kein Anspruch auf Familienbeihilfe während Maßnahmenvollzug (Unterbringung in Anstalt)
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Siegfried Fenz in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Mag. Christian Hirsch, Hauptplatz 28, 2700 Wiener Neustadt, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Rückforderung von Familienbeihilfe für November 2018 bis Mai 2021 SVNR: ***Nr.*** zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Das Finanzamt erließ folgenden beschwerdegegenständlichen Bescheid (vom ) an die Beschwerdeführerin (Bf.):
Rückforderungsbescheid Einzahlung
- Familienbeihilfe (FB)
- Kinderabsetzbetrag (KG)
für das Kind
Name des Kindes VNR/Geb.dat. Art der Beihilfe Zeitraum von - bis
(Bf.) … 04 93 FB Nov. 2018 - Mai 2021 KG Nov. 2018 - Mai 2021
Der Rückforderungsbetrag beträgt
Art der Beihilfe Summe in €
FB € 10.311,00
KG € 1.810,40
Rückforderungsbetrag gesamt: € 12.121,40
Sie sind verpflichtet, diesen Betrag
- gemäß § 26 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 in Verbindung mit § 33 Abs. 3
Einkommensteuergesetz 1988 zurückzuzahlen. …
Begründung
Da Sie seit im Maßnahmenvollzug untergebracht sind, ist die Familienbeihilfe für oben angeführten Zeitraum rückzufordern.
§ 6 Abs. 6 FLAG 1967 ordnet an, dass Personen im Sinne des § 1 Z 3 und Z 4 Strafvollzugsgesetz, auf welche die Bestimmungen dieses Gesetzes Anwendung finden, keinen Eigenanspruch auf Familienbeihilfe haben.
Personen, die von Maßnahmen betroffen sind, bei welchen es sich um den Vollzug einer Freiheitsstrafe oder einer mit Freiheitsentziehung verbundenen vorbeugenden Maßnahme handelt, sind von der Möglichkeit eines Eigenanspruches auf Familienbeihilfe ausgeschlossen.
Gemäß den Bestimmungen des Strafvollzugsgesetzes besteht eine Verpflichtung der öffentlichen Hand für den Unterhalt dieser Personengruppe umfassend zu sorgen. Jene Unterhaltsbedürfnisse, die im Zuge des Vollzuges einer Freiheitsstrafe bzw. des Vollzuges einer vorbeugenden Maßnahme, die mit einer Freiheitsentziehung verbunden ist, typischerweise anfallen, werden von der öffentlichen Hand ausreichend gedeckt.
Die Beschwerde wurde vom steuerlichen Vertreter der Bf. erhoben wie folgt:
Der Bescheid begründet den Rückforderungsanspruch mit dem Umstand, dass ich seit im Maßnahmenvollzug untergebracht bin und würde sohin die Familienbeihilfe für den Zeitraum November 2018 bis Mai 2021 zurückzufordern sein. Nach Auffassung der bescheiderlassenden Behörde würden jene Unterhaltsbedürfnisse, die im Zuge des Vollzuges einer Freiheitsstrafe bzw. des Vollzuges einer vorbeugenden Maßnahme, die mit einer Freiheitsentziehung verbunden ist, typischerweise anfallen, von der öffentlichen Hand ausreichend gedeckt werden.
Der vorbezeichnete Bescheid wird in vollem Umfang bekämpft und gelangt hiezu Nachstehendes zur Ausführung:
Vorweg ist festzuhalten dass es zutrifft, dass ich mich im Maßnahmenvollzug befinde, der ursprünglich für sechs Monate prognostizierte Aufenthalt hat sich für mich völlig unerwartet deutlich verlängert und ist eine Entlassung aus dem Maßnahmenvollzug derzeit nicht absehbar.
Nach Antritt des Maßnahmenvollzuges war meine Familie bemüht, meine Wohnung zu erhalten, da die Zuteilung einer vergleichbar günstigen Wohnung im Falle eines Wohnungsverlustes nicht sehr wahrscheinlich gewesen wäre. Durch die Verlängerung des Maßnahmenvollzuges haben sich diese Bemühungen letztlich als frustriert erwiesen. Ich habe weiters offene Verbindlichkeiten, insbesondere auch bei der Sparkasse ***X*** gehabt, welche durch meine Erwachsenenvertreterin ***Vor-u.Nachname*** (meine Mutter) dahingehend eine Regelung gefunden haben, dass ich den offenen Forderungsbetrag in Teilzahlungen von € 20,00 pro Monat tilgen kann, unverändert ist ein Negativsaldo von ca. € 500,00 aushaftend. Es ist unrichtig, dass die öffentliche Hand meine Grundbedürfnisse vollständig abdecken würde, meine Eltern müssen mir aus der erhöhten Familienbeihilfe sowie aus dem Kinderabsetzbetrag laufend Geld an das Landesklinikum Mauer überweisen.
Bestätigungen der Zahlungsanweisungen sowie Bestätigungen der Bewegungslisten für den Zeitraum bis habe ich in der Anlage beigeschlossen. Aus diesen Belegen ergeben sich die monatlichen Anweisungen für Taschengeld, Friseur, Getränke, Cafeteria, Pizza, etc.
Tatsache ist, dass die Kinderbeihilfe und der Kinderabsetzbetrag nicht ausreichen, um meine tatsächlichen Bedürfnisse abzudecken, auch meine Eltern haben mir immer wieder aus eigener Tasche Geld zur Verfügung gestellt. Ohne die Familienbeihilfe und ohne den Kinderabsetzbetrag würde mein Unterhalt während der Zeit meines Maßnahmenvollzuges nicht ausreichend gesichert gewesen sein. Die ausbezahlten Beträge wurden von mir gutgläubig verbraucht.
Ich weise darauf hin, dass vom Finanzamt nicht nur in der Vergangenheit sondern auch laufend Mitteilungen an mich gerichtet werden, mit welchen der Bezug von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag bestätigt und auch für die Zukunft angekündigt werden und verweise diesbezüglich auf die Mitteilung vom , die Bestätigung vom , die Bestätigung vom , die Bestätigung vom , die Mitteilung vom , aus welchen sich unter anderem ergibt, dass ich die Familienbeihilfe voraussichtlich bis Dezember 2023 beziehen werde.
Der angefochtene Bescheid steht mit den laufenden Bestätigungen, auch mit den Bestätigungen, welche zum Bescheid-Datum ausgestellt wurden, im Widerspruch und bedarf es vorweg einer internen Aufklärung beim Finanzamt Österreich, welche Schreiben nunmehr Gültigkeit haben. Weder ich selbst noch meine Familie, insbesondere meine Mutter als Erwachsenenvertreterin, können angesichts der widersprüchlichen Schriftstücke derselben Behörde nachvollziehen, welches Schriftstück nun tatsächlich Anwendung zu finden hat.
Auch das Pflegschaftsgericht hat bei den laufenden Berichterstattungen durch meine Erwachsenenvertreterin keinen Grund gefunden, an der Rechtmäßigkeit der Auszahlung der Kinderbeihilfe sowie des Kinderabsetzbetrages Zweifel zu erheben.
Tatsächlich war für meinen Unterhalt die Auszahlung des Kinderabsetzbetrages sowie der Kinderbeihilfe notwendig, ein Rückforderungsanspruch besteht nicht.
Im Sinne der vorstehenden Ausführungen stelle ich sohin den ANTRAG,
den Rückforderungsbescheid vom , GZ …, ersatzlos zu beheben;
Anberaumung einer mündlichen Verhandlung über die gegenständliche Beschwerde.
Das Finanzamt erließ eine abweisende Beschwerdevorentscheidung, dies mit folgender Begründung:
Sachverhalt:
Ihnen wurde mit Mitteilung vom und in weiterer Folge mit den Mitteilungen vom und die Familienbeihilfe zugesprochen.
Mittels Anspruchsüberprüfungsschreiben eingelangt am wurde dem Finanzamt erstmals der seit November 2018 bestehende Aufenthalt in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher bekanntgegeben.
In weiterer Folge wurde die Familienbeihilfe mit Bescheid vom zugestellt am von November 2018 bis Mai 2021 rückgefordert.
Sie legten am in offener Frist Beschwerde ein.
Gesetzliche Grundlagen:
§ 6 Abs. 6 Familienlastenausgleichsgesetz:
Kein Eigenanspruch auf Familienbeihilfe besteht für Personen im Sinne des § 1 Z 3 und Z 4 des Strafvollzugsgesetzes, sofern die Bestimmungen des Strafvollzugsgesetzes auf sie Anwendung finden.
§ 26 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz:
Wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, hat die entsprechenden Beträge
zurückzuzahlen.
Würdigung:
Der bestehende Aufenthalt in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher seit November 2018 ist unbestritten. Dieser Aufenthalt stellt eine freiheitsentziehende vorbeugende Maßnahme nach §1 Z 4 Strafvollzugsgesetzes dar, womit ein Eigenanspruch auf Familienbeihilfe laut § 6 Abs. 6 ausgeschlossen ist.
Allein aufgrund dieser gesetzlichen Grundlage ist es unerheblich, ob aufgrund privater Verbindlichkeiten und dem Erhalt einer leerstehenden Wohnung Ihre Grundbedürfnisse zu 100% von der öffentlichen Hand gedeckt werden.
Der Lebensunterhalt beziehungsweise die Bedürfnisse des täglichen Lebens in der Anstalt werden jedoch von der öffentlichen Hand ausreichend getragen.
Informativ wird noch darauf hingewiesen, dass einer Mitteilung über den Bezug der Familienbeihilfe die Wirkung eines rechtskräftigen Bescheides nicht zukommt. Diese kann somit weder durch eine Beschwerde angefochten werden noch ist sie vor dem Gesetz rechtswirksam. Eine Änderung der Tatsachen kann somit jederzeit die Änderung des Familienbeihilfebezugs bewirken. Eine bescheidmäßige Zuerkennung der Familienbeihilfe ist nicht vorgesehen.
Es war daher spruchmäßig zu entscheiden.
Der Vorlageantrag wurde zur Durchführung einer mündlichen Verhandlung und Entscheidung über die … eingebrachte Beschwerde [zu ergänzen: ohne Erstattung eines weiteren Vorbringen] eingebracht.
Die Beschwerdevorlage erfolgte mit nachstehendem Sachverhalt und Anträgen:
Sachverhalt:
Die Bf. ist volljährig und bezog aufgrund einer festgestellten dauernden Erwerbsunfähigkeit Familienbeihilfe und den Kinderabsetzbetrag. Mit Bescheid vom , zugestellt am , wurde die Familienbeihilfe und der Kinderabsetzbetrag für den Zeitraum November 2018 bis Mai 2021 zurückgefordert, da die Bf. seit November 2018 in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher (Landesklinikum Mauer) untergebracht ist.
Mit Beschwerde vom beeinspruchte die Bf. durch ihren steuerlichen Vertreter die Entscheidung der Behörde und beantragte die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung. Begründend führte sie aus, dass die Kosten der Unterbringung nicht vollständig durch die öffentliche Hand getragen würden, da die Erwachsenenvertreterin der Bf. in der Höhe der Familienbeihilfe einen Beitrag durch Taschengeldzahlungen leisten würde. Außerdem seien weitere Mitteilungen der Behörde an sie ergangen, in denen der aufrechte Bestand der Familienbeihilfe für den strittigen Zeitraum bestätigt worden sei. In der Folge erging am eine Beschwerdevorentscheidung, die dem steuerlichen Vertreter der Bf. nicht zugekommen ist. Nachdem die Bf. durch ihren steuerlichen Vertreter am den Antrag stellte, ihre Beschwerde dem Gericht vorzulegen, stellte das Gericht am mit Beschluss fest, dass mangels ordentlicher Zustellung keine rechtswirksame Beschwerdevorentscheidung ergangen sei. Der Vorlageantrag vom wurde daher als unzulässig zurückgewiesen, das Beschwerdeverfahren vor dem Gericht eingestellt und die Behörde dazu aufgefordert, die Beschwerde vom durch Beschwerdevorentscheidung zu erledigen. In der Folge erging am eine abweisende Beschwerdevorentscheidung, woraufhin die Bf. am den Antrag stellte, ihre Beschwerde dem Gericht vorzulegen und eine mündliche Verhandlung abzuhalten.
Beweismittel:
Inhaltsverzeichnis und Stellungnahme.
Stellungnahme:
Es wird beantragt, die Beschwerde der Bf. abzuweisen. Die Bf. ist einer Vollwaise gleichgestellt. Gemäß § 6 Abs 2 lit. d FLAG 1967 haben volljährige Vollwaisen Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn auf sie die Voraussetzungen des Abs. 1 zutreffen und wenn sie wegen einer vor Vollendung des 21. Lebensjahres oder während einer späteren Berufsausbildung, jedoch spätestens vor Vollendung des 25. Lebensjahres, eingetretenen körperlichen oder geistigen Behinderung voraussichtlich dauernd außerstande sind, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, und deren Unterhalt nicht zur Gänze aus Mitteln der Kinder- und Jugendhilfe oder nicht zur Gänze aus öffentlichen Mitteln zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfes getragen wird, sofern die Vollwaise nicht einen eigenen Haushalt führt. Dies gilt jedoch nicht für Vollwaisen, die Personen im Sinne des § 1 Z 3 und Z 4 Strafvollzugsgesetzes, BGBl. Nr. 144/1968 sind (vgl § 6 Abs 2 lit. d letzter Satz und Abs 6 FLAG). § 1 Z 4 Strafvollzugsgesetz ist ausdrücklich auf Personen anwendbar, an denen eine mit Freiheitsentziehung verbundene vorbeugende Maßnahme vollzogen wird. Aus den Materialien zu § 6 Abs 6 FLAG geht hervor, dass ein Eigenanspruch von Personen, die sich in einem Maßnahmenvollzug befinden, für den Zeitraum ihrer Anhaltung ausgeschlossen werden sollte, da gemäß den Bestimmungen des Strafvollzugsgesetzes eine Verpflichtung der öffentlichen Hand bestehen würde, für den Unterhalt dieser betroffenen Personen umfassend zu sorgen. Jene Unterhaltsbedürfnisse, die im Zuge des Vollzuges einer Freiheitsstrafe bzw. des Vollzuges einer vorbeugenden Maßnahme, die mit einer Freiheitsentziehung verbunden ist, typischerweise anfallen, würden von der öffentlichen Hand ausreichend gedeckt. Diese Ansicht wird auch vom Gericht unter Verweis auf die Rechtsprechung des VwGH geteilt, wonach die Deckung der typischen Unterhaltsansprüche durch die öffentliche Hand den Anspruch auf Familienbeihilfe ausschließen würde (vgl. ; RV/5100829/2021; ; ).
Die Bf. wurde mit Urteil des Landesgerichts ***X.*** vom in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen. Da eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher, wie oben erwähnt, für den Unterhalt des Untergebrachten gemäß § 31 Abs. 1 Strafvollzugsgesetz zu sorgen hat, besteht für die Dauer des Maßnahmenvollzugs folgerichtig kein Eigenanspruch auf Familienbeihilfe. Daran vermag auch die Tatsache nichts zu ändern, dass vonseiten der Erwachsenenvertreterin ein finanzieller Beitrag in der Form von Taschengeld geleistet wurde. Abschließend sei darauf hingewiesen, dass einer Mitteilung über den Bezug der Familienbeihilfe die Wirkung eines rechtskräftigen Bescheides nicht zukommt. Diese kann somit weder durch eine Beschwerde angefochten werden noch ist sie vor dem Gesetz rechtswirksam. Die Familienbeihilfe ist zurückzufordern, wenn diese zu Unrecht bezogen wurde. Der Anspruch auf den Kinderabsetzbetrag ist gem. § 33 Abs 3a EStG 1988 in seinem Bestand an den aufrechten Bestand des Familienbeihilfenanspruchs geknüpft, daher waren die Beträge für den fraglichen Zeitraum zurückzufordern.
Das Bundesfinanzgericht richtete an den steuerlichen Vertreter der Bf. ein Schreiben, in dem nach Darstellung des Sachverhaltes und der rechtlichen Würdigung um Bekanntgabe ersucht wurde, ob der Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung aufrecht erhalten bleibt oder zurückgenommen wird.
Im Antwortschreiben wurden der Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung zurückgenommen und, das bisherige Vorbringen ergänzend, insbesondere Folgendes ins Treffen geführt:
Die Eltern der Beschwerdeführerin haben sich auf die vom Finanzamt laufend übermittelten Bestätigungen über den Bezug von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag bezogen, insbesondere die Mitteilung vom , die Bestätigung vom , die Bestätigung vom , die Bestätigung vom und die Mitteilung vom , aus welchen sich unter anderem ergibt, dass die Beschwerdeführerin die Familienbeihilfe voraussichtlich bis Dezember 2023 beziehen werde.
Wenn das Finanzamt möglicherweise unrichtigerweise in Kenntnis des tatsächlichen Sachverhaltes Auszahlungen getätigt hat, können hiefür weder die Beschwerdeführerin selbst noch deren Eltern in Anspruch genommen werden. Für den Unterhalt der Beschwerdeführerin war tatsächlich die Auszahlung des Kinderabsetzbetrages sowie der Kinderbeihilfe notwendig, sodass ein Rückforderungsanspruch tatsächlich nicht besteht.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Am richtete das Finanzamt ein Schreiben Überprüfung des Anspruches auf Familienbeihilfe an die Bf.
Das Schreiben wurde von der Bf. ergänzt, mit datiert und unterfertigt und langte mit Beilagen beim Finanzamt ein.
Eine der Beilagen war der Beschluss der Entscheidung über die Notwendigkeit der weiteren Anhaltung in einer Anstalt vom .
Die im April 1993 geborene Bf. war am Beginn des Beschwerdezeitraumes 25 Jahre alt.
Unstrittig ist, dass die (im November 2018 25-jährig gewesene) Bf. seit im Maßnahmenvollzug untergebracht ist (vgl. beschwerdegegenständlichen Bescheid, Beschwerde und Beschwerdevorlage).
Ab war betreffend die Bf. in der Justizanstalt St. Pölten ein Nebenwohnsitz angemeldet (Behördenanfrage aus dem Zentralen Melderegister).
Am richtete die Sparkasse ein Schreiben an das Bezirksgericht:
In obiger Angelegenheit nehmen wir Bezug auf die … per erfolgte … Bestellung der (Mutter der Bf.) zur gerichtlichen Erwachsenenvertreterin der (Bf.).
Da auch die Einkommens- und Vermögensverwaltung zu den für die Schutzbefohlene zu besorgenden Angelegenheiten zählt, haben wir uns an die gerichtliche Erwachsenenvertreterin gewandt, um diese von den, in unserem Institut bestehenden finanziellen Schwierigkeiten der (Bf.) in Kenntnis zu setzen.
(Die Mutter der Bf.) wurde jeweils per Einschreiben am und am von der eingetretenen Fälligkeit unserer Forderung verständigt und um Zahlung bzw. um Kontaktaufnahme ersucht. Zusätzlich enthalten diese Schreiben den Hinweis bezüglich "Negativmeldung" in die Warnliste der österreichischen Kreditinstitute für den Fall, dass weder Zahlung geleistet noch sonst eine Regelung mit uns getroffen wird. Da beide Schreiben nicht an uns retourniert wurden dürfen wir davon ausgehen, dass diese behoben wurden.
(Die Mutter der Bf.) zeigte jedoch keinerlei Reaktion auf unsere Schreiben, sodass wir uns nunmehr verpflichtet sehen, Sie davon in Kenntnis zu setzen, zumal wir uns demnächst gezwungen sehen, die Angelegenheit zwecks Einbringlichmachung unserer Forderung an einen Rechtsanwalt zu übergeben, wodurch der Schutzbefohlenen nur weitere Kosten und Spesen entstehen würden. Zudem müsste diesfalls eine Negativmeldung veranlasst werden, wodurch (der Bf.) weitere wirtschaftliche Nachteile erwachsen können.
Da die gerichtliche Erwachsenenvertreterin Ihren aufgetragenen Aufgaben nicht gehörig nachkommt, im Gegenteil zum (finanziellen) Nachteil der Schutzbefohlenen agiert, wollen wir mit diesem Schreiben einer, uns etwaig treffenden, Verständigungspflicht nachkommen und Sie von den Gegebenheiten informieren.
Am bestätigte das Finanzamt der Bf. den Bezug bzw. das voraussichtliche Beziehen von Familienbeihilfe für den Zeitraum "Jän. 2014 - Dez. 2023 erhöht" (Bestätigung über den Bezug von Familienbeihilfe).
Am bestätigte das Landesklinikum der Bf. (Bestätigung):
Kontoauszug bis
… hiermit senden wir Ihnen den Kontostand und die Kontobewegungen des Depositenkontos von (Bf.) vom -.
Das Konto weist per folgenden Stand auf:
Lagerort Verwaltung: € 104,50
Lagerort Station H6: € 0,75
Gesamt: € 105,25
Die Bewegungslisten werden getrennt nach Verwaltung und nach Station gedruckt.
Bewegungsliste Zeitraum - - Mittelherkunft:
Buchungsdatum: Text
Hypo v. /Taschengeld v. (Eltern der Bf.) +100,00€
Hypo v. /Taschengeld v. (Eltern der Bf.) +100,00€
Hypo v. /Taschengeld v. JA Wr. Neust. + 56,29€
Hypo v. /Taschengeld v. (Eltern der Bf.) +100,00€
Hypo v. /Taschengeld v. (Eltern der Bf.) +100,00€
Hypo v. /Taschengeld v. JA Wr. Neust. + 55,50€
Hypo v. /Taschengeld v. (Eltern der Bf.) +70,00€
Hypo v. /Taschengeld v. JA Wr. Neust. + 55,50€
Hypo v. /Taschengeld v. JA Wr. Neust. + 55,50€
Hypo v. /Taschengeld v. (Eltern der Bf.) +100,00€
Hypo v. /Taschengeld v. (Eltern der Bf.) +100,00€
Hypo v. /Taschengeld v. (Eltern der Bf.) +100,00€
Hypo v. /Taschengeld v. JA St. Pölten +84,15€
Hypo v. /Taschengeld v. (Eltern der Bf.) +100,00€
Hypo v. /Taschengeld v. JA St. Pölten + 55,50€
Hypo v. /Taschengeld v. (Eltern der Bf.) +100,00€
Hypo v. /Taschengeld v. JA St. Pölten + 55,50€
Hypo v. /Taschengeld v. JA St. Pölten + 55,50€
Hypo v. /Taschengeld v. (Eltern der Bf.) +200,00€
Hypo v. /Taschengeld v. JA St. Pölten + 55,50€
Hypo v. /Taschengeld v. JA St. Pölten + 55,50€
Hypo v. /Taschengeld v. (Eltern der Bf.) +100,00€
Hypo v. /Taschengeld v. JA St. Pölten + 55,50€
Hypo v. /Taschengeld v. (Eltern der Bf.) +200,00€
Hypo v. /Taschengeld v. JA St. Pölten + 55,50€
Hypo v. /Taschengeld v. (Eltern der Bf.) +100,00€
Hypo v. /Taschengeld v. JA St. Pölten + 55,50€
Hypo v. /Taschengeld v. (Eltern der Bf.) +200,00€
Hypo v. /Taschengeld v. JA St. Pölten + 55,50€
Hypo v. /Taschengeld v. (Eltern der Bf.) +150,00€
Hypo v. /Taschengeld v. JA St. Pölten + 55,50€
Hypo v. /Taschengeld v. (Eltern der Bf.) +150,00€
Hypo v. /Taschengeld v. JA St. Pölten + 55,50€
Hypo v. /Taschengeld v. (Eltern der Bf.) +200,00€
Hypo v. /Taschengeld v. JA St. Pölten + 55,50€
Hypo v. /Taschengeld v. (Eltern der Bf.) +100,00€
Hypo v. /Taschengeld v. (Eltern der Bf.) +400,00€
Hypo v. /Taschengeld v. JA St. Pölten + 55,50€
Hypo v. /Taschengeld v. JA St. Pölten + 55,50€
Hypo v. /Taschengeld v. (Eltern der Bf.) +150,00€
Hypo v. /Taschengeld v. JA St. Pölten + 55,50€
Hypo v. /Taschengeld v. (Eltern der Bf.) +200,00€
Hypo v. /Taschengeld v. JA St. Pölten + 55,50€
Hypo v. /Taschengeld v. (Eltern der Bf.) +150,00€
Hypo v. /Taschengeld v. JA St. Pölten + 55,50€
Hypo v. /Taschengeld v. (Eltern der Bf.) +200,00€
Hypo v. /Taschengeld v. JA St. Pölten + 55,50€
Hypo v. /Taschengeld v. (Eltern der Bf.) +200,00€
Hypo v. /Taschengeld v. JA St. Pölten + 55,50€
Hypo v. /Taschengeld v. (Eltern der Bf.) +200,00€
Hypo v. /Taschengeld v. JA St. Pölten + 55,50€ Hypo v. /Taschengeld v. (Eltern der Bf.) +100,00
Bewegungsliste Zeitraum - - Mittelverwendung:
Buchungsdatum: Text
Zigarettenverkauf -27,50€
Getränk -1,00€
Getränk -1,00€
Getränk -1,00€ Einkauf -21,51€
Getränk -1,00€
Saft -1,00€
Getränk -1,00€ Zigaretten -25,00€
09.- Getränk á -1,00€
Einkauf Schneider -13,21€
… [in der Folge nur andere Verwendungen als für Getränke und Zigaretten angeführt]
Einkauf -11,24€
Einkauf -7,46€
Einkauf Schneider -5,55€
Einkauf Schneider -6,27€
Einkauf -11,53€
Einkauf -10,04€
Einkauf + Getränk -10,06€
Einkauf Schneider -9,63€
Einkauf Schneider -2,38€
Cafeteria -5,00€
Cafeteria -5,00€
Cafeteria -5,00€
Cafeteria -5,00€
Pizza -6,00€
Cafeteria -5,00€
Cafeteria -5,00€
Cafeteria -5,00€
Cafeteria -5,00€
Einkauf -10,85€
Friseur -87,50€
Cafeteria -5,00€
Pizza -6,00€
Cafeteria -5,00€
Tierpark -8,20€
…
Getränk -1,00€
2. Beweiswürdigung
Die getroffenen Feststellungen beruhen auf den im Einzelnen angeführten Grundlagen und sind unstrittig. Weiterer Ausführungen zur Beweiswürdigung bedarf es dementsprechend nicht.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I.
Die Absätze 5 und 6 des § 6 Familienlastenausgleichsgesetz (FLAG) 1967 bestimmen:
Abs. 5:
Kinder, deren Eltern ihnen nicht überwiegend Unterhalt leisten und deren Unterhalt nicht zur Gänze aus Mitteln der Kinder- und Jugendhilfe oder nicht zur Gänze aus öffentlichen Mitteln zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfes getragen wird, haben unter denselben Voraussetzungen Anspruch auf Familienbeihilfe, unter denen eine Vollwaise Anspruch auf Familienbeihilfe hat (Abs. 1 bis 3). Erheblich behinderte Kinder im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. c, deren Eltern ihnen nicht überwiegend den Unterhalt leisten und die einen eigenständigen Haushalt führen, haben unter denselben Voraussetzungen Anspruch auf Familienbeihilfe, unter denen eine Vollwaise Anspruch auf Familienbeihilfe hat (Abs. 1 und 3).
Abs. 6:
§ 6 Abs. 5 gilt nicht für Personen im Sinne des § 1 Z 3 und Z 4 des Strafvollzugsgesetzes, BGBl. Nr. 144/1969, sofern die Bestimmungen des Strafvollzugsgesetzes, BGBl. Nr. 144/1969, auf sie Anwendung finden.
Gemäß § 26 Abs. 1 FLAG 1967 hat, wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen.
Aus § 26 Abs. 1 FLAG 1967 ergibt sich eine objektive Erstattungspflicht zu Unrecht bezogener Familienbeihilfe. Subjektive Momente, wie Verschulden, Gutgläubigkeit oder die Verwendung der Familienbeihilfe, sind nach ständiger Rechtsprechung des VwGH für die Verpflichtung zur Rückerstattung unrechtmäßiger Beihilfenbezüge unerheblich. Entscheidend ist lediglich, ob der Empfänger die Beträge zu Unrecht erhalten hat (sh. zB ; Hebenstreit in Csaszar/Lenneis/Wanke, FLAG, § 26 Rz 3; vgl. bspw. das h.a. Erkenntnis vom , RV/7103663/2018).
Im o.a. Erkenntnis vom erwog das Bundesfinanzgericht ferner:
Zur Rückzahlung eines unrechtmäßigen Bezuges an Familienbeihilfe nach § 26 Abs. 1 FLAG 1967 ist derjenige verpflichtet, der die Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat. Wie der Bezieher der Familienbeihilfe das Geld verwendet hat, ist ohne Bedeutung, auch wenn dieser der Kindesmutter die Familienbeihilfe weitergeleitet hat.
Entscheidend ist lediglich, ob der Empfänger die Beträge zu Unrecht erhalten hat (siehe zB ).
Im Sinne des § 1 Z 3 und 4 des Bundesgesetzes über den Vollzug der Freiheitsstrafen (Strafvollzugsgesetz) sind
3. Strafgefangener: jeder Verurteilte, an dem eine in einem Strafurteil verhängte Freiheitsstrafe vollzogen wird;
4. Untergebrachter: jede Person, an der eine mit Freiheitsentziehung verbundene vorbeugende Maßnahme vollzogen wird.
§ 21 Strafgesetzbuch bestimmt:
Abs. 1: Begeht jemand eine Tat, die mit einer ein Jahr übersteigenden Freiheitsstrafe bedroht ist, und kann er nur deshalb nicht bestraft werden, weil er sie unter dem Einfluß eines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustandes (§ 11) begangen hat, der auf einer geistigen oder seelischen Abartigkeit von höherem Grad beruht, so hat ihn das Gericht in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher einzuweisen, wenn nach seiner Person, nach seinem Zustand und nach der Art der Tat zu befürchten ist, daß er sonst unter dem Einfluß seiner geistigen oder seelischen Abartigkeit eine mit Strafe bedrohte Handlung mit schweren Folgen begehen werde.
Abs. 2: Liegt eine solche Befürchtung vor, so ist in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher auch einzuweisen, wer, ohne zurechnungsunfähig zu sein, unter dem Einfluß seiner geistigen oder seelischen Abartigkeit von höherem Grad eine Tat begeht, die mit einer ein Jahr übersteigen
§ 31 Strafvollzugsgesetz bestimmt:
Abs. 1: Die Anstalten zum Vollzug von Freiheitsstrafen haben nach Maßgabe der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes für den Unterhalt der Strafgefangenen zu sorgen.
Abs. 2: Soweit die Strafgefangenen sich Sachgüter oder Leistungen gegen Entgelt verschaffen dürfen, können sie dafür außer in den in diesem Bundesgesetz bestimmten Fällen nur das Hausgeld verwenden.
Der Maßnahmenvollzug oder der Vollzug freiheitsentziehender Maßnahmen bezeichnet die Unterbringung von Rechtsbrecher:innen mit psychischen Erkrankungen, die aufgrund ihrer darauf basierenden Gefährlichkeit von der Außenwelt abzuschließen sind. Zweck ist die Minimierung der Gefährlichkeit durch die Behandlung der psychischen Erkrankung.
Für die Betreuung der Rechtsbrecher:innen, die sich im Maßnahmenvollzug befinden, sind eigene Sonderanstalten oder -abteilungen eingerichtet, die auf die besonderen Behandlungs- und Betreuungsbedürfnisse dieser Personen ausgerichtet sind (www.justiz.gv.at/strafvollzug...).
Im Zuge der Novellierung des FLAG durch das BGBl I 77/2018 wurde dem § 6 Abs. 5 FLAG die oben zitierte Bestimmung des Abs. 6 angefügt, wonach der Eigenanspruch auf Familienbeihilfe für Personen im Sinne des § 1 Z 3 und 4 des Strafvollzugsgesetzes ausgeschlossen wurde.
Dem Initiativantrag vom , 386/A XXVI. GP, sowie dem insoweit gleichlautenden Bericht des Ausschusses für Familie und Jugend (292 der Beilagen XXVI. GP) ist dazu zu entnehmen:
Im Falle von Maßnahmen, die nach dem Strafvollzugsgesetz angeordnet werden, bei welchen es sich insbesondere um den Vollzug einer Freiheitsstrafe oder einer mit Freiheitsentziehung verbundenen vorbeugenden Maßnahme handelt, soll ein Eigenanspruch der betroffenen Personen ausgeschlossen werden.
Gemäß den Bestimmungen des Strafvollzugsgesetzes besteht eine Verpflichtung der öffentlichen Hand für den Unterhalt dieser betroffenen Personen umfassend zu sorgen. Jene Unterhaltsbedürfnisse, die im Zuge des Vollzuges einer Freiheitsstrafe bzw. des Vollzuges einer vorbeugenden Maßnahme, die mit einer Freiheitsentziehung verbunden ist, typischerweise anfallen, werden von der öffentlichen Hand ausreichend gedeckt.
Der Gesetzgeber folgte hiermit der jüngeren Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach die Deckung der typischen Unterhaltsansprüche durch die öffentliche Hand den Anspruch auf Familienbeihilfe ausschließe.
In seinem Erkenntnis vom , 2011/16/0173, hatte der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Im Beschwerdefall war der typischerweise anfallende Unterhalt des M. in Form von Unterkunft, Bekleidung und Verpflegung (jugendliche Straftäter sind nach § 58 Abs. 2 des Jugendgerichtsgesetzes - JGG - überdies ihrer körperlichen Entwicklung entsprechend reichlicher zu verpflegen) von der Bestimmung des § 31 Abs. 1 StVG erfasst (vgl. zur Abgrenzung von Untersuchungshäftlingen etwa den ). Die für einen Gefangenen in einer Strafhaft verbleibenden Restbedürfnisse, auch wenn sie vom Beschwerdeführer in Erfüllung seiner Unterhaltspflicht gedeckt worden sein mögen, ändern daran nichts.
Im Erkenntnis vom , Ra 2014/16/0014, hatte der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
In dem soeben erwähnten Erkenntnis sprach der Verwaltungsgerichtshof - aufbauend auf seine bisherige Rechtsprechung zu Fällen der Leistung des Grundwehrdienstes und des Zivildienstes in den hg. Erkenntnissen vom , 2004/15/0103, und vom , 2007/13/0120 - für ein die Strafhaft verbüßendes Kind aus, dass in Konstellationen, bei denen typischer Unterhalt der Kinder durch die öffentliche Hand gedeckt ist, kein Anspruch auf Familienbeihilfe besteht. Dabei wurde auf die Wertungsentscheidung des § 3 Abs. 4 FLAG Bezug genommen, wonach der Anspruch auf Familienbeihilfe von Personen, denen der Status des subsidiär Schutzberechtigten nach dem Asylgesetz 2005 zuerkannt wurde, voraussetzt, dass sie keine Leistungen aus der Grundversorgung erhalten. Es wurde darauf hingewiesen, dass darin der Gesetzgeber ausgedrückt hat, dass die Deckung der typischen Unterhaltsansprüche durch die öffentliche Hand den Anspruch auf Familienbeihilfe ausschließt. Damit kam der Verwaltungsgerichtshof zum Ergebnis, dass in teleologischer Reduktion des § 2 Abs. 1 lit a und b FLAG bei den genannten Sachverhaltsgestaltungen kein Anspruch auf Familienbeihilfe gegeben ist. …
Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem erwähnten Erkenntnis vom , auf dessen Gründe gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird, in teleologischer Reduktion der Bestimmung des § 2 Abs. 1 lit. a FLAG über die Voraussetzung für den Anspruch für ein Kind den Anspruch auf Familienbeihilfe verneint, wenn die Deckung der typischen Unterhaltsansprüche für das Kind durch die öffentliche Hand gedeckt wird. Dies ist auch auf den Sohn der Revisionswerberin anzuwenden, der zwar die Voraussetzung der Aufenthaltsberechtigung des § 3 Abs. 4 zweiter Satz FLAG erfüllt, jedoch nach den unstrittigen Feststellungen des Bundesfinanzgerichtes selbst Leistungen aus der Grundversorgung (also Mietzinszuschuss, Geldleistungen für Verpflegung und Bekleidung sowie Krankenversicherung) bezieht (zum Umfang der Leistungen aus der Grundversorgung vgl. auch das hg. Erkenntnis vom , 2011/16/0065, VwSlg 8.668/F) und dessen typischer Unterhalt in den wesentlichen Lebensbereichen der Unterbringung, Verpflegung, Bekleidung und Krankenversicherung somit durch die öffentliche Hand gedeckt wird.
Der Revisionswerberin steht sohin in teleologischer Reduktion des § 3 Abs. 4 zweiter Satz FLAG kein Anspruch auf Familienbeihilfe zu.
In diesem Sinne entschied auch das Bundesfinanzgericht mit Erkenntnis vom , RV/5101001/2009.
Erkenntnisse des Bundesfinanzgerichtes:
Erkenntnis vom , RV/5101001/2019:
Da eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher gemäß § 31 Abs. 1 Strafvollzugsgesetz für den Unterhalt des Untergebrachten zu sorgen hat, besteht für die Dauer des Maßnahmenvollzugs des Bf. kein Eigenanspruch des Bf. auf Familienbeihilfe.
Diese Rechtsfolge beruhte bis zur oben beschriebenen Gesetzesänderung auf der genannten Judikatur des VwGH und ergibt sich seit direkt aus § 6 Abs 6 FLAG 1967.
Erkenntnis vom , RV/5101302/2019:
Durch Änderung des § 6 Abs. 2 lit. d und Abs. 5 FLAG 1967 haben Kinder seit einen Eigenanspruch auf Familienbeihilfe, sofern ihr Unterhalt nicht zur Gänze aus öffentlichen Mitteln zur Sicherung des Lebensunterhaltes getragen wird. Wenn also zB eine Invaliditätspension bezogen wird, durch den dem Kind eigene, zusätzliche Einkommensmittel zur Verfügung gestellt werden, bleibt der Eigenanspruch des Kindes bestehen, da in diesem Fall die Unterhaltskostentragung nicht zur Gänze aus öffentlichen Mitteln erfolgt.
Gleichzeitig wurde mit BGBl. I Nr. 77/2018 dem § 6 FLAG der Abs. 6 angefügt, wonach der Eigenanspruch auf Familienbeihilfe für Personen im Sinne des § 1 Z 3 und Z 4 des Strafvollzugsgesetzes ausgeschlossen wurde. Dies betrifft auch Personen im Maßnahmenvollzug.
Erkenntnis vom , RV/5100074/2019:
Während jener Zeit, in der sich der Beschwerdeführer somit gemäß § 21 Abs. 1 StGB im Maßnahmenvollzug im Sinne des § 1 Zif. 4 Strafvollzugsgesetz im Forensischen Zentrum X befindet, ist ein Eigenanspruch auf erhöhte Familienbeihilfe ausgeschlossen. Da dies im beschwerdegegenständlichen Zeitraum unbestritten der Fall gewesen ist, war spruchgemäß zu entscheiden.
Erkenntnis vom , RV/7105343/2019:
Da eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher gemäß § 31 Abs. 1 Strafvollzugsgesetz für den Unterhalt des Untergebrachten zu sorgen hat, besteht für die Dauer des Maßnahmenvollzugs des Bf. kein Eigenanspruch des Bf. auf Familienbeihilfe.
Diese Rechtsfolge ergibt sich seit direkt aus § 6 Abs. 6 FLAG 1967.
Für den Zeitraum ab stehen die Familienbeihilfe und der Erhöhungsbetrag somit nicht zu (vgl. auch ).
VfGH-Beschwerde zur Zahl E 2134/2020:
Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom abgelehnt.
Erkenntnis vom , RV/1100155/2019:
Da eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher gemäß § 31 Abs. 1 Strafvollzugsgesetz für den Unterhalt des Untergebrachten zu sorgen hat, besteht auch für die Dauer des Maßnahmenvollzugs des Bf kein Eigenanspruch auf Familienbeihilfe.
Diese Rechtsfolge ergibt sich … direkt aus § 6 Abs. 6 FLAG 1967.
Nachdem der Bf am unbestritten festgenommen und angehalten wurde und sich ab im Maßnahmenvollzug befand, hat das Finanzamt laut vorstehenden Bestimmungen zu Recht mittels Bescheid vom die zu Unrecht bezogenen Beträge an Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag in Höhe von € 5.972,80 gemäß § 26 Abs. 1 FLAG 1967 in Verbindung mit § 33 Abs. 3 EStG 1988 rückgefordert.
Erkenntnis vom , RV/5100829/2021:
Der Beschwerdeführer (Bf.) befindet sich laut Unterbringungsbestätigung vom seit gemäß § 21 Abs. 1 StGB in der Justizanstalt ***JA***. …
Da eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher für den Unterhalt des Untergebrachten gemäß § 31 Abs. 1 Strafvollzugsgesetz zu sorgen hat, besteht für die Dauer des Maßnahmenvollzugs kein Eigenanspruch auf Familienbeihilfe.
Während jener Zeit, in der sich der Bf. somit gemäß § 21 Abs. 1 StGB im Maßnahmenvollzug im Sinne des § 1 Z. 4 Strafvollzugsgesetz befindet, ist daher ein Eigenanspruch auf erhöhte Familienbeihilfe ausgeschlossen. Da dies im beschwerdegegenständlichen Zeitraum ("ab Oktober 2019") unbestritten der Fall ist, war die Beschwerde auch aus diesem Grund spruchgemäß als unbegründet abzuweisen.
Erkenntnis vom , RV/5100329/2023:
Zeitraum Mai bis August 2021:
Der Beschwerdeführer war von 12. April bis in Haft. Ein Eigenanspruch ist im Falle von Maßnahmen, die nach dem Strafvollzugsgesetz angeordnet werden (hierbei handelt es sich insbesondere um den Vollzug einer Freiheitsstrafe oder einer mit Freiheitsentziehung verbundenen vorbeugenden Maßnahme), ausgeschlossen (§ 6 Abs 6 FLAG 1967).
Stützt sich der Rückforderungsanspruch - wie auch in der Beschwerde zutreffend angeführt - auf den "Umstand, dass ich seit im Maßnahmenvollzug untergebracht bin" und wird in der Beschwerde ausdrücklich "fest(ge)halten dass es zutrifft, dass ich mich im Maßnahmenvollzug befinde", ist das Schicksal der Beschwerde gemäß den obigen Rechtsausführungen bereits entschieden:
Ist allein entscheidungswesentlich, ob die Bf. eine Person im Sinne des § 1 Z 3 (eine Strafgefangene) und Z 4 (eine Untergebrachte) des Strafvollzugsgesetzes ist und war die Bf. nach dem oben Gesagten eine Untergebrachte, kann den in der Beschwerde ins Treffen geführten Umständen (beginnend mit den sich letztlich als frustriert erwiesenen Bemühungen, die "Wohnung zu erhalten, da die Zuteilung einer vergleichbar günstigen Wohnung im Falle eines Wohnungsverlustes nicht sehr wahrscheinlich gewesen wäre") eine wesentliche Bedeutung nicht beigemessen werden.
Gegen die in Rede stehende Gesetzesbestimmung bestehen, wie die Ablehnung der Behandlung der zum oben auszugsweise zitierten h.g. Erkenntnis vom erhobenen Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof zeigt, aus verfassungsrechtlicher Sicht beim Verfassungsgerichtshof keine Bedenken.
Zum Vorbringen:
"Die Eltern der Beschwerdeführerin haben sich auf die vom Finanzamt laufend übermittelten Bestätigungen über den Bezug von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag bezogen, insbesondere die Mitteilung vom , die Bestätigung vom , die Bestätigung vom , die Bestätigung vom und die Mitteilung vom , aus welchen sich unter anderem ergibt, dass die Beschwerdeführerin die Familienbeihilfe voraussichtlich bis Dezember 2023 beziehen werde.
Wenn das Finanzamt möglicherweise unrichtigerweise in Kenntnis des tatsächlichen Sachverhaltes Auszahlungen getätigt hat, können hiefür weder die Beschwerdeführerin selbst noch deren Eltern in Anspruch genommen werden."
1. Die Mitteilungen sind nicht als Bescheide gekennzeichnet und haben nach einhelliger Literatur und Judikatur keinen Bescheidcharakter (vgl. bspw. Beschlüsse des und vom , RV/7104899/2014).
2. Wie bereits in der Beschwerdevorentscheidung vom Finanzamt angeführt, wurde "mittels Anspruchsüberprüfungsschreiben eingelangt am … dem Finanzamt erstmals der seit November 2018 bestehende Aufenthalt in einer Anstalt … bekanntgegeben."
Zum Vorbringen:
"Für den Unterhalt der Beschwerdeführerin war tatsächlich die Auszahlung des Kinderabsetzbetrages sowie der Kinderbeihilfe notwendig, sodass ein Rückforderungsanspruch tatsächlich nicht besteht."
Auf Grund der obigen Rechtsausführungen (§ 26 Abs. 1 FLAG 1967 samt angeführter Judikatur) kann diesem Vorbringen nicht entsprochen werden.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden auf der Sachverhaltsebene zu lösenden Fall nicht gegeben.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 1 Z 3, 4 StVG, Strafvollzugsgesetz, BGBl. Nr. 144/1969 § 26 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2024:RV.7102770.2023 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at