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Säumnisbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 27.03.2024, RS/7100042/2024

Abweisung einer Säumnisbeschwerde

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch die Richterin Dr. Adebiola Bayer in der Beschwerdesache Bf., Adresse, vertreten durch BDO Austria GmbH Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft, Am Belvedere 4, 1100 Wien, wegen behaupteter Verletzung der Entscheidungspflicht durch das Finanzamt Österreich vom betreffend die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamts Österreich vom über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Feststellungsbescheid Gruppenmitglied 2018 und gegen den Feststellungsbescheid Gruppenmitglied 2018 des Finanzamts Österreich vom zu Recht:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 284 Abs. 4 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Erkenntnis ergeht an:

Gruppenmitglied xxx Bf., [...]

Gruppenträger yyy, [...]

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Nachdem die belangte Behörde am den an die beschwerdeführende GmbH (im Folgenden "Bf.") gerichteten Bescheid über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Feststellungsbescheid Gruppenmitglied 2018 sowie den ebenfalls an die Bf. gerichteten Feststellungsbescheid Gruppenmitglied 2018 erlassen hatte, erhob diese am dagegen Beschwerde. In dieser wurde im Wesentlichen moniert, dass dem vom Geschäftsführer der Bf. im Zusammenhang mit der Veräußerung einer Wohnung der im Vermögen der Bf. befindlichen Liegenschaft an einen mittelbaren Gesellschafter eingeholten Verkehrswertgutachten jede Beweiskraft abgesprochen worden sei und die Abgabenbehörde eine eigene Schätzung über den Verkehrswert vorgenommen sowie eine verdeckte Gewinnausschüttung in Höhe der so ermittelten Differenz festgestellt habe.

In der Beschwerde beantragte die Bf. gemäß § 262 Abs. 2 lit. a BAO, dass keine Beschwerdevorentscheidung erlassen und die Beschwerde dem Gericht unmittelbar vorgelegt werde.

Die belangte Behörde legte die Bescheidbeschwerde nicht innerhalb von drei Monaten ab ihrem Einlangen dem Bundesfinanzgericht vor. Somit war über die Angelegenheit mit Beschwerdevorentscheidung abzusprechen.

Auf Behördenseite wurde die Entscheidung getroffen, einen allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen aus dem Fach der Liegenschaftsbewertung zu bestellen. Nachdem im Vorfeld behördenintern Vorbereitungshandlungen gesetzt wurden, wurde die steuerliche Vertretung am über die in Aussicht genommene Vorgehensweise informiert.

In Folge erhob die Bf. die erste Säumnisbeschwerde, die am beim Bundesfinanzgericht einlangte.

Mit Bescheid vom wurde A zum Sachverständigen gemäß § 177 BAO bestellt und beauftragt, binnen vier Wochen ab Bescheidzustellung ein Gutachten zum Stichtag zu erstellen. Dieser Bescheid kam der Bf. in Gewährung der von ihr beantragten Akteneinsicht am zu.

Daraufhin erstattete die Bf. am eine Eingabe, die sie als "1. Widerspruch gegen die Bestellung eines Sachverständigen 2. Antrag auf Abänderung des Gutachtensauftrags" bezeichnete. Damit wurde auch das Bundesfinanzgericht befasst ().

Die erste Säumnisbeschwerde der Bf. wurde mit Beschluss des Bundesfinanzgerichts vom , RS/7100087/2023, mangels Ablaufs der Frist von sechs Monaten zurückgewiesen. Dagegen erhob die Bf. eine nun beim Verwaltungsgerichtshof anhängige Revision.

Am langte beim Bundesfinanzgericht die gegenständliche Säumnisbeschwerde ein. In dieser beantragte die Bf., das Gericht möge der belangten Behörde gemäß § 284 BAO auftragen, über die Bescheidbeschwerde vom binnen einer Frist von einem Monat zu entscheiden.

Das Bundesfinanzgericht kam diesem Antrag mit Beschluss vom nach.

In Folge stellte das Finanzamt für Großbetriebe mit Schriftsatz vom im Auftrag der belangten Behörde den Antrag, die Frist zur Entscheidung durch die belangte Behörde gemäß § 284 Abs. 2 BAO um drei Monate zu verlängern. Dieser Antrag wurde mit den noch notwendigen Ermittlungsschritten und damit begründet, dass die Beschwerde gegen den Bescheid über die Wiederaufnahme des Verfahrens mangelhaft begründet sei, weshalb gemäß § 85 BAO die Behörde die Ergänzung zu beauftragen habe. Der Bescheid sei der Partei zugestellt worden; die Frist zur Beantwortung sei bis gesetzt worden. Da der Mangel bis zum Ablauf der durch Beschluss auferlegten Entscheidungsfrist nicht behoben worden sei, liege gemäß § 284 Abs. 2 BAO ein in der Sache gelegener Grund vor, der eine fristgerechte Entscheidung unmöglich mache.

In eventu wurde der Antrag gestellt, das Bundesfinanzgericht möge die Säumnisbeschwerde gemäß § 284 Abs. 4 BAO mit Erkenntnis abweisen. Dazu wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Bf. habe in ihrer Bescheidbeschwerde die Einholung eines unabhängigen Gutachtens eingefordert. Die behördeninterne Entscheidungsfindung über die Beauftragung sowie die Einhaltung des vorgegebenen Prozesses der Beauftragung und Bestellung eines externen Sachverständigen nähmen naturgemäß eine gewisse Zeit in Anspruch. Die Abgabenbehörde habe in Wahrung des Parteiengehörs und sorgfältiger Verfahrensführung die Bf. über die geplante Sachverständigenbestellung informiert, nämlich am . Gegenüber der Abgabenbehörde habe sich die Bf. dazu nicht unmittelbar geäußert, aber am Säumnisbeschwerden an das Verwaltungsgericht versendet und am einen Widerspruch gegen die Bestellung des Sachverständigen erhoben. Zuletzt sei durch eine Stellungnahme am durch die steuerliche Vertretung bekannt gegeben worden, dass der Eigentümer keine Besichtigung zulassen werde. Am darauffolgenden Tag sei erneut Säumnisbeschwerde erhoben worden. Offenkundig verweigere die Bf. beharrlich ihre Mitwirkungspflichten im Beschwerdeverfahren. Hätte die Bf. mitgewirkt, würde der Abgabenbehörde das Sachverständigengutachten bereits vorliegen und sie könnte über die Beschwerde entscheiden. Die Säumnis liege nicht im überwiegenden Verschulden der Abgabenbehörde.

Mit Beschluss vom leitete das Bundesfinanzgericht der Bf. diesen Schriftsatz weiter und forderte sie auf, dazu binnen zwei Wochen Stellung zu nehmen. Dem kam die Bf. fristgerecht nach, wobei sie insbesondere Folgendes ausführte:

Die (vom Bundesfinanzgericht) gemäß § 284 Abs. 2 BAO gesetzte Frist sei mit abgelaufen und die belangte Behörde (das Finanzamt Österreich) habe vor Ablauf der Frist weder über die Bescheidbeschwerde entschieden noch habe sie eine Verlängerung der gesetzten Frist beantragt oder ausgeführt, dass keine Verletzung der Entscheidungspflicht vorliege. Das Schreiben vom stamme vom Finanzamt für Großbetriebe. Diese Behörde habe im gegenständlichen Verfahren nach den oben zitierten anwendbaren Normen der BAO keine Parteistellung, weshalb das Anbringen unbeachtlich und die darin gestellten Anträge mangels Parteistellung zurückzuweisen seien. Nach Auffassung der Bf. sei somit die Zuständigkeit zur Entscheidung über die Bescheidbeschwerde vom mit Ablauf des auf das Bundesfinanzgericht übergegangen.

Zum "Ersuchen um Ergänzung" des Finanzamts für Großbetriebe vom hielt die Bf. insbesondere fest, es sei unerklärlich, wie der Behörde ein angeblicher Mangel der Beschwerdeschrift über einen Zeitraum von beinahe elf Monaten nicht habe auffallen können. Auch liege die behauptete Mangelhaftigkeit nicht vor. Zudem sei darauf hinzuweisen, dass ein Verschulden der Behörde bereits vorliege, wenn ein (rechtmäßiger) Mängelbehebungsauftrag nicht längstens binnen vier Wochen erteilt werde.

Unter dem Punkt "Angeblich notwendige Beweisaufnahmen" führte die Bf. ins Treffen, dass der angestrebte Sachverständigenbeweis nicht zielführend sei, zumal der Gutachtensauftrag derart formuliert sei, dass sich die zu klärende Frage auch nach auftragsgemäßer Erstattung des Gutachtens nicht klären lasse. Beweisanträge im Hinblick auf die Formulierung des Gutachtensauftrags vom sowie vom , um zumindest zu einem sinnvollen Gutachten zu kommen, habe die Behörde abgewiesen (dazu ) bzw. bis dato ignoriert. Auf Verschulden der Behörde zurückzuführende Verzögerungen lägen bereits vor, wenn an sich erforderliche Ermittlungen (wobei die Erforderlichkeit gegenständlich bestritten werde) ohne Grund verspätet eingeleitet und durchgeführt würden. Wie bereits ausgeführt, sei die erste erkennbare Amtshandlung der Behörde im Beschwerdeverfahren mit Bestellung des Sachverständigen am erfolgt - sohin fast sieben Monate nach Einlangen der Bescheidbeschwerde - diese Säumnis sei unbegründet und nicht entschuldbar.

Unter dem Punkt "Angebliche Verletzung von Mitwirkungspflichten" führte die Bf. aus, es sei unzutreffend, dass die Bf. sich im Anschluss an die Stellungnahme vom geweigert habe, dem Sachverständigen die Befundaufnahme zu ermöglichen. Vielmehr sei der Behörde in Wahrnehmung der Parteienrechte dargelegt worden, warum aus Sicht der Bf. die betreffende Beweisaufnahme nicht zielführend sei. Weiters sei in eventu beantragt worden, den an den Sachverständigen gestellten Gutachtensauftrag umzuformulieren. Festgehalten werde, dass diese Eingaben erst erfolgt seien, als bereits eine schuldhafte Säumnis der Behörde von mehr als sechs Monaten eingetreten sei. Nach der durch die Bf. beantragten Formulierung hätte der Sachverständige zunächst eine Überbegutachtung des im Zuge der Außenprüfung vorgelegten Gutachtens vornehmen sollen. Nur für den Fall, dass das Gutachten nach seiner Auffassung unvertretbar sei, hätte er ein eigenes Verkehrswertgutachten erstellen müssen. Für die vorgeschlagene Überbegutachtung wäre ein Ortsaugenschein nicht notwendig gewesen - die vorgesehene Vorgehensweise sei auch im Sinne der Effizienz gelegen. Mit E-Mail vom sei in Erwiderung auf die (sehr kurzfristigen) Terminvorschläge des Sachverständigen daher festgehalten worden, dass zunächst eine Entscheidung der Behörde über den Beweisantrag abzuwarten sei. Gleichzeitig sei dem Sachverständigen zugesichert worden, ihn nach Klärung bei der Informationsbeschaffung zu unterstützen.

Obwohl nach der Auffassung der Bf. eine Verweigerung der Mitwirkung im Hinblick auf die nicht erforderlichen Ermittlungsmaßnahmen zulässig gewesen wäre und sie die Maßnahmen zum genannten Zweck nicht hätte dulden müssen, sei der einschreitenden Behörde dennoch eine Besichtigung aller im Eigentum der Bf. stehenden Teile der Liegenschaft ermöglicht worden, die am stattgefunden habe. Die betroffene Dachgeschosswohnung stehe nicht (mehr) im Eigentum der Bf. Richtigerweise sei nach Androhung von Zwangsmaßnahmen durch die Behörde hingegen im Auftrag des Eigentümers der Wohnung am bekannt gegeben worden, dass die angeordnete Duldung einer Besichtigung seiner privaten Räumlichkeiten nicht im Einklang mit den einfachgesetzlichen und verfassungsgesetzlichen Vorschriften stehe und er die Maßnahmen daher nicht dulden werde. Festgehalten werde, dass die Bf. rechtlich keinerlei Einfluss darauf habe, ob der Eigentümer der Wohnung diese der Behörde zugänglich mache oder nicht. Es sei damit widerlegt, dass die Säumnis der Behörde in einem wie auch immer gearteten Zusammenhang mit angeblichen Verletzungen von Mitwirkungspflichten durch die Bf. stehe.

Als Beilagen übermittelte die Bf. u.a. ihren Schriftsatz vom und ihren Schriftsatz vom , mit welchem sie bei der belangten Behörde einen Beweisantrag einbrachte, sowie die E-Mail vom an den Sachverständigen A.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Festgestellter Sachverhalt

Nachdem die belangte Behörde am den an die Bf. gerichteten Bescheid über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Feststellungsbescheid Gruppenmitglied 2018 sowie den ebenfalls an die Bf. gerichteten Feststellungsbescheid Gruppenmitglied 2018 erlassen hatte, erhob diese am dagegen Beschwerde. In dieser wurde im Wesentlichen moniert, dass dem vom Geschäftsführer der Bf. im Zusammenhang mit der Veräußerung einer Wohnung der im Vermögen der Bf. befindlichen Liegenschaft an einen mittelbaren Gesellschafter eingeholten Verkehrswertgutachten jede Beweiskraft abgesprochen worden sei und die Abgabenbehörde eine eigene Schätzung über den Verkehrswert vorgenommen sowie eine verdeckte Gewinnausschüttung in Höhe der so ermittelten Differenz festgestellt habe. Auf Seite 12 ihrer Beschwerde führte die Bf. Folgendes aus: "Entsprechend der oben zitierten Judikatur wäre daher jedenfalls ein Gegengutachten einzuholen, sollte die Behörde an den technischen Grundlagen des Gutachtens zweifeln."

In der Beschwerde beantragte die Bf. gemäß § 262 Abs. 2 lit. a BAO, dass keine Beschwerdevorentscheidung erlassen und die Beschwerde dem Gericht unmittelbar vorgelegt werde.

Die belangte Behörde legte die Bescheidbeschwerde nicht innerhalb von drei Monaten ab ihrem Einlangen dem Bundesfinanzgericht vor. Somit war über die Angelegenheit mit Beschwerdevorentscheidung abzusprechen.

Auf Behördenseite wurde die Entscheidung getroffen, einen allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen aus dem Fach der Liegenschaftsbewertung zu bestellen. Nachdem im Vorfeld behördenintern Vorbereitungshandlungen gesetzt wurden, wurde die steuerliche Vertretung am über die in Aussicht genommene Vorgehensweise informiert.

In Folge erhob die Bf. die erste Säumnisbeschwerde, die am beim Bundesfinanzgericht einlangte.

Mit Bescheid vom wurde A zum Sachverständigen gemäß § 177 BAO bestellt und beauftragt, binnen vier Wochen ab Bescheidzustellung ein Gutachten hinsichtlich der Liegenschaft zum Stichtag zu erstellen. Dieser Bescheid kam der Bf. in Gewährung der von ihr beantragten Akteneinsicht am zu.

Daraufhin erstattete die Bf. am eine Eingabe, die sie als "1. Widerspruch gegen die Bestellung eines Sachverständigen 2. Antrag auf Abänderung des Gutachtensauftrags" bezeichnete.

Darin führte sie insbesondere Folgendes aus:

"Wie oben begründeter Weise dargelegt, spricht sich die Beschwerdeführerin generell gegen die Bestellung eines Sachverständigen zum derzeitigen Zeitpunkt aus. Sollte die Behörde dem oben gestellten Antrag nicht nachkommen und die Bestellung des Sachverständigen nicht zurücknehmen, wird unter Berufung auf das Parteienrecht auf Mitwirkung an der Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts (vgl. ) beantragt, den an den Sachverständigen gestellten Auftrag abzuändern, sodass er wie folgt lautet:

1. Ist das Verkehrswertgutachten der Gutachter […] vom über den Verkehrswert der Wohnung […] im Haus […] mit so offensichtlichen Unrichtigkeiten belastet, dass ein ordentlicher Geschäftsführer sich nicht darauf verlassen durfte, dass der festgestellte Wert dem Wert entspricht, den ein unbeeinflusster Dritter im ordentlichen Geschäftsverkehr voraussichtlich zu zahlen bereit gewesen wäre?

2. Kann entfallen, wenn Frage 1 mit NEIN beantwortet wird: Wie hoch ist der Preis, den ein fremder Dritter zum Stichtag (im Juni 2017 fand ein mündlicher Vertragsabschluss zwischen dem Geschäftsführer der Gesellschaft und dem mittelbaren Gesellschafter statt; der grundbuchsfähige Vertrag konnte erst Anfang 2018 abgeschlossen werden, weil die zuvor notwendige Parifizierung der Liegenschaft sich verzögerte) für die Wohnung […] im Haus […] im redlichen Geschäftsverkehr bezahlt hätte (Verkehrswert)."

Am selben Tag erging eine E-Mail des steuerlichen Vertreters der Bf. an den Sachverständigen, wonach der Gutachtensauftrag unzureichend und nicht geeignet sei, zur Aufklärung des Sachverhalts im Beschwerdeverfahren beizutragen. Vor diesem Hintergrund erübrige sich zum derzeitigen Zeitpunkt eine Besichtigung des Bewertungsobjekts. Sollte nach Behandlung der Eingabe der Bf. vom durch die Behörde und allfälliger Anpassung des Auftrags die Erstellung eines eigenen Gutachtens weiterhin notwendig erscheinen, stehe die Bf. gerne zur Verfügung, "um die Modalitäten der [für den Gutachter] notwendigen Informationsbeschaffung zu besprechen."

Die erste Säumnisbeschwerde der Bf. wurde mit Beschluss des Bundesfinanzgerichts vom , RS/7100087/2023, mangels Ablaufs der Frist von sechs Monaten zurückgewiesen. Dagegen erhob die Bf. eine nun beim Verwaltungsgerichtshof anhängige Revision.

Am fand eine Besichtigung der im Eigentum der Bf. stehenden Teile der betreffenden Liegenschaft statt. Die betroffene Wohnung stand jedoch nicht (mehr) im Eigentum der Bf. Die Bf. versuchte nicht, den Eigentümer der Wohnung - einen mittelbaren Gesellschafter der Bf. - dazu zu bewegen, eine Besichtigung der Wohnung zu ermöglichen.

Mit Schriftsatz vom brachte die Bf. bei der belangten Behörde einen Beweisantrag ein. In diesem schlug sie alternativ zum Vorbringen laut ihrem Schriftsatz vom folgende Fragestellung vor:

"Ist das Verkehrswertgutachten der Gutachter […] vom über den Verkehrswert der Wohnung […] im Haus […] mit so offensichtlichen Unrichtigkeiten belastet, dass ein durchschnittlicher Laie erkennen musste, dass der festgestellte Wert entgegen den Aussagen im Gutachten nicht dem Wert entspricht, den ein unbeeinflusster Dritter im ordentlichen Geschäftsverkehr voraussichtlich zu zahlen bereit gewesen wäre?"

Am langte beim Bundesfinanzgericht die gegenständliche Säumnisbeschwerde ein. In dieser beantragte die Bf., das Gericht möge der belangten Behörde gemäß § 284 BAO auftragen, über die Bescheidbeschwerde vom binnen einer Frist von einem Monat zu entscheiden.

Das Bundesfinanzgericht kam diesem Antrag mit Beschluss vom nach.

In Folge stellte das Finanzamt für Großbetriebe mit Schriftsatz vom im Auftrag der belangten Behörde den Antrag, die Frist zur Entscheidung durch die belangte Behörde gemäß § 284 Abs. 2 BAO um drei Monate zu verlängern. Dieser Antrag wurde mit den noch notwendigen Ermittlungsschritten und einem noch unbeantworteten "Ersuchen um Ergänzung" des Finanzamts für Großbetriebe vom begründet. In eventu wurde der Antrag gestellt, das Bundesfinanzgericht möge die Säumnisbeschwerde gemäß § 284 Abs. 4 BAO mit Erkenntnis abweisen. Diesbezüglich wurde der Bf. Parteiengehör eingeräumt. Im Zuge ihrer Stellungnahme vom brachte die Bf. u.a. vor, dass für die von ihr im Rahmen des Schriftsatzes vom vorgeschlagene Vorgehensweise ein Ortsaugenschein nicht notwendig gewesen wäre und dies auch im Sinne der Effizienz gelegen sei. Die Bf. habe nach Androhung von Zwangsmaßnahmen durch die Behörde im Auftrag des Eigentümers der Wohnung am bekannt gegeben, dass die angeordnete Duldung einer Besichtigung seiner privaten Räumlichkeiten nicht im Einklang mit den einfachgesetzlichen und verfassungsgesetzlichen Vorschriften stehe und er die Maßnahmen daher nicht dulden werde. Die Bf. habe rechtlich keinerlei Einfluss darauf, ob der Eigentümer der Wohnung diese der Behörde zugänglich mache oder nicht.

2. Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ist unstrittig und ergibt sich aus der Aktenlage.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I: Abweisung

§ 284 Abs. 1 und 4 BAO lauten wie folgt:

"§ 284.

(1) Wegen Verletzung der Entscheidungspflicht kann die Partei Beschwerde (Säumnisbeschwerde) beim Verwaltungsgericht erheben, wenn ihr Bescheide der Abgabenbehörden nicht innerhalb von sechs Monaten nach Einlangen der Anbringen oder nach dem Eintritt zur Verpflichtung zu ihrer amtswegigen Erlassung bekanntgegeben (§ 97) werden. Hiezu ist jede Partei befugt, der gegenüber der Bescheid zu ergehen hat.

[…]

(4) Säumnisbeschwerden sind mit Erkenntnis abzuweisen, wenn die Verspätung nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Abgabenbehörde zurückzuführen ist."

Dass das Bundesfinanzgericht berechtigt ist, gemäß § 284 Abs. 4 BAO zu entscheiden, ergibt sich aus dessen Sicht insbesondere aus dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Ra 2018/13/0087.

Das Bundesfinanzgericht legte in seinem Beschluss vom , RS/7100087/2023, dar, dass erst mit dem ungenützten Ablauf der Dreimonatsfrist des § 262 Abs. 2 lit. b BAO die Pflicht der Abgabenbehörde, eine Beschwerdevorentscheidung zu erlassen, ausgelöst werde (dazu Revision beim Verwaltungsgerichtshof zur Zahl Ra 2024/13/0034 anhängig). Demnach war die Frist gemäß § 284 Abs. 1 BAO zum Zeitpunkt, als mit Bescheid vom A zum Sachverständigen gemäß § 177 BAO bestellt und beauftragt wurde, binnen vier Wochen ab Bescheidzustellung ein Gutachten hinsichtlich der Liegenschaft zum Stichtag zu erstellen, noch nicht abgelaufen. Bereits zuvor waren diesbezüglich behördeninterne Vorbereitungshandlungen gesetzt und die Bf. schließlich am über die geplante Bestellung informiert worden.

Nach seiner Bestellung versuchte der Sachverständige, mit der Bf. einen Termin für eine Besichtigung des zu begutachtenden Objekts zu vereinbaren. Dem kam die Bf. nicht nach, wie sich aus der aktenkundigen E-Mail an den Sachverständigen vom ergibt.

Diesbezüglich wurde auf die im Schriftsatz desselben Tages beantragte alternative Vorgehensweise ("Überbegutachtung") verwiesen, wonach zumindest zunächst kein Ortsaugenschein notwendig gewesen wäre, was auch im Sinne der Effizienz gelegen sei. Allerdings wurde nicht dargelegt, wie der Sachverständige die von der Bf. im Schriftsatz vom formulierte erste Frage ohne Durchführung eines Ortsaugenscheins hätte beantworten können. Das gleiche gilt auch in Bezug auf die im Schriftsatz der Bf. vom vorgeschlagene Vorgehensweise.

Daher kann das Bundesfinanzgericht nicht nachvollziehen, dass die Bf. dem Sachverständigen die Besichtigung zunächst verwehrte. Zwar wurde am eine Besichtigung der im Eigentum der Bf. stehenden Teile der betreffenden Liegenschaft zugelassen. Die betroffene Wohnung stand allerdings nicht (mehr) im Eigentum der Bf. Vor dem Hintergrund, dass der Eigentümer der Wohnung in einem Naheverhältnis zur Bf. steht, lag es jedoch nicht vollständig außerhalb der Einflusssphäre der Bf., Maßnahmen zu setzen, die geeignet wären, eine Zugänglichmachung der Wohnung zu ermöglichen. Dass das Gegenteil der Fall war, ergibt sich daraus, dass die Bf. im Auftrag des Eigentümers bekannt gegeben hatte, die angeordnete Duldung einer Besichtigung seiner privaten Räumlichkeiten stehe nicht im Einklang mit den einfachgesetzlichen und verfassungsgesetzlichen Vorschriften.

Somit kommt das Bundesfinanzgericht zur Schlussfolgerung, dass zur Klärung der maßgeblichen Sachfragen ein längeres Ermittlungsverfahren notwendig ist, dessen Kern die Erstellung eines Sachverständigengutachtens bildet, und auf Behördenseite Schritte gesetzt wurden, die geeignet sind, das Verfahren zügig zu betreiben (vgl. etwa ). Deshalb und da seitens der Bf. Maßnahmen gesetzt wurden, die den Abschluss dieser Verfahrensschritte zumindest verzögern, kann das Bundesfinanzgericht nicht erkennen, dass die Verspätung auf ein überwiegendes Verschulden der Abgabenbehörde zurückzuführen ist.

Der Vollständigkeit halber wird zum an die Bf. gerichteten "Ersuchen um Ergänzung" des Finanzamts für Großbetriebe vom festgehalten, dass ungeachtet dessen bereits zuvor auf Behördenseite Ermittlungsschritte gesetzt wurden. Deshalb ist diese Verfahrenshandlung, die erst Monate nach Einlangen der Beschwerde erfolgte, aus Sicht des Bundesfinanzgerichts nicht geeignet, ein überwiegendes behördliches Verschulden zu begründen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt II: Unzulässigkeit der Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da das Erkenntnis der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes folgt, war die Revision nicht zuzulassen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 284 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RS.7100042.2024

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at