Antrag auf Wiedereinsetzung wegen Zustellmängel geltend gemacht und auf eine Krankheit Bezug genommen. Zustellmangel ist kein Wiedereinsetzungsgrund
Rechtssätze
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Folgerechtssätze | |
RV/7300010/2024-RS1 | wie RR/7300001/2022-RS1 Der Antragsteller stützt zusammengefasst sein Wiedereinsetzungsbegehren gemäß § 46 VwGG auf die Behauptung, die Verständigung von der Hinterlegung sei aufgrund eines (von ihm vermuteten) Fehlers des Zustellers bzw. Postboten nicht gesetzmäßig vorgenommen worden. Er macht damit im Ergebnis einen Zustellmangel (§ 17 Abs. 2 ZustG) geltend. Ein Zustellmangel bildet aber keinen Wiedereinsetzungsgrund (vgl. etwa den zu § 46 VwGG ergangenen B vom , 2009/20/0002, sowie jüngst etwa den B vom , Ra 2014/01/0134, mwN). ). |
RV/7300010/2024-RS2 | wie RV/7300052/2017-RS1 Eine (bloße) Krankheit an sich genügt nicht zu einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ( SlgNF 3537). |
RV/7300010/2024-RS3 | wie RV/7300052/2017-RS2 Aus einer Erkrankung als solcher kann noch nicht auf die für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand erforderliche völlige Dispostionsunfähigkeit geschlossen werden (). Sie zählt als anerkannter Verhinderungsgrund nur, wenn sie plötzlich und in einem Maß auftritt, dass die Partei nicht mehr im Stande ist, nach den Umständen des Falles zu handeln. Eine Erkrankung schließt die Dispositionsfähigkeit der Partei in diesem Sinne dann nicht aus, wenn sie etwa durch einen Telefonanruf das Ereignis (die Verhandlung in ihrer Abwesenheit) abwenden hätte können (vgl ). Eine die Handlungsfähigkeit (Dispositionsfähigkeit) einer Person nicht ausschließende Krankheit kann nicht als Wiedereinsetzungsgrund gewertet werden (; ). |
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Gerhard Groschedl in der Finanzstrafsache gegen Herrn ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Max Wälde-Sinipoj, LL.M, Kärntner Straße 10, 1010 Wien, wegen der Finanzvergehen der Abgabenhinterziehungen gemäß § 33 Abs. 1 des Finanzstrafgesetzes (FinStrG) über die Beschwerde der Amtsbeauftragten vom gegen den Beschluss des Vorsitzenden des Spruchsenates beim Amt für Betrugsbekämpfung als Finanzstrafbehörde vom , Geschäftszahl SpS-1, zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Beschluss wie folgt abgeändert:
Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 167 Abs. 1 FinStrG wird als unbegründet abgewiesen.
Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Bisheriges Verfahren:
Mit Eingabe vom beantragte der Beschuldigte neben einem Antrag auf Zustellung (ergänzt: eines Erkenntnisses des Spruchsenates) die Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand und brachte unter anderem eine Beschwerde ein mit - soweit es den Antrag auf Wiedereinsetzung betrifft - folgendem Inhalt:
"1. Gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung ist auf Antrag des Beschuldigten eines anhängigen oder abgeschlossenen Finanzstrafverfahrens die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn der Antragsteller durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet und glaubhaft macht, dass er durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen. Dass dem Beschuldigten ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt (§ 167 Abs 1 FinStrG).
2. Durch die finanzstrafrechtliche Verurteilung erleide ich zweifellos einen Rechtsnachteil.
3. Ich war durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert, rechtzeitig Beschwerde gegen das Erkenntnis des Spruchsenats vom einzulegen.
a. Vorliegend wusste ich bis zur Einsichtnahme meines Rechtsfreunds am nichts von dem gegen mich geführten Finanzstrafverfahren, geschweige denn davon, dass ich zu einer Geldstrafe verurteilt wurde. Denn ich bemühte mich stets um die fristgerechte Rückzahlung der selbstanzeigegegenständlichen Beträge. Mein Steuerberater, Mag. **A**, und ich waren stets in regem Austausch mit dem Finanzamt eingebunden, um die Rückzahlung der in Rede stehenden Beträge zu bewerkstelligen. Dies zeigt auch der gegenständliche Akt. Ich arbeitete zudem unermüdlich daran, die beträchtlichen Mittel für die Rückführung der verkürzten Beträge aufzubringen, was mir auch zur Gänze gelungen ist. Es ist mitnichten so, dass ich die Rückzahlung versäumt und mich nicht mehr um die Causa gekümmert hätte.
b. Ein weiteres aktengegenständliches und noch rechtzeitig innerhalb der offenen Zahlungsfrist bis (Freitag) gestelltes Zahlungserleichterungsansuchen vom wurde mit Bescheid des FA vom (Donnerstag) bewilligt. Ich hatte nach den Angaben des Referenten, Herrn **B** meinen Gesamtaußenstand - also auch ohne die verkürzungsgegenständlichen Beträge - auf unter EUR 100.000,00 zu bringen. Dies tat ich unter Aufbietung größter Kräfte, indem ich noch am EUR 28.600,00 an das Finanzamt überwiesen habe (auch diese beträchtliche Zahlung ist bei dem strafbemessenden Wertbetrag und damit bei der Strafbemessung zu Unrecht unberücksichtigt geblieben).
c. Zumal das innerhalb der Zahlungsfrist neuerlich gestellte Ratenzahlungsansuchen bewilligt wurde, ist vorliegend auch nicht von einem Terminverlust auszugehen, sondern ist keine Verfristung eingetreten (§ 212 Abs 3 BAO). Ich musste nicht damit rechnen, dass deswegen ein Finanzstrafverfahren gegen mich eingeleitet wird.
d. Auch alle weiteren Beträge des mit Bescheid vom bewilligten Ratenzahlungsansuchens habe ich fristgerecht bezahlt, soweit es sich um den hier strafgegenständlichen Wertbetrag handelt. Dieser war zum Zeitpunkt des Straferkenntnisses am , jedenfalls aber bereits im November 2022 vollständig getilgt. Unverständlich sind vor diesem Hintergrund die Ausführungen im Erkenntnis vom , "die Restschuld sei bis zum heutigen Tag nicht vollständig beglichen?. Dies war mitnichten so, diese Feststellung ist unzutreffend. Auch aus diesem Grund musste ich nicht davon ausgehen, dass gegen mich im Januar 2023 ein Straferkenntnis gefällt wird und mir dieses zugestellt wird.
e. Nicht zuletzt habe ich meinen Rechtsanwalt und meinen Steuerberater mit dieser Causa beauftragt. Ich musste nicht davon ausgehen, dass Zustellungen eines wider Erwarten doch gegen mich geführten Finanzstrafverfahrens an meine Anschrift gerichtet werden.
f. Im Übrigen habe ich eine eigene Büroanschrift für geschäftliche Korrespondenz. Ich rechne daher umso weniger damit, dass mir behördlich relevante Zustellungen (welche) an meine Privatanschrift zugestellt werden.
g. Kenntnis vom vorliegenden, gegen mich geführten Finanzstrafverfahren und des hier gegenständlichen Straferkenntnisses erhielt ich erst durch Akteneinsicht meines Rechtsfreunds am .
h. Aufgrund meinen längeren, vorgeschilderten Abwesenheiten kann ich mir die Nichtberücksichtigung der gegenständlichen, an meine Anschrift angeblich laut den im Akt befindlichen Rücklaufkuverts abgegebenen Hinterlegungsbenachrichtigungen nur so erklären, dass diese entweder nicht in mein Postfach abgelegt wurden oder aber von mir selbst nach jeweiliger Rückkehr infolge eines Versehens gemeinsam mit dem sich zuhauf angesammelten Werbematerial entsorgt worden sind.
4. Zusammengefasst lag aufgrund der vorbezeichneten Umstände ein unvorhergesehenes Hindernis bei der Zustellung des in Rede stehenden Erkenntnisses vor bzw. ist mir daran jedenfalls keine grobe Fahrlässigkeit zur Last zu legen.
5. Ich stelle daher den Antrag, mir die Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand in Ansehung der Versäumung der Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen das Erkenntnis des Spruchsenates vom zu AZ SpS-2 zu bewilligen.
Beweis: Bescheid Bewilligung Zahlungserleichterungsansuchen vom , PV, Selbstanzeige vom ."
In einer Äußerung vom wurde zum Wiedereinsetzungsgrund ausgeführt:
"1. Zusammengefasst wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die bisherigen Ausführungen verwiesen; die Ausführungen des ABB sind unzutreffend.
2. Hinsichtlich der Bezeichnung der Zeiten der Ortsabwesenheit wird auf das parate Bescheinigungsmittel der Parteienvernehmung verwiesen und darauf, dass bestimmbar vorgebracht wurde, dass ich zu den Zeiten der versuchten Zustellungen durch Hinterlegung ortsabwesend war.
3. Sofern die Finanzbehörde ausführt, dass keine leichte, sondern grobe Fahrlässigkeit bzw. gar dolus eventualis vorläge, ist zu entgegnen, dass ich - und die meisten anderen Bürger der Republik - gar nicht wissen, dass eine Ortsabwesenheitsmeldung bei der Post überhaupt möglich ist. Ich bin auch nicht versiert im Melderecht. Ich bin in der Unterhaltungsbranche tätig und kein Behördenmitarbeiter oder Angehöriger einer rechtskundigen Berufsbranche, der sich mit Zustellvorgängen beschäftigt. Ich bin zu Recht davon ausgegangen, dass sich die Finanzstrafbehörde an meinen in der Selbstanzeige ausgewiesenen Rechtsfreund wendet. Dies wäre für die Behörde eigentlich naheliegend gewesen. Es ist unverständlich, weswegen dies - insbesondere nach zahlreichen gescheiterten Zustellversuchen und dem Nachweis, dass ich verzogen bin - nicht erfolgt ist. Ein Anruf hätte genügt.
4. Die Börde insinuiert, ich hätte vorsätzlich versucht, die Zustellung zu unterminieren. Dies ist unzutreffend. Das Gegenteil ist der Fall. Ich habe mich um die Offenlegung der Abgabendelinquenz redlich bemüht und mir ist auch bereits vor der mündlichen Verhandlung - nämlich spätestens im November 2022 - die Rückführung des gesamten selbstanzeigegegenständlichen Betrags gelungen. Ich habe - wozu ich ausweislich der BAO auch berechtigt war - mehrere Anträge über Zahlungserleichterungsvereinbarungen gestellt, diese binnen offener Frist bewilligt erhalten und diese sodann erfüllt. Ein Grund, weswegen ich vorsätzlich versuchen sollte, mich der Zustellung in Finanzstrafsachen zu entziehen, ist vor diesem Hintergrund nicht ersichtlich. Vielmehr erschließt daraus zwanglos, dass nachgerade das Gegenteil der Fall war.
5. Die Behörde ist darauf hinzuweisen, dass eine Zustellung an die Meldeadresse für den Fall, dass dies kein wirksamer Zustellort ist, keine Rechtswirkung entfaltet. Vor diesem Hintergrund ist die Argumentation auch nicht nachvollziehbar, dass ich mich gemäß MeldeG umzumelden gehabt hätte. Meine eigene Zustellanschrift in dieser Causa war stets dieselbe; nämlich zu Händen meines Rechtsfreunds.
6. Vorliegend bei mir grobe Fahrlässigkeit an meiner Verhinderung der Kenntnisnahme der Zustellung anzunehmen, obwohl ich dachte, dass alle Zustellungen in dieser Causa stets zu Händen meines Rechtsfreunds erfolgen, stellt eine Überspannung des allgemein gebotenen Sorgfaltsmaßstabes dar.
7. Zusammengefasst wird auf den bereits gestellten Wiedereinsetzungsantrag verwiesen, der statthaft ist."
In einer Replik der Amtsbeauftragten vom spricht sich die Finanzstrafbehörde erneut dagegen aus, den Wiedereinsetzungsantrag zu bewilligen.
Mit Beschluss des Vorsitzenden des Spruchsenates beim Amt für Betrugsbekämpfung als Finanzstrafbehörde vom , SpS-1, wurde dem Antrag Folge gegeben und die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in Ansehung der Versäumung der Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen das Erkenntnis des Spruchsenates vom bewilligt.
Als Begründung wurde ausgeführt:
"Mit dem mündlich verkündeten Erkenntnis des Spruchsenates vom wurde ***Bf1*** nach einer - nachdem er die Ladung zur Verhandlung nicht behoben hatte - in seiner Abwesenheit durchgeführten mündlichen Verhandlung wegen des Vergehens der Abgabenhinterziehung zu einer Geldstrafe in der Höhe von 12.500,-- im Falle der Uneinbringlichkeit zu einer Ersatzfreiheitsstrafe von 50 Tage verurteilt. Dieses Erkenntnis wurde an der Abgabeadresse des Beschuldigten am hinterlegt und nicht behoben.
Mit Schriftsatz vom , eingelangt per Fax beim Amt für Betrugsbekämpfung am selben Tag, beantragte der Beschuldigte zunächst die neuerliche Zustellung des Erkenntnisses, da er im Hinterlegungszeitraum ortsabwesend gewesen sei und aber auch davon ausgegangen war, seinen Vertreter mit seiner Vertretung betraut zu haben, sodass die Zustellung auf ihn zu erfolgen hätte.
Tatsächlich hat sein Rechtsvertreter im Finanzstrafverfahren nicht Vollmacht gelegt. Die von ihm im Abgabenverfahren gelegte Vollmacht wirkt nicht automatisch für das Finanzstrafverfahren. Die Zustellung an ihn persönlich vom Amtsbeauftragten war daher rechtsrichtig. Der Beschuldigte war nicht ortsabwesend gemeldet, für den hier relevanten Zeitraum ( bis ) ist seine Ortsabwesenheit nicht belegt, sodass die Zustellung zu Recht erfolgte und dem Antrag auf neuerliche Zustellung daher kein Erfolg beschieden werden konnte.
Mit selben Schriftsatz, vorbringend sein Vertreter habe am von der Fristversäumung für die Erhebung einer Beschwerde gegen das Erkenntnis erfahren, brachte der Verurteilte durch seinen Rechtsfreund fristgerecht den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdefrist ein. Diesem Antrag kommt Berechtigung zu.
Gegen die Versäumung einer Frist ist auf Antrag des Beschuldigten eines anhängigen oder abgeschlossenen Finanzstrafverfahrens die Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand zu bewilligen, wenn der Antragsteller durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet und glaubhaft macht, dass er durch ein unvorhersehbares oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten. Dass dem Beschuldigten ein Verschulden an der Versäumnis zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich um einen minderen Grad des Versehens handelt (§ 167 Abs. 1 FinStrG).
In dem Antrag auf Wiedereinsetzung brachte der Beschuldigte glaubhaft vor, dass er davon ausgegangen sei, Vertreter mit seiner rechtsfreundlichen Vertretung (auch im Finanzstrafverfahren) beauftragt zu haben, zumal durch diesen Rechtsvertreter die Selbstanzeige des Beschuldigten eingebracht worden war. Der aufgrund seiner beruflichen Tätigkeit tatsächlich regelmäßig längere Zeit ortsabwesende Beschuldigte überprüfte eine Vollmachtlegung durch seinen Rechtsvertreter nicht, er ging davon aus, dass in gegenständlicher Angelegenheit kein relevantes, fristauslösendes Schriftstück ausschließlich an ihn und nicht (auch) an seinen Rechtsvertreter zugestellt werde. Angesichts des Umstandes, dass der Beschuldigte keine rechtliche Vorbildung hat, handelt es sich dabei höchstens um einen minderen Grad des Versehens, sodass die Zustellung des verurteilenden Erkenntnisses für ihn ein unvorhersehbares Ereignis war.
Die über Aufforderung des Spruchsenates mitgeteilten Ortsabwesenheiten vom Dezember 2022 bis liegen nicht in dem vom Wiedereinsetzungsantrag betroffenen Zeitraum, sodass sich ein Eingehen darauf erübrigt.
Dem Wiedereinsetzungsantrag war sohin Folge zu geben.
Der nunmehr Vorsitzende des Spruchsenates war zur Entscheidung über den Antrag berufen (Rzeszut FinStrG § 167 RZ 36). Der Akt wird nunmehr dem BFG zur Entscheidung über die gleichzeitig mit dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand ausgeführte Beschwerde vorzulegen sein."
Dass die Rechtsmittelfrist im Beschluss irrtümlich mit vier Wochen statt korrekt mit einem Monat angegeben wurde, hat auf den Lauf der gesetzlichen Rechtsmittelfrist selbst keine Auswirkung.
In der dagegen fristgerecht am eingebrachten Beschwerde der Amtsbeauftragten wird wie folgt ausgeführt:
"Der Beschluss bewilligt die Wiedereinsetzung des Beschuldigten ***Bf1*** in die Frist zur Ausführung der Beschwerde gegen das Erkenntnis des Spruchsenates vom zu unrecht. Die angeführten Wiedereinsetzungsgründe stellen weder ein unvorhersehbares oder unabwendbares Ereignis dar noch handelt es sich hierbei um einen minderen Grad des Versehens. Es wird beantragt den Beschluss des Spruchsenates aufzuheben und den Wiedereinsetzungsantrag des Beschuldigten abzuweisen.
I. Sachverhaltsdarstellung
Am erstatte der Beschuldigte eine Selbstanzeige hinsichtlich Einkommensteuer, Umsatzsteuer und Ausländeranmeldungen. Mangels fristgerechter Einhaltung des Ratenplans wurde am das Finanzstrafverfahren eingeleitet. Die Zustellung ist durch Hinterlegung mit p.A. des aufrechten Hauptwohnsitzes ***Bf1-Adr*** ausgewiesen. Mit wurde die Einleitung erneut per Fensterkuvert versendet.
Mit wurde eine neuerliche Einleitung diesmal p.A. der Betriebsanschrift, versendet. Hier ist die Zustellung erneut mit durch Hinterlegung ausgewiesen.
Sodann wurde am die Spruchsenatsvorlage erstellt. Diese wurde an beide Adressen erneut zugestellt und unter der Betriebsanschrift wurde Sie erneut mit hinterlegt und nicht behoben. Die Zustellung am Hauptwohnsitz konnte mit der Rückmeldung verzogen nicht zugestellt werden. Dies wenngleich eine aufrechte Hauptwohnsitzmeldung nach dem ZMR vom - vorlag.
Mit wurde durch den Spruchsenat ein Erkenntnis gefällt. Dieses wurde mit an der Betriebsanschrift hinterlegt und nicht behoben. Selbst durch eine Nachschau der FinPol konnte der Beschuldigte an seiner Betriebsanschrift am nicht angetroffen werden. Jedenfalls war dieser an der Betriebsanschrift am Postkasten und Klingel angeschrieben. (Ein Foto zeigt den Namen des Beschuldigten an beiden Türschlidern)
Aufgrund der diesbezüglichen Vollzugsmaßnahmen ist der Beschuldigte aktiv geworden und bevollmächtigte am seinen Vertreter im Finanzstrafverfahren, welcher sodann am Akteneinsicht bezog.
Am langte ein Schriftsatz durch den Vertreter ein, in welchem zunächst den Antrag auf Zustellung des Erkenntnises gestellt hat und des Weiteren einen Antrag auf Wiedereinsetzung sowie eine Beschwerde in die in eventu widereingesetzte Frist.
Im Wiedereinsetzungsantrag begehrt der Vertreter die Wiedereinsetzung in die versäumte Beschwerdefrist gegen das Erkenntnis des Spruchsenates vom zum damaligen AZ SpS-2.
II. Beschluss des Spruchsenates vom
Im Beschluss vom Spruchsenat vom wird der Wiedereinsetzungsantrag mit der Begründung bewilligt, dass der Beschuldigte davon ausgegangen sei, dass er seinen Vertreter auch im Finanzstrafverfahren beauftragt hat, zumal durch diesen die Selbstanzeige eingebracht worden ist. Er habe durch seine regelmäßig, länger andauernden beruflichen Ortsabwesenheiten nicht die Vollmacht überprüft und unterlag der Annahme, dass kein relevantes fristauslösendes Schriftstück ausschließlich an ihn und nicht (auch) an seinen Rechtsvertreter zugestellt werde. Da der Beschuldigte keine rechtliche Vorbildung hat handle es sich um einen minderen Grad des Versehens, sodass die Zustellung des verurteilenden Erkenntnisses für ihn ein unvorhersehbares Ereignis darstellt.
Hierzu wird dargelegt, dass die Selbstanzeige eindeutig an das Finanzamt Österreich adressiert worden ist und im Zuge dessen auch die (Zustell-) Vollmacht deutlich tituliert spezifisch in Abgabensachen an den rechtsfreundlichen Vertreter erstattet worden ist.
Hier stellt die dezidierte Darlegung der Vollmacht lediglich in Abgabensachen und nicht in Finanzstrafsachen zu vertreten keinen Irrtum dar. Somit kann dies nicht als unvorhergesehen erachtet werden. Selbst wenn man in der Verwechslung der Vollmachtsbeurkundungen ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis sehen würde, stelle dies trotz allem keinen minderen Grad des Versehens dar. Durch einen schnellen und einfachen Blick auf die erteilte Vollmacht oder Rücksprache mit dem Vertreter wäre die gegenständliche Ungewissheit der erteilten Bevollmächtigung vermeidbar gewesen.
Im Hinblick zur Ausführung nicht erwarten zu können, dass ein Finanzstrafverfahren gegen den Beschuldigten geführt wird, ist dies nicht nachvollziehbar. Dem gegenständlichen Sachverhalt zugrunde wurde eine Selbstanzeige gem. § 29 FinStrG durch einen Parteienvertreter erstattet, damit es zu keinem Finanzstrafverfahren kommt und die Abgaben ordnungsgemäß festgesetzt werden können. Mangels Einhaltung der Zahlungsvereinbarung ist die erstattete Selbstanzeige gescheitert. Dem Beschuldigten wäre es zumutbar gewesen, bezüglich der getätigten verspäteten Zahlungen sich beim Rechtsanwalt oder bei der Steuerberaterin zu erkundigen, ob durch diese Konsequenzen entstehen könnten. Bei seinem rechtlichen Vertreter sind die Kenntnisse der finanzstrafrechtlichen Vorschriften vorauszusetzen, da dieser Rechtshandlungen wie Erstattung einer Selbstanzeige vollbringt. Ein durch einen Blick ins FinStrG leicht zu vermeiden gewesener Rechtsirrtum erfüllt die gesetzliche Voraussetzung der Unabwendbarkeit nicht. Dadurch ist hier ebenfalls nicht von einem unvorhergesehenen Ereignis auszugehen bzw. jedenfalls nicht von einem Versehen bloß minderen Grades.
Die Ausführungen des Beschuldigten, dass er sich stets um ein Ratenansuchen kümmern konnte, zeigt bloß, dass der Beschuldigte über den gesamten Zeitraum handlungsfähig war. Zuletzt wurde mit - sprich kurz vor dem Erkenntnis des Spruchsenates - ein Zahlungserleichterungsansuchen gestellt. Dieses Erkenntnis wurde zudem an der angegeben Anschrift am als RSa hinterlegt. Außerdem wurde das Erkenntnis mit Fensterkuvert am an der Abgabenstelle hinterlegt.
III. Antrag auf Wiedereinsetzung
Ein Antrag auf Wiedereinsetzung ist zu bewilligen, wenn auf Antrag der Partei binnen offener Frist von einem Monat ab Wegfall des Hindernisses glaubhaft gemacht werden kann, dass durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert worden ist, die Frist einzuhalten. Ein Verschulden bloß minderen Grades an der versäumten Frist ist für die Wiedereinsetzung nicht schädlich. Der Antrag ist zudem nur zu bewilligen, wenn der Beschuldigte durch das Versäumnis einen Rechtsnachteil erlitten hat.
Unbestritten ist, dass der Beschuldigte durch die Verurteilung des Spruchsenates vom einen Rechtsnachteil erlitten hat.
Da es sich hierbei somit um eine verfahrensrechtliche Begünstigungsvorschrift zugunsten des Beschuldigten handelt, ist primär der Beschuldigte aufgrund des Antragserfordernisses verpflichtet die behaupteten Wiedereinsetzungsgründe im Wiedereinsetzungsantrag glaubhaft zu machen. Dabei hat die Partei selbst einwandfrei und unter Ausschluss jeden Zweifels das Vorliegen all jener Umstände darzulegen, auf die eine solche Wiedereinsetzung gestützt werden kann ().
a) Der Wiedereinsetzungsantrag - ausgeführt durch den Vertreter - vom weist keine nötige Glaubhaftmachung der Umstände auf. Die benötigte Determinierung der Zeiträume ist ebenfalls entfallen. Selbst die Aufforderung des Spruchsenates, die genauen Umstände für den Zeitraum Dezember 2022 bis genau zu belegen, blieb unbeantwortet.
Der Beschuldigte hat in der Mitteilung vom lediglich die Abwesenheiten für den Zeitraum bis grob bekanntgegeben. Die Bekanntgabe an sich war mangelhaft, da lediglich Behauptungen aufgestellt wurden. Verwiesen wird hierzu auf die Mitteilung vom des Beschuldigten. Der vom Spruchsenat angeforderter Zeitraum könne nicht mehr exakt nachvollzogen werden. Die bloße Unaufklärbarkeit der Gründe für die Unkenntnis vom Zustellvorgang reicht für eine Wiedereinsetzung nicht aus, da hiermit noch nicht die Unabwendbarkeit eines Ereignisses glaubhaft gemacht wurde ().
Außerdem sind die durch die Finanzstrafbehörde übermittelten Schriftstücke nicht von den mitgeteilten Zeiträumen der Versäumnisse betroffen.
b) Darüber hinaus ist die Finanzstrafbehörde der Ansicht, dass die im Wiedereinsetzungsantrag vorgebrachten und an diese gebundenen Wiedereinsetzungsgründe, nicht das notwendige unvorhergesehene und unabwendbare Ereignis darstellen (vgl ).
Ein Ereignis ist dann als unvorhergesehen zu werten, wenn die Partei es tatsächlich nicht miteinberechnet hat und dessen Eintritt auch unter Bedachtnahme auf die zumutbare Aufmerksamkeit und Vorsicht nicht erwarten konnte sowie wenn es durch gewöhnlich erreichbare Mittel nicht abgewendet werden kann. Durch Einbringen einer Selbstanzeige gem. § 29 FinStrG besteht durchaus bei Nichterfüllung der Voraussetzungen die Gefahr, dass ein Finanzstrafverfahren anhängig wird.
Unabwendbar ist ein Ereignis dann, wenn es durch den Durchschnittsmenschen objektiv nicht verhindert werden konnte, auch wenn er dessen Eintritt voraussah. Es muss von solcher Art sein, dass es bei der Anwendung normal erreichbarer Mittel nicht abgewendet werden konnte ().
Im Wiedereinsetzungsantrag vom unter Punkt 3 werden die Gründe für ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis ausgeführt.
Diesen wird entgegengehalten, dass keiner der unter lit. a bis h die erforderlichen rechtlichen Voraussetzungen hierfür erfüllen. Insbesondere nicht:
Unter lit. c wird angemerkt, dass der Beschuldigte nicht mit einem Finanzstrafverfahren rechnen musste, da diesem erneut ein Zahlungserleichterungsansuchen bewilligt wurde. Hierzu wird ausgeführt, dass ein Terminverlust im Strafverfahren durch die Finanzstrafbehörde beurteilt wird und nicht durch die Abgabenbehörde. Eine Bewilligung des erneut gestellten Zahlungserleichterungsansuchens bedeutet nicht automatisch die Einhaltung der Voraussetzungen der strafbefreienden Wirkung.
Unter lit. d wird angeführt, dass die Restschuld bereits beglichen wurde und daher nicht mit einem Strafverfahren zu rechnen sei. Hierzu wird ausgeführt, dass im Zeitraum der Einleitung die Restschuld aus finanzstrafrechtlicher Würdigung nicht fristgerecht beglichen wurde und zudem ein Terminverlust hinsichtlich der Ratenvereinbarung besteht. Der Ratenplan war dem Beschuldigten offensichtlich bekannt, da anfangs diese auch eingehalten wurden. Zudem findet sich der Hinweis im bewilligten Ratenersuchen "Terminverlust tritt ein, wenn auch nur zu einem Ratentermin eine Zahlung in Höhe der festgesetzten Rate unterbleibt, oder nicht in die Zahlungserleichterung einbezogene Abgaben nicht fristgerecht entrichtet werden".
- Unter lit. e wird angeführt, dass Bevollmächtigungen des Steuerberaters und des Rechtsanwaltes vorhanden waren und hiermit der Beschuldigte nicht hätte rechnen müssen, dass Zustellungen an dessen Anschrift zugestellt werden würden. Dem wird entgegengehalten, dass eine sogenannte umfassende Dauervollmacht im Abgabenverfahren im Finanzstrafverfahren nur wirksam ist, wenn sich der Beschuldigte ausdrücklich darauf beruft. Für die Finanzstrafbehörde ist nur zu entnehmen, dass der Beschuldigte durch die Vollmachtsbekanntgabe in administrativen Abgabensachen durch dessen Rechtsanwalt sowie Steuerberater vertreten werden wolle, nicht jedoch in einem Finanzstrafverfahren. Die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs hat zudem erläutert, dass zwischen einem Abgabenverfahren und Finanzstrafverfahren kein so enger Zusammenhang besteht (siehe ). Auch wenn nach der Vollmachtsurkunde die Vollmacht etwa alle Verfahren vor Abgabenbehörden des Bundes umfasst, ist sie dennoch von der Abgabenbehörde nur in dem Verfahren, in dem darauf hingewiesen wird, zu beachten. Somit fehlte die Bevollmächtigung für das Finanzstrafverfahren bzw. die Bekanntgabe als Verteidiger iSd § 77 Abs. 1 FinStrG, da dies nie gegenüber dem Amt für Betrugsbekämpfung Bereich Finanzstrafsachen bekannt gegeben worden ist.
Unter lit. f wird angeführt, dass der Beschuldigte eine Büroanschrift - womit wahrscheinlich die Betriebsanschrift gemeint sein wird - hat und daher weniger damit rechnet, relevante Schriftstücke an seine Privatanschrift zugestellt zu bekommen. Hierzu wird ausgeführt, dass Zustellungen im Finanzstrafverfahren bis zur Nennung eines Vertreters stets zu eigenen Händen des Beschuldigten zu erfolgen haben. Die Zustellungen an den aufrechten Hauptwohnsitz des Beschuldigten sind somit rechtsgültig erfolgt. Im Hinblick auf die rechtsgültige Zustellung durch Hinterlegung gab es im Grunde genommen für die Behörde keinen weiteren Anlass einer Zustellung an einer anderweitigen Adresse. Dennoch hat die Finanzstrafbehörde Zustellungen iSd § 18 Abs 1 Z 2 ZustG vorgenommen und ebenfalls an die Betriebsanschrift zugestellt. Entgegen all dieser Bemühungen blieb eine Reaktion des Beschuldigten aus.
Unter lit. h wurde zunächst begründet, dass eine längere Abwesenheit bestand. Erneut wird hier angemerkt, dass ein Wiedereinsetzungsantrag die genauen Zeiträume und Begründungen für diese Abwesenheiten aufweisen muss.
Aufgrund dessen wird dem entgegengehalten, dass weder Nachweise noch anderweitige Unterlagen beigelegt worden sind, die belegen würden, dass Herr ***Bf1*** vom - (Beginn und Ende der Rechtsmittelfrist) sich durchgehend im Ausland oder dergleichen aufhielt. Insbesondere die genaue Dauer des Auslandsaufenthalts bzw. Angaben über den Aufenthaltsort sowie das genaue Datum der Abreise und das genaue Datum der Rückreise wären hierbei nötig um dies nachzuweisen zu können. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes genügt die bloße Behauptung einer Ortsabwesenheit ohne konkrete datumsmäßige Zeitangabe und Vorlage entsprechender Beweismittel nicht, um die Unwirksamkeit einer durch Hinterlegung erfolgten Zustellung darzutun (vgl zB ; ; , mwN; ; ). Mit der bloßen Behauptung einer Ortsabwesenheit ohne nähere Angaben und ohne Vorbringen entsprechender Bescheinigungsmittels kann das Vorliegen einer unwirksamen Zustellung durch Hinterlegung nicht dargetan werden.
Hinsichtlich der Behauptung die Hinterlegungsanzeigen irrtümlich weggeworfen zu haben und es sich daher um einen mindern Grad des Versehens handelt wird ausgeführt, dass gemäß ständiger höchstgerichtlicher Rechtsprechung (vgl , , 0098, Punkt II.3. der Entscheidungsgründe, und ) ist die Nichtbeachtung einer Information auf der Hinterlegungsanzeige, ebenso wie ein Unterlassen des Lesens des Verständigungstextes, schon für sich genommen zumindest grobe Fahrlässigkeit darstellt. Bereits im Ignorieren der Hinterlegungsbenachrichtigung, wie zudem in weiterer Folge das Wegwerfen des ungeöffneten Schriftstücks, sind jedenfalls auffallende Sorglosigkeiten zu erblicken. Darüber hinaus befanden sich in den Abgabestellen des Beschuldigten nicht bloß Hinterlegungsanzeigen, sondern auch mehrere Fensterkuverts, welche anscheinend ebenfalls nicht beachtet wurden. Dem Beschuldigten musste die Bedeutung und Wichtigkeit des Dokuments zweifellos erkennbar gewesen sein.
Hiermit wird festgehalten, dass kein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis vorliegt.
c) Minderer Grad
Der Begriff des minderen Grades des Versehens ist als leichte Fahrlässigkeit iSd § 1332 ABGB zu verstehen. Leichte Fahrlässigkeit liegt dann vor, wenn ein Fehler begangen wird, den gelegentlich auch ein sorgfältiger Mensch macht. Der Wiedereinsetzungswerber darf nicht auffallend sorglos gehandelt haben. Beispielweise stellen mangelnde Kenntnisse der deutschen Sprache, Arbeitsüberlastung und familiäre Probleme keine Wiedereinsetzungsgründe dar (Tannert in Tannert/Kotschnigg FinStrG § 167).
Auffallend sorglos handelt, wer die im Verkehr mit Behörden und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und nach den persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer Acht lässt. Der Wiedereinsetzungswerber oder sein Vertreter dürfen nicht auffallend sorglos gehandelt haben (Rzeszut in Tannert/Kotschnigg, FinStrG § 167).
Primär legt der Beschuldigte eine auffallende Sorglosigkeit zu Tage, durch Nicht-Bekanntgabe eines Wohnsitzwechsels. Der Hauptwohnsitz war laut ZMR vom - aufrecht. Daher hatte die Finanzstrafbehörde Grund für die Annahme, dass der Beschuldigte sich weiterhin an seinem Hauptwohnsitz ***Bf1-Adr*** regelmäßig aufhält und somit dieser weiterhin fortbestand. Somit hat der Hauptwohnsitz nicht den Charakter als Abgabestelle im Zeitraum - verloren, womit die Zustellungen durch Hinterlegung rechtswirksam waren.
IV. Übersicht der Zustellungen
Erneut möchte die Finanzstrafbehörde die Gegebenheiten betreffend die Zustellungen darlegen.
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Einleitung (RSa; HWS) | hinterlegt | Nicht behoben |
Einleitung (Fensterkuvert; HWS) | verzogen | |
Einleitung (RSa; Betrieb) | hinterlegt | Nicht behoben |
SpS Vorlage (RSa; HWS) | verzogen | |
SpS Vorlage (RSa; Betrieb) | hinterlegt | Nicht behoben |
Erkenntnis (RSa; HWS) | verzogen | |
Erkenntnis (RSa; Betrieb) | hinterlegt | Nicht behoben |
Kontrolle FinPol (Betrieb) | Nicht angetroffen | |
Erkenntnis (Fensterkuvert, Betrieb) | Nicht retourniert |
Wie bereits angeführt sind zudem sämtliche Zustellungen in Zeiträumen erfolgt, welche nicht die angegebenen problematischen Zeiträume in der Mitteilung des Beschuldigten betreffen.
Der Beschuldigte führt hierzu aus, dass er in den Monaten September 2022 (Tour 1) und November 2022 (Tour 2) größtenteils abwesend war. Diese Abwesenheit bewirkt zunächst nicht, dass hierdurch die Abgabestelle unwirksam gemacht wurde. Ob eine längere Abwesenheit von einer Wohnung dieser die Qualifikation als Abgabestelle nimmt, ist danach zu beurteilen, ob nach den Gepflogenheiten des Lebens das Abwarten auf eine Rückkehr in angemessener Zeit nicht unzumutbar ist. Dies ist bei einer achtwöchigen Geschäftsreise noch nicht der Fall (vgl. RIS-Justiz RS0083647; OGH 1 Ob 23/97g). Gemäß § 17 Abs. 3 Zustellgesetz gelten hinterlegte Dokumente mit dem ersten Tag der Hinterlegung als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 ZustG wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden könnte.
Würde man den Tour Angaben in der Mitteilung folgen, wäre hierbei trotzdessen von rechtswirksamen Zustellungen auszugehen, da nämlich die Zustellungen an die Betriebsanschrift rechtswirksam außerhalb dieser Zeiträume erfolgt sind.
Bezüglich des Wegzugs des Beschuldigten im Dezember 2021 vom Hauptwohnsitz ***Bf1-Adr*** wird festgehalten, dass Herr ***Bf1*** mit eine Änderung der Betriebsanschrift von ***Bf1-Adr*** auf nun Betriebsanschrift bekannt gegeben hat, aber eine Änderung seines Hauptwohnsitzes ist hierbei unterblieben. Der Hauptwohnsitz war laut ZMR vom - aufrecht.
Daher hatte die Finanzstrafbehörde Grund zur Annahme, dass der Beschuldigte sich weiterhin an seinem Hauptwohnsitz ***Bf1-Adr*** regelmäßig aufhält und somit dieser weiterhin fortbestand. Eine Nichtabmeldung über solch einen langen Zeitraum stellt nach Ansicht der Finanzstrafbehörde schon eine zumindest grob fahrlässige Vorgehensweise dar und wäre zudem nach § 4 iVm § 22 MeldeG zu pönalisieren.
Als die Finanzstrafbehörde über die Änderung der Betriebsanschrift Kenntnis erlangt hat, wurden zudem gemäß § 18 Abs 1 Z 2 ZuStG an diese Adresse - zusätzlich zum Hauptwohnsitz - Zustellungen vollzogen.
Jedenfalls liegt das Erkenntnis des Spruchsenates außerhalb der Zeiträume der Zustellprobleme. Selbst wenn den Ausführungen des Beschuldigten gefolgt werden sollte, hatte der Beschuldigte in dieser Zeit die Möglichkeit sich Kenntnis zu verschaffen und die Schriftstücke abzuholen. Somit wäre eine Einsetzung in die Rechtsmittelfrist des Erkenntnisses des Spruchsenates vom nicht rechtswirksam. Der hiezu gestellte Wiedereinsetzungsantrag erfüllt nicht die hierfür erforderliche Beweiskraft.
Seine Behauptungen, irgendwann im Zeitraum November 2022 - wochenlang mental und körperlich erschöpft gewesen zu sein, befreit ihn nicht von seinen Verpflichtungen und stellen ebenfalls nicht Grund genug dar, seine Post nicht entgegen zu nehmen. Ebenfalls wird die Behauptung, in einem nicht näher dargelegten Zeitraum bei seiner Ex-Freundin gelebt zu haben, als nicht ausreichend um einer Wiedereinsetzung stattzugeben.
Eine Krankheit stellt bloß einen tauglichen Wiedereinsetzungsgrund dar, wenn die Dispositionsfähigkeit völlig auszuschließen ist. Es wurde keine Dispositionsunfähigkeit durch einen Arzt dargelegt. Dispositionsunfähigkeit liegt dann vor, wenn jemand außerstande ist, als notwendig erkannte Handlungen fristgerecht zu setzen ().
An der Handlungsfähigkeit eines Wiedereinsetzungswerbers kann gegebenenfalls auch dann kein Zweifel bestehen, wenn der Wiedereinsetzungswerber durch Einbringung eines Ansuchens tatsächlich gehandelt hat, woraus geschlossen werden kann, dass er in der Lage war, seinen Willen gegenüber der Behörde kundzutun (vgl dazu u , 90/13/0004). Hierzu wird darauf verwiesen, dass seitens des Beschuldigten mehrere Fristerstreckungsanträge gestellt wurden und somit jedenfalls dieser Handlungen setzen konnte.
Da die dargelegten Verhaltensweisen im Beschluss des Spruchsenates zumindest über den minderen Grad des Versehens hinausgehen, und darüber hinaus die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in die Versäumung der Anmeldefrist einer Beschwerde nicht vorliegen, hätte eine Stattgabe hiermit nicht erfolgen dürfen.
Im Gesamtbild des Sachverhaltes ergibt sich, dass die gesetzlichen Bedingungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 167 FinStrG nicht vorliegen und daher stellt die Finanzstrafbehörde den Antrag,
1) den angefochtenen Beschluss (Bescheid) des Spruchsenats vom zu SpS-1 aufzuheben und
2) in der Sache selbst zu entscheiden und den Antrag auf Wiedereinsetzung abzuweisen."
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Rechtslage:
§ 167 Abs. 1 FinStrG: Gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung ist auf Antrag des Beschuldigten oder der Nebenbeteiligten eines anhängigen oder abgeschlossenen Finanzstrafverfahrens die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn der Antragsteller durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet und glaubhaft macht, daß er durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen. Daß dem Beschuldigten oder dem Nebenbeteiligten ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.
§ 167 Abs. 2 FinStrG: Der Antrag auf Wiedereinsetzung muss binnen Monatsfrist nach Aufhören des Hindernisses bei der Finanzstrafbehörde oder beim Bundesfinanzgericht gestellt werden, je nachdem, ob die Frist bei der Finanzstrafbehörde oder beim Bundesfinanzgericht wahrzunehmen war oder dort die Verhandlung stattfinden sollte. Diese sind auch jeweils zur Entscheidung über den Antrag berufen. Das Bundesfinanzgericht entscheidet mit Beschluss. War die Frist beim Spruchsenat wahrzunehmen oder sollte die Verhandlung vor dem Spruchsenat stattfinden, entscheidet der Vorsitzende des Spruchsenates über den Wiedereinsetzungsantrag.
§ 167 Abs. 3 FinStrG: Im Fall der Versäumung einer Frist hat der Antragsteller die versäumte Handlung gleichzeitig mit dem Wiedereinsetzungsantrag nachzuholen.
Festgestellter Sachverhalt:
Am erstatte der Antragsteller durch seinen Vertreter eine Selbstanzeige hinsichtlich Einkommensteuer, Umsatzsteuer und Ausländeranmeldungen. In dieser an das Finanzamt Österreich (als Abgabenbehörde) adressierten Selbstanzeige berief sich der Parteienvertreter "in dieser Abgabensache" auf eine Vollmacht samt Zustellvollmacht.
Mangels fristgerechter Einhaltung des Ratenplans bzw. eingetretenen Terminverlustes wurde gegen den Antragsteller mit Verfügung des Amtes für Betrugsbekämpfung als Finanzstrafbehörde vom ein Finanzstrafverfahren eingeleitet. Diese Einleitung wurde mit RSa-Brief am Hauptwohnsitz des Antragstellers als Abgabestelle am hinterlegt, Beginn der Abholfrist am und vom Antragsteller nicht behoben. Damit ist die Zustellung durch Hinterlegung mit p.A. des aufrechten Hauptwohnsitzes ***Bf1-Adr*** erfolgt. Eine Ortsabwesenheit ist nicht nachgewiesen.
Am wurde der Antragsteller mit Erkenntnis des Spruchsenates bestraft. Dieses Erkenntnis wurde am an der Betriebsanschrift hinterlegt und nicht behoben. Selbst durch eine Nachschau der Finanzpolizei konnte der Antragsteller an seiner Betriebsanschrift am 22. Mai 023 nicht angetroffen werden.
Erst aufgrund der diesbezüglichen Vollzugsmaßnahmen ist der Beschuldigte aktiv geworden und bevollmächtigte am seinen Vertreter (auch) für das Finanzstrafverfahren, welcher sodann am Akteneinsicht nahm.
Fristgerecht langte am ein Schriftsatz ein, in welchem der Antrag auf Zustellung des Erkenntnisses und ein Antrag auf Wiedereinsetzung sowie eine Beschwerde in die in eventu wiedereingesetzte Frist gestellt wurde.
Entgegen der Ansicht des Antragstellers, dass seine eigene Zustellanschrift in dieser Causa stets dieselbe gewesen wäre, nämlich zu Händen seines Rechtsfreundes, trifft dies zwar gegenüber dem Finanzamt Österreich als Abgabenbehörde zu, bei dem die Selbstanzeige eingebracht wurde. Allerdings ist gegenüber dem Amt für Betrugsbekämpfung ein Vollmachtsverhältnis samt Zustellvollmacht erst im Juni 2023 offengelegt worden.
Rechtsnachteil:
Es steht außer Streit, dass der Antragsteller durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet.
Behaupteter Zustellmangel:
Soweit Herr ***Bf1*** in seiner Eingabe vom unter Punkt 4 ausführt: "Zusammengefasst lag aufgrund der vorbezeichneten Umstände ein unvorhergesehenes Hindernis bei der Zustellung des in Rede stehenden Erkenntnisses vor bzw. ist mir daran jedenfalls keine grobe Fahrlässigkeit zur Last zu legen," ist zu erwidern, dass die Behauptung eines Zustellungsmangels keinen Wiedereinsetzungsgrund bildet, da bei mangelhafter Zustellung die Frist nicht zu laufen beginnt ( [R 167(1)/85]). Wird der Lauf der Beschwerdefrist mangels rechtswirksamer Zustellung des Bescheids nicht ausgelöst, kann diese Frist auch nicht versäumt werden - und kommt eine Wiedereinsetzung in die Beschwerdefrist von vornherein nicht in Betracht (; ebenso ).
Nach Auffassung des VfGH ist ein Rechtsirrtum kein Ereignis, das eine Wiedereinsetzung zu rechtfertigen vermag (s ua). Nach Auffassung des VwGH kann mangelnde Rechtskenntnis oder ein Rechtsirrtum sehr wohl ein unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis darstellen, welches eine Bewilligung der Wiedereinsetzung rechtfertigen kann, wenn die Partei an der Unkenntnis der Rechtslage bzw am Rechtsirrtum kein über den minderen Grad des Versehens hinausgehendes Verschulden trifft (s ua ; zu § 46 Abs 1 VwGG). Vgl. Köck in Köck/Kalcher/Judmaier/Schmitt, Finanzstrafgesetz, Band 2, 5. Aufl. (2021), § 167, I. Kommentar zu § 167 [Rz 5].
Das Amt für Betrugsbekämpfung hat die Zustellversuche und die jeweiligen Ergebnisse detailliert dargestellt. Daraus ist ersichtlich, dass die Zustellung von diversen Schriftstücken der Finanzstrafbehörde an der vom Antragsteller bekanntgegebenen Abgabestelle gesetzeskonform erfolgt ist.
Mit Schreiben vom an das Finanzamt Österreich wurde vom Parteienvertreter eine Selbstanzeige samt Antrag auf Zahlungserleichterung eingebracht, in der für diese Abgabensache eine Vertretungsvollmacht gegenüber der Abgabenbehörde bekannt gegeben wurde. Eine mangelnde Rechtskenntnis des Verteidigers, der die Vollmacht nicht auch für ein mögliches Finanzstrafverfahren bekannt gab für den Fall, dass der Selbstanzeige die strafbefreiende Wirkung nicht zuerkannt werden sollte, liegt nicht vor und wurde auch nicht behauptet.
unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis:
Ein Ereignis iS des § 167 Abs 1 FinStrG ist nach der nunmehr ständigen Rechtsprechung des VwGH jedes Geschehen, also nicht nur ein Vorgang der Außenwelt, sondern auch ein psychischer Vorgang wie Vergessen, Verschreiben, sich irren, usw (VwGH Seite 124025.3.1976, 265/75, verstärkter Senat; , 3857/ 80, 81/10/0027 [R 167(1)/67]; ; Rzeszut in Tannert/Kotschnigg, FinStrG, § 167 Rz 16 mwN; Seiler/Seiler, FinStrG5, § 167 Rz 4). Ein bloßes Vergessen oder schlichtes Übersehen ohne Hinzutreten besonderer, hierfür ausschlaggebender Umstände hat der VwGH allerdings nicht als unvorhersehbares oder unabwendbares Ereignis (iS des § 308 Abs 1 BAO) gewertet (s ). Von einem hier beachtlichen Geschehen kann aber nur dann gesprochen werden, wenn es sich um ein nicht im Voraus berechenbares bzw unüberwindliches handelt, mit dessen Eintritt normalerweise (bei zumutbarer Aufmerksamkeit und Vorsicht) nicht gerechnet werden muss, weil es nur selten eintritt ( 344/65; , 1646/72 [R 167(1)/79]; ebenso ). Ein zur Wiedereinsetzung führendes Ereignis liegt nur dann vor, wenn es sich um ein Geschehen handelt, das für die Fristversäumung kausal war ( zu § 46 Abs 1 VwGG). Vgl. Köck in Köck/Kalcher/Judmaier/Schmitt, Finanzstrafgesetz, Band 2, 5. Aufl. (2021), § 167, I. Kommentar zu § 167 [Rz 2].
Ein Ereignis kann nur dann zu einer Wiedereinsetzung führen, wenn es unvorhersehbar oder unabwendbar ist. Unvorhersehbar ist ein Ereignis dann, wenn es sich dem Einflussbereich der Partei entzieht (), unabwendbar wenn sein Eintritt vom Willen der Partei nicht verhindert werden kann (; , 1646/72; 85/16/ 0032 [R 167(1)/65, 79]). Hingegen bilden beim unvorhersehbaren Ereignis die subjektiven Verhältnisse den Beurteilungsmaßstab. Das Hindernis war selbst bei Betrachtung der persönlich zumutbaren Sorgfalt nicht erkennbar (zB plötzliche Erkrankung, Unfall; vgl Tanzer/Unger, BAO6, 285). Eine (bloße) Krankheit an sich genügt nicht zu einer Wiedereinsetzung (s ua ). Eine Krankheit kann ein Verschulden nur dann ausschließen, wenn sie so plötzlich und schwer auftritt, dass die Partei nicht mehr in der Lage ist, die nach der Sachlage gebotenen Maßnahmen zu treffen, dh wenn sie zu einem Zustand der Dispositionsunfähigkeit geführt hat (s ua 340/71; , 1927/71 und , 1899/78 [R 167(1)/73, 81]; ; ) oder die Dispositionsfähigkeit so stark beeinträchtigt hat, dass das Unterlassen der fristwahrenden Handlung als auf einem Versehen bloß minderen Grades zu beurteilen ist (s ua ). Ein Wiedereinsetzungsgrund liegt nur dann vor, wenn die Partei auch daran gehindert war, der Fristversäumung durch andere geeignete Dispositionen - insbesondere durch Beauftragung eines Vertreters - entgegenzuwirken (s ua ; ). Die Partei muss durch die unvorhersehbare Erkrankung in ihrer Handlungsfähigkeit in einem Ausmaß behindert sein, das es ihr unmöglich macht, sich mit ihren Angelegenheiten zu befassen und auch die Möglichkeit der Stellung eines Fristverlängerungsansuchens ausschließt ( 602/58). Vgl. Köck in Köck/Kalcher/Judmaier/Schmitt, Finanzstrafgesetz, Band 2, 5. Aufl. (2021), § 167, I. Kommentar zu § 167 [ Rz 3].
Laut Beschwerdevorbringen soll dem Antragsteller nicht bekannt gewesen sein, dass gegen ihn ein Finanzstrafverfahren anhängig ist. Der Antragsteller bringt zu den laut im Akt befindlichen Rücklaufkuverts abgegebenen Hinterlegungsbenachrichtigungen vor, das nur so zu erklären, dass diese entweder nicht in sein Postfach abgelegt wurden oder aber von ihm selbst nach jeweiliger Rückkehr infolge eines Versehens gemeinsam mit dem sich zuhauf angesammelten Werbematerial entsorgt worden seien.
Gerade wenn jemand in der Situation des Antragstellers zu diversen Zeiten länger von der Abgabestelle abwesend ist, ist es nicht unüblich, dass sich im Hausbrieffach auch Hinterlegungsanzeigen von behördlichen Schriftstücken in der Post finden, auch für Verfahren, mit denen der Eigentümer des Hausbrieffaches nicht rechnet oder rechnen musste.
Es ist daher kein unvorhersehbares oder unabwendbares Ereignis, dass sich in der Post nach längerer Ortsabwesenheit von der Abgabestelle auch Hinterlegungsanzeigen finden.
Auch für einen Verteidiger ist es kein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis, dass einer Selbstanzeige keine strafbefreiende Wirkung zuerkannt wird. Daher wäre die gegenüber dem Finanzamt (der Abgabenbehörde) angezeigte Vollmacht nicht auf die "Abgabensache" einzuschränken gewesen, sondern sich auf diese Vollmacht auch für ein allfälliges Finanzstrafverfahren zu berufen gewesen.
Eine (bloße) Krankheit an sich genügt nicht zu einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ( SlgNF 3537; ). Aus einer Erkrankung als solcher kann noch nicht auf die für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand erforderliche völlige Dispostionsunfähigkeit geschlossen werden (). Sie zählt als anerkannter Verhinderungsgrund nur, wenn sie plötzlich und in einem Maß auftritt, dass die Partei nicht mehr im Stande ist, nach den Umständen des Falles zu handeln. Eine Erkrankung schließt die Dispositionsfähigkeit der Partei in diesem Sinne dann nicht aus, wenn sie etwa durch einen Telefonanruf das Ereignis (die Verhandlung in ihrer Abwesenheit) abwenden hätte können (vgl ).
Eine die Handlungsfähigkeit (Dispositionsfähigkeit) einer Person nicht ausschließende Krankheit kann nicht als Wiedereinsetzungsgrund gewertet werden (; ; ).
Mangels näherer Angaben über die Art und Dauer der Erkrankung konnte hier kein unvorhergesehenes Ereignis abgeleitet werden.
Minderer Grad des Versehens:
Den Antragsteller darf an der Versäumung der Frist kein (gröberes) Verschulden treffen. Seit dem AbgÄG 1987 (BGBl 312) steht der Bewilligung einer Wiedereinsetzung allerdings ein minderer Grad des Versehens nicht mehr entgegen. Ein minderer Grad des Versehens ist dabei nach der Rechtsprechung des VwGH der leichten Fahrlässigkeit iS des § 1332 ABGB gleichzusetzen. Der Wiedereinsetzungswerber darf also nicht auffallend sorglos gehandelt haben (). Auffallend sorglos handelt, wer die im Verkehr mit Gerichten oder die für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer Acht lässt (; , 2004/16/0204). Dabei ist an rechtskundige Parteienvertreter ein strengerer Maßstab anzulegen als an rechtsunkundige und bisher noch nie an gerichtlichen (oder verwaltungsbehördlichen) Verfahren beteiligten Personen (, 0076 [R 167(1)/35]; ; ). Vgl. Köck in Köck/Kalcher/Judmaier/Schmitt, Finanzstrafgesetz, Band 2, 5. Aufl. (2021), § 167, I. Kommentar zu § 167 [ Rz 4].
Handlungen und insbesondere ein Verschulden des Vertreters sind dem Vertretenen zuzurechnen (vgl. etwa die bei Ritz, BAO3, § 308 Tz 17, zitierte hg. Rechtsprechung; ).
Wenn der Parteienvertreter sich in der "Abgabensache" gegenüber dem Finanzamt Österreich (als Abgabenbehörde) auf die Vollmacht bezieht und nicht auch auf ein allenfalls folgendes Finanzstrafverfahren Bezug genommen wird, für das "vorsichtshalber" auch Vollmacht gelegt wird, so wird damit in Kauf genommen, dass für ein allfälliges Finanzstrafverfahren "noch" keine Vollmacht bekannt gegeben wird. Es wäre daher am Parteienvertreter gelegen, eine Vollmacht "auch" für ein anschließenden Finanzstrafverfahren bekanntzugeben, um auch Erledigungen im Finanzstrafverfahren zugestellt zu erhalten. Diese Unterlassung oder bewusst gewählte Formulierung des Parteienvertreters überschreitet den minderen Grad des Versehens, da es Parteienvertreters zumutbar ist, in den Verfahren, in denen sie einschreiten wollen, auch entsprechende Vollmacht zu legen. Tatsächlich wurde für eine "Finanzstrafsache" keine Vollmacht gelegt. Als Kenner der Behördenstruktur wäre es dem Verteidiger zumutbar gewesen, aus anwaltlicher Vorsicht die Vollmacht auch gegenüber der Finanzstrafbehörde geltend zu machen. Diese Vorgangsweise geht jedoch über den minderen Grad des Versehens als Parteienvertreter hinaus. Im Sinne der zitierten Judikatur sind Handlungen des Vertreters dem Vertretenen zuzurechnen.
Der Aussage des Antragstellers, seine eigene Zustellanschrift in dieser Causa sei stets dieselbe gewesen, nämlich zu Händen seines Rechtsfreunds, ist zu erwidern, dass gegenüber dem Amt für Betrugsbekämpfung als Finanzstrafbehörde - anders als gegenüber dem Finanzamt Österreich eine Zustellvollmacht des nunmehr einschreitenden Verteidigers nicht bekannt gegeben wurde. Die zulässige Abgabestelle für Sendungen der Finanzstrafbehörde an den Antragsteller war daher laut Zustellgesetz sein Hauptwohnsitz oder seine Betriebsadresse, nicht jedoch ein in einem anderen Verfahren vor einer anderen Behörde namhaft gemachter Parteienvertreter.
Den diesbezüglichen Aussagen der Amtsbeauftragten kann in diesem Zusammenhang nur zugestimmt werden.
Zur Frage der Behandlung oder Nichtbehandlung der Hinterlegungsanzeigen der Post als Zusteller sämtlicher im Finanzstrafverfahren ergangen schriftlichen Erledigungen an den Antragsteller ist zur Beurteilung der erforderlichen Sorgfalt maßgebend, welches Maß an Sorgfalt den Umständen nach von einem mit den rechtlich geschützten Werten angemessen verbundenen, besonnenen und einsichtigen Menschen in der Lage des Antragsteller aufwenden würde, um die Gefahr einer möglichen Zustellung eine Schriftstückes einer Behörde zu erkennen. Zu welcher (objektiven) Sorgfalt die Situation verpflichtet, ist von den persönlichen Fähigkeiten und Eigenschaften des Einzelnen unabhängig.
Für einen Durchschnittsmenschen ist es nicht nachvollziehbar, wenn in einem Verfahren vor einer Behörde eine Vollmacht vorgelegt wird und darauf automatisch auf eine Vollmachtsvorlage vor einer anderen bisher nicht betroffenen Behörde geschlossen werden soll.
Daher ist auch die Aussage, es sei dem Antragsteller unverständlich, dass er nicht davon ausgehen musste, dass Zustellungen eines wider Erwarten doch gegen ihn geführten Finanzstrafverfahrens an seine Anschrift gerichtet werden.
Gerade die Tatsache, dass eine andere Behörde als die bisherige ein Verfahren gegen eine Person führt, wird von der "neuen" Behörde in aller Regel mit einem entsprechenden Schreiben - aufgrund der Bedeutung dieses Verfahrensschrittes - mit Rückscheinbrief erfolgen.
Wenn der Antragsteller zu den laut "im Akt befindlichen Rücklaufkuverts abgegebenen Hinterlegungsbenachrichtigungen nur meint, das nur so zu erklären, dass diese entweder nicht in sein Postfach abgelegt wurden oder aber von ihm selbst nach jeweiliger Rückkehr infolge eines Versehens gemeinsam mit dem sich zuhauf angesammelten Werbematerial entsorgt worden seien", gesteht er zu, dass er die erforderliche Sorgfalt nicht beachtet hat, und die Hinterlegungsanzeigen nicht beachtet oder sogar entsorgt hat.
Dass die Hinterlegungsanzeigen wie oben dargestellt über einen größeren Zeitraum nicht in das Hausbrieffach eingelegt wurden, kann angesichts der diversen Zustellversuche als ausgeschlossen angesehen werden. Es gibt keinen Grund zur Annahme, dass die Zusteller gerade beim Antragswerber die Hinterlegungsanzeigen über Monate verteilt nicht in das Hausbrieffach eingelegt hätten.
Wer allerdings die Hinterlegungsanzeigen mit dem "sich zuhauf angesammelten Werbematerial" entsorgt, ohne seine eigene Post auf wichtigen Inhalt wie Rechnungen oder - wie im vorliegenden Fall - allenfalls Hinterlegungsanzeigen zu prüfen, begeht eine Sorgfaltspflichtverletzung, die den minderen Grad des Versehens übersteigt, da gerade mit in der Beschwerde angedeutetem pauschalen Entsorgen der Post in Kauf genommen wird, dass allenfalls wichtige Sendungen nicht entdeckt werden.
Von einem minderen Grad des Versehens kann nicht mehr gesprochen werden, wenn der Wiedereinsetzungswerber die im Verkehr mit Behörden und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer Acht lässt (Hinweis ; ).
Bei Beachtung der erforderlichen und dem Antragsteller auch zumutbaren Sorgfalt hätte er die Hinterlegungsanzeigen über die RSa-Rückscheinbriefe der Finanzstrafbehörde sehen müssen.
Dieses Ignorieren allenfalls wichtiger postalischer Sendungen geht über den minderen Grad des Versehens des Antragstellers hinaus. Ebenso wäre es dem Verteidiger zumutbar gewesen, sich bei der Vollmacht nicht nur für die "Abgabensache", sondern auch für das anschließende allfällige Finanzstrafverfahren zu berufen, sodass zusammengefasst die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 167 Abs. 1 FinStrG nicht vorliegen und der Beschwerde daher stattzugeben war.
Zur Unzulässigkeit der Revision
Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Ungelöste Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung, die in der Judikatur der Höchstgerichte nicht eindeutig geklärt sind, waren für die Entscheidung nicht relevant, sodass eine ordentliche Revision nicht zuzulassen war.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 167 Abs. 1 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2024:RV.7300010.2024 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at