Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 22.02.2024, RV/6100363/2019

Aussetzung der Einhebung; 1. Zurückweisung des Antrages wegen fehlender Darstellung der Ermittlung des für die Aussetzung in Betracht kommenden Abgabenbetrages 2. Abweisung eines Antrages, weil die Abgabe nicht mehr von der Erledigung einer Bescheidbeschwerde abhängt

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Senatsvorsitzenden***Ri1***, Richter ***Ri2*** sowie die fachkundigen Laienrichter ***Ri3*** und ***Ri4*** in der Beschwerdesache ***Bf***, ***Bf-Adr***, über die Beschwerden vom und vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Salzburg-Stadt (nun Finanzamt Österreich) vom und vom betreffend Zurückweisung bzw Abweisung eines Antrages auf Aussetzung gemäß § 212a BAO, Steuernummer ***BFStNr1***, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am in Anwesenheit der Schriftführerin ***RR*** zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerden werden gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Schreiben vom hat die ***GmbH*** gegen die Bescheide vom betreffend Körperschaftsteuer, Vorauszahlung 2013 und Umsatzsteuer 2011 berufen und gleichzeitig die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung im Sinne von § 212a BAO beantragt.

Das Finanzamt hat den oa Aussetzungsantrag mit Bescheid vom gemäß § 212a Abs 3 BAO zurückgewiesen, da der Antrag die Darstellung des für die Aussetzung in Betracht kommenden Betrages nicht enthält..

Mit Eingabe vom hat die ***GmbH*** Berufung gegen den Bescheid vom erhoben, und gleichzeitig unter Darstellung der auszusetzenden Beträge einen neuerlichen Antrag auf Aussetzung der Einhebung der derzeit offenen und auch in Berufung stehenden Beträge in Gesamthöhe von EUR 121.584,95 abzüglich EUR 15.387,00 bis zur Erledigung ihrer Berufungen gestellt.

Laut Eintragung im Firmenbuch (***FN***) wurde die Firma im Juli 2013 von ***GmbH*** auf ***Bf*** geändert.

Das Finanzamt hat den Antrag auf Bewilligung einer Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a BAO mit Bescheid vom abgewiesen.
In der Begründung führt das Finanzamt im Wesentlichen aus, das Verhalten des Geschäftsführers ***X*** und dessen Umgang mit den Steuerbehörden würden für eine Gefährdung der Einbringung sprechen. Weder würden fällige Steuerbeträge beglichen noch trage Herr ***X*** im Rahmen von Betriebsprüfungen oder sonstigen behördlichen Ermittlungen dazu bei, die entsprechenden Bemessungsgrundlagen festzustellen. Im Gegenteil lasse Herr ***X*** sowohl bei der gegenständlichen GmbH als auch bei früheren GmbHs, die er als Geschäftsführer geleitet habe, jegliche Zusammenarbeit mit der Behörde vermissen. Zudem würden weder vorgeschriebene Forderungen noch von der Firma selbst gemeldete Steuerschulden beglichen.

Mit Eingabe vom hat die ***Bf*** (nachstehend mit "Bf" bezeichnet) Beschwerde gegen den Bescheid vom erhoben und zusammenfassend vorgebracht, die Berufungen seien keinesfalls "wenig erfolgversprechend" und die beantragte Aussetzung zwingend zu bewilligen. Die Behauptungen des Finanzamtes in der Begründung des Bescheides würden nicht den Tatsachen entsprechen.
Es werde daher ua beantragt, die Aussetzung bis zur Entscheidung über die Hauptsache zu bewilligen und eine mündliche Beschwerdeverhandlung durchzuführen.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom hat das Finanzamt diese Beschwerde der Bf als unbegründet abgewiesen.
Da mit Beschwerdevorentscheidung vom das Beschwerdeverfahren hinsichtlich der Umsatzsteuer 2011, Körperschaftssteuer 2011 und Vorauszahlungsbescheid Körperschaftssteuer 2013 abschließend im Sinne des § 212a Abs 5 BAO erledigt worden sei, sei im Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung über den diesbezüglichen Aussetzungsantrag vom keine Beschwerde mehr anhängig, von deren Ausgang die Höhe der Abgabe abhängig wäre.
Nach ständiger Rechtsprechung komme die Aussetzung einer Abgabenschuld nicht mehr in Betracht, wenn im Zeitpunkt der Entscheidung über den Aussetzungsantrag eine Berufung bzw Beschwerde, von deren Erledigung die Höhe einer Abgabe abhing, nicht mehr anhängig sei. Sei daher nach Beschwerdeerledigung ein Aussetzungsantrag unerledigt, so sei dieser als unbegründet abzuweisen.

In einer weiteren Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Berufung (nun Beschwerde) vom gegen den Zurückweisungsbescheid vom als unbegründet abgewiesen. Die Begründung gleicht inhaltlich jener der vorstehenden Beschwerdevorentscheidung, dh es wird darauf verwiesen, dass die dem Antrag zu Grunde liegende Beschwerde bereits erledigt ist und keine Aussetzung in Betracht kommt, wenn im Zeitpunkt der Entscheidung über den Aussetzungsantrag keine Berufung bzw Beschwerde mehr anhängig ist, von deren Erledigung die Höhe einer Abgabe abhing.

Mit zwei Schreiben vom hat die Bf die Entscheidung über ihre oa Beschwerden durch das Bundesfinanzgericht beantragt (Vorlageantrag). Es wolle zu diesem Zweck jeweils eine mündliche Verhandlung vor dem gesamten Senat anberaumt werden.
Die beantragte mündliche Senatsverhandlung wurde am durchgeführt.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Die Bf erachtet sich in ihren Rechten darauf verletzt, dass ihr die beantragte Aussetzung der Einhebung gewährt werde.

§ 212a Abs 3 BAO in der bis geltenden Fassung bestimmte:

"Anträge auf Aussetzung der Einhebung können bis zur Entscheidung über die Berufung (Abs. 1) gestellt werden. Sie sind zurückzuweisen, wenn sie nicht die Darstellung der Ermittlung des gemäß Abs. 1 für die Aussetzung in Betracht kommenden Abgabenbetrages enthalten. Weicht der vom Abgabepflichtigen ermittelte Abgabenbetrag von dem sich aus Abs. 1 ergebenden nicht wesentlich ab, so steht dies der Bewilligung der Aussetzung im beantragten Ausmaß nicht entgegen."

Da der Antrag vom nicht die geforderte Darstellung der Ermittlung des gemäß § 212a Abs 1 BAO für die Aussetzung in Betracht kommenden Abgabenbetrages enthält, war er gemäß § 212a Abs 3 zweiter Satz zurückzuweisen, selbst wenn der Abgabenbehörde allenfalls die Ermittlung des für die Aussetzung in Betracht kommenden Abgabenbetrages aus den Akten möglich gewesen wäre (-0029; , 97/15/0143; , 2006/13/0149).
Die Darstellung dieses Betrages kann nicht in der Berufung gegen den Zurückweisungsbescheid nachgeholt werden (). Die Zurückweisung steht einer neuerlichen Antragstellung - wie im vorliegenden Fall - nicht entgegen ().
Ein Mängelbehebungsverfahren war wegen der fehlenden Darstellung nicht durchzuführen, weil § 212a Abs 3 eine speziellere Norm im Verhältnis zu § 85 Abs 2 BAO ist.

§ 212a BAO idF BGBl I Nr 14/2013 lautet auszugsweise:

"1)Die Einhebung einer Abgabe, deren Höhe unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Bescheidbeschwerde abhängt, ist auf Antrag des Abgabepflichtigen von der Abgabenbehörde insoweit auszusetzen, als eine Nachforderung unmittelbar oder mittelbar auf einen Bescheid, der von einem Anbringen abweicht, oder auf einen Bescheid, dem kein Anbringen zugrunde liegt, zurückzuführen ist, höchstens jedoch im Ausmaß der sich bei einer dem Begehren des Abgabepflichtigen Rechnung tragenden Beschwerdeerledigung ergebenden Herabsetzung der Abgabenschuld. Dies gilt sinngemäß, wenn mit einer Bescheidbeschwerde die Inanspruchnahme für eine Abgabe angefochten wird.

(2)Die Aussetzung der Einhebung ist nicht zu bewilligen,

a) soweit die Beschwerde nach Lage des Falles wenig erfolgversprechend erscheint, oder

b) soweit mit der Bescheidbeschwerde ein Bescheid in Punkten angefochten wird, in denen er nicht von einem Anbringen des Abgabepflichtigen abweicht, oder

c) wenn das Verhalten des Abgabepflichtigen auf eine Gefährdung der Einbringlichkeit der Abgabe gerichtet ist.

(3)Anträge auf Aussetzung der Einhebung können bis zur Entscheidung über die Bescheidbeschwerde (Abs. 1) gestellt werden. Sie haben die Darstellung der Ermittlung des gemäß Abs. 1 für die Aussetzung in Betracht kommenden Abgabenbetrages zu enthalten. Weicht der vom Abgabepflichtigen ermittelte Abgabenbetrag von dem sich aus Abs. 1 ergebenden nicht wesentlich ab, so steht dies der Bewilligung der Aussetzung im beantragten Ausmaß nicht entgegen.

(4)Die für Anträge auf Aussetzung der Einhebung geltenden Vorschriften sind auf Bescheidbeschwerden gegen die Abweisung derartiger Anträge und auf solche Beschwerden betreffende Vorlageanträge (§ 264) sinngemäß anzuwenden.

(5)Die Wirkung einer Aussetzung der Einhebung besteht in einem Zahlungsaufschub. Dieser endet mit Ablauf der Aussetzung oder ihrem Widerruf (§ 294). Der Ablauf der Aussetzung ist anlässlich einer (eines) über die Beschwerde (Abs. 1) ergehenden

a) Beschwerdevorentscheidung (§ 262) oder

b) Erkenntnisses (§ 279) oder

c) anderen das Beschwerdeverfahren abschließenden Erledigung

zu verfügen. Die Verfügung des Ablaufes anlässlich des Ergehens einer Beschwerdevorentscheidung schließt eine neuerliche Antragstellung im Fall der Einbringung eines Vorlageantrages nicht aus.

Wurden dem Abgabepflichtigen für einen Abgabenbetrag sowohl Zahlungserleichterungen (§ 212) als auch eine Aussetzung der Einhebung bewilligt, so tritt bis zum Ablauf der Aussetzung oder ihrem Widerruf der Zahlungsaufschub auf Grund der Aussetzung ein."

Laut Aktenlage hat die Bf beantragt, die Aussetzung der Einhebung bis zur Entscheidung in der Hauptsache (Umsatzsteuer 2011, Körperschaftssteuer 2011 und Vorauszahlungsbescheid Körperschaftssteuer 2013) zu bewilligen.

Die Bf hat im Schriftsatz vom betreffend Berufung gegen den Bescheid des Finanzamtes vom betreffend Abweisung eines Antrages auf aufschiebende Wirkung gleichzeitig einen neuerlichen Antrag auf Aussetzung der Einhebung gestellt.
Die belangte Behörde hat sowohl den Antrag als auch die gegen die Entscheidung erhobene Bescheidbeschwerde abgewiesen. In der Beschwerdevorentscheidung vom wird darauf hingewiesen, dass in der Hauptsache bereits mit Beschwerdevorentscheidung vom entschieden worden sei.
Die Abweisung der Beschwerde durch die Abgabenbehörde ist insoweit korrekt, als gemäß § 212a Abs 1 BAO nur die Einhebung einer Abgabe, "deren Höhe unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Bescheidbeschwerde abhängt", auf Antrag des Abgabepflichtigen von der Abgabenbehörde bei Vorliegen der nötigen Voraussetzungen auszusetzen ist.
Da die belangte Behörde aber bereits mit Beschwerdevorentscheidung über die materiell zu Grunde liegenden Bescheide abgesprochen hat, hing die Abgabe nicht mehr von der Erledigung einer Bescheidbeschwerde ab; diese war bereits erledigt.

Die Beschwerden der Bf gegen die oa Umsatzsteuer- und Körperschaftssteuerbescheide sind inzwischen rechtskräftig entschieden worden (; , RV/6100367/2019).
In einem solchen Fall ist ein Antrag auf Aussetzung der Einhebung zwingend abzuweisen ( unter Verweis auf ; ).

Die höchstgerichtliche Judikatur diesbezüglich besagt, dass ab dem Zeitpunkt der Erledigung des Rechtsmittels eine Bewilligung der Aussetzung nicht mehr in Betracht kommt; siehe Ritz/Koran BAO7, § 212a Tz 12 unter Verweis auf zahlreiche VwGH Judikatur (zB ; ).

Anzumerken ist auch, dass selbst im Fall einer vorherigen Bewilligung der beantragten Aussetzung der Einhebung von der belangten Behörde zufolge der in der Hauptsache erlassenen Beschwerdevorentscheidung gleichzeitig der Ablauf der Aussetzung zu verfügen gewesen wäre. Der Verwaltungsgerichtshof judiziert, dass die Wirkung der Aussetzung nach § 212a Abs 5 BAO in einem Zahlungsaufschub besteht, welcher mit Ablauf der Aussetzung oder ihrem Widerruf endet. Der Ablauf der Aussetzung ist gemäß § 212a Abs 5 BAO anlässlich einer über die Beschwerde ergehenden Beschwerdevorentscheidung, eines Erkenntnisses oder einer anderen das Beschwerdeverfahren abschließenden Erledigung zu verfügen.

Aus den genannten Gründen war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zur Zulässigkeit der Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Diese Voraussetzungen liegen im gegenständlichen Fall insbesondere im Hinblick auf die zitierte Rechtsprechung nicht vor.

Salzburg, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 212a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.6100363.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at