zurück zu Linde Digital
TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 18.03.2024, RV/3100339/2023

Widerrechtliche Verwendung eines Fahrzeuges im Inland.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Gerber Peter Wirtschaftstreuhand und Steuerberatung GmbH, Schulstraße 20, 6600 Reutte, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***FA*** vom über die Festsetzung der Normverbrauchsabgabe für den Zeitraum 03/2022, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Normverbrauchsabgabe wird für den Zeitraum 03/2022 iHv € 1.810,60 festgesetzt.

Die Bemessungsgrundlage ist dem Ende der Entscheidungsgründe zu entnehmen und bildet einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Aufgrund des Verdachtes der widerrechtlichen Verwendung eines Fahrzeuges im Inland wurde der Beschwerdeführer (in Folge kurz: Bf) von der Abgabenbehörde mit Vorhalt vom ersucht, zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen und Fragen zu beantworten. Der Vorhalt blieb unbeantwortet.

In weiterer Folge setzte die Abgabenbehörde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid die Normverbrauchsabgabe für den Zeitraum 3/2022 iHv € 3.840,- fest.

Mit rechtzeitig am eingebrachter Beschwerde brachte die steuerliche Vertreterin des Bf zusammengefasst vor, das Fahrzeug sei in Österreich nicht verwendet worden. Der Bf versuche das Fahrzeug seit Monaten zu verkaufen, jedoch sei es so, dass das Fahrzeug nichts mehr wert sei. Die Bewertung der Abgabenbehörde sei daher auch viel zu hoch.

Schließlich forderte die Abgabenbehörde den Bf mit Vorhalt vom nochmals auf, zum Sachverhalt Stellung zu nehmen und Unterlagen vorzulegen. Ferner wurde mitgeteilt, dass zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage die Preise ähnlicher Fahrzeuge mittels Internetrecherche herangezogen worden seien, da eine Eurotax-Bewertung auf Grund des Baujahres des Fahrzeuges nicht möglich gewesen sei. Es stehe dem Bf jedoch frei, den gemeinen Wert nachzuweisen.

Zumal auch dieser Vorhalt nicht beantwortet und keine Unterlagen vorgelegt wurden, erließ die Abgabenbehörde am eine abweisende Beschwerdevorentscheidung.

Mit rechtzeitig am eingebrachten Vorlageantrag brachte die steuerliche Vertreterin des Bf vor, eine Verwendung des Fahrzeuges im Inland habe nicht stattgefunden. Es sei weder von der ***Polizeiinspektion*** noch von der Abgabenbehörde festgestellt worden, dass das Fahrzeug im Inland verwendet worden sei. Der Bf habe das Fahrzeug gar nicht mehr nutzen können, da es von der Polizei München am aufgrund fehlenden Versicherungsschutzes entstempelt worden sei. Dem Bf sei es nicht möglich gewesen, persönlich nach München zu fahren, um das Fahrzeug abzumelden. Deshalb sei das Fahrzeug seit Jänner 2022 auf der Liegenschaft im Inland garagiert gewesen und sei nicht mehr verwendet worden.

Dem Vorlageantrag war eine E-Mail des Landratsamtes ***x*** beigefügt, aus der hervorgeht, dass das Fahrzeug am von der Polizei München zwangsentstempelt wurde und somit nicht mehr bewegt werden durfte.

Die Beschwerde wurde am dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Am reichte die Abgabenbehörde dem Bundesfinanzgericht eine E-Mail des Landratsamtes ***x*** nach. Darin wurde erläutert, dass das Fahrzeug zwar am entstempelt worden sei, jedoch der Halter des Fahrzeuges am in der Zulassungsstelle in ***x*** gewesen sei und eine eVB Nummer (elektronische Versicherungsbestätigung) vorgelegt habe. Ab diesem Tag habe der Bf sohin das Fahrzeug wieder verwenden dürfen. Am sei jedoch der Versicherungsschutz erneut erloschen und das Fahrzeug am zur Inpolfahndung ausgeschrieben worden.

Zur Wahrung des Parteiengehörs wurde die Eingabe der Abgabenbehörde dem Bf am übermittelt und gleichzeitig ersucht, binnen einer Frist von drei Wochen, zum Sachverhalt Stellung zu nehmen, Fragen zu beantworten und insbesondere geeignete Beweismittel zur Untermauerung des zu erwartenden Vorbringens vorzulegen.

Das Ersuchen blieb unbeantwortet.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Der am ***1.1.1111*** geborene Bf ist deutscher Staatsbürger und seit ***1*** polizeilich mit Hauptwohnsitz an der Adresse ***PLZ Ort, Straße***, gemeldet (ZMR).
Der Bf ist seit ***2*** mit ***N.N.*** verheiratet (Abgabenakt Bf), welche seit ***3*** an derselben Adresse wie der Bf gemeldet ist (ZMR).

An dieser Adresse befindet sich ein Gastgewerbebetrieb, welchen der Bf mit Kaufvertrag vom um € ***Mio***,- netto erworben hat. Vertragserrichter war Mag. ***4***, öffentlicher Notar in ***5***. ***5*** liegt ca 23 km von ***Ort*** entfernt.
Seit betreibt der Bf in ***Ort*** den Gastgewerbebetrieb "***6***", welcher in der Betriebsart Hotel geführt wird (GISA Auszug).

Zuvor betrieb der Bf ein Einzelunternehmen in ***Deutschland***, welches vor März 2022 aufgegeben wurde.

Der Bf ist seit Zulassungsbesitzer und Halter des Fahrzeuges der Marke Porsche Cayenne S mit dem behördlichen Kennzeichen (D) ***7***. Das benzinbetriebene Fahrzeug ist Baujahr 2007, hat einen Hubraum von 4511cm3, eine Nennleistung von 250 kW, einen CO2 Ausstoß von 361 g/km und wurde im Jänner 2007 in Deutschland erstmalig zugelassen (Abfrage dt. KFZ Register vom ). Laut Herstellerangaben hat das Fahrzeug einen MVEG-Verbrauch von 12,9 Liter.

Das verfahrensgegenständliche Fahrzeug wurde am wegen fehlenden Versicherungsschutzes von der Polizeiinspektion 43 München entstempelt. Der Bf legte am der Zulassungsstelle beim Landratsamt ***x*** eine elektronische Versicherungsbestätigung (eVB) vor, woraufhin das Fahrzeug wieder offiziell in Betrieb genommen werden durfte. Jedoch erlosch der Versicherungsschutz infolge einer weiteren Kündigung der Versicherung am . Am wurde das Fahrzeug zur INPOL-Fahndung ausgeschrieben (E-Mail Landratsamt ***x***).

INPOL ist das elektronische Informationssystem der (deutschen) Polizei. Kernstück sind die Sach- und Personenfahndungsdateien. Zugriff auf das System haben neben dem Bundeskriminalamt die Landespolizeidienststellen, die Bundespolizei und die Zollbehörden (www.bka.de).

Am war das Fahrzeug zur Hauptuntersuchung (HU) im Porsche Zentrum ***8***, welches ca 20 km vom Hauptwohnsitz des Bf entfernt liegt. Am Fahrzeug wurden geringe Mängel festgestellt (Abfrage dt. KFZ Register vom ).

Das Fahrzeug wurde im Rahmen einer finanzamtlichen Betriebsprüfung am und am von der ***9*** am Hauptwohnsitz des Bf in ***Ort*** wahrgenommen. Das Fahrzeug war zu den jeweiligen Wahrnehmungen unterschiedlich abgestellt.

Das verfahrensgegenständliche Fahrzeug wurde im März 2022 ins Inland verbracht und seit diesem Zeitpunkt vom Bf im Inland verwendet. Die ausschließliche Verfügungsmacht über das Fahrzeug hat der Bf.

Nicht festgestellt werden kann, ob das Fahrzeug überwiegend im Ausland verwendet wurde.

Am erfolgte erstmalig eine inländische Zulassung eines Fahrzeugs der Marke Ford Kuga auf den Bf. Bis zu diesem Zeitpunkt stand dem Bf kein weiteres Fahrzeug zur Verfügung.

Der Wert des Fahrzeuges beläuft sich zum Zeitpunkt der Einbringung im März 2022 auf € 15.390,- inkl USt und NoVA (geschätzt).

2. Beweiswürdigung

Gem § 167 Abs 2 BAO hat das Bundesfinanzgericht unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.

Grundsätzlich sind ferner nach § 115 Abs 1 BAO die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse amtswegig zu ermitteln, die für die Abgabepflicht und die Erhebung der Abgaben wesentlich sind. Grenzen der amtswegigen Ermittlungspflicht sind die Unmöglichkeit, Unzulässigkeit, Unzumutbarkeit oder Unnötigkeit der Sachverhaltsermittlung.

Die Abgabenbehörde trägt zwar die Feststellungslast für alle Tatsachen, die vorliegen müssen, um einen Abgabenanspruch geltend machen zu können, doch befreit dies die Partei nicht von ihrer Offenlegungs- und Mitwirkungspflicht (; ; ).

Beide Pflichten bestehen grundsätzlich nebeneinander und schließen einander nicht aus. Die amtswegige Ermittlungspflicht besteht zwar auch dann, wenn die Partei ihre Verpflichtungen (Offenlegungs- und Mitwirkungspflicht) verletzt, doch wird ihr Umfang durch solche Pflichtverletzungen beeinflusst (; ). In dem Ausmaß, in dem die Partei zur Mitwirkung an der Wahrheitsfindung ungeachtet ihrer Verpflichtung hierzu nicht bereit ist bzw eine solche unterlässt, tritt die Verpflichtung der Behörde, den Sachverhalt nach allen Richtungen über das von ihr als erwiesen erkannte Maß hinaus zu prüfen, zurück ().

Die Pflicht zur amtswegigen Ermittlung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes findet dort ihre Grenze, wo nach Lage des Falles nur die Partei Angaben zum Sachverhalt machen kann (; ).

Darüber hinaus liegt nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine erhöhte Mitwirkungspflicht der Partei (eine in den Hintergrund tretende amtswegige Ermittlungspflicht) dann vor, wenn Sachverhaltselemente ihre Wurzeln im Ausland haben; die Mitwirkungs- und Offenlegungspflicht ist in dem Maße höher, als die behördlichen Ermittlungsmöglichkeiten geringer sind. Diesfalls besteht eine erhöhte Mitwirkungspflicht, eine Beweismittelbeschaffungspflicht und eine Vorsorgepflicht (vgl. Ritz/Koran, BAO7, § 115 Tz 10, mwN).

Festzuhalten ist daher zunächst, dass der Bf mehrmals von der Abgabenbehörde aufgefordert wurde, zum Vorwurf der widerrechtlichen Verwendung eines Fahrzeuges im Inland Stellung zu nehmen. Das erkennende Gericht ersuchte den Beschwerdeführer insbesondere darum, anzugeben, wo er vor seiner Anmeldung des Hauptwohnsitzes im Inland gelebt hatte, ob dieser Wohnsitz aufgegeben wurde und welche Beschäftigung er nachgegangen war. Darüber hinaus wurde er gebeten, Angaben zu seinem Familienstand und Freundeskreis zu machen sowie zur regelmäßigen Verwendung des Fahrzeugs im In- und Ausland. Diese Ersuchen seitens der Behörde und des Gerichts blieben jedoch unbeantwortet.

Insofern erfüllte der Bf seine erhöhte Mitwirkungspflicht aufgrund des Auslandbezuges nicht, weshalb nach Aktenlage - in freier Beweiswürdigung - zu entscheiden war:

Die bei den einzelnen Feststellungen in Klammern angeführten Beweismittel waren im jeweiligen Zusammenhang schlüssig und widerspruchsfrei und konnten daher den entsprechenden Feststellungen bedenkenlos zu Grunde gelegt werden.

Die Feststellung, dass der Bf ein Einzelunternehmen in ***Deutschland*** betrieben hat, welches vor März 2022 aufgegeben wurde, ergibt sich aus einem Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichtes ***x*** vom . Darin wird erklärt, dass die ehemaligen Verpächter "gem. einem RA-Schreiben vom eine Restpacht iHv € 4.991,96" gegen den Bf geltend machen. Es war daher zweifelsfrei festzustellen, dass die unternehmerische Tätigkeit des Bf in Deutschland beendet wurde ("Restpacht").

Die Feststellung, dass das verfahrensgegenständliche Fahrzeug im März 2022 ins Inland verbracht wurde, ergibt sich aus folgenden Erwägungen:
Zum einen war der Bf am bei der Zulassungsstelle in ***x*** und legte eine eVB vor, weshalb er ab diesem Zeitpunkt das Fahrzeug wieder verwenden durfte. Es war daher davon auszugehen, dass der Bf mit dem verfahrensgegenständlichen Fahrzeug von ***x*** nach ***Ort*** in Tirol gefahren ist, zumal er sich bei der Hauptwohnsitzmeldung am 15.3. auch persönlich im Inland aufgehalten haben muss.
Des Weiteren versäumte der Beschwerdeführer - wie bereits erwähnt - jegliche Stellungnahme bezüglich des erstmaligen Einbringens des Fahrzeugs. Es wurden somit auch keine gegenteiligen Behauptungen zu den diesbezüglichen Feststellungen der Abgabenbehörde vorgebracht. Daher war festzustellen, dass der Beschwerdeführer das besagte Fahrzeug im März 2022 eingebracht hat.

Diese Überlegungen werden weiter gestützt durch die Feststellung, dass dem Bf bis zur erstmaligen Zulassung eines Fahrzeugs im Inland am kein weiteres Fahrzeug zur Verfügung stand. Diese Feststellung war hingegen zweifelsfrei zu treffen, insbesondere weil weder ein Fahrzeug im Inland noch - wie bisherige Ermittlungsergebnisse zeigten - ein weiteres Fahrzeug im Ausland zugelassen war.

Die Feststellung, dass das Fahrzeug seit März 2022 vom Bf im Inland verwendet wurde, war aus folgenden Überlegungen zu treffen:
Gerade bei der Übernahme eines Unternehmens und der Führung eines Gastbetriebs fallen naturgemäß viele Fahrten an. Besonders im Rahmen einer Betriebseröffnung bedarf es zahlreiche Besprechungen, sei es mit Vertretern der Bezirkshauptmannschaft, der Wirtschaftskammer, des Tourismusverbands, Steuerberatern oder bei Immobilienkäufen, auch die Beteiligung eines Notars. Alle diese für den Bf zuständigen Einrichtungen befinden sich in ***5***, ca 23 km von ***Ort*** entfernt. Insofern ist es plausibel, dass das Fahrzeug im Inland auch verwendet wurde. In diesem Zusammenhang ist auch auf die weiteren relevanten Sachverhaltsfeststellungen hinzuweisen, die belegen, dass das Fahrzeug im Inland verwendet wurde. So wurde das Fahrzeug im März 2022 ins Inland verbracht, im Juni 2022 befand es sich zur Hauptuntersuchung etwa 30 km entfernt von ***Ort*** in ***8*** (das Fahrzeug musste dabei von ***Ort*** aus gestartet werden) und zwischen September und Dezember 2022 wurde das Fahrzeug zumindest umgeparkt, wobei jedoch anzunehmen ist, dass nicht nur eine bloßer Standortwechsel stattgefunden hat. Gerade aufgrund dieser Überlegungen und des teilweise beschränkten Versicherungsschutzes und der Inpolfahndung in Deutschland war festzustellen, dass das Fahrzeug im Inland verwendet wurde.

Ferner ist in diesem Kontext festzuhalten, dass § 82 Abs 8 KFG 1967 (siehe rechtliche Würdigung) eine Standortvermutung eines Fahrzeuges im Inland bis zu einem allenfalls zu erbringenden Gegenbeweis normiert. Zur Widerlegung der Standortvermutung trifft die Beweislast für die Erbringung des Gegenbeweises den Verwender eines Kraftfahrzeuges. Somit hat nicht die Behörde nachzuweisen, dass keine überwiegende Verwendung im Inland stattgefunden hat, sondern der Verwender hat zu beweisen, dass das Kraftfahrzeug nicht überwiegend im Inland verwendet wurde (). Schon aufgrund der Beweisvorsorgepflicht obliegt es dem Verwender, der einen dauernden Standort im Ausland behauptet, aufgrund des gegebenen Auslandsbezuges die für die Erbringung des Gegenbeweises erforderlichen Beweismittel beizuschaffen. Ein Bf hat dabei von sich aus initiativ und umfassend darzulegen, aus welchen Gründen das Fahrzeug nicht als Fahrzeug mit dauerndem inländischen Standort anzusehen ist, und dafür auch die erforderlichen Beweise anzubieten (). Insofern war zur Frage der überwiegenden Auslandsverwendung eine Negativfeststellung zu treffen.

Die Feststellung, dass der Bf das verfahrensgegenständliche Fahrzeug im Inland verwendet und er die ausschließliche Verfügungsmacht über das Fahrzeug hat, ergab sich auch aus der Tatsache, dass er nach den Eintragungen im deutschen Kraftfahrzeugregister Zulassungsbesitzer und Halter des Fahrzeugs ist und nach den Ermittlungsergebnissen keine andere Person, welche allenfalls die Verfügungsmacht über das Fahrzeug hat, ermittelt werden konnte. Insofern konnte diese Feststellung mit der für eine Positivfeststellung erforderlichen Gewissheit getroffen werden.

Die Feststellung des Fahrzeugwerts ergab sich aus einer Schätzung des Bundesfinazgerichtes, da eine Bewertung anhand einer Fahrzeugbewertungsliste aufgrund des Baujahres nicht möglich war. Bei der Schätzung des Fahrzeuges orientierte sich das erkennende Gericht an Internetrecherchen und berücksichtigte dabei acht Fahrzeuge desselben Typs (Baujahre zw 2007 und 2008), die auf autoscout.at angeboten wurden um Preise von € 15.990, € 16.490,-, € 12.900, € 9.800,-,€ 14.500,-, € 19.450,-, € 14.990 und € 19.000,- (jeweils inkl Umsatzsteuer und NoVA). Daraus ergibt sich ein Mittelwert von € 15.390 inkl Umsatzsteuer und NoVA. Angesichts der nur geringen Mängel des Fahrzeugs (siehe Auszug aus dem KFZ-Register) erscheint die Schätzung als sachgerecht und kommt nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts dem tatsächlichen Wert am nächsten. Das Finanzamt berücksichtigte bei seiner Schätzung lediglich zwei Fahrzeuge mit höherer Motorisierung (im Wert von jeweils € 13.000,- und € 22.700,-). Daher erscheint der geschätzte Wert von € 20.000,- (ohne Umsatzsteuer und NoVA) als überhöht.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I.

Gemäß § 1 Z 3 lit a NoVAG 1991 unterliegt der Normverbrauchsabgabe die erstmalige Zulassung von Kraftfahrzeugen zum Verkehr im Inland, sofern die Steuerpflicht nicht bereits nach Z 1 oder Z 2 eingetreten ist oder nach Eintreten der Steuerpflicht eine Vergütung nach § 12 oder § 12a erfolgt ist.

Gemäß § 1 Z 3 lit b NoVAG 1991 gilt als erstmalige Zulassung auch die Zulassung eines Fahrzeuges, das bereits im Inland zugelassen war, aber nicht der Normverbrauchsabgabe unterlag oder befreit war, sowie die Verwendung eines Fahrzeuges im Inland, wenn es nach dem Kraftfahrgesetz zuzulassen wäre, ausgenommen es wird ein Nachweis der Entrichtung der Normverbrauchsabgabe in jener Höhe erbracht, die im Zeitpunkt der erstmaligen Verwendung im Inland zu entrichten gewesen wäre.

Gemäß § 4 Z 3 NoVAG 1991 ist Abgabenschuldner im Falle der Verwendung eines Fahrzeuges im Inland, wenn es nach dem Kraftfahrgesetz zuzulassen wäre (§ 1 Z 3), der Zulassungsbesitzer und derjenige, der das Fahrzeug verwendet, als Gesamtschuldner (§ 6 Abs 1 BAO).

Gemäß § 7 Abs 1 Z 2 NoVAG 1991 entsteht die Steuerschuld im Falle der Zulassung nach § 1 Z 3 mit dem Tag der Zulassung oder bei der Verwendung eines Fahrzeuges im Inland, wenn es nach dem Kraftfahrgesetz zuzulassen wäre, mit dem Zeitpunkt der Einbringung in das Inland.

Gemäß § 79 KFG 1967 ist das Verwenden von Kraftfahrzeugen und Anhängern mit ausländischem Kennzeichen, die keinen dauernden Standort im Bundesgebiet haben, auf Straßen mit öffentlichem Verkehr unbeschadet zollrechtlicher und gewerberechtlicher Vorschriften nur zulässig, wenn die Fahrzeuge vor nicht länger als einem Jahr in das Bundesgebiet eingebracht wurden und wenn die Vorschriften der §§ 62, 82 und 86 eingehalten werden.

Gemäß § 82 Abs 8 KFG 1967 sind Fahrzeuge mit ausländischem Kennzeichen, die von Personen mit dem Hauptwohnsitz oder Sitz im Inland in das Bundesgebiet eingebracht oder in diesem verwendet werden, bis zum Gegenbeweis als Fahrzeug mit dem dauerndem Standort im Inland anzusehen. Die Verwendung solcher Fahrzeuge ohne Zulassung gemäß § 37 ist nur während eines Monats ab der erstmaligen Einbringung in das Bundesgebiet zulässig. Eine vorübergehende Verbringung aus dem Bundesgebiet unterbricht diese Frist nicht. Nach Ablauf eines Monats ab der erstmaligen Einbringung in das Bundesgebiet sind der Zulassungsschein und die Kennzeichentafeln der Behörde, in deren örtlichem Wirkungsbereich sich das Fahrzeug befindet, abzuliefern. Wenn glaubhaft gemacht wird, dass innerhalb dieses Monats die inländische Zulassung nicht vorgenommen werden konnte, darf das Fahrzeug ein weiteres Monat verwendet werden. Danach sind der Zulassungsschein und die Kennzeichentafeln der Behörde, in deren örtlichem Wirkungsbereich sich das Fahrzeug befindet, abzuliefern. Die Ablieferung begründet keinen Anspruch auf Entschädigung.

In einem ersten Schritt ist zunächst zu prüfen, wer Verwender des Fahrzeuges ist und an welchem Ort diese Person ihren Hauptwohnsitz hat. Sollte kein Hauptwohnsitz im Inland bestehen, findet § 79 KFG 1967 Anwendung. Liegt jedoch ein Hauptwohnsitz im Inland vor, ist § 82 Abs 8 KFG 1967 anzuwenden.

Das KFG oder das NoVAG enthält keine Regelung darüber, wem die Verwendung eines Fahrzeuges zuzurechnen ist. Aufgrund der gleichartigen Zielsetzung - nämlich die Person zu bestimmen, die für die durch die Verwendung des Fahrzeuges entstandenen Folgen einzustehen hat, - bietet es sich nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (; ) in diesem Zusammenhang an, auf den bundesrechtlich geregelten Begriff des Halters des Kraftfahrzeuges nach § 5 Abs 1 Eisenbahn- und Kraftfahrzeughaftpflichtgesetz (EKHG) zurückzugreifen. Unter dem Halter ist nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes die Person zu verstehen, die das Fahrzeug auf eigene Rechnung in Gebrauch und die Verfügungsgewalt darüber hat. Dies ist nach objektiven Gesichtspunkten zu beurteilen. Maßgebend ist, dass der Halter tatsächlich in der Lage ist, die Verfügung über das Fahrzeug auszuüben (vgl. dazu etwa 9 Ob A 150/00z).

Nach den getroffenen Feststellungen ist der Bf als Verwender des verfahrensgegenständlichen Fahrzeuges anzusehen. Er hat es im Inland verwendet und konnte aufgrund seiner alleinigen Verfügungsmacht jederzeit frei über den Einsatz des Fahrzeuges entscheiden.

Der Begriff Hauptwohnsitz ist im Sinne des § 1 Abs 7 Meldegesetz 1991 zu verstehen. Der Hauptwohnsitz eines Menschen ist an jener Unterkunft begründet, an der er sich in der erweislichen oder aus den Umständen hervorgehenden Absicht niedergelassen hat, diese zum Mittelpunkt seiner Lebensinteressen zu machen; trifft diese sachliche Voraussetzung bei einer Gesamtbetrachtung der beruflichen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lebensinteressen eines Menschen auf mehrere Wohnsitze zu, hat er jenen als Hauptwohnsitz zu bezeichnen, zu dem er das überwiegende Naheverhältnis hat.

Die Frage, welcher von mehreren Wohnsitzen eines Menschen als Hauptwohnsitz anzusehen ist, ist im Rahmen einer Gesamtschau zu beurteilen (); bei mehreren Wohnsitzen vereinigt jeweils einer die stärksten persönlichen Beziehungen auf sich; demnach gibt es nur einen Mittelpunkt der Lebensinteressen ().

Laut den getroffenen Feststellungen hat der Bf seine berufliche Tätigkeit in Deutschland beendet und einen Hotelbetrieb im Inland erworben. Gleichzeitig hat er auch seinen Wohnsitz im Inland begründet. Zum Zeitpunkt des Umzuges war der Bf nicht verheiratet, jedoch lebt er jetzt gemeinsam mit seiner Gattin im Inland. Insgesamt betrachtet hat der Bf nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes auch aufgrund des Erwerbs der Immobilie von über 3 Millionen Euro und den Entschluss den Hotelbetrieb selbst zu führen seinen Mittelpunkt der Lebensinteressen mit dem Umzug im März 2022 ins Inland verlagert. Die stärksten persönlichen Beziehungen des Bf befinden sich daher in Österreich, weshalb auch aufgrund des Vorliegens eines Hauptwohnsitzes ebendort § 82 Abs 8 KFG 1967 anzuwenden ist.

Nach § 82 Abs 8 KFG 1967 liegt bei Vorliegen eines Hauptwohnsitzes der dauernde Standort eines Fahrzeuges im Inland ("Standortvermutung"), welcher allerdings mittels Gegenbeweises widerlegbar ist. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes setzt die Beurteilung der Rechtsfrage, ob ein Fahrzeug seinen dauernden Standort entgegen der Vermutung des § 82 Abs 8 erster Satz KFG 1967 nicht im Bundesgebiet hat, Feststellungen über den regelmäßigen Ort sowie die Art und Weise der Verwendung des Fahrzeugs voraus, aus denen sich hinreichende Anhaltspunkte ergeben, ob das Fahrzeug bei der erforderlichen Gesamtbetrachtung für Zwecke der Vollziehung des KFG einem bestimmten Ort außerhalb des Bundesgebietes zugeordnet werden muss oder nicht (). Der Gegenbeweis iSd § 82 Abs 8 erster Satz KFG 1967 ist (jedenfalls) als erbracht anzusehen, wenn das Fahrzeug weitaus überwiegend nicht in Österreich verwendet wird (; ).

Nach den getroffenen Feststellungen wurde das Fahrzeug seit März 2022 im Inland verwendet. Der Bf konnte keine weitaus überwiegende bzw nicht einmal eine überwiegende Verwendung des Fahrzeuges im Ausland nachweisen. Zudem konnte das Fahrzeug auch keinem bestimmten Ort außerhalb Österreichs zugeordnet werden, zumal aufgrund der mangelnden Mitwirkung des Bf kein solcher Ort feststellbar war. Der Gegenbeweis iSd § 82 Abs 8 KFG 1967 konnte daher nicht erbracht werden.

Hinsichtlich der Bemessungsgrundlage musste jedoch eine Neuberechnung durchgeführt werden:

Nach § 6 NoVAG 1991 idF BGBl. 144/2001 (Rechtslage zum Zeitpunkt der Erstzulassung des Fahrzeuges 2007) beträgt der Steuersatz für Fahrzeuge mit Benzinmotoren 2% vervielfacht mit dem um drei Liter verminderten Kraftstoffverbrauch in Litern. Die errechneten Steuersätze sind auf volle Prozentsätze auf- oder abzurunden. Die Abgabe beträgt höchstens 16% der Bemessungsgrundlage.

Aufgrund des Verbrauchs von 12,9 Liter/100km ist der Höchststeuersatz von 16% anzuwenden.

Bemessungsgrundlage: € 15.390,- inkl USt und NoVA

Bemessungsgrundlage netto: € 15.390 : 1,36 = € 11.316,20 (BMG:1,36 für 20% USt und 16% NoVA)


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Bemessungsgrundlage netto x Steuersatz € 11.316,20 x 16%
€ 1.810,60
Abgabenerhöhung 20%
€ 0
Normverbrauchsabgabe
€ 1.810,60
Bisher war festgesetzt:
€ 3.840,00

Aus unionsrechtlichen Gründen ist bei Erstzulassung im EU-Ausland vor dem kein 20% NoVA-Zuschlag nach § 6 Abs 6 NoVAG 1991 () bei Eigenimporten von gebrauchten Fahrzeugen aus einem anderen Mitgliedstaat anzusetzen (; ).
Gegenständliches Fahrzeug wurde erstmals im Jahr 2007 in Deutschland zugelassen, weshalb ein 20% Zuschlag nach § 6 Abs 6 NoVAG 1991 nicht festzusetzen war.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Beschwerdefall lag keine Rechtsfrage vor, der grundsätzliche Bedeutung zukam. Das Erkenntnis folgte vielmehr der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Die Revision ist daher nicht zulässig.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 6 NoVAG 1991, Normverbrauchsabgabegesetz, BGBl. Nr. 695/1991
§ 1 Z 3 lit. a NoVAG 1991, Normverbrauchsabgabegesetz, BGBl. Nr. 695/1991
§ 82 Abs. 8 KFG 1967, Kraftfahrgesetz 1967, BGBl. Nr. 267/1967
Verweise




ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.3100339.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at