
erledigt
09:24
Kind 1, geb. 2020
Rückforderung
05/2022
05/2022
FB
Differenzzahlung
107,46
107,46
erledigt
09:24
Kind 1, geb. 2020
Rückforderung
04/2022
04/2022
FB
Differenzzahlung
106,76
106,76
erledigt
09:24
Kind 1, geb. 2020
Rückforderung
03/2022
03/2022
FB
Differenzzahlung
108,95
108,95
erledigt
09:24

Hier die Kurse zu Polen:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Datum
Währung
Kurs
Kurs-Kehrwert
Staatencode
00:00
PLN
4.29
0.2331
PL
00:00
PLN
4.3014
0.232482
PL
00:00
PLN
4.2736
0.233995
PL
00:00
PLN
4.3146
0.231771
PL
00:00
PLN
4.3006
0.232526
PL
00:00
PLN
4.2868
0.233274
PL
00:00
PLN
4.2843
0.23341
PL
00:00
PLN
4.2496
0.235316
PL
00:00
PLN
4.2912
0.233035
PL
00:00
PLN
4.3812
0.228248
PL
00:00
PLN
4.3782
0.228404
PL
00:00
PLN
4.2581
0.234847
PL
00:00
PLN
4.3185
0.231562
PL
00:00
PLN
4.2568
0.234918
PL
00:00
PLN
4.3009
0.232509
PL
00:00
PLN
4.3259
0.231166
PL
00:00
PLN
4.5506
0.219751
PL
00:00
PLN
4.5336
0.220575
PL
00:00
PLN
4.4495
0.224744
PL
00:00
PLN
4.456
0.224417
PL
00:00
PLN
4.4034
0.227097
PL
00:00
PLN
4.3971
0.227423
PL
00:00
PLN
4.5462
0.219964
PL
00:00
PLN
4.6222
0.216347
PL
00:00
PLN
4.471
0.223664
PL
00:00
PLN
4.5597
0.219313
PL
00:00
PLN
4.5304
0.220731
PL
00:00
PLN
4.5186
0.221307
PL
00:00
PLN
4.6508
0.215017
PL
00:00
PLN
4.5635
0.21913
PL
00:00
PLN
4.4856
0.222936
PL
00:00
PLN
4.5201
0.221234
PL
00:00
PLN
4.5636
0.219125
PL
00:00
PLN
4.5296
0.22077
PL
00:00
PLN
4.6197
0.216464
PL
00:00
PLN
4.6215
0.21638
PL
00:00
PLN
4.6639
0.214413
PL
00:00
PLN
4.5969
0.217538
PL
00:00
PLN
4.5892
0.217903
PL
00:00
PLN
4.6835
0.213516
PL
00:00
PLN
4.6531
0.21491
PL
00:00
PLN
4.678
0.213767
PL
00:00
PLN
4.5805
0.218317
PL
00:00
PLN
4.6904
0.213201
PL
00:00
PLN
4.7375
0.211082
PL
00:00
PLN
4.7283
0.211493
PL
00:00
PLN
4.8483
0.206258
PL
00:00
PLN
4.7085
0.212382
PL
00:00
PLN
4.6635
0.214431
PL
00:00
PLN
4.6808
0.213639
PL

Genommen wird der Kurs der EZB - hier der Link zur Nachverfolgung.

Tägliche Referenzkurse der EZB (oenb.at)

Vorgabe: Die monatlichen Wechselkurse für einen Liquidationslaufmonat werden auf Basis täglicher Wechselkurse aus dem Vor-Vormonat (üblicherweise Monatsletzter) bestimmt.

d.h. der Kurs vom wurde für die Berechnung der Beträge für Dezember 2021 verwendet.

Dieses Mail wurde mir übermittelt von:

Bundesministerium für Finanzen

Sektion I - Finanzverwaltung, Management und Services

Abteilung I/10 - IT Steuer, Applikation MI - Internationales und Beihilfen

(Frage BFG: Wieso wurden Kinderabsetzbeträge nur für Kind 1 (außer für 08/2022) rückgefordert und für Kind 2 nicht?)

… (Auszug aus dem AIS des Bundes)

Für Kind 2 wurden jeweils 500 Zloty = umgerechnet siehe einzelne Beträge rückgefordert, welche den Betrag der vollen österreichischen Familienbeihilfe nicht überstiegen.

Da für Kind 1 ja 1000,-- Zloty jeweils für 06/2022-12/2022 rückgefordert wurden, wurde der Betrag der Familienbeihilfe überschritten und der Kinderabsetzbetrag auch zur Gänze rückgefordert.

(Frage BFG: Laut Vermerk im AIS-Fabian seien für Kind 1 bei der RF für 03-05/2022 PLN 500 abzuziehen und von 06-12/2022 PLN 1.000. Wurde dies bei der Rückforderung so umgesetzt?)

... (Auszug aus dem AIS des Bundes).

Ja, am wurde die Rückforderung erlassen, in der von 03-05/2022 je 500 Zloty und für 06-12/2022 je 1000 Zloty rückgefordert wurden.

(Frage BFG: Welche polnischen Leistungen (dem Grunde und der Höhe nach) wurden für Kind 1 und Kind 2 im Streitzeitraum tatsächlich bezogen?)

LT Polen wurde die unter Familienleistung laufende RKO bestätigt:

… (Auszug aus dem Verwaltungsakt)

LT Polen wurden ab 06/2022 die Leistungen zur Kindererziehung (Świadczenie wychowawcze, 500 Plus) bestätigt:

… (Auszug aus dem Verwaltungsakt)

Das Nichtbeziehen des Kindergeldes (Zasiłek rodzinny ) wurde von Anfang an nicht in Frage gestellt, da die Leistungen vom Haushaltseinkommen abhängen, d.h. dem monatlichen Durchschnittseinkommen der Familienmitglieder im Kalenderjahr vor dem Zeitraum der Leistungsbezüge.

(Frage BFG: Wie hoch ist die Leistung RKO, die für Kind 1 für den Zeitraum 3-12/2022 laut Rückforderungsbescheid bezogen wurde?)

5000 Zloty

(Frage BFG: Die BVE-Stattgabe betrifft offenbar nur das Kind Kind 1?)

Ja, da die Rückforderung des RKO wieder zurückgenommen wurde. (Das RKO …: Pflegekapital für die Familie (Rodzinny Kapitał Opiekuńczy, RKO): zahlbarer Gesamtbetrag ist PLN 12.000 € 2.561). Über den monatlichen Betrag entscheidet der Elternteil - entweder PLN 500 monatlich für zwei Jahre oder PLN 1.000 monatlich für ein Jahr. Der monatliche Leistungsbetrag kann einmal verändert werden. Im Fall einer Scheidung der Eltern erhält jedes Elternteil die Hälfte des Betrags, sofern gemeinsames Sorgerecht besteht. …

(Frage BFG: Welche Beträge wurden bei ihr zu Unrecht rückgefordert?)


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Kind 1, geb. 2020
Rückforderung
09/2022
12/2022
FB
Differenzzahlung
121,10
484,40
erledigt
09:24
Kind 1, geb. 2020
Rückforderung
09/2022
12/2022
KG
Differenzzahlung
58,40
233,60
erledigt
09:24
Kind 1, geb. 2020
Rückforderung
08/2022
08/2022
FB
Differenzzahlung
213,20
213,20
erledigt
09:24
Kind 1, geb. 2020
Rückforderung
07/2022
07/2022
KG
Differenzzahlung
58,40
58,40
erledigt
09:24
Kind 1, geb. 2020
Rückforderung
06/2022
07/2022
FB
Differenzzahlung
121,10
242,20
erledigt
09:24
Kind 1, geb. 2020
Rückforderung
06/2022
06/2022
KG
Differenzzahlung
58,40
58,40
erledigt
09:24
Kind 1, geb. 2020
Rückforderung
05/2022
05/2022
FB
Differenzzahlung
107,46
107,46
erledigt
09:24
Kind 1, geb. 2020
Rückforderung
04/2022
04/2022
FB
Differenzzahlung
106,76
106,76
erledigt
09:24
Kind 1, geb. 2020
Rückforderung
03/2022
03/2022
FB
Differenzzahlung
108,95
108,95
erledigt
09:24

09-12/2022 die komplette FB samt KAB

08/2022: € 213,20

06-07/2022 die komplette FB samt KAB

03-05/2022 jeweils die 500 Zloty.

(Frage BFG: Wieso verringert sich der Rückforderungsbetrag laut BVE um EUR 870,12?)

Für 03/2022-05/2022 wurden die entsprechenden Zloty wieder gutgeschrieben.

Ab 06/2022 wurden aber nur jeweils monatlich 500 Zloty wieder gutgeschrieben, daher springt nur ein Rest der Familienbeihilfe heraus, was übrig bleibt und wieder gutgeschrieben wurde -bis auf 08/2022 da wurde ja eine höhere Familienbeihilfe ausbezahlt:

Die Buchung auf dem Abgabenkonto lautete:

FB 2006,22 - 519,72=1486,50

KG 350,40-350,40=0.

--------

Verschiedene Unterlagen waren beigelegt.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen

Sachverhalt

Der Beschwerdeführer (Bf) ist verheiratet und polnischer Staatsbürger. Er erzielte 2022 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit im Inland, wo er einen Nebenwohnsitz hat. Er wohnt mit seiner Gattin und den beiden Kindern im gemeinsamen Haushalt am Familienwohnsitz in Polen. Der Bf ist Alleinverdiener.

Der Bf bezog für seine Kinder Kind 1, geb. am 2020, und Kind 2, geb. am 2009, die volle Differenz(Ausgleichs)zahlung zur Familienbeihilfe.

Laut dem mit dem Datenblatt vom übermittelten Mitteilung der ausländischen Behörde vom - gerichtet an KM - wurde die Zuerkennung der Familienleistung "500+" (Leistungen zur Kindererziehung) für beide Kinder für den Zeitraum von bis bestätigt. Diese Leistungen waren bei der ursprünglichen Berechnung der ziffernmäßigen Höhe der Differenz(Ausgleichs)zahlung nicht berücksichtigt worden.

Zusätzlich wurde für Kind 1 von 03/2022 bis 12/22 die Leistung RKO (Pflegekapital für die Familie) iHv 500,00 PLN monatlich an die Kindesmutter ausbezahlt. Auch diese Leistung war bei der ursprünglichen Berechnung der ziffernmäßigen Höhe der Differenz(Ausgleichs)zahlung nicht berücksichtigt worden.

Daher wurde der Betrag der Differenz(Ausgleichs)zahlung neu berechnet.

Rückforderungszeitraum für Kind 1 war 03/2022 bis 12/2022 und für Kind 2 06/2022 bis 12/2022.

Im Zuge der Beschwerdevorentscheidung (BVE) wurde die für Kind 1 bezogene Leistung RKO iHv 500,00 PLN monatlich nicht mehr auf die Differenz(Ausgleichs)zahlung angerechnet, sodass sich der Rückforderungsbetrag um EUR 870,12 von EUR 2.356,62 auf EUR 1.486,50 verminderte und der Rückforderungszeitraum nunmehr 06/2022 bis 12/2022 umfasst.

Beweiswürdigung

Die Familienverhältnisse sind aktenkundig und unbestritten.

Die Auszahlung der polnischen Familienleistung "500+" für beide Kinder ist durch die ausländische Behörde bestätigt, ebenso wie die Auszahlung der Leistung RKO für Kind 1.

Die Berechnung des Rückforderungsbetrages wurde von der belangten Behörde nachvollziehbar, ausführlich und penibel dargelegt und ist ziffernmäßig richtig. Auch die Verminderung des Rückforderungsbetrages aG der nicht mehr angerechneten Leistung RKO betreffend Kind 1 ist rechnerisch richtig und nachvollziehbar. Auf die über Aufforderung des BFG erfolgte genaue Darstellung durch das FA, welche im Verfahrensgang (s. oben) entsprechend abgebildet ist, wird diesbezüglich verwiesen.

Das Vorbringen des Bf, laut Arbeiterkammerrechner stünden EUR 6.986,40 für beide Kinder in Österreich zu, ist nicht nachvollziehbar und unrichtig. Die vorgelegte Berechnung stammt aus dem Jahr 2023; Streitzeitraum ist jedoch das Jahr 2022 mit anderen (niedrigeren) Beträgen. Außerdem wurde vom Bf ein Kind mit Behinderung berechnet (erhöhte Familienbeihilfe); laut Aktenlage gibt es jedoch kein behindertes Kind.
Diese fehlerhafte Berechnung ist nicht geeignet, die den gesetzlichen Bestimmungen des FA entsprechende Berechnung und Auszahlung der Familienbeihilfe und des Kinderabsetzbetrages in Frage zu stellen.

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Anrechnung der polnischen Familienleistung "500+" auf die innerstaatliche Familienbeihilfe nicht bekämpft wurde und an der ziffernmäßigen Richtigkeit des von der belangten Behörde berechneten Rückforderungsbetrages kein Zweifel besteht.

Rechtliche Beurteilung

Nach § 2 Abs 1 lit. a FLAG 1967 haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, für minderjährige Kinder Anspruch auf Familienbeihilfe. Nach Abs. 2 leg cit hat jene Person Anspruch auf Familienbeihilfe für ein im Abs. 1 genanntes Kind, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten überwiegend für das Kind trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist.

§ 4 Abs 1 FLAG 1967 normiert, dass Personen, die Anspruch auf eine gleichartige Beihilfe haben, keinen Anspruch auf österreichische Familienbeihilfe haben.

In § 4 Abs 2 FLAG 1967 ist vorgesehen, dass österreichische Staatsbürger, die gemäß Abs. 1 und § 5 Abs 5 vom Anspruch auf Familienbeihilfe ausgeschlossen sind, eine Ausgleichszahlung erhalten, wenn die Höhe der gleichartigen ausländischen Beihilfe, auf die sie oder eine andere Person Anspruch haben, geringer ist als die Familienbeihilfe, die ihnen nach diesem Bundesgesetz ansonsten zu gewähren wäre.

Nach § 4 Abs 6 FLAG 1967 gilt die Ausgleichszahlung, mit Ausnahme der Bestimmungen über die Höhe der Familienbeihilfe, als Familienbeihilfe im Sinne dieses Bundesgesetzes.

Gemäß § 5 Abs 3 FLAG 1967 besteht kein Anspruch auf Familienbeihilfe für Kinder, die sich ständig im Ausland aufhalten.

In diesem Zusammenhang bestimmt jedoch § 53 Abs 1 FLAG 1967, dass § 5 Abs 3 FLAG 1967 in Bezug auf EU-Staatsbürger grundsätzlich nicht gilt; diese sind in diesem Bundesgesetz österreichischen Staatsbürgern gleichgestellt. Dabei ist der ständige Aufenthalt eines Kindes in einem Staat der Europäischen Union nach Maßgabe der gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen dem ständigen Aufenthalt eines Kindes in Österreich gleichzuhalten.

Im vorliegenden Fall liegt ein grenzüberschreitender Sachverhalt vor, da der Bf in Österreich einer Beschäftigung nachgeht und seine Ehegattin mit den gemeinsamen zwei mj. Kindern in Polen lebt und dort keine Einkünfte erzielt. Es sind daher nicht nur die innerstaatlichen Bestimmungen des FLAG 1967 zu beachten. Vielmehr ist die Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit [idF VO (EG) 883/2004], die ab gilt, anzuwenden. Diese hat allgemeine Geltung, ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat ("Durchgriffswirkung"). Die VO (EG) 883/2004 geht dem nationalen Recht in ihrer Anwendung vor ("Anwendungsvorrang des Gemeinschaftsrechts"). Zu beachten ist weiters die Verordnung (EG) Nr. 987/2009 zur Festlegung der Modalitäten für die Durchführung der VO (EG) 883/2004.

Art 11 Abs 3 lit a VO (EG) 883/2004 normiert, dass eine Person, die in einem Mitgliedstaat eine Beschäftigung oder selbstständige Erwerbstätigkeit ausübt, den Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats unterliegt.

Nach Art 67 VO (EG) 883/2004 hat eine Person auch für Familienangehörige, die in einem anderen Mitgliedstaat wohnen, Anspruch auf Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften des zuständigen Mitgliedstaats, als ob die Familienangehörigen in diesem Mitgliedstaat wohnen würden.

Sind für denselben Zeitraum und für dieselben Familienangehörigen Leistungen nach den Rechtsvorschriften mehrerer Mitgliedstaaten zu gewähren, so gelten die in Art 68 VO (EG) 883/2004 ausgeführten Prioritätsregeln:

(1) Sind für denselben Zeitraum und für dieselben Familienangehörigen Leistungen nach den Rechtsvorschriften mehrerer Mitgliedstaaten zu gewähren, so gelten folgende Prioritätsregeln:

a) Sind Leistungen von mehreren Mitgliedstaaten aus unterschiedlichen Gründen zu gewähren, so gilt folgende Rangfolge:
an erster Stelle stehen die durch eine Beschäftigung oder eine selbstständige Erwerbstätigkeit ausgelösten Ansprüche, darauf folgen die durch den Bezug einer Rente ausgelösten Ansprüche und schließlich die durch den Wohnort ausgelösten Ansprüche.

(2) Bei Zusammentreffen von Ansprüchen werden die Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften gewährt, die nach Absatz 1 Vorrang haben. Ansprüche auf Familienleistungen nach anderen widerstreitenden Rechtsvorschriften werden bis zur Höhe des nach den vorrangig geltenden Rechtsvorschriften vorgesehenen Betrags ausgesetzt; erforderlichenfalls ist ein Unterschiedsbetrag in Höhe des darüberhinausgehenden Betrags der Leistungen zu gewähren. Ein derartiger Unterschiedsbetrag muss jedoch nicht für Kinder gewährt werden, die in einem anderen Mitgliedstaat wohnen, wenn der entsprechende Leistungsanspruch ausschließlich durch den Wohnort ausgelöst wird.

Gemäß § 26 Abs 1 FLAG 1967 hat, wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen.

Aus § 26 Abs 1 FLAG 1967 ergibt sich eine objektive Erstattungspflicht von zu Unrecht bezogener Familienbeihilfe (samt Kinderabsetzbetrag).

Subjektive Momente wie ein allfälliges Verschulden der Behörde, Gutgläubigkeit des FB-Bezuges oder die Verwendung der FB für den Unterhalt des anspruchsvermittelnden Kindes, sind nach ständiger Rechtsprechung des VwGH für die Verpflichtung zur Rückerstattung unrechtmäßiger Beihilfenbezüge unerheblich. Entscheidend ist lediglich, ob der Empfänger die Beträge zu Unrecht erhalten hat ().

Gemäß § 33 Abs 3 EStG 1988 steht Steuerpflichtigen, denen aufgrund des FLAG 1967 Familienbeihilfe gewährt wird, im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein Kinderabsetzbetrag für jedes Kind zu. Wurden Kinderabsetzbeträge zu Unrecht bezogen, ist § 26 FLAG 1967 anzuwenden.

Nach § 10 Abs 2 FLAG 1967 wird Familienbeihilfe von Beginn des Monats gewährt, in dem die Voraussetzungen für den Anspruch erfüllt werden. Der Anspruch auf Familienbeihilfe erlischt mit Ablauf des Monats, in dem eine Anspruchsvoraussetzung wegfällt oder ein Ausschließungsgrund hinzukommt.

Das Bestehen des FB-Anspruches für ein Kind kann somit je nach dem Eintritt von Änderungen der Sach- und/oder Rechtslage von Monat zu Monat anders zu beurteilen sein.

Die Ehefrau des Bf hat im Beschwerdezeitraum die polnische Familienleistung "500+" erhalten. Das Bundesfinanzgericht (BFG) hat in seiner Rechtsprechung die polnische Beihilfe "500+" als eine mit der österreichischen Familienbeihilfe und dem österreichischen Kinderabsetzbetrag gegen zu verrechnende Familienleistung angesehen (vgl. z.B. ; ; ).

Die ursprünglich per April 2016 eingeführte polnische Familienleistung "500+" (PLN 500/ca. 115 Euro; Leistungen zur Kindererziehung; Świadczenie wychowawcze), die für jedes Kind bis zum 18. Altersjahr ausbezahlt wird, war ursprünglich abhängig von der Höhe des Einkommens, wird aber seit dem einkommensunabhängig ausgerichtet. Per wird diese Leistung nun auch bei Anwendung der Prioritätenregelung von Art. 68 VO (EG) 883/2004 ungekürzt ausbezahlt (also auch dann, wenn Polen subsidiär für die Ausrichtung der Familienleistung zuständig ist und nur den Differenzbetrag zur Leistung des anderen Staats schuldet).

Auch der BFH hat im Urteil vom - III R 34/18 (veröffentlicht am ) die polnische Familienleistung "500+" als dem deutschen Kindergeld gleichartig und damit anrechenbar qualifiziert. Sowohl beim deutschen Kindergeld als auch bei der polnischen Familienleistung "500+" handele es sich um regelmäßige Geldleistungen, die ausschließlich nach Maßgabe der Zahl und des Alters der Kinder gewährt werden. Die polnische Familienleistung sei daher (im vom BFH zu beurteilenden Fall) nach Art 68 Abs 2 der VO (EG) 883/2004 anzurechnen. Die Mitteilung einer ausländischen Behörde über die Gewährung einer Familienleistung habe darüber hinaus Bindungswirkung für die Familienkasse.

Es besteht daher kein Zweifel, dass die polnische Familienleistung "500+" der österreichischen Familienbeihilfe vergleichbar ist. Die Familienbeihilfe dient der steuerlichen Freistellung des Existenzminimums des Kindes einschließlich des Bedarfs für Betreuung, Erziehung und Ausbildung. Ebenso dient die polnische Regelung der teilweisen Deckung der Ausgaben im Zusammenhang mit der Erziehung, Betreuung und Befriedigung der Lebensbedürfnisse eines Kindes.

Die polnische Familienleistung ist daher im Wege der Differenz-/Ausgleichszahlung zu berücksichtigen.

Im ggstdl. Fall ist unbestritten, dass Österreich aufgrund des unionsrechtlich geltenden Beschäftigungslandprinzips gemäß der Kollisionsnorm des Art 68 Abs 1 lit a) VO (EG) 883/2004 primär zur Erbringung von Familienleistungen verpflichtet ist, während Polen subsidiär zuständig ist.

Festzuhalten ist in diesem Zusammenhang, dass die VO (EWG) 1408/71 und VO (EG) 883/2004 kein gemeinsames System der sozialen Sicherheit schaffen, sondern die unterschiedlichen nationalen Systeme bestehen lassen. Sie koordinieren diese nur, um zu gewährleisten, dass das Recht auf Freizügigkeit wirksam ausgeübt werden kann. Dies kann dazu führen, dass unterschiedliche Forderungen gegen unterschiedliche Träger bestehen, dass dem Leistungsberechtigten unmittelbare Ansprüche entweder allein nach dem nationalen Recht oder nach dem erforderlichenfalls durch Unionsrecht ergänzten nationalen Recht zustehen (Lenneis/Wanke (Hrsg) FLAG2, § 3 Rz 182f unter Hinweis auf C-140/12, Brey).

Das Unionsrecht selbst vermittelt keinen originären Anspruch auf nationale Familienleistungen. Es ist nach wie vor Sache der Mitgliedstaaten, wem sie unter welchen Voraussetzungen wie lange Familienleistungen zuerkennen (Lenneis/Wanke (Hrsg) FLAG2, § 3 Rz 182h).

Daher hat sich Polen entschlossen, die Familienleistung "500+" bei Bestehen der innerstaatlichen Voraussetzungen jedenfalls auszuzahlen, auch wenn - wie im ggstdl. Fall, da die Kindesmutter nicht erwerbstätig ist - gemeinschaftsrechtlich nur eine subsidiäre Zuständigkeit Polens besteht.

In Österreich ist innerstaatlich die Norm des § 4 FLAG 1967 in Kraft.

Die Ausgleichszahlung nach § 4 FLAG 1967 ist dann anzuwenden, wenn ein Anspruch auf eine gleichartige ausländische Beihilfe besteht (egal ob es sich um einen Mitgliedstaat oder einen Drittstaat handelt). Ziel des § 4 FLAG 1967 ist die Vermeidung der ungerechtfertigten Kumulierung von Familienleistungen bei zwischenstaatlichem Bezug. Eine derartige Kumulierung von Familienleistungen zu vermeiden, liegt im Interesse der beteiligten Staaten.

Auch nach der Intention der VO (EG) 883/2004 sind zur "Vermeidung ungerechtfertigter Doppelleistungen" für den Fall des Zusammentreffens von Ansprüchen auf Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften des zuständigen Mitgliedstaats mit Ansprüchen auf Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften des Wohnmitgliedstaats der Familienangehörigen Prioritätsregeln vorzusehen (s. Erwägungen (35) VO (EG) 883/2004).

Bei derartigen SV, an denen zwei MS beteiligt sind, gilt der Grundsatz, dass durch Differenz(Ausgleichs)zahlungen erreicht wird, dass insgesamt die jeweils höhere Familienleistung ausbezahlt wird. Eine darüber hinaus gehende Zahlung würde eine ungerechtfertigte Kumulierung bedeuten, welche auch nach dem Sinn sowohl der unionsrechtlichen als auch innerstaatlichen Rechtsvorschriften vermieden werden soll.

Nach Lenneis/Wanke (Hrsg), FLAG2, § 4, I. Ausländischer Beihilfenanspruch [Rz 1 - 21], stehen § 4 FLAG und Art 68 Abs 2 VO 883/2004 zueinander in Kollision. Aufgrund des Anwendungsvorranges des Unionsrechtes ist jedoch zunächst Art 68 Abs 2 der Verordnung anzuwenden und erst danach in einem zweiten Schritt zu prüfen, ob nach nationalem Recht ein ausschließlicher Beihilfenanspruch besteht, wozu auch § 4 FLAG zählt (vgl , Bosmann; verb Rs C-611/10 und C-612/10, Hudzinski und Wawrzyniak).
Die Frage nach dem Inhalt einer mitgliedstaatlichen Ruhensbestimmung im Fall der Kollision von Familienleistungen mehrerer Mitgliedstaaten hat der EuGH dahin beantwortet, "dass die Bestimmungen des Vertrags über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer [Art 45, 48 AEUV] dahin auszulegen sind, dass sie in einer Situation wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden der Anwendung einer nationalen Rechtsvorschrift wie § 65 EStG entgegenstehen, soweit diese nicht zu einer Kürzung des Betrags der Leistung um die Höhe des Betrags einer in einem anderen Staat gewährten vergleichbaren Leistung, sondern zum Ausschluss der Leistung führt (und C-612/10, Hudzinski und Wawrzyniak, Rn 69-85)."

Verboten ist demnach nicht schon eine Kürzung durch eine mitgliedstaatliche Norm, sondern nur der völlige Ausschluss der Leistung.

Zu prüfen hatte der EuGH im zit. Erk. § 65 dt EStG ("Andere Leistungen für Kinder"), der lautete:

"(1) Kindergeld wird nicht für ein Kind gezahlt, für das eine der folgenden Leistungen zu zahlen ist oder bei entsprechender Antragstellung zu zahlen wäre:

2. Leistungen für Kinder, die im Ausland gewährt werden und dem Kindergeld oder einer der unter Nummer 1 genannten Leistungen vergleichbar sind."

Das BFG folgt Lenneis/Wanke a.a.O., die überzeugend argumentieren, dass § 65 Abs 1 Z 2 dt EStG vergleichbar mit § 4 Abs 1 und 2 FLAG 1967 ist und weder die deutsche Kürzungsbestimmung noch die österreichische den gänzlichen Ausschluss der Leistungen vorsieht. § 4 Abs 2 FLAG 1967 sieht lediglich die Kürzung des Betrags der Leistung um die Höhe des Betrags einer in einem anderen Staat gewährten vergleichbaren Leistung vor, sodass § 4 Abs 2 FLAG 1967 die vom EuGH geforderten Voraussetzungen erfüllt und insoweit unionsrechtskonform und demnach auch im vorliegenden Fall anzuwenden ist.

Normzweck des § 4 FLAG 1967 ist die Vermeidung der Kumulierung gleichartiger Beihilfen nach den Rechtsordnungen mehrerer Staaten für ein und dasselbe Kind.

Innerstaatlich wie auch unionsrechtlich gilt der Grundsatz, die Beihilfe bzw Zulage nur einmal zu gewähren und gleichartige Ansprüche anzurechnen (vgl. z.B. ; ).

Wenn aber die ausländische Beihilfe, auf die die Gattin des Bf Anspruch hatte, niedriger ist als die österreichische Familienbeihilfe, besteht ein Anspruch auf Gewährung der Ausgleichszahlung im Sinne des § 4 FLAG 1967. Da die Ausgleichs(Differenz)zahlung als Familienbeihilfe gilt, wird mit ihr gemeinsam auch der Kinderabsetzbetrag ausbezahlt.

Demzufolge hat die belangte Behörde zu Recht die polnische Familienleistung "500+" auf die österreichische Kinderbeihilfe angerechnet, sodass die Differenz(Ausgleichszahlung) an Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag um diesen Betrag zu vermindern war.

Da die Differenz(Ausgleichs)zahlung vorerst in voller Höhe zuerkannt wurde und erst nachträglich die Zuerkennung der polnischen Familienleistung "500+" bekannt wurde, waren die Voraussetzungen für die Rückforderung nach § 26 FLAG 1967 gegeben.

Die objektiv zu Unrecht bezogene Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag waren rückzufordern.

Festzuhalten ist, dass die belangte Behörde zu Gunsten des Bf davon ausging, dass die für mj. Kind 1 zusätzlich bezogene polnische Familienleistung RKO (Pflegekapital für die Familie; Rodzinny Kapitał Opiekuńczy; Family Care Capital) nicht anzurechnen ist und die im Erstbescheid dafür angesetzte Rückforderung in der BVE wieder rückgängig gemacht hat.

Das BFG folgt den Ausführungen des FA in der BVE.

Der Rückforderungszeitraum umfasst somit Juni 2022 bis Dezember 2022. Die Rückforderung beträgt 500,00 PLN monatlich je Kind.

Das FA hat nachgewiesen, dass die Berechnung in richtiger Höhe durchgeführt wurde. Der im Erstbescheid ausgewiesene Rückforderungsbetrag in der Höhe von EUR 2.356,62 verringert sich um EUR 870,12, sodass der nunmehrige Rückforderungsbetrag mit EUR 1.486,50 festzusetzen ist.

Der bekämpfte Bescheid war daher im Sinne der BVE abzuändern.

Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Es
Im vorliegenden Fall ist die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängig, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Soweit Rechtsfragen zu beurteilen waren, folgt das Gericht den gesetzlichen Grundlagen und der Judikatur.
Die Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist daher unzulässig.

Es war spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
VO 883/2004, ABl. Nr. L 166 vom S. 1
VO 883/2004, ABl. Nr. L 166 vom S. 1
Art. 11 Abs. 3 lit. a VO 883/2004, ABl. Nr. L 166 vom S. 1
Art. 67 VO 883/2004, ABl. Nr. L 166 vom S. 1
Art. 68 VO 883/2004, ABl. Nr. L 166 vom S. 1
Art. 68 Abs. 2 VO 883/2004, ABl. Nr. L 166 vom S. 1
VO 987/2009, ABl. Nr. L 284 vom S. 1
VO 1408/71, ABl. Nr. L 149 vom S. 2
§ 2 Abs. 1 lit. a FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 4 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 4 Abs. 1 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 4 Abs. 2 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 4 Abs. 6 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 5 Abs. 3 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 10 Abs. 2 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 26 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 26 Abs. 1 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 33 Abs. 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 53 Abs. 1 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7102610.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at