Kein Anspruch des Ehepartners der Kindesmutter auf Familienbonus Plus, wenn Kindesvater der Unterhaltsabsetzbetrag zusteht
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht erkennt durch die Richterin Mag. Corinna Engenhart in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2021, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht:
I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird im Umfang der Beschwerdevorentscheidung vom abgeändert.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Der Beschwerdeführer beantragte in seiner Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2021 unter anderem den ganzen Familienbonus Plus für die Kinder ***LF*** und ***KJ***, sowie den halben Familienbonus Plus für das Kind ***YJ***.
Im Einkommensteuerbescheid vom gewährte die belangte Behörde unter anderem den für ***LF*** beantragten Familienbonus nur in halber Höhe, da die Familienbeihilfebezieherin (ihre Mutter) ebenfalls den Familienbonus beantragt habe. Hinsichtlich ***KJ*** und ***YJ*** wurde kein Familienbonus Plus gewährt, da für diese beiden Kinder der gesetzliche Unterhalt für das gesamte Veranlagungsjahr in vollem Umfang geleistet worden sei und neben dem Unterhaltszahler nur die Familienbeihilfenbezieherin anspruchsberechtigt sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Der Beschwerdeführer beantragte die erklärungsgemäße Berücksichtigung des Familienbonus Plus und führte begründend aus, dass die Kindesmutter von ***LF*** den halben Familienbonus Plus unabsichtlich beantragt und diesen Antrag nunmehr mit zurückgezogen habe. Für ***KJ*** sei im Jahr 2021 kein Unterhalt geleistet worden. Für ***YJ*** sei hingegen Unterhalt geleistet worden, weshalb er für sie den Familienbonus Plus in halber Höhe beantrage. Die Kindesmutter (die Ehegattin des Beschwerdeführers) habe im Jahr 2021 die Familienbeihilfe für beide Kinder bezogen.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde dem Beschwerdeführer der Familienbonus Plus für ***LF*** und ***KJ*** jeweils in voller Höhe gewährt. Der Familienbonus Plus für ***YJ*** wurde nicht berücksichtigt und wiederum begründend ausgeführt, dass für sie der gesetzliche Unterhalt für das gesamte Veranlagungsjahr im vollem Umfang geleistet worden sei und neben dem Unterhaltszahler nur die Familienbeihilfenbezieherin anspruchsberechtigt sei.
Mit Schriftsatz vom beantragte der Beschwerdeführer die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht. Seine Beschwerde ergänzend brachte er vor, dass der Kindesvater von ***YJ*** im streitgegenständlichen Jahr den halben Familienbonus Plus für sie beantragt habe, obwohl er nicht den gesetzlichen Unterhalt in voller Höhe geleistet habe. Die geleisteten Unterhaltszahlungen hätten sich aus einer Rückzahlung für die letzten Jahre und einem Teil der zu leistenden laufenden Unterhaltszahlungen für das streitgegenständliche Jahr 2021 zusammengesetzt. Der Kindesvater würde die Zahlungen an ein Gericht überweisen und dieses die Zahlungen an die Kindesmutter (die Ehefrau des Beschwerdeführers) übermitteln. Zudem gehe der Kindesvater keiner geregelten Arbeit nach und zahle daher auch keine Steuern.
Mit Vorlagebericht vom wurde die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Mit Schreiben vom beantwortete die Bezirkshauptmannschaft ***BH1*** das Ersuchschreiben des Bundesfinanzgerichts betreffend die im Jahr 2021 für ***YJ*** vom Kindesvater geleisteten Unterhaltszahlungen.
Dieses Schreiben (sowie die beigefügte Buchungsübersicht über die im Jahr 2021 geleisteten Unterhaltszahlungen) wurde den Parteien mit Beschluss vom vorgehalten und sie zur allfälligen Stellungnahme binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses aufgefordert. Der Vorhalt blieb bis dato unbeantwortet.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Der Beschwerdeführer ist der Ehegatte von ***SH***, die für ihre Kinder ***KJ*** (geboren am tt.mm.2002) und ***YJ*** (geboren am tt.mm.2005) für das gesamte Jahr 2021 Familienbeihilfe bezog.
Vater dieser beiden Kinder ist ***TJ***.
Laut Auskunft der Bezirkshauptmannschaft ***BH1***, über die die Auszahlung der Unterhaltszahlungen abgewickelt wurde, war ***TJ*** im Jahr 2021 aufgrund der Vereinbarung der Bezirkshauptmannschaft ***BH2*** vom , ***GZ***, ab dem zur Leistung eines monatlichen Unterhaltsbeitrags in Höhe von € 314, -- (dies entspricht einem jährlichen Betrag in Höhe von € 3.768, --) verpflichtet.
Vom Kindesvater ***TJ*** wurde im Jahr 2021 insgesamt ein Beitrag in Höhe von € 4.416, -- gezahlt. Dieser Gesamtbetrag setzt sich aus monatlichen Zahlungen in Höhe von € 360, -- im Zeitraum vom Jänner bis August 2021 sowie monatlichen Zahlungen in Höhe von € 384, -- im Zeitraum vom Jänner bis August 2021 zusammen. Auf der von der Bezirkshauptmannschaft ***BH1*** übermittelten Buchungsübersicht ist in jeder Buchungszeile ein Saldobetrag ausgewiesen, der sich jeweils um die monatlich entstehenden Unterhaltsforderungen von € 314, -- erhöht und um die monatlichen Unterhaltszahlungen in Höhe vom € 360, -- bzw. € 384, -- verringert. Dieser Saldo beträgt in der ersten Buchungszeile vom € 1.217, -- und in der letzten Buchungszeile für das Jahr 2021 vom € 209, --. Dabei dürfte es sich nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes um einen Unterhaltsrückstand aus den Vorjahren handeln. Die monatlichen Zahlungen des ***TJ*** dienten daher einerseits der Abdeckung des laufenden Unterhalts und andererseits der Tilgung dieses Rückstands.
***TJ*** wurde Unterhaltsabsetzbetrag für das gesamte Jahr 2021 zuerkannt.
Für ***KJ*** wurde im streitgegenständlichen Jahr 2021 kein gesetzlicher Unterhalt geleistet.
Der Beschwerdeführer ist Vater von ***LF*** (geboren am tt.mm.2012) und leistete im Jahr 2021 Unterhaltszahlungen in Höhe von insgesamt € 6.000, -- für sie. Die Höhe der monatlichen Unterhaltsverpflichtung betrug € 500, --. Im angefochtenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer der Unterhaltsabsetzbetrag für das gesamte Jahr (12 x € 29,20 = € 350,40) zuerkannt.
Die Kindesmutter von ***LF***, die für sie im gesamten Jahr 2021 Familienbeihilfe bezog, beantragte zunächst den Familienbonus Plus in halber Höhe für sie, zog diesen Antrag allerdings am wieder zurück.
2. Beweiswürdigung
Der festgestellte Sachverhalt gründet sich auf die vorgelegten Verwaltungsakten, das Vorbringen des Beschwerdeführers sowie die Anfragebeantwortung der Bezirkshauptmannschaft ***BH1***.
Dass die im Jahr 2021 geleisteten Unterhaltszahlungen - wie im Vorlageantrag vom Beschwerdeführer vorgebracht - teilweise auf Nachzahlungen betreffend einen Rückstand aus vorherigen Jahren entfallen, ergibt sich aus dem auf der Buchungsmitteilung ausgewiesenen Saldo (der die jeweils laufenden Unterhaltsforderungen übersteigt) und dem Umstand, dass die monatlichen Zahlungen des ***TJ*** jeweils höher sind als die entsprechenden laufenden Unterhaltsforderungen.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Teilweise Stattgabe)
Strittig ist im beschwerdegegenständlichen Fall, ob dem Beschwerdeführer der Familienbonus Plus für ***YJ*** im Jahr 2021 zu gewähren ist.
***YJ*** (geboren am tt.mm.2005) ist die Tochter der Ehefrau des Beschwerdeführers, die im Jahr 2021 für sie die Familienbeihilfe bezog. Der Kindesvater (und im Jahr 2021 ihr gegenüber Unterhaltsverpflichteter) ist ***TJ***.
Wer Anspruch auf den Familienbonus Plus für ***YJ*** im Jahr 2021 hat, hängt davon ab, ob für sie in diesem Jahr der Unterhaltsabsetzbetrag gemäß § 33 Abs. 4 Z 3 EStG 1988 zusteht (§ 33 Abs 3a Z 3 lit a und b EStG 1988): Steht für ein Kind ein Unterhaltsabsetzbetrag zu, so sind der Familienbeihilfeberechtigte und der Steuerpflichtige, dem für das Kind der Unterhaltsabsetzbetrag zusteht, anspruchsberechtigt. Steht für das Kind kein Unterhaltsabsetzbetrag zu, sind der Familienbeihilfeberechtigte und dessen (Ehe-)Partner anspruchsberechtigt.
Gemäß § 33 Abs 4 Z 3 EStG 1988 steht der Unterhaltsabsetzbetrag einem Steuerpflichtigen zu, der für ein Kind den gesetzlichen Unterhalt leistet, wenn das Kind nicht dem Haushalt des Steuerpflichtigen zugehört und weder ihm noch seinem von ihm nicht dauernd getrenntlebenden (Ehe-) Partner Familienbeihilfe für das Kind gewährt wird. Im gegenständlichen Fall lebte ***TJ*** im Jahr 2021 nicht im gleichen Haushalt wie seine Tochter ***YJ***, bezog keine Familienbeihilfe für sie und war zur Leistung des gesetzlichen Unterhaltes für sie verpflichtet.
Laut Auskunft der Bezirkshauptmannschaft ***BH1***, über die die Auszahlung der Unterhaltszahlungen abgewickelt wurde, war im Jahr 2021 ein monatlicher gesetzlicher Unterhaltsbeitrag in Höhe von € 314, -- zu leisten (dies entspricht einem jährlichen Betrag in Höhe von € 3.768, --). Vom Kindesvater ***TJ*** wurde im Jahr 2021 insgesamt ein Beitrag in Höhe von € 4.416, -- gezahlt.
Diese im Jahr 2021 geleisteten Unterhaltszahlungen entfallen teilweise auf Nachzahlungen betreffend einen Rückstand aus vorherigen Jahren. Für die im gegenständlichen Fall maßgebliche Frage, ob ***TJ*** den gesetzlichen Unterhalt geleistet hat und ihm daher der Unterhaltsabsetzbetrag zusteht, ist zu prüfen, inwieweit durch diese Zahlungen der (laufende) Unterhaltsanspruch aus dem Jahr 2021 abgedeckt wurde.
§ 33 Abs 4 Z 3 lit e EStG 1988, demgemäß Nachzahlungen von gesetzlichen Unterhaltsleistungen ausschließlich im Jahr der Zahlung zu berücksichtigen sind, wurde erst mit dem Abgabenänderungsgesetz 2022 eingefügt und ist im streitgegenständlichen Jahr 2021 nicht anwendbar. Nach der hier noch anwendbaren Rechtslage ist hingegen entscheidend, welchem Jahr die im Jahr 2021 geleisteten Zahlungen zuzuordnen sind (vgl. ).
Gemäß der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes sind Unterhaltszahlungen zunächst zur Deckung des laufenden Unterhaltes zu verwenden und erst die Beträge, die über den laufenden Unterhalt hinausgehen, sind auf einen bestehenden Rückstand zu verrechnen (vgl. ). Dass gegenständlich Vereinbarungen oder Zahlungswidmungen vorliegen würden, aus denen sich allfällig eine andere Tilgungsreihenfolge ergeben könnte, ist nicht erkennbar.
Die von ***TJ*** geleisteten monatlichen Unterhaltszahlungen sind daher zunächst zur Deckung der laufenden monatlichen Unterhaltsbeiträge des Jahres 2021 heranzuziehen (und daher in dieser Höhe diesem Jahr zuzuordnen). Da der Buchungsübersicht zu entnehmen ist, dass die laufenden monatlichen Zahlungen die jeweiligen Unterhaltsforderungen in jedem Monat übersteigen, ergibt sich daraus, dass ***TJ*** seiner gesetzlichen Unterhaltspflicht für ***YJ*** im Jahr 2021 in voller Höhe nachgekommen ist und ihm daher für das gesamte Jahr der Unterhaltsabsetzbetrag zusteht.
Anspruchsberechtigt für den Familienbonus Plus für ***YJ*** (als Kind, für das ein Unterhaltsabsetzbetrag zusteht) im Jahr 2021 sind daher gemäß § 33 Abs 3a Z 3 lit. b EStG 1988 ihre Mutter (als Familienbeihilfeberechtigte) und ***TJ*** (als Steuerpflichtiger, dem der Unterhaltsabsetzbetrag für sie zusteht). Der Familienbonus Plus kann entweder von einem der beiden Anspruchsberechtigten in voller Höhe oder von beiden Anspruchsberechtigten jeweils in halber Höhe beansprucht werden. Der Beschwerdeführer ist hingegen nicht Anspruchsberechtigter betreffend den Familienbonus Plus für ***YJ***.
Hingegen steht dem Beschwerdeführer für ***KJ*** (als Kind, für das kein Unterhaltsabsetzbetrag zusteht) als Ehepartner der Familienbeihilfeberechtigten gemäß § 33 Abs 3a Z 3 lit a EStG 1988 der Familienbonus Plus in voller Höhe zu. Ebenso ist der Beschwerdeführer gemäß § 33 Abs 3a Z 3 lit b EStG 1988 Anspruchsberechtigter (als Steuerpflichtiger, dem der Unterhaltsabsetzbetrag zusteht) betreffend den Familienbonus Plus für ***LF*** (als Kind, für das der Unterhaltsabsetzbetrag zusteht). Da die familienbeihilfebeziehende Kindesmutter ihren Antrag auf den Familienbonus Plus für ***LF*** gemäß § 33 Abs 3a Z 3 lit d EStG 1988 zurückgezogen hat, ist ihm dieser in voller Höhe zuzuerkennen.
Der gegenständlichen Beschwerde ist daher dahingehend teilweise stattzugeben, dass - wie in der Beschwerdevorentscheidung der belangten Behörde vom - dem Beschwerdeführer der Familienbonus Plus für ***LF*** und ***KJ*** in voller Höhe, nicht aber der Familienbonus Plus für ***YJ*** zu gewähren ist.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden und der angefochtene Bescheid im Umfang der Beschwerdevorentscheidung abzuändern.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Wer anspruchsberechtigt betreffend den Familienbonus Plus ist, ergibt sich direkt aus dem Gesetz. Die Rechtsfrage, welchem Jahr Unterhaltsnachzahlungen (vor Inkrafttreten des mit dem Abgabenänderungsgesetz 2022 eingefügten § 33 Abs 4 Z 3 lit e EStG 1988) zuzurechnen sind, ist durch die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geklärt (vgl. , mit Hinweis auf ). Da somit keine Rechtsfrage, der grundsätzliche Bedeutung iSd Art 133 Abs 4 B-VG zukommt, vorliegt, ist die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig.
Wien, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 33 Abs. 4 Z 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 33 Abs. 4 Z 3 lit. e EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 33 Abs. 3a Z 3 lit. b EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 33 Abs. 3a Z 3 lit. a EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2024:RV.7102876.2023 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at