Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 26.03.2024, RV/5300007/2024

Befangenheit Betriebsprüfer; kein Organ der Finanzstrafbehörde

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Christina Buchner MBA in der Finanzstrafsache gegen ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Waitz Haselbruner Rechtsanwälte GmbH, Am Winterhafen 4, 4020 Linz, wegen der Bescheidbeschwerde vom gegen die Zurückweisungsbescheid des Amtes für Betrugsbekämpfung vom beschlossen:

Die Bescheidbeschwerde wird gemäß § 156 Abs 1 FinStrG als unzulässig zurückgewiesen.

Gegen diesen Beschluss des Bundesfinanzgerichts als verfahrensleitende Verfügung ist eine abgesonderte Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig. (25a Abs 3 VwGG.)

Begründung

Verfahrensgang:

Die belangte Behörde als Finanzstrafbehörde hat aufgrund einer bestehenden Verdachtslage gegen den Beschwerdeführer am die Durchführung einer Prüfung gem. § 99 Abs. 2 FinStrG beim Finanzamt Österreich (Dienststelle ***3***) angeordnet. Der hierzu ergangene Prüfungsauftrag wurde vom Beschwerdeführer am unterzeichnet und erfolgte eine entsprechende Vernehmung des Verdächtigen durch das Prüforgan des FAÖ. Am wurde die Schlussbesprechung anlässlich der Außenprüfung abgehalten. Sämtliche iZm der Betriebsprüfung ergangenen Abgabenbescheide sind in Rechtskraft erwachsen.

Mit Schriftsatz vom , eingelangt bei der belangten Behörde am , wurde von der bevollmächtigten Vertreterin des Beschwerdeführers ein Ablehnungsantrag wegen Befangenheit des Betriebsprüfers gem. § 73 FinStrG eingebracht. Der Antrag wurde mit Bescheid vom zurückgewiesen, da dieser nach Ansicht der belangten Behörde bei einer unzuständigen Behörde eingebracht wurde. Der Zurückweisungsbescheid (verfahrensleitende Verfügung) wurde der bevollmächtigten Vertreterin am zugestellt eine positive Rechtsmittelerklärung wurde zu Unrecht ausgesprochen. Am wurde Beschwerde gegen den Zurückweisungsbescheid erhoben.

In der dagegen "fristgerecht"eingebrachten Beschwerde des Beschwerdeführers wird wie folgt ausgeführt:

Mit Eingabe vom heben die Beschwerdeführer einen Ablehnungsantrag des Betriebsprüfers ***1*** wegen Befangenheit bei der angerufenen Behörde eingebracht. Gegen den Beschwerdeführer werde ein Finanzstrafverfahren geführt, in diesen Finanzstrafverfahren gehe es auch um Sachverhalte, welche die Gärten des Beschwerdeführers bzw. seine Firma betreffen. Bei der ***2*** sei derzeit auch eine Betriebsprüfung anhängig.

***1*** sei Beamter des Finanzamtes ***3*** und sowohl mit der Führung des genannten Finanzstrafverfahren als auch mit der Vornahme der Betriebsprüfung betraut.

Im Rahmen des gegenständlichen Antrages habe der Beschwerdeführer vorgebracht, dass die Ausübung der Amtshandlungen von ***1*** in einer Art und Weise vorgenommen werden, welche die vom Gesetz zwingend vorgeschriebene volle Unbefangenheit in Zweifel ziehe.

***1*** übe sein Amt nicht mit der vorgeschriebenen Unbefangenheit und Unvoreingenommerheit aus, sodass sich der Beschwerdeführer zur Wahrung seiner Rechte veranlasst sehe, die Befangenheit von ***1*** anzuzeigen.

Die Befangenheit werde wie folgt begründet:

Einer der Kunden der ***2*** sei Steuerberater und Wirtschaftsprüfer ***4*** aus Salzburg, der im Jahr 2021 der ***2*** einen Auftrag erteilt habe.

Wie ***4*** in seinem Email vom bestätige habe ihn ***1*** am 27.09,2023 telefonisch kontaktiert. ***1*** habe sich als Mitarbeiter des Finanzamtes ***3*** vorgestellt und mitgeteilt, dass aktuell eine Betriebsprüfung bei der ***2*** durchgeführt werde und ***1*** sich deshalb an ***4*** wende, weil ***1*** bestimmte Informationen zu dem Auftrag aus dem Jahr 2021 von ***Bf1*** (Beschwerdeführer} nicht bekommen würde.

Diese Behauptung sei aber tatsachenwidrig. ***1*** habe weder vom Beschwerdeführer noch von der ***2***, noch von derern steuerlicher Vertretung ***5***, vor dem Telefonat mit ***4*** am Informationen zum Auftrag von ***4*** an die ***2*** aus dem Jahr 2021 angefordert, die ***1*** nicht erhalten habe ***4*** habe Herr ***1*** daraufhin mitgeteilt, dass er jedenfalls dazu ein Schriftstück benötige, um zu wissen, auf welcher Grundlage ***1*** diese Informationen erhalten möchte. Ein solches Schriftstück sei Herrn ***4*** bis dato nicht übermittelt worden. Die gegenüber einem Kunden aufgestellte Falschbehauptung seitens eines Finanzbeamten, das (geprüfte) Unternehmen würde Informationen nicht liefern, ist als besonders verwerflich einzustufen. weil dieses Verhalten dazu geeignet sei, die Kundenbeziehung nachhaltig zu beschädigen.

Mit den nunmehr zur Gänze angefochtenen Zurückweisungsbescheid vom seien die Ablehnungsanträge - mit einem wie die Beschwerdeführer noch aufzeigen werde- untauglichen und nicht zulässigen Argumentation zurückgewiesen worden.

Der Beschwerdeführer stützt sich auf die Befangenheit von Organen gemäß §§ 72 bis 74 FinStrG und wendet wie folgt weiter ein:

Das Wesen der Befangenheit bestehe in der Hemmung einer unparteiischen Entschließung durch unsachliche psychologische Motive durch eine bestimmte, in die Entscheidungsfindung eingebundene physische Person (vgl , vom , 98/09/0195, vom , 2000/13/0019. je vom , 2001/16/0168, 2001/16/0169, vom , 2001/08/0039, und vom , 2001/10/0222; GGH vom , 11 Ns 22/93)

Befangenheit liege vor, wenn ein Organträger unsachlich gehandelt habe oder mit Grund eine unsachliche Handlungsweise zu befürchten ist; als unsachlich ist dabei jede Handlung oder Entscheidung zu verstehen, die aus einer anderen als aus einer objektiven Einstellung zur Sache entsprungen oder erflossen sei. (zB OGH 3 Ob 169/56, 5 Ob 362/63, usw) {Fellner, Kommentar zum Finanzstrafgersetz (21. Lfg 2016) Befangenheit (§72 EinStrG) Hz 2).

Für das Vorliegen einer Befangenheit seien zureichende Umstände glaubhaft gemacht zu machen. Auch wenn grundsätzlich schon der Anschein einer Befangenheit genüge, so setze ein solcher doch voraus, dass konkrete Umstände dargetan werden, die geeignet erscheinen, aus der Sicht eines objektiven Beurteilers die volle Unbefangenheit aus persönlichen Gründen in Zweifel zu ziehen {Fellner Kommentar zum Finanzstrafgesetz (21. Lfg 2016) Befangenheit (§72 FirtStrG) Rz 2).

Nach § 72 Abs 1 lit e FinStrG liege Befangenheit vor, wenn sonstige wichtige Gründe vorliegen, die geeignet seien, die volle Unbefangenheit des Organs in Zweifel zu ziehen (vgl VwGH vom 24, Juni 1999, 97/15/0149).

Für die Beurteilung, ob eine solche Befangenheit vorliege, sei maßgebend, ob ein am Verfahren Beteiligter bei vernünftiger Würdigung aller konkreten Umstände Anlass habe, an der Unvoreingenommenheit und objektiven Einstellung des Organwalters zu zweifeln (vgl , vom , 2011/00/0202, vom , 2011/16/0045, vom , 2013/15/0291). Die Unparteilichkeit könne in subjektiver und in objektiver Hinsicht betrachtet werden ().

Ein Verhalten eines Organes der Finanzstrafbehörde, das geeignet sei seine volle Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen, muss nicht in behördlichen Maßnahmen im Zuge eines Finanzstrafverfahrens gelegen sein, es könne auch in einem anderen Verfahren, ja selbst im außerdienstlichen Bereich des betreffenden Organes verwirklicht werden (VwGH vom 9, März 1982, 81/14/0087).

Sonstige wichtige Gründe seien Umstände, die es nach objektiver Prüfung und Beurteilung rechtfertigen, die Unbefangenheit des Organwalters in Zweifel zu ziehen.

Nicht die subjektive Ansicht des betroffenen Organs entscheide, sondern die Frage, ob die äußeren Umstände geeignet seien, bei einem verständig würdigenden objektive Beurteiler naheliegende Zweifel an der unvoreingenommene und unparteilichen Dienstverrichtung zu wecken. () (Fellner, Kommentar zum Finanzstrafgesetz. (21. lfg -2018) Befangenheit (§72 FinStrG) Rz 4}.

Das Hauptargument, auf das sich die Behörde bei der Zurückweisung - unrichtigerweise - stütze sei, dass der Prüfer, Herr ***1***, die inkriminierten Äußerungen im Rahmen eines anderen Verfahrens getätigt habe.

Eine solche Abgrenzung, noch dazu wo es sich in beiden Verfahren um denselben Prüfer handle, könne allerdings nicht getroffen werden. Zudem sei eine solche Abgrenzung, wie der VwGH bereits judiziert habe, für die Beurteilung der Befangenheit nicht einschlägig.

Die Judikatur sei dazu nämlich eindeutig und lege fest, dass ein Verhalten eines Organes der Finanzstrafbehörde, das geeignet sei, seine volle Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen, nicht in behördlichen Maßnahmen im Zuge eines Finanzstrafverfahrens gelegen sein muss, es könne auch in einem anderen Verfahren, ja selbst im außerdienstlichen Bereich des betreffenden Organes verwirklicht werden ().

Wenn also auch ein außerdienstlicher Bereich zur Befangenheit reiche, dann müsse ein dienstliches Verhalten (wenn auch in einem anderen Verfahren) noch viel mehr zur Befangenheit beitragen.

Durch die im Ablehnungsantrag dargelegten Ermittlungstätigten des Beamten ***1*** liege, daher jedenfalls ein Verhalten vor, dass aus Sicht eines objektiven Beurteilers die volle Unbefangenheit aus persönlichen Gründen in Zweifel ziehe.

Ein objektiver Beurteiler des einschlägigen Sachverhaltes müsse zwangsläufig zu der

Ansicht gelangen, dass durch die wahrheitswidrige Behauptung an eine Auskunftsperson bzw. einen Zeugen, der Beamte melde sich bei ihm, weil ihm der Beschuldigte angeforderte Informationen nicht liefen würde, Zweifel an der unvoreingenommenen und unparteilichen Dienstverrichtung vorliegen.

Dabei sei es auch unerheblich, wenn dieses Verhalten von ***1*** im Zuge des Betriebsprüfungsverfahrens der ***2*** und nicht im Finanzstrafverfahren selbst erfolgt sein sollte (auch im Finanzstrafverfahren sind Sachverhalte gegenständlich, welche die ***2*** betreffen, wie zB der Auftrag der Drittbeschuldigten an die ***2*** mit der Erbringung von Leistungen beim BVH St. Oswald), weil - wie oben ausgeführt - nach ständiger höchstgerichtlicher Judikatur () auch ein Verhalten in einem anderen Verfahren, ja sogar auch außerdienstliches Verhalten, eine Befangenheit begründen könne.

Bezüglich Zuständigkeit würde § 74 (Abs 3 und 4) FinStrG fest legen, dass eine Ablehnung im Verfahren bei der Finanzstrafbehörde bei deren Vorstand geltend zu machen sei. Die Entscheidung über diesen Antrag obliege im Verfahren bei der Finanzstrafbehörde dem Vorstand. Das angerufene Organ der angerufenen Behörde sei damit entgegen der Ansicht der belangten Behörde - für diesen Antrag zuständig gewesen.

Die belangte Behörde führt dazu aus wie folgt:

Die Zurückweisung des Ablehnungsantrages gem. § 73 FinStrG wegen Befangenheit des Betriebsprüfers sei nach Ansicht des ABB aufgrund der nachfolgenden Erwägungen zu Recht erfolgt:

Die Finanzstrafbehörde sei bei einer Prüfung gem. § 99 Abs. 2 FinStrG ua befugt, zur Klärung des Sachverhaltes Prüfungen iSd Abgabenvorschriften anzuordnen. Vor allem Aussenprüfungen nach § 147 BAO.

Diese abgabenbehördlichen Prüfungen seinen keine finanzstrafbehördlichen Amtshandlungen, sondern des Abgabenverfahrens (vgl. Watzinger in Koller/Schuh/Woischitzschläger, Betriebsprüfung I, C 3, § 147 Abs. 1, Abschn. 3.5; Köck in Köck/Judmaier/Kalcher/Schmitt, FinStrG, § 99 Rz 13; aM Leitner in Koller/Schuh/Woischitzschläger, Betriebsprüfung III, 25; Tanzer in Althuber/Tanzer/Unger, BAO-HB, § 147, 434).

§ 99 Abs. 2 FinStrG sei nur ihr Veranlassungsgrund, nicht aber die verfahrensrechtliche Grundlage (zB ; , 94/13/0200; , 2007/15/0140). Daher würden hierfür grundsätzlich die Bestimmungen der BAO gelten. (vgl zB ErlRV 1130 BlgNR 13. GP, 72; ).

Der Rechtsprechung des VwGH zufolge stelle eine solche Prüfung eine abgabenbehördliche Amtshandlung dar ( [R 99(2)/2]; Ritz, BAO, § 147 Rz 8). Die Veranlassung habe aber durch die Finanzstrafbehörde unter ausdrücklichem Hinweis auf § 99 Abs. 2 FinStrG zu erfolgen, somit im Rahmen finanzstrafrechtlicher Ermittlungen. Es handele sich daher - auch - um eine Beweiserhebung im Finanzstrafverfahren. Wenn auch § 99 Abs. 2 FinStrG nur der Veranlassungsgrund, nicht aber die Rechtsgrundlage einer Nachschau oder Prüfung sei (vgl. ; [R 98(2)/2, 3]), habe dies insbesondere für die Rechtsstellung des betroffenen Abgabepflichtigen als Verdächtiger oder Beschuldigter eine entscheidende Bedeutung.

Die den Abgabenbehörden gem. § 114 f BAO zukommenden Obliegenheiten zur Erforschung der für die Abgabenbemessung wesentlichen Umstände fielen nicht dadurch weg, dass gegen den Abgabepflichtigen ein Finanzstrafverfahren anhängig sei. Auch gegen einen der Begehung einer Abgabenverkürzung verdächtigen Abgabepflichtigen sind Abgabenverfahren zu führen und Abgabenbescheide zu erlassen. Im Übrigen ist der Abgabepflichtige daran zu erinnern, dass auch eine nach § 99 Abs. 2 FinStrG durchgeführte Prüfung in dieser Norm nur ihren Veranlassungsgrund, nicht aber ihre verfahrensrechtliche Grundlage hat, welche sich unverändert in den Bestimmungen der §§ 147 BAO finde. (; vgl. ).

Gegenständlich sei der Ablehnungsantrag gem. § 73 FinStrG wegen Befangenheit des Betriebsprüfers beim Amt für Betrugsbekämpfung eingereicht worden. Dieser Antrag sei, wie aus obigen Ausführungen ersichtlich, bei einer unzuständigen Behörde eingereicht worden, weil der für befangen erklärte Betriebsprüfer des FAÖ kein Organwalter des Amtes für Betrugsbekämpfung sei. Der Ablehnungsantrag sei folglich als unzulässig zurückzuweisen gewesen.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

§ 72 Abs 1 FinStrG Die Organe der Finanzstrafbehörden und des Bundesfinanzgerichtes haben sich der Ausübung ihres Amtes zu enthalten und ihre Vertretung zu veranlassen:

e) wenn sonstige wichtige Gründe vorliegen, die geeignet sind, ihre volle Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen.

§ 73 FinStrG Dem Beschuldigten, den Nebenbeteiligten und dem Amtsbeauftragten steht in jeder Lage des Verfahrens das Recht zu, am Verfahren beteiligte Organe der Finanzstrafbehörde und des Bundesfinanzgerichtes mit der Begründung abzulehnen, dass Umstände der im § 72 bezeichneten Art vorliegen.

§ 74 Abs 3 FinStrG In allen übrigen Fällen ist die Ablehnung spätestens vor Beginn der Amtshandlung, durch die sich der Beschuldigte oder Nebenbeteiligte wegen Befangenheit des Organes beschwert erachtet, und zwar im Verfahren bei der Finanzstrafbehörde bei deren Vorstand, im Verfahren beim Bundesfinanzgericht bei dessen Präsidenten geltend zu machen. …

§ 74 Abs 4 FinStrG Gegen die gemäß Abs. 1 bis 3 über die Ablehnung ergehenden Entscheidungen ist ein abgesondertes Rechtsmittel nicht zulässig. Wird die Ablehnung als begründet anerkannt, so hat sich der Abgelehnte von diesem Zeitpunkt an der Ausübung seines Amtes zu enthalten.

§ 99 Abs 2 FinStrG Die Finanzstrafbehörde ist auch befugt, zur Klärung des Sachverhaltes Nachschauen und Prüfungen im Sinne der Abgaben- oder Monopolvorschriften anzuordnen oder selbst durchzuführen. Die mit einer solchen Maßnahme betrauten Organe der Abgabenbehörden haben insoweit auch die Befugnisse der Organe der Finanzstrafbehörden. Führen Organe der Finanzstrafbehörden die Nachschau oder Prüfung selbst durch, haben sie insoweit auch die Befugnisse der Organe der Abgabenbehörden. Das Ergebnis einer durch die Finanzstrafbehörde durchgeführten Nachschau oder Prüfung ist der Abgabenbehörde zur Wahrnehmung der dieser obliegenden Aufgaben zu übermitteln.

§ 152 Abs 1 FinStrG Eine Beschwerde gegen alle sonstigen im Finanzstrafverfahren ergehenden Bescheide sowie gegen die Ausübung unmittelbarer finanzstrafbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt ist zulässig, soweit nicht ein Rechtsmittel für unzulässig erklärt ist. Gegen das Verfahren betreffende Anordnungen ist, soweit nicht ein Rechtsmittel für zulässig erklärt ist, eine abgesonderte Beschwerde nicht zulässig; sie können erst mit einer Beschwerde gegen das das Verfahren abschließende Erkenntnis (Bescheid) angefochten werden. Zur Erhebung der Beschwerde ist derjenige berechtigt, an den der angefochtene Bescheid ergangen ist oder der behauptet, durch die Ausübung unmittelbarer finanzstrafbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in seinen Rechten verletzt worden zu sein sowie bei einem Bescheid eines Spruchsenates oder eines Spruchsenatsvorsitzenden auch der Amtsbeauftragte.

§ 160 Abs 1 FinStrG Über Beschwerden ist nach vorangegangener mündlicher Verhandlung zu entscheiden es sei denn, die Beschwerde ist zurückzuweisen oder der angefochtene Bescheid bereits aufgrund der Aktenlage, das Verfahren einzustellen aufzuheben oder es ist nach § 161 Abs 4 vorzugehen.

Die Finanzstrafbehörde ist befugt zur Klärung eines Sachverhaltes eine Prüfung nach § 99 Abs 2 FinStrG anzuordnen. Solche Prüfungen sind vor allem Aussenprüfungen nach § 147 BAO. Solche abgabenbehördlichen Prüfungen sind keine finanzstrafbehördlichen Amtshandlungen, sondern solche des Abgabenverfahrens. (vgl Watzinger in Koller/Schuh/Woischitzschläger, Betriebsprüfung I, C 3, § 147 Abs 1, Abschn 3.5; Köck in Köck/Judmaier/Kaicher/Schmitt, FinStrG5, § 99 Rz 13; aM Leitner in Koller/Schuh/Woischitzschläger, Betriebsprüfung III, 25; Tänzer in Althuber/Tanzer/Unger, BAO-HB, § 147, 434).

§ 99 Abs 2 FinStrG ist nur ihr Veranlassungsgrund, nicht aber die verfahrensrechtliche Grundlage (; , 94/13/0200; ,2007/15/0140).

Daher gelten hierfür grundsätzlich die Bestimmungen der BAO (vgl zB ErlRV 1130 BlgNR 13. GP, 72; ).

Organe iS des § 72 Abs 1 FinStrG sind alle Amtspersonen, die an einer Amtshandlung mitzuwirken berufen sind und auf die die Bestimmungen des FinStrG Anwendung finden. Neben den Einzelorganen, den Mitgliedern der Spruchsenate und der Senate für Finanzstrafrecht beim Bundesfinanzgericht gehören zum Kreis dieser Personen daher auch der Amtsbeauftragte und der Schriftführer (ebenso Fellner, Finanzstrafgesetz, § 72-74 Rz 7; Seiler/Seiler, FinStrG5, § 73 Rz 8; Leitner/Brandl/Kert, Finanzstrafrecht4, Rz 2623, s Kommentar § 74 Rz 5 f). Für den Sachverständigen, der keine Amtsperson, sondern persönliches Beweismittel ist ( [R 109(1)/11]; Hinterhofer, WK -StPO, § 125 Rz 11), gelten die Bestimmungen des § 72 jedoch sinngemäß ( § 110 Abs 3 FinStrG; s Kommentar § 74 Rz 7). (Köck in Köck/Kalcher/Judmaier/Schmitt, Finanzstrafgesetz, Band 2, 5. Aufl. (2021), § 72, I. Kommentar zu § 72 [Rz 1 - 23])

Alle diese genannten Organe der Finanzstrafbehörde sind an der Entscheidungsfindung im Finanzstrafverfahren beteiligt. Die Abgabenprüfung ist wie bereits oben erwähnt Teil des Ermittlungsverfahrens und stellt ein Beweismittel im Finanzstrafverfahren dar. Die Ergebnisse daraus unterliegen der freien Beweiswürdigung bei der Entscheidungsfindung im Finanzstrafverfahren.

Wie oben bereits ausgeführt stellt eine Prüfung nach § 99 Abs 2 FinStrG eine abgabenbehördliche Amtshandlung dar ( [R 99(2)/2]; Ritz, BAO6, § 147 Rz 8). Die mit einer solchen Maßnahme betrauten Organe der Abgabenbehörde haben zwar insoweit auch die Befugnisse der Organe der Finanzstrafbehörden sind aber im Finanzstrafverfahren an der Entscheidungsfindung selbst nicht beteiligt und bleiben daher funktionell Organe der Abgabenbehörde. Eine Ablehnung wegen Befangenheit des Betriebsprüfers kann daher nur im Abgabenverfahren beim Finanzamt Österreich geltend gemacht werden.

Wie vom Beschwerdeführer richtig ausgeführt kann auch ein Verhalten eines Organes der Finanzstrafbehörde, das geeignet ist, seine volle Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen auch in einem anderen Verfahren oder auch im außerdienstlichen Bereich verwirklicht werden. (VwGH RS 81/14/0087). Nachdem jedoch ein Betriebsprüfer funktionell kein Organ der Finanzstrafbehörde ist, ist dieser Rechtssatz in der gegenständlichen Sache nicht anwendbar.

Die belangte Behörde hatte daher nicht zu prüfen, ob der Betriebsprüfer in gegenständlichen Sache befangen ist und hat zu Recht Ihre Unzuständigkeit ausgesprochen. Dieser Ausspruch stellt eine verfahrensleitende Verfügung dar.

Gegen verfahrensregelnde Anordnungen (bzw verfahrensleitende Verfügungen) ist gem § 152 Abs 1 zweiter Satz FinStrG ein abgesondertes Rechtsmittel jedenfalls ausgeschlossen. Wird dagegen Beschwerde eingebracht, ist sie als unzulässig zurückzuweisen.

Verfahrensleitende Verfügungen regeln den Gang des Verwaltungsverfahren ohne über die Rechtslage der Parteien gestaltend oder feststellend zu entscheiden. Der Ausspruch über die Unzuständigkeit der belangten Behörde als auch der gegenständliche Beschluss stellen eine derartige Verfügung dar. (§ 152 Abs 1 FinStrG)

Der angefochtene Bescheid hätte keine Rechtsmittelbelehrung enthalten dürfen, da ein abgesondertes Rechtsmittel dagegen nicht zusteht.

Enthält ein Bescheid zu Unrecht eine positive Rechtsmittelbelehrung, so wird dadurch keine Berechtigung zur Erhebung eines Rechtsmittels geschaffen ().

Zudem haben die Abgabenbehörden (gemäß § 49 Z 2 BAO ist das Amt für Betrugsbekämpfung eine Abgabenbehörde des Bundes) bei Unzuständigkeit gemäß § 53 BAO das Anbringen für deren Behandlung sie nicht zuständig sind, ohne unnötigen Aufschub auf Gefahr des Einschreiters an die zuständige Stelle weiterzuleiten oder den Einschreiter an diese zu verweisen. Die "Verfügung" mittels Bescheid hätte daher unterbleiben können.

Somit war die Bescheidbeschwerde durch das Bundesfinanzgericht als unzulässig eingebracht zurückzuweisen.

Nachdem die Bescheidbeschwerde wegen Unzulässigekeit zurückzuweisen war konnte eine mündlichen Verhandlung unterbleiben (§ 160 Abs 1 FinStrG)

Zur Zulässigkeit der Revision

Gegen diese verfahrensleitende Verfügung ist eine abgesonderte Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß § 25a Abs 3 Verwaltungsgerichtshofgesetz nicht zulässig. Sie könnte erst in einer Revision gegen das die Rechtssache erledigende Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts angefochten werden.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 99 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958
§ 152 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958
§§ 72 bis 74 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958
§ 160 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958
§ 53 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.5300007.2024

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at